Aus Transparenz wird Energieeffizienz

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02-2017 FASSADE | FAÇADE – JUBILÄUM 25 JAHRE | 57
25 Jahre Zeitschrift FASSADE – Beiträge der Fassadentechnologie
zur Energiewende
Aus Transparenz
wird Energieeffizienz
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Solarenergie, Biogas und weitere Ökotechnologien
werden im überwiegenden Teil der Welt zur favorisierten Lösung für nationale Energieprobleme. Soll
der Gebäudesektor gemäss internationalen Klimaschutzzielen, Schweizer Energiestrategie und Carbon Roadmap der Europäischen Union bis zum Jahr
2050 im Vergleich zu 1990 seine CO2-Emissionen
um 90% reduzieren, muss auch die Fassadentechnologie klimagerechter und energieeffizienter werden.
In der SZFF-Erstausgabe vom April 1992 fanden sich
bereits zeitlos aktuelle Fassadenbau-Themen: Klima-, Profilblech- und Glasfassaden wurden in anschaulichen Projektbeispielen unter konstruktiven, bauphysikalischen und
Komfortaspekten beleuchtet. Auch gehörte gebäudeintegrierte Solartechnik bereits zum Kaleidoskop des modernen Fassadenbaus. Dagegen waren Energieeffizienz,
graue Energie und Lebenszykluskosten von Gebäudehüllen noch keine relevanten Themen.
Energiepolitische Umwälzungen
25 Jahre Fassadenbau stehen für unzählige konstruktive
Optimierungen, passive Ansätze für bessere Energieeffizienz bei gleichzeitig reduziertem Ressourcenverbrauch.
Das gesetzliche und energiepolitische Umfeld ist seither
im steten Wandel begriffen:
• Die Schweiz erhielt 1991 im Nachgang zu exorbitanten
Erdölpreissteigerungen und einem Reaktorunfall in
Tschernobyl erstmals einen Energieartikel auf Verfassungsstufe sowie erweiterte Kompetenzen im Baurecht
und beim Umweltschutz.
• Als Folge des Energienutzungsbeschlusses vom
Dezember 1991 wurde das Aktionsprogramm «Energie
2000» (später «EnergieSchweiz») geschaffen.
• In allen Kantonen wurden die Gesetzgebungen der
neuen Energiepolitik angepasst.
• Das Label «Energiestadt» wurde geschaffen.
• Im Nachgang zum 10-jährigen Moratorium für den Bau
neuer Atomkraftwerke (1990) thematisierte und förderte
die Schweiz das ressourcenschonende Bauen auf breiter Basis in Impulsprogrammen (RAVEL, PACER, IP Bau,
DIANE).
• Neue Organe wie etwa die Konferenz der kantonalen
Energiedirektoren sorgten mit Musterenergievorschriften (MuKEn) für umfassende Energiespar-Kataloge, aus
deren Bausteinen die Kantone ihre spezifischen Energiegesetzgebungen ableiteten.
Reto P. Miloni
Dipl. Architekt ETH SIA,
Miloni Solar AG,
CH-5405 Baden-Dättwil
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• Die Idee der kostendeckenen Einspeisevergütung (KEV)
ging von Burgdorf aus um die Welt – die Schweiz führte
die KEV erst als 47. Nation ein.
• Das Label MINERGIE wurde geschaffen: 46 Mio. m2 beheizte Nutzfläche in mehr als 42 500 zertifizierten Objekten wurden seit 1998 auf dieser freiwilligen Marke erstellt.
Im Gebäudebereich bewirken heute drei Regelelemente
einen kontinuierlichen Erfolgspfad zu besserer Energieeffizienz: Vorschriften und Verbote gemäss kantonalen
Energiegesetzen, Fördermassnahmen (z. B. Gebäudeprogramm oder KEV/EIV) gemeinsam mit Lenkungsabgaben
(CO2-Gesetz).
Entschwundene «Leader Position»
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Rückblickend gesehen erarbeitete sich die Schweiz im
Europa der 1990er-Jahre im Umgang mit Energiesparmassnahmen und erneuerbaren Energien eine «Leader Position»: Dämmstofffabriken, Aluminiumhalbzeug- und Glashersteller entwickelten vielfältige Produkte mit optimierter
thermischer Performance. Bahnbrechende Innovationen
wie Magnetron-gesputterte Wärmeschutzgläser, Waferherstellung mittels diamantbestückter Seilsägen, Solarstecker,
Wechselrichter, erste laminierte Solarmodule, Wärmepumpen, Komfortlüftungen, drehzahlregulierte Umwälzpumpen
und vieles mehr exportierte die Schweiz in die ganze Welt.
In der Energieforschung wurde die Schweiz zum Key Player,
hatte bei transparenten Wärmedämmungen, ausgeklügelten Warmwasser-Systemen und Software die Nase im Wind.
Kollektoren wurden am PSI in Würenlingen getestet, und
das weltweit erste Prüfinstitut für Photovoltaiksysteme entstand am SUPSI im Tessin.
Leider liessen verkrustete Strukturen ihrer Mineralöl- und
Elektrizitätswirtschaft die Schweiz in Energiefragen im
Verbund mit dem Mantra «Energie darf nicht teurer werden» seither international in Rücklage geraten.
Ernüchternde CO2-Bilanz
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Obwohl seit dem ersten Erdölschock der Heizwärmeverbrauch in der Schweiz halbiert werden konnte, hat die
heutige Architektur mit ihrer Affinität für «transparente
Ikonen» beim Klimaschutz noch Verbesserungspotenzial. Denn noch entfällt rund die Hälfte unseres Heizwärmeverbrauchs auf den Gebäudebestand. Insgesamt ist
die Schweiz statt einer 2000-Watt-Gesellschaft eine
8300-Watt-Gesellschaft. Um die Ressourceneffizienz
unserer Gesellschaft, aber auch um den ökologischen
Fussabdruck von Fassaden und ihrer Gebäudetechnik
ist es darum nicht zum Besten bestellt. Speziell der postmoderne Hang zu «mehr Glas am Bau» widerspiegelt das
Bewusstsein nicht, dass Erdöl endlich, unser dem Ende
entgegenstotternde Atompark mit Sicherheitsmängeln
behaftet ist und die präferierten Materialien des Fassadenbaus (Glas, Aluminium, Stahl, Kunststoffe, Farben und
Eloxal) viel graue Energie enthalten. Die Herstellung und
Verarbeitung der Baustoffe, die notwendig sind, um Wohnungen oder Büros nach gängigen Ansprüchen zu erstellen, überfordet das gesamte CO2-Budget gemäss Klimazielen – dabei ist noch niemand zur Arbeit gefahren, kein
Zimmer geheizt, kein Computer eingeschaltet.
Gemäss Beschlüssen der Pariser Klimakonferenz 2015
soll die Erderwärmung «deutlich unter zwei Grad» gesenkt
werden. Zur Erreichung dieses Ziels müsste die Nettotreib-
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1 PV-Sonnenschutzlamellen am neuen Rathaus in
Freiburg im Breisgau (Foto:
Asola Technologies GmbH)
2 Transparenz als Ausdruck
eines neuen kulturellen und
gesellschaftlichen Bewusstseins
zu Beginn der Moderne …
3 … entwickelt sich zur
Metapher insbesondere
an Geschäftsbauten
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4 Licht filtern und dabei
Energie und Wohlbefinden
wie ein Baum generieren
5 l 6 Grossflächige PV-Module als Gestaltungselemente opaker Hüllen …
7 … oder als multifunktionales Vordach
8 Fix an südorientierten Fassaden eingebaute
Standardmodule …
9 … bewegliche Überkopf-Verschattungslamellen …
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10 … oder im Isolierglas eingebaut.
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hausgasemissionen bis 2050 weltweit auf null zurückgefahren werden. Bis dann muss sich die Energieversorgung
zu 100% auf erneuerbare Energien stützen. Also müssten
die Bau- und mit ihr speziell auch die Fassadenbranche
gemäss SIA-Effizienzpfad Energie den Verbrauch an nicht
erneuerbarer Primärenergie und die Treibhausgasemissionen für Erstellung, Betrieb und Rückbau reduzieren
(siehe SIA-Merkblatt 2040 «Effizienzpfad Energie» und
SIA-Merkblatt 2032 «Graue Energie von Gebäuden»).
Weiter bauen, heizen und kühlen wie bisher geht nicht
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Vor 100 Jahren waren «Kristallpaläste» (Bruno Taut) Ausdruck der expressionistischen Baugesinnung. Sie entsprang dem Wunsch nach grenzenloser Glasmetaphorik
und transparenter Ästhetik. Der Architektentraum des «plan
libre» mit dematerialisierten Wänden brachte den «Esprit
nouveau» damaliger Architektur zum Ausdruck. Gleichzeitig
war er auch soziale Reaktion auf ungesunde Lebensumstände in urbanen Zentren. «Hört auf mit dem historischen
Sonnenfassade.ch zeigt Solarenergiepotenzial von Hausfassaden
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Eine neue interaktive Website des Bundesamtes für Energie zeigt, wie geeignet Fassaden für die Produktion von Solarenergie sind. Bereits konnte die Hälfte des Schweizer
Gebäudebestands auf Sonnenfassade.ch erfasst werden. Bis Mitte 2019 werden alle
Hausfassaden der Schweiz online abrufbar sein. Mit wenigen Klicks kann abgefragt werden, wie viel Strom und Wärme eine Fassade produzieren könnte und wie geeignet sie
dazu ist. Die Anwendung verknüpft dazu Daten zu Grösse und Orientierung der einzelnen
Fassadenfläche mit satellitenbasierten Werten der lokalen Sonneneinstrahlung.
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11 Vielfältige Gestaltungmöglichkeiten mit multikristallinen …
12 … monokristallinen …
13 … oder sogar
gelochten Zellen
14 … im Wettstreit sich entwickelnder Modultechnologien.
15 Photovoltaik wird dank
Leistungssteigung und Preiszerfall zur Schlüsseltechnologie für die Energiewende
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Mummenschanz» verlangte 1916 der Bauhaus-Gründer
Walter Gropius, Vorreiter der «Modernen Architektur». Statt
pompösem Zierrat mit neoklassizistischem Dekor an fensterarmen «Kerkermauern» hiess die Metapher fortan «Licht,
Luft und Glas» (Siegfried Giedion). Denn mangels Tageslicht
und Ultraviolettstrahlung grassierten unter dem Smog in
rasch gewachsenen Industriestädten Europas Tuberkulose
und Rachitis: «Dove non c’è la luce, il dottore non è lontano»
hiess das Sprichwort jener Zeit.
Neue Fassadenkonzepte gefragt
Bildnachweis:
alle Fotos durch den Autor
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Heute ist totale Transparenz angesichts ihres ökologisch
bedeutenden Fussabdrucks auf dem Weg zum «Mummen-
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Reto Miloni,
Miloni Solar AG
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schanz» des 21. Jahrhunderts. Denn beste Mehrscheibenverglasungen dämmen schlechter als passivhaustauglich
isolierte Wände, beinhalten viel graue Energie und verlangen
in wärmer werdenden Sommern vermehrt nach Kühlung.
Die Fassadenbranche gerät damit in die Zwickmühle:
Einerseits soll sie nach wie vor Architekten- und Bauherrenwünsche erfüllen, andererseits die seit 1972 bekannten «Limits to Growth» und stringenter formulierte Nachhaltigkeitsziele reflektieren. Andere Gesellschafts- und
Wirtschaftsbereiche (z. B. der Städtebau, Holzbau, Fahrzeugbau für nachhaltige Mobilität oder Biolandbau)
entwickelten – anfänglich belächelt – aus Sorge um
Gesundheit, Umwelt, knappe Finanzen oder Ressourcen
innovative Ansätze. Heute sind dies prosperiende Wachstumsmärkte. Ähnliches Umdenken steht der postmodernen Architektur mit hohem Glasanteil und gewichtigem
Heiz- und Kühllastverbrauch noch bevor. Entsprechend
anzustreben wären Fassaden mit selektiv besserem Mix
von passivsolaren Wärmegewinnen zwischen Transparenz, Abwendung sommerlicher Überhitzung durch smart
geregelte Storen, aktivsolaren Energiegewinnen durch
Photovoltaik oder Solarthermie sowie effektiver Systemtechnik (Wärmepumpen, Energiespeicherung).
Vom Smart Powerhouse zum Plusenergiegebäude
Die bundesrätliche Energiestrategie 2050 propagiert im
Verbund mit internationalen Klimaschutzzielen härtere Primäranforderungen an Gebäudehüllen und Gebäudetechnik. Entsprechend rutschen Forderungen nach weiterer
Reduktion des Energieverbrauchs für Heizung, Warmwasser, Klimatisierung und Beleuchtung und gebäudeintegrierte Energieerzeugung auf den Prioritätenlisten von
Neubauten oder Sanierungen nach oben. Wege dazu thematisierte die SZFF über die Jahre immer wieder in Beiträgen und mit Sonderschauen (z. B. SMART Power House).
Weil Freiflächen-Photovoltaik in unserem dicht besiedelten Land wenig Chancen hat, gerät Photovoltaik am
Gebäude zur Schlüsseltechnologie für die Energiewende,
•
Dipl. Architekt ETH SIA,
CH 5405 Baden-Dättwil.
• Architekturbüro und
Solarfirma für solare
Energiesysteme
• Spezialität: MINERGIEBauten, Solaranlagen,
Tageslicht, Sonnenschutz sowie gebäudeintegrierte
Photovoltaik und Kollektoren
Fachbuchautor «Strom rationell nutzen», «Neuer Komfort mit Tageslicht», «Systeme der Tageslichtnutzung»,
«Atrien der Zukunft», «Bautechnik der Gebäudehülle»
Tageslicht- und PV-Forschung bei RAVEL, LUMEN,
DIANE, NEFF
Gastprofessor Uni Hannover, Abteilung Technischer
Ausbau & ressourcenschonendes Bauen
Projektleiter Sonderschauen für fassadenintegrierte
Solartechnik an der SWISSBAU
Mehrfacher Solarpreis-Träger, Mitglied Kommission
«Solares Bauen» bei SWISSOLAR
umso mehr als mit Wasserkraft, Geothermie, Windstrom,
Biomasse, Wärmekrafkoppelung, Strom aus Abwasseroder Kläranlagen nur geringe Zubauraten erreicht werden.
Gemäss Road Map von Swissolar muss bei der Photovoltaik für einen Ersatz von zwei Dritteln des Atomstroms
bis 2035 die jährlich zugebaute PV-Leistung von aktuell
rund 250 MWp auf 700 MWp gesteigert werden. Allein auf
Schweizer Dächern sind solche Zubauraten ohne Einbezug sonnenbeschienener Fassaden nicht zu erreichen.
Gemäss einer Studie von SWISSOLAR können auf Schweizer Fassaden rund 8 Gigawatt PV-Leistung und 5,6 TWh
Solarstrom (knapp 10% des elektrischen Gesamtenergieverbrauchs) erzeugt werden.
Gebäudeintegrierte Solartechnik im Trend
Lange waren Solarfassaden technisch zu kompliziert,
gestalterisch-formal zu eingeschränkt, zudem von der
Lebensdauer und ihrem energetischen Rendement
her beschränkt und obendrein teuer. Die Umsetzung
gewünschter Design-Ideen kannte somit viele Grenzen.
Heute lässt sich die kleinzellige Textur von Solarmodulen mildern: innovative Produktionsmethoden für grossflächigere Solarmodule, (bis zu 1,7 × 3,5 m), vielfältige
Kolorierbarkeit, unterschiedliche Druckverfahren, Folien,
Ätzungen oder Spezialgläser machen die Architektur mit
Solarthermie und Photovoltaik nahezu grenzenlos gestaltbar. Gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIVP) hat neue,
dauerhafte und bezahlbare Freiheiten für am Ort implementierbare Stromerzeugung in Fassaden, Dächern und
anderen Gebäudeteilen erlangt. Die möglich gewordene
«Camouflage» fördert in Architektenkreisen die Akzeptanz für Solarstromfassaden, wenn dunkle Solarmodule
weiss beschichtet werden können und zellverbindende
Busbars durch Rückseitenkontaktierung oder Smartwires
verschwinden.
Aktuell werden Solarkomponenten immer leistungsfähiger und Solar- oder Hybridkollektoren raffinerter, während die Haushaltstrompreise steigen. Somit sinken die
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16 PV-Integration eröffnet
dem Fassadenbauer bedeutsame Wachstumsmärkte.
17 Die SZFF ist seit je offen
für BIPV (gebäudeintegrierte
Photovoltaik), beispielhaft
die SZFF-Sonderschau
«SmartPowerHouse»
in der Swissbau 2005
Systemkosten bei der Photovoltaik: Solarstrom wurde
in den letzten 10 Jahren rund 75% günstiger. Zusammen mit den bei hinterlüfteten Kaltfassaden bewährten
Aufhängesystemen entstehen für die Facadiers neue
Marktnischen mit langfristig interessantem Wachstumspotenzial.
BIPV bietet Investoren, Architekten und Fassadeningenieuren neue Möglichkeiten, mit dem Thema Energieversorgung und der Umwelt umzugehen und einen
entscheidenden Beitrag der benötigten Energie zum
Plusenergiegebäude oder Nearly Zero Energy Building
(nZEB) zu erfüllen. Mit in das Gebäude integrierten Photovoltaiksystemen verringern sich die Stromkosten der
Nutzer und damit weltweit die Emission von Treibhausgasen: Bereits 100 m2 Solarfassade vermeiden mehrere
Tonnen Kohlenstoffemissionen – pro Jahr!
Der interdisziplinäre vernetzte «Hüllenbauer»
Die Erstellung hochwertiger Gebäudehüllen wird dabei
nicht trivialer: Ressourcenschonendes Bauen ist komplex und interdisziplinär. Energieeffiziente Gebäude zu
planen auf Basis definierter Ziele und mit neuen Werkstoffen, gerät zur übergreifenden Aufgabe. Hier sollten
Fassadenplaner den Lead erhalten. Warum machten bislang Klimaingenieure oder Energieplaner an Stelle von
Fassadenplanern die bei Baubewilligungen erforderlichen Einzelbauteil- oder Wärmschutznachweise nach
SIA 380/1? Weil bislang die Haustechnikplaner für das
Wohlfühlklima mittels Gebäudetechnik verantwortlich
waren. Der Haustechniker kompensierte Wärmeverluste
von Gebäudehüllen oder Kühlbedarf. Leisten Fassaden
mehr an Funktionalität und wird Komfort dem Gebäude
mit weniger energieverzehrender Gebäudesystemtechnik verpasst, wächst das Tätigkeitsspektrum des «Hüllenbauers». Um Fassaden mit PV oder transluzenten
und mehrschaligen Verkleidungen herzustellen, muss
man das Zusammenspiel von Werkstofftechnik, Elektrik,
Statik, Konstruktion, Mechanik und auch lokalem Klima
beherrschen.
Fassadenbau macht sich damit auf den Weg zu einer wissenschafts- und technologiebasierten Nische, in welcher
die Schweiz traditionell stark ist. Auch weil sich die Möglichkeiten der industriellen Produktion (Stichwort Industrie
4.0) parallel zu neuen Werkstoffen, Regelalgorithmen und
Verfahren mit innovativen Planungs-, Fertigungs-, Montage- und Installationsprozessen kontinuierlich weiterentwickeln – man denke bloss an BIM-Modeling-Verfahren,
3D-Printing oder Montageroboter.
Als reiches und entwickeltes Land sollte die Schweiz
genug Geld und Innovationskraft haben, um hier auf
neuem Terrain Fuss zu fassen. Unser Bildungsniveau
gepaart mit praxisbasiertem Know-how macht die Fassadenbranche hier a priori innovationsträchtig. Niemand
wäre also bei der Erarbeitung zukunftsfähiger Lösungen
für energieeffizientere und energieproduzierende Hüllen
prädestinierter als die Fassadenplaner und -bauer.
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