Mein Haus ist meine Burg gegen den Lärm

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ImmobilienWirtschaft
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25. August 2013
au fge falle n
Energiesalon 2013:
Nachhaltige Stadtentwicklung
Die Stadt ist ein Energiemoloch: Weltweit werden
rund zwei Drittel der Energie in den Städten
­verbraucht. DerEnergiesalon 2013 im Architekturforum in Zürich will vom 5. bis 19. September anhand der drei Fallbeispiele Zürich, Hamburg und
Hyderabad untersuchen, welche Strategien zur
nachhaltigen Stadtentwicklung unter verschiedenen
Grundvoraussetzungen verfolgt werden und ob es
überhaupt möglich ist, universelle und verbindliche
Erkenntnisse und Schlüsse zu gewinnen. Das
­Veranstaltungsprogramm ist imInternet zu finden,
dort kann man sich auch gleich anmelden:
www.af-z.ch/Energiesalon/2013
Chinesisches Unternehmen
will Crystal Palace wieder aufbauen
Wuchtig in der Erscheinung: Ausstrahlung von Kraft und Stärke in einer harten Umgebung
Foto: Simon Menges
Mein Haus ist meine Burg
gegen den Lärm
Ein Neubau mit Eigentumswohnungen in Zürich hält den Immissionen stand
te Fenster ist 6,8 auf 4,6 Meter
gross, wobei das grösste Einzelglas 4,15 auf 2,75 Meter misst. Die
Abmessungen der Fenster im Parterre sind auf die doppelgeschossigen Wohn- und Essräume
zurückzuführen. «Damit wird der
Nachteil kompensiert, dass die
nahe durchfahrenden Züge den
Lichteinfall reduzieren», erklärt
Schwyter. Tatsächlich fahren die
Züge teilweise nur wenige Meter
am Gebäude vorbei. Dank Dreifachverglasung mit guter Lärmisolation ist der Bahnverkehr aber
nur sehr gedämpft wahrnehmbar.
Ein Bewohner im Parterre meint
gar, die Züge störten gar nicht.
Eine Herausforderung sei es jedoch, die 5,45 Meter hohen
Wohnräume einzurichten. Wer
ein Flair dafür hat und es so geschickt wie dieser Bewohner
macht, wird umso mehr belohnt.
VON MARKUS GANZ
Bei der Zugseinfahrt in den Zürcher Hauptbahnhof hat sich in
den letzten Jahren die Aussicht
auf der rechten Seite völlig verändert: Neubau um Neubau entstand. Viele Gebäude überzeugen
mit hochstehender Architektur.
Ein Bauwerk fällt besonders auf:
das lang gezogene Wohnhaus an
der Neufrankengasse, welches
das Zürcher Architekturbüro
EM2N für SBB Immobilien gleich
vor der Langstrassen-Unterführung und der nachfolgenden
Europaallee entworfen hat. Der
markante Sichtbetonbau bezieht
sich deutlich auf das bekannte
und ganz in der Nähe stehende
Stellwerk «Zürich HB» von Max
Vogt. Gerry Schwyter, verantwortlicher Projektleiter und Partner von EM2N, gibt einen weiteren Grund für die wuchtige Erscheinungsform an. «Mit seiner
Schwere und Kraft strahlt das Gebäude eine monolithische Selbstverständlichkeit aus, die es in dieser harten Gegend braucht.»
Die Schlafräume gehen in
einen ruhigen Innenhof hinaus
Die Längsseite des Baus passt
sich dem Bogen der Gleise an
Tatsächlich ist die Lage schwierig
– «urban» ist hier nicht nur ein
Schlagwort. Das Grundstück ist
eingeklemmt zwischen dem Rotlichtquartier Chräis Chäib und
dem sehr nahe heranreichenden
Gleisfeld, auf dem die Züge aus
allen Richtungen gebündelt werden. An die laute Langstrasse, an
der sich der Haupteingang des
Hauses befindet, grenzt jedoch
nur die schmale, mit einem erkerartigen Vorsprung betonte Stirnseite. Die Längsseite passt sich
dem Bogen der Gleise mit einer
leichten Rundung an. Dass diese
nicht einfach mit leichten Abwinkelungen von geraden Betonmauern angenähert wurde, hat einen
Mehraufwand verursacht. Doch
dieser habe sich gelohnt, sagt Gerry Schwyter. «Der Unterschied
mag kaum auffallen, wird aber bestimmt wahrgenommen.»
Was sehr wohl auffällt, sind die
ungewöhnlichen Fenster auf der
Gleisseite. Sie bewirken, dass das
siebengeschossige Gebäude trotz
seiner burgartigen Erscheinung
nicht abweisend wirkt. Das gröss-
Das Einrichten der überhohen Räume braucht viel Geschick: Küche
mit Esstisch (o.), Treppenhaus (l.), Wohnzimmer
FotoS: Roger Frei
Schwimmende Lagerung
Von Beginn der Planung an war den Architekten von EM2N klar, dass der
nahe Bahnbetrieb die Wohnqualität beeinträchtigen könnte. Sie beauftragten deshalb die Firma Kopitsis Bauphysik damit, die zu erwartenden
Erschütterungs- und Körperschallimmissionen zu untersuchen und
mögliche Massnahmen zu empfehlen. Die Fachleute stellten fest, dass
die von den Zügen ausgelösten Erschütterungen über den Boden in
­angrenzende Gebäude geleitet werden und innerhalb derTragstruktur
Decken und Wände zu Schwingungen anregen. Schwingende Decken
und Wände verursachten analog einer Lautsprechermembran Schall,
der meist als dumpfes Dröhnen wahrgenommen werde. Die Experten
prognostizierten, dass ohne Massnahmen die Erschütterungen
­«spürbar» und der abgestrahlte Körperschall «gut hörbar» sein werde.
Sie empfahlen deshalb «eine vollflächige Lagerung des gesamten
­Gebäudekomplexes durch eine horizontale elastischeTrennlage», was
man umgangssprachlich als schwimmende Lagerung bezeichnet. Die
Empfehlungen wurden umgesetzt und «haben die gewünschte Wirkung
gemäss Messungen und subjektiver Wahrnehmung der Wohnungseigentümer sehr gut erzielt», sagt Gerry Schwyter von EM2N.
Von den Wohnräumen aus hat
man einen atemberaubenden
Blick auf das Gleisfeld sowie den
nördlichen Teil der Stadt. Von der
nach Süden ausgerichteten Rückseite des Gebäudes aus sieht man
hingegen in einen engräumigen
städtischen Hof, in dem es trotz
der nahen Langstrasse ruhiger ist.
Hier wurden die Schlafzimmer
und Loggien platziert. Im mittleren Teil des Gebäudes sind die
Eingangsbereiche und die Nasszellen untergebracht. Neben der
Minergie-Belüftung gibt es auch
eine natürliche Möglichkeit der
Luftauffrischung. Da es nicht ratsam ist, die Fenster zur Gleisseite
und der Langstrasse hin zu öffnen, wurden Belüftungskanäle
quer zu den Loggien geschaffen.
Das Resultat ist, vielleicht gerade wegen der schwierigen Lage
und der Rücksichtnahme auf allerlei Immissionen, bestechend.
Dies hat auch die Reaktion der
potenziellen Käuferschaft bestätigt. Zwei Drittel der 29 Eigentumswohnungen, die 1½ bis 5½
Zimmer bieten und zwischen
770 000 und 2,6 Millionen Franken kosteten, waren eine halbe
Stunde nach Verkaufsbeginn bereits reserviert. Beim ersten Spatenstich war nur noch eine Attikawohnung verfügbar.
Zur ersten Weltausstellung 1851 in London – der
­sogenannten GreatExhibition – baute der Ingenieur
Charles Fox nach Plänen des britischen Gartenarchitekten Joseph Paxton den Crystal Palace. Die
93 000 Quadratmeter grosse Konstruktion aus Gusseisen und Glas wurde für 150 000 Pfund im Hyde Park
errichtet und nach dem Ende der Weltausstellung
wieder abgebaut – aber nicht verschrottet. Vielmehr
wurde der Crystal Palace 1854 auf dem Sydenham
Hill im Bezirk Lewisham – heute Crystal Palace – im
Südosten der Stadt erneut aufgebaut. Der Sydenham Hill ist einer der höchsten Punkte Londons,
womit das gigantische Gartenhaus zu einem Wahrzeichen der Hauptstadt wurde. Am 30. November
1936 wurde der Kristallpalast ­jedoch bei einem
Brand vollständig zerstört. Heute ist das Gelände
ein Park. Das chinesische Bauunternehmen Zhong
Rong Holdings plant nun, den Crystal Palace auf dem
Sydenham Hill wieder zu errichten. Zurzeit diskutiert das Unternehmen mit der Stadt. Eine Bedingung würde der Crystal Palace 2.0 jedenfalls erfüllen:
den Parlamentsbeschluss von 1990, dass ein allfällig
gebautes Gebäude auf dem Grundstück «im Geist
von Paxtons ursprünglichem Bau» sein müsse.
Emmen bekommt den Oranje-Touch
Emmen bei Luzern boomt. Auf zwölf Baufeldern
sollen in den nächsten Jahren rund 800 Wohnungen
sowie Gewerbe- und Industrieflächen entstehen.
Eines der Baufelder wird derzeit vom niederländischen Büro MVRDV-Architekten in Zusammenarbeit
mit dem St. Galler Büro BPM bebaut. Das Projekt im
künftigen Feldbreite-Quartier umfasst 9000 m2
Wohnraum, rund 2000 m2 Ladenflächen und 2900 m2
unterirdische Parkplätze.
Es sei, so eine Presse­
meldung der Gemeinde,
«für Schweizer Verhältnisse spektakulär» – und
höchst flexibel. Pastellfarbene «Gebäudeklötzchen»
in unterschiedlichem Design und unterschiedlicher
Grösse fügen sich zu
einem Ganzen zusammen,
bei dem auch viel Platz für Naherholungsraum sein
wird. Insgesamt können künftige Bewohnende
­dereinst aus 16 verschiedenen Wohnungstypen
­zwischen 30 und 130 m2 Wohnfläche aussuchen und
erst noch entscheiden, ob sie die Wohnungen im
Voll- oder im Rohausbau übernehmen wollen.
Durch diese Flexibilität und Vielfältigkeit soll, so die
Architekten, «ein lebendiges, durchmischtes,
­urbanes Gebiet» entstehen. Die ersten Gebäude
­sollen 2015 bezugsbereit sein.
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