top Neue Energie Wärmepumpen: Oft stimmt die Leistung nicht Wärmepumpen schneiden in der Praxis oft schlechter ab als erwartet. Experten führen dies auf eine mangelhafte Planung und falsche Installation der Anlagen zurück. D ie Wärmepumpen-Branche hat allen Grund zu feiern. Auf der Skala der neu installierten Heizungssysteme liegen in Deutschland zwar die Erdgasbrenner vorn. Platz zwei dagegen hat die Wärmepumpe erobert, meldet stolz der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Fast 300 000 Anlagen wurden in den vergangenen Jahren bundsweit installiert – Absatzzahlen, von denen andere Branchen nur träumen. Auch die Vorzeichen für die Zukunft sind positiv: Da Gas und Öl zwangsläufig teurer werden, klingen die Versprechen der Wärmepumpen-Industrie in den Ohren vieler Verbraucher wie Musik. So heißt es beispielsweise bei einem bekannten Hersteller: „Mit einer Wärmepumpe sparen Sie bis zu 50 % Ihrer Heizenergiekosten!“ Aus Strom wird Wärme Im Prinzip funktionieren Wärmepumpen wie Kühlschränke. Während diese ihrem Inhalt Wärme entziehen und über das Kühlgitter an der Rückseite an die Umgebung abgeben, arbeiten Wärmepumpen genau umgekehrt. Sie entziehen der Umwelt (Boden, Luft oder Grundwasser) Wärme und übertragen diese auf den Heizungskreislauf im inneren des Hauses (siehe Übersicht 1). Je nachdem, welche Energiequelle angezapft wird, unterscheiden Fachleute zwischen Erd-, Grundwasser- oder Luft-Wärmepumpen. Angetrieben werden sie alle mit Strom (siehe Übersicht 2, Seite 116). Damit Erdwärme für die Hausheizung genutzt werden kann, sind Bohrungen von mehr als 100 m Tiefe notwendig. 114 top agrar 12/2008 Übersicht 1: Funktionsschema einer Wärmepumpe ���������� ����������� �������� ���������� So funktionieren Wärmepumpen ���������������� Wärmepumpen arbeiten wie eine MilchWärmerückgewinnung. In einem Verdampfer entzieht ein flüssiges Kältemittel anstatt der Milch in diesem Fall der Umwelt (Erde, Luft oder Wasser) Wärme. Hierbei verdampft das Kältemittel, da es sogar noch bei ein paar Grad unter Null siedet (siehe Übersicht 1). Ein strombetriebener Kompressor verdichtet anschließend das gasförmige Kältemittel. Dabei steigt nicht nur der Druck, sondern auch die Temperatur im Gas auf über 50 °C an. In einem Verflüssiger wird das Gas anschließend entspannt. Dabei verflüssigt es sich wieder und kühlt ab. Die freigesetzte Wärme wird auf den Heizkreislauf des Wohnhauses übertragen. Das Kältemittel fließt zurück zum Verdampfer, wo der Kreislauf von neuem beginnt. Einen ausführlichen Bericht über die Arbeitsweise von Wärmepumpen und welche Pumpe für Ihr Haus geeignet ist, finden Sie in top agrar, Ausgabe 3/06, Seite 148. Maßstab für die Leistungsfähigkeit einer Wärmepumpe ist die so genannte Jahresarbeitszahl. Sie gibt Auskunft über das Verhältnis zwischen dem Stromverbrauch der Pumpe und der erzeugten Wärmemenge. Beispiel: Eine Jahresarbeitszahl von 3 bedeutet: Aus einer Kilowattstunde Strom (1 kWh) erzeugt die Anlage 3 kWh Wärme für die Heizung. Aus Sicht von Experten sollte die Jahresarbeitszahl einer Wärmepumpe möglichst über 4 liegen. Denn sie ist nicht nur ein Maßstab für die Energieeffizienz, sondern auch das alles entscheidende Kriterium für die Wirtschaftlichkeit. „Ob eine Heizung aus einer teuren Kilowattstunde Strom 4 oder nur 2,5 kWh Wärme erzeugt, bekommt der Verbraucher nämlich deutlich im Portemonnaie zu spüren“, sagt der Energieberater Dr. Joachim Matthias von der Landwirtschaftskam- ������������ Wärmepumpen werden mit Strom angetrieben. Einige arbeiten auch mit Gas. Sie sind allerdings relativ teuer und spielen in der Praxis kaum eine Rolle. mer Nordrhein-Westfalen in Münster. Lesen Sie hierzu auch den Beitrag: „So rechnen sich Wärmepumpen“ auf der Seite 118. Hinzu kommt: Der Staat fördert Wärmepumpen – hat den Geldsegen aber an Mindest-Jahresarbeitszahlen geknüpft (siehe Übersicht 3, Seite 117). Diese Werte sollten daher nicht unterschritten werden. Glaubt man den Herstellern, sind diese Hürden aber leicht zu nehmen. Denn das Gros der Firmen wirbt mit Jahresarbeitszahlen von weit über 4. Überzogene Versprechungen Leider werden solche Werte in der Praxis oft gar nicht erreicht. Das legen zumindest die Ergebnisse eines Langzeittestes in Baden-Württemberg nahe, den ein Team von Energieexperten zusammen mit der Ortenauer Energieagentur betreut hat. In dem bislang einmaligen Projekt wurde die Leistung von 33 verschiedenen Wärmepumpen zwei Jahre lang überprüft. Unter den Kandidaten waren jeweils 13 Erd- und Luft-Wärmepumpen sowie sieben GrundwasserWärmepumpen. Projektleiter Dr. Falk Auer fasst die Ergebnisse zusammen: „Von den in Ein- und Zweifamilienhäusern zwischen Freiburg im Breisgau und Baden-Baden getesteten Systemen erreichten zwar 3 Wärmepumpen Werte von über 4, das Gros schnitt hingegen mäßig bis schlecht ab.“ Danach kamen in der Studie: ■ Erd- und Grundwasser-Wärmepumpen im Mittel auf Jahresarbeitszahlen von rund 3,4 und ■ Luft-Wärmepumpen auf etwa einen durchschnittlichen Wert von 2,6. Auch wenn in der Studie nur wenige Anlagen geprüft wurden, steht fest: An den Versprechen der Hersteller darf gezweifelt werden. Außerdem rüttelt das Resultat an der Rentabilität von Wärmepumpen. Beispiel: Eine Erdwärmepumpe mit Erdsonde kommt bei einem Wärmebedarf eines Hauses von 25 000 kWh auf Gesamtkosten von 9,87 Ct/kWh – sofern die Jahresarbeitszahl 4 beträgt. Sinkt sie auf 2,5, kostet die Kilowattstunde 12,82 Ct. Mehrkosten pro Jahr: 740 E. Die Testergebnisse haben aber auch Konsequenzen für die staatliche Förderung. Viele Testkandidaten sind demnach gar nicht förderwürdig. j Die Bohrung für Erdwärmesonden ist in der Regel genehmigungspflichtig. top agrar 12/2008 115 top Neue Energie Übers. 2: Verschiedene Formen von Wärmepumpen A B C2 C1 Grafik:Viessmann Es gibt drei Möglichkeiten, mit einer Wärmepumpe die Umgebungswärme anzuzapfen: A: Luft-Wärmepumpen. Eine etwa kühlschrankgroße Pumpe in der Nähe des Hauses oder im Keller saugt die Außenluft an und übeträgt dessen Wärme auf die Raumheizung. Für den Winter ist in der Regel eine zusätzliche Heizung notwendig. B: Grundwasser-Wärmepumpen. Hierzu werden zwei Brunnen bis zum Grundwasser gebohrt. In dem einen Bohrloch wird das Wasser angesaugt und zur Wärmepumpe transportiert. Dort wird dann die Wärme entzogen und das Grundwasser fließt durch den zweiten Brunnen zurück in den Boden. C: Erdwärme-Wärmepumpen. Hierbei werden mehr als 100 m tiefe Löcher gebohrt, in denen ein Sole-WasserGemisch die Wärme aus dem Boden zur Pumpe transportiert (C1). Alternativ kann auch ein Flachkollektor in etwa 1,2 m Tiefe eingebracht werden (C2). Dieser benötigt allerdings eine doppelt so große unbebaute und schattenfreie Fläche wie die beheizte Wohnfläche. Luft-Wärmepumpen schneiden in puncto Energieeffizienz in der Praxis schlecht ab. Wesentlich besser sind Erd-Wärmepumpen. Bislang reichte allerdings für die Förderung lediglich eine theoretische Berechnung der Jahresarbeitszahl vom Installateur der Anlage aus. Ob dieser Wert auch in der Praxis erreicht wurde, hat bislang niemand überprüft. Konsequenzen für die Förderung Das soll sich aber ändern. So heißt es in einer aktuellen Erläuterung des Bundesumweltministeriums zur Förderung von Wärmepumpen sinngemäß: Künftig werden stichprobenweise Antragsunterlagen ausgewertet und vor Ort Untersuchungen durchgeführt. Abweichungen zwischen der vom Fachunternehmer errechneten Jahresarbeitszahl mit dem im Praxisbetrieb ermittelten Wert führen nicht automatisch zur Rückforderung der Fördersumme. Bei falschen Angaben, Verstößen gegen die Förderrichtlinien oder bei fehlerhaften und nicht nach den technischen Regeln erfolgten Berechnungen im Antragsverfahren könne allerdings die Förderung zurückverlangt werden. Da für diese Angaben vor allem der Installateur verantwortlich ist, steht fest: Der Gesetzgeber nimmt weniger den Verbraucher, sondern vielmehr die Wärmepumpenbranche in die Pflicht. Viele Fachleute begrüßen dies, denn 116 top agrar 12/2008 aus ihrer Sicht müssten die Erträge der Wärmepumpe in der Praxis gar nicht so schlecht ausfallen. In vielen Fällen seien nämlich nicht die Pumpen der Grund allen Übels, vielmehr wurden die Anlagen falsch geplant und die Komponenten nicht optimal aufeinander abgestimmt. Das hat auch der Energieberater Elmar Brügger von der Landwirtschaftskammer NRW festgestellt. Der größte Fehler aus seiner Sicht: Die Differenz zwischen der Wassertemperatur des Vorlaufs der Heizung und der Temperatur der Wärmequelle (Erde, Luft oder Wasser) ist zu groß. Denn je kleiner dieser Unterschied, desto effizienter arbeiten Wärmepumpen. Ideal ist daher die Kombination einer Wärmepumpe mit einer Flächenheizung (Fußboden- oder Wandheizung), die mit Wassertemperaturen von 30 bis 35 °C auskommt. Herkömmliche Radiatoren, wie sie in Altbauten häufig vorkommen, sind hingegen auf höhere Temperaturen von bis zu 80 °C angewiesen. Eine Wärmepumpe ist daher nur in gut gedämmten Wohnhäusern mit einer Flächenheizung zu empfehlen. In den meisten landwirtschaftlichen Anwesen dürfte sie damit fehl am Platze sein. Denn viele heizen noch mit alten Heizkörpern. Auer konnte in seiner Untersuchung nachweisen, dass alle Systeme mit einer niedrigen Vorlauftemperatur deutlich bes- In einem Schlauchsystem fließt ein SoleWasser-Gemisch und nimmt die Wärme aus dem Boden für die Wärmepumpe auf. ser abschneiden. Zum Beispiel sparen die Betreiber von Luft-Wärmepumpen etwa 25 % Strom ein, wenn sie anstatt Radiatoren Fußbodenheizungen einsetzen. Dennoch kam keine Luft-Wärmepumpe auf eine Jahresarbeitszahl von drei, was eindeutig zu wenig ist. Das schlechte Ab- schneiden dieser Syteme ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass im Winter die Außentemperatur stark sinkt. Dadurch erhöht sich die Differenz zwischen der Temperatur des Heizungswassers und der der Außenluft, wodurch sich die Leistung der Wärmepumpe verschlechtert. Auer rät daher von Luft-Wärmepumpen ab. Besser seien Grundwasser- und Erd-Wärmepumpen. Wenn sie gut geplant und fachgerecht installiert werden, schaffen sie Jahresarbeitszahlen von über 4. Wärmepumpen (rechts im Bild) sind häufig nicht größer als ein Kühlschrank. Sichern Sie sich schriftlich ab Allerdins kann ein Laie kaum überprüfen, wie gut die Arbeit eines Installateurs ist. Brügger und Matthias empfehlen daher, sich an folgende Ratschläge zu halten: ■ Die Installation und Abstimmung der Komponenten einer Wärmepumpe auf das vorhandene Heizungssystem und auf die Wärmequelle ist nur etwas für den versierten Experten. Der Installateur sollte daher kein Neuling in der Branche sein. Lassen Sie sich möglichst Referenzadressen des Installateurs geben und fragen Sie Kunden nach deren Erfahrung. Beachten Sie dabei aber, dass die Vorlauftemperaturen und der Wärmebedarf eines Hauses Einfluss auf die Jahresarbeitszahl haben. Um aus den Erfahrungen anderer Kunden Rückschlüsse für Ihr Haus ziehen zu können, sollten die Voraussetzungen vergleichbar sein. Erkundigen Sie sich auch nach den „Heizgewohnheiten“ der Bewohner. Denn, ob Sie im Winter die Raumtemperatur auf 20 °C oder nur auf 18 °C einstellen, kann sich deutlich in der Jahresarbeitszahl niederschlagen. ■ Lassen Sie sich die Jahresarbeitszahl für Ihr Haus ausrechnen und vom Installateur schriftlich garantieren. Aber Vorsicht: Fachbetriebe geben gerne mal anstatt der Jahresarbeitszahl die so genannte Leistungszahl (COP) an. Sie gibt zwar wie die Jahresarbeitszahl auch das Verhältnis von nutzbarer Wärmeleistung zu aufgenommener Antriebs- leistung an, wird aber unter standardisierten Bedingungen gemessen und ist nur eine Momentaufnahme. Aussagekräftiger und näher an der Praxis ist die Jahresarbeitszahl. Sie ist sozusagen eine Hochrechnung der Leistungszahl auf das ganze Jahr und berücksichtigt die unterschiedlichen Betriebszustände einer Heizung. ■ Lassen Sie sich vom Installateur der Wärmepumpe einen Stromzähler an Ihrer Anlage montieren. Dieser sollte so installiert werden, dass er den gesamten Stromverbrauch der Anlage erfasst. Bringen Sie außerdem einen Wärmemengenzähler am Ausgang der Pumpe an, der den Wärmeertrag der Anlage misst. Zwar kosten Wärmemengen- und Stromzähler inkl. Einbau bis zu 500 E extra. So können Sie aber kontrollieren, ob Ihre Heizung auch das liefert, was Ihnen versprochen wurde. Hierzu lesen Sie die Zählerstände am Jahresende ab und teilen die Wärmemenge in kWh durch den Stromverbrauch in kWh. Als Ergebnis erhalten Sie die Jahresarbeitszahl. Beispiel: Eine Wärmepumpe erzeugt 16 000 kWh Wärme und verbraucht 4 000 kWh Strom. Die Jahresarbeitszahl berechnen Sie so: 16 000 kWh : 4 000 kWh = 4. ■ Achten Sie darauf, dass der Installateur den sog. hydraulischen Abgleich für Ihre Heizung durchführt. Das wird oft vergessen. Ein solcher Abgleich ermöglicht es aber, dass die Flächenheizung mit gleichmäßig niedriger Temperatur arbeitet, was die Effizienz von Wärmepumpen erhöht. ■ Der Installateur sollte Ihnen auch die Bedienung der Wärmepumpe erklären. Viele Verbraucher wissen nicht einmal, dass ihre Heizung von Sommer- auf Winterbetrieb in der Heizperiode umgestellt werden muss – von der optimalen Einstellung der Heizkurve ganz zu schweigen. Wir fassen zusammen Maßstab für die Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen ist die Jahresarbeitszahl. Sie sollte mindestens 4 betragen. Damit Ihre Pumpe auch solche Werte erreicht, muss Ihre Heizung mit einer möglichst geringen Temperaturdifferenz zwischen der Wärmequelle und dem Heizungswasser auskommen. Lassen Sie sich zudem vom Installateur die Jahresarbeitszahl schriftlich garantieren. Mit einem Stromzähler und Wärmemengenzähler an der Wärmepumpe können Sie die Leistung Ihrer Pumpe selber kontrollieren. Diethard Rolink Auf den kommenden Seiten lesen Sie, wie sich Wärmepumpen rechnen. Übersicht 3: Das zahlt der Staat Ihnen dazu Erforderliche Jahresarbeitszahl mind. 4,0 Grundwasser- Neubau Wärmepumpe Altbau mind. 3,7 Neubau mind. 4,0 ErdWärmepumpe Altbau mind. 3,7 Neubau mind. 3,5 LuftWärmepumpe Altbau mind. 3,3 Basisförderung pro m2 Wohnfläche 10 E 20 E 10 E 20 E 5E 10 E Höchstförderung 2 000 E 3 000 E 2 000 E 3 000 E 850 E 1 500 E Erhöhung der Förderung um 50 %, wenn die Jahresarbeitszahl …1) … mind. 4,7 beträgt … mind. 4,5 beträgt … mind. 4,7 beträgt … mind. 4,5 beträgt … mind. 4,7 beträgt … mind. 4,5 beträgt Ausführliche Infos zu den Förderkonditionen finden Sie auf der Internetseite www. bafa.de Sofern Ihre Wärmepumpe diese Jahresarbeitszahlen erreicht, erhalten Sie eine um 50 % höhere Vergütung. Auch die Förderhöchstgrenze wird dann um 50 % angehoben. 1) top agrar 12/2008 117