Lebensräume Wohnen auf dem Grund des Meeres Unerforscht

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Seit 1895 das Magazin der Credit Suisse Nummer 3 Aug./Sept. 2008
Ozean
Lebensräume Wohnen auf dem Grund des Meeres
Unerforscht Neuste Technik bringt Licht ins Dunkel
KMU-Umfrage Wissensfaktor wird immer wichtiger
Globale Inflation Hoher Ölpreis zeigt Wirkung
National Gallery Credit Suisse wird neuer Partner
Kofi Annan Einstiger UN-Generalsekretär im Gespräch
Bulletin plus Klassische Musik
NOTFALL MYANMAR
Nach dem Zyklon Nargis sind Hunderttausende obdachlos,
ohne Nahrung und ohne Trinkwasser. Die Not der
Menschen ist unermesslich!
Unsere Teams vor Ort leisten den betroffenen Menschen
erste Hilfe, aber diese Hilfe reicht bei weitem nicht aus.
Mehr als 250 MSF-Mitarbeiter leisten direkte Hilfe vor Ort.
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Editorial
Die Fische habens gut. Schliesslich wird die Oberfläche des Planeten Erde
zu 71 Prozent von Ozeanen bedeckt. Und diese verlieren sich noch in kilometertiefen Schluchten und Gräben, umsäumt von gigantischen Unterwassergebirgen
und endlosen Weiten. Dort unten in den Tiefen der Meere muss die Freiheit
wahrlich grenzenlos sein.
Wie eng muss den Fischen dagegen die kleine Welt der Erdbewohner
erscheinen, die sich weniger als einen Drittel der Oberfläche teilen. Kommt
dazu, dass die Menschen ihren Wohnraum, niedergepresst von der Schwerkraft, nur zweidimensional nutzen können. Wollen sie einmal wie die Vögel oder
Fische in die dritte Dimension hinauf- oder hinabsteigen, müssen sie sich
in blecherne Kisten mit Flügeln oder aber in monströse Seegurken aus Stahl
zwängen. Schmunzeln werden die Fische wohl auch über die unbeholfenen
Muschelschalen, mit denen sich die Erdbewohner von einer Insel zur nächsten
bewegen und sich dabei an der Meeresoberfläche schutzlos Wind und
Wetter aussetzen.
Gleichwohl sehen sich die Menschen nur zu gerne als die Herrscher der sieben
Weltmeere. Ganz nebenbei ist die in diesem Zusammenhang gängige Zahl
Sieben eher willkürlich gewählt. Die Geografen unterscheiden heute lediglich
drei Ozeane: den Indischen, den Pazifischen und den Atlantischen Ozean.
Doch wurden früher je nach Sichtweise und Machtverhältnissen noch weitere
Nebenmeere dazugezählt, wie zum Beispiel das Karibische, das Gelbe und
das Schwarze Meer, die Ost- oder Nordsee oder das Mittelmeer.
Gold Winner
Foto: Cédric Widmer
Gold Winner
1. Rang
Doch zurück zu den vermeintlichen Herrschern der Meere: Laut dem amerikanischen Meeresforscher Stephen Hammond sind heute kaum mehr
als zehn Prozent der Ozeane erforscht ! Oder noch wahnwitziger ausgedrückt:
Wir wissen praktisch nahtlos Bescheid über die Topografie und die Beschaffenheit der Mondoberfläche, schicken Sonden und Satelliten zum Mars, aber
was in den Tiefen der Ozeane vor unserer Haustür schlummert, darüber wissen
wir praktisch nichts.
In einer Zeit, in der die natürlichen Rohstoffe, aber auch der Lebensraum der
Menschen immer knapper werden, wächst unweigerlich das Interesse an
den weissen Flecken unserer Weltmeere. Allerdings darf es bei den Meeren
zu keinem so unkontrollierten Raubbau kommen wie auf dem Festland.
Der Klimawandel führt uns eindringlich vor Augen, wie verletzlich unser Blauer
Planet ist. Die Ozeane sind wichtig fürs Überleben – nicht nur der Fische.
Daniel Huber, Chefredaktor Bulletin
03
Solway Firth, Cumbria, England, 28. März 2006, 12.00 Uhr
Inhalt
18
05
27 _ Business
28 _ Alois Bischofberger Ein letzter Rück- und
Ausblick des abtretenden Chefökonomen
30 _ Vermögensverwaltung Die Credit Suisse
verstärkt ihr Engagement in Indien
31 _ Nachfolgeseminar Strategien für CEO s von
Familienunternehmen aus Lateinamerika
32 _ Ship Finance Führende Position dank
65 Jahren Erfahrung
33 _ Accessibility Barrieren beim Zugang zu
Bankgeschäften abbauen
34 _ Riva Zukunftweisende Partnerschaft mit dem
italienischen Hersteller von Luxusyachten
35 _ Invest Aktuelle Analysen und Trends
43 _ Wirtschaft
44 _ KMU -Umfrage Wissen wird immer mehr
zum entscheidenden Rohstoff
48 _ Island Schafft das Land den Sprung vom
Emerging Market zum Industrieland?
52 _ Globale Infl ation Hohe Öl- und Lebensmittelpreise treiben die Infl ation in die Höhe
54 _ Digitale Defl ation Der meistgefragte
Rohstoff Information verbilligt sich
Schwerpunkt Ozean Im Nördlichen Eismeer geht ein
Meeresforscher kopfüber den Geheimnissen der Ozeane
auf den Grund. Lediglich zehn Prozent der Ozeane,
die 72 Prozent der Erdoberfläche bedecken, sind erforscht.
06 _ Ozeane bremsen Erddrehung Wenn der Tag dank
dem Mond und den Gezeiten immer länger wird.
08 _ Weg vom Festland Auf der Suche nach neuen Lebensräumen drängt sich immer mehr der Meeresgrund auf.
14 _ Zurück in die Zukunft Die Seefahrt sucht nach neuen
Antriebsformen und greift auf Wind und Sonne zurück.
18 _ Geheimnisse gründen tief Modernste Technik bringt
Licht in das unerforschte Leben der Ozeane.
22 _ Ehrgeiziges Hafenprojekt «Tanger Med» soll Marokko
zum Dubai des Mittelmeerraums machen.
51 _ Bulletin plus «Klassische Musik»
57 _ Sponsoring
58 _ National Gallery Credit Suisse wird neuer
Partner des ehrwürdigen Museums
60 _ Kunstsommer Schweiz Hodler, Balthus,
Segantini laden zum Besuch
61 _ Fussball Ein Dankeschön an Jakob Kuhn
62 _ Mission Südafrika Ottmar Hitzfeld soll die
Schweizer Fussballer an die WM 2010 führen
63 _ Gesellschaft
64 _ «bike to work» Der Umwelt und der
Gesundheit zuliebe mit dem Rad zur Arbeit
65 _ Love Ride Muskelkranke Kinder profi tieren
vom grössten Schweizer Biker-Treffen
66 _ World Science Summit 2008 Credit Suisse
unterstützt Weltwissenschaftsgipfel
68 _ Children’s Storefront Kindern in Harlem
zu einer besseren Ausbildung verhelfen
Coverfoto: www.oceanexplorer.noaa.gov
70 _ Leader Kofi Annan Der ehemalige
UNO -Generalsekretär im Gespräch
Der «Forest Stewardship Council» (FSC) setzt mit
10 Prinzipien und Kriterien den Standard für eine
umwelt- und sozialverträgliche Waldbewirtschaftung.
Schweizer Papier (Z-Offset, mit 30% FSC -Anteil), aus
europäischem Zellstoff, hergestellt von der ISO -14001zertifi zierten Ziegler Papier AG , Grellingen.
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62 _ Impressum
43 _ Wissenswert
56 _ Nachlese
74 _ @propos und Online-Link
Ihr Link zu unserem Know-how: www.credit-suisse.com/infocus
Solway Firth, Cumbria, England, 27. März 2006, 5.20 Uhr
Wie Ebbe
und Flut
den Lauf
der Zeit
verändern
Fotos Seite 4 und 6 : Michael Marten (www.michaelmarten.com)
Ozean Gezeiten
« Mein Tag müsste mindestens 30 Stunden haben, damit ich alles
erledigen kann.» Irgendwann in ferner Zukunft könnte der häufig
geäusserte Wunsch Wirklichkeit werden – allerdings erst nach sehr,
sehr langer Zeit. Daran arbeiten Tag für Tag die riesigen Ozeane
der Erde und der Mond.
Bekanntlich sind 71 Prozent der Erdoberfläche mit Ozeanen bedeckt. Die grossen Wasservorkommen sorgen unter anderem dafür,
dass das Leben in der uns bekannten Form existieren kann. Doch
so merkwürdig es klingen mag, die Weltmeere beeinflussen auch
die irdische Tageslänge. Allerdings brauchen sie dazu die Hilfe des
Mondes. Dieser umkreist die Erde auf einer leicht elliptischen Bahn
und hat heute eine mittlere Entfernung von 384 0 0 0 Kilometern.
Dem Mond werden von den Menschen viele Einflüsse zugeschrieben. Häufig wohl viel mehr, als er tatsächlich ausübt. Ein vom Mond
verursachtes Phänomen ist allerdings ganz offensichtlich und jeden
Tag zweimal zu beobachten – die Gezeiten. Zweimal am Tag steigen
die Ozeane an, um danach wieder auf ein tieferes Niveau zu fallen.
Ebbe und Flut zeigen sich als Folge der Umkreisung des Mondes
auf der ganzen Welt als immerwährender Rhythmus.
Die Gezeitenkräfte bewirken sogar, dass auch der feste Erdkörper durch die Gravitationswirkung von Mond und Sonne eine
Defor mation erfährt, die in Äquatornähe etwa einen halben Meter
erreichen kann.
jedem Jahrhundert um etwa zwei Millisekunden zu. Auf ein Menschenleben bezogen ist so eine Zeitspanne so gut wie nichts. Denkt
man allerdings in astronomischen Massstäben, sieht die Sache
anders aus. Tatsächlich hat diese geringe Zunahme bereits einen
Einfluss auf unseren Kalender. Denn so klein diese Abweichung
auch sein mag, sie führt dennoch dazu, dass diese Zeitverzögerung
regel mässig korrigiert werden muss. Aus diesem Grunde wurde
letztmals am Ende des Jahres 1998 eine Schaltsekunde eingeschoben. Über sehr lange Zeiträume betrachtet, macht sich diese
Zeitverzögerung noch deutlich mehr bemerkbar.
Korallen speichern die Tageslänge
Untersucht man Korallen aus der Gegenwart, weisen diese im jährlichen Skelettzuwachs über 360 Anwachslinien auf – was einer
Anwachslinie pro Tag entspricht. Forscher untersuchten die Wachstumsringe von fossilen Korallen und fanden heraus, dass vor 400
Millionen Jahren ein Erdentag nur 22 Stunden dauerte und das
Jahr mehr als 400 Tage hatte.
Dreht man die Uhr noch weiter zurück, auf rund 900 Millionen
Jahre vor unserer Zeitrechnung, kommt man auf eine Tageslänge
von nur etwa 18 Stunden. Das damalige Jahr hatte rund 490 Tage.
Seither hat sich die Rotationsgeschwindigkeit der Erdkugel durch
die Gezeitenreibung auf die heutigen 365,26 Umdrehungen pro
Jahr verringert und damit zu unserem gewohnten und selbstverMond und Ozeane bremsen die Erddrehung
ständlichen 24 -Stunden -Tag geführt.
Früher glaubte man, dass die Nautilusschalen einen perfekten
Das regelmässige Spiel von Ebbe und Flut führt dazu, dass durch
die Reibung der Meere auf dem Erdboden die Erddrehung langsam, Mondkalender aufzeichnen, indem sie bei jedem Mondumlauf einen
aber sicher gebremst wird. Für die Verlangsamung der Erdrotation Anwachsring produzieren. Die beiden Forscher Peter Kahn und
sind jedoch nicht nur die Wasserozeane verantwortlich. Auch die Stephen Pompea machten mit einem Artikel Ende der Siebziger«inneren Ozeane», bestehend aus Magma, verursachen Reibungs- j ahre Furore. Sie zeigten anhand der Nautilusschalen auf, dass sich
effekte, die zur Bremsung der Erddrehung beitragen.
die Erde früher schneller drehte und der Mond unseren Planeten
Glücklicherweise ist der Verlust der Geschwindigkeit der Erd- in viel geringerem Abstand umkreiste. Aus ihren Untersuchungen
rotation sehr gering. Zurzeit nimmt die Tageslänge auf der Erde in folgerten sie, dass sich der Mond seit Urzeiten etwa einen Meter
pro Jahr von der Erde entfernt hat. Neueste Messungen zeigen
jedoch, dass diese Zahl viel zu hoch geschätzt war.
Ein Tag hat 24 Stunden. Was auf den
ersten Blick sehr banal erscheint,
war nicht immer so und wird auch nicht
so bleiben. Denn der Mond bremst
mit Hilfe der Ozeane die Erddrehung,
womit der Tag langsam, aber sicher
länger wird.
Text: Andreas Walker
Mondrotation gebremst
Die Gezeitenreibung hat die Drehung des Mondes um seine Achse
bereits so weit gebremst, dass er uns heute immer dieselbe Seite
zuwendet. Ausser den Apollo-Astronauten hat noch nie ein Mensch
direkt die Rückseite des Mondes gesehen. Die Gezeitenkräfte
zwischen Erde und Mond bewirken ausserdem im System Erde Mond, dass sich unser Trabant pro Jahr etwa um 3,8 Zentimeter
von der Erde entfernt.
In 15 Milliarden Jahren würde eine einzige Erddrehung rund 48
heutige Tage lang dauern. Ebenso bräuchte der Mond für eine Erdumdrehung 48 Tage. In dieser sehr fernen Zukunft würden sich
Erde und Mond immer die gleiche Seite zukehren.
Allerdings wird dies kein Mensch mehr erleben. Nach heutiger
Kenntnis wird sich unsere Sonne in etwa fünf Milliarden Jahren zu
einem roten Riesenstern aufblähen, der etwa 100 - mal heller ist als
die heutige Sonne und der sich bis zur Merkurbahn ausdehnen wird.
Auf unserer Erde wird dann ein «Backofenklima» herrschen, in dem
die Ozeane verdampfen und die Erdoberfläche glühend heiss wird,
sodass alles Leben ausgelöscht wird. Danach kollabiert unsere
Sonne zu einem weissen Zwerg. Wenn die Sonne dieses Stadium
erreicht hat, besitzt sie noch etwa die halbe Masse der heutigen
Sonne, ist jedoch nur noch etwa so gross wie unsere Erde. <
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Ozean Wohnraum
Leben in
den Tiefen
der Meere
Credit Suisse Bulletin 3/08
Ozean Wohnraum
Der Druck unter Wasser zerbröselt
Kartoffelchips, und wer spricht,
klingt wie Mickymaus. Trotzdem hat der
Mensch nie aufgehört, davon zu
träumen, auf dem Grund der Meere
Kolonien zu errichten.
Foto: Pierre Mion, National Geographic Image Collection
Text: Ute Eberle
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Ozean Wohnraum
Ob Lloyd Godson wohl in die Annalen der Unterwasserbesiedlung
eingehen wird ? Als der Mann, der den entscheidenden Schritt
schaffte – der Neil Armstrong der Ozeaneroberung sozusagen?
Wenn ja, dann werden die Menschen, die in 100 oder 150 Jahren über Godson lesen und dabei vielleicht in ihrem Unterwasserwohnzimmer sitzen, hinter grossen Acrylfenstern, die den Blick
freigeben auf Korallengärten; auf Tunnel, welche die Bungalows
der Nachbarn verbinden; auf Mini -U-Boote, die für ausgedehnte
Trips vor den Häusern vertäut sind; dann also werden es sich jene
Menschen vermutlich nicht verkneifen können zu lächeln. Sie
werden feixen über Godsons postautogelb bemaltes, fensterloses
Unterwasserhabitat aus Stahl, das so sehr an einen überdimensionierten Werkzeugkasten erinnert. Darüber, dass es nicht im Meer
sass, sondern auf dem Grund eines überfluteten Steinbruchs. Über
die 100 Prozent Luftfeuchtigkeit, die darin herrschten, und über
die Enge. Nur zweieinhalb Meter breit, drei Meter lang und zwei
Meter hoch war das Refugium, in dem der 29 -Jährige im April vergangenen Jahres zwölf Tage unter Wasser lebte. Eine Campingliege,
ein stationäres Fahrrad, ein Chemieklo, ein paar an die Wand geklebte Bilder – viel mehr passte nicht hinein.
Es fällt ja jetzt schon schwer, nicht über Godson zu schmunzeln.
Schon weil der Meeresbiologe aus Australien in den Videodepeschen,
mit denen er sich fast täglich bei der Aussenwelt meldete, so ansteckend gut gelaunt wirkt. Wenn er etwa vom Bett aus angelt,
indem er die Rute über die offene Einstiegsluke am Boden seines
Habitats hält – und doch nichts fürs Abendessen fängt. Wenn er
im Schummerlicht auf den zwei Minitrommeln herumscheppert, die
er von seiner Freundin bekommen hat. Oder wenn er leicht konsterniert feststellt, dass Moskitos seine Unterwasserbehausung
infiltriert haben.
Algenkolonien für die Sauerstoffproduktion
Diese Zeitvertreibe mögen banal wirken. Dennoch hat der Meeresbiologe in den Augen mancher Grossartiges erreicht. Nicht, dass
er es länger unter Wasser ausgehalten hätte als je ein Mensch vor
ihm. Diese Ehre gebührt – noch – einem Mann namens Rick Presley,
der 1992 ganze 69 Tage im nassen Element ausharrte. Doch Godson war der Erste, der gezielt versuchte, sich von der Infrastruktur
des Landes unabhängig zu machen. Er produzierte zumindest einen
Teil seines Sauerstoffs selbst, indem er sein Habitat mit einer Algenkolonie ausstattete. Täglich strampelte er mehrere Stunden auf
dem Ergometer, um die Pumpe anzutreiben, die Wasser durch die
Sauerstoff produzierenden Pflanzen spülte – und erzeugte so auch
gleich den Strom, um seinen Laptop zu speisen. Die Algen absorbierten zudem das Kohlendioxid, das Godson ausatmete, und sie
eigneten sich sogar zum Konsumieren. «Das Besiedeln des Meeresgrunds gehört zu den letzten Dingen, die noch unerreicht sind»,
sagte Godson nach seiner Rückkehr an Land. «Wenn wir es intelligent angehen, könnte das Bauen von Unterwasserkolonien eine
der grössten Errungenschaften des 21. Jahrhunderts werden.»
Einer, den Godsons Erfahrungen ungemein interessierten, war
Dennis Chamberland, ein Bio-Ingenieur und langjähriger Mitar beiter der US -Raumfahrtbehörde NASA . Denn der Amerikaner möchte im Frühjahr kommenden Jahres selbst unter Wasser ziehen.
80 Tage will der erfahrene Taucher dann gemeinsam mit seiner Frau
Claudia und einem weiteren Begleiter in einem privat finanzierten
Habitat vor der Küste Floridas verbringen. Und das ist nur zum
Aufwärmen gedacht. Läuft alles nach Plan, wird Chamberland
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bereits 2012 eine permanente Kolonie auf dem Boden des Meeres
gründen. Interessenten können sich auf seiner Website bereits um
einen Platz bewerben. « Ich spreche von einer Unterwasserstadt,
einem Wohnort für ganze Familien», wirbt der Amerikaner.
Leben im Meer – warum eigentlich nicht ? Rein rational ist das
äusserst sinnvoll. Schliesslich bedeckt Wasser gut zwei Drittel der
Oberfläche unseres Planeten. Land dagegen ist mit nur 15 Milliarden Hektar vergleichsweise rar und an manchen Orten – wie
Macao – drängeln sich bereits fast 10 000 Menschen pro Quadratkilometer trockenen Bodens.
Erste Langzeitversuche in den Sechzigerjahren
Technologisch ist das Überleben unter Wasser ebenfalls kein Problem, wie wir seit dem 7. September 1962 wissen. Damals wurde
der Belgier Robert Stenuit zum ersten «Aquanauten» der Geschichte.
26 Stunden sass er in einer vier Meter langen Aluminiumröhre, die
60 Meter tief im Mittelmeer baumelte. Fast zeitgleich zogen die
Franzosen Albert Falco und Claude Wesly in die See. Unter dem
Kommando des legendären Meeresforschers Jacques-Yves Cousteau verbrachten sie im September 1962 eine ganze Woche in einem
Habitat namens « Conshelf I», einem fünf Meter langen und zweieinhalb Meter hohen Stahlzylinder, der jenseits von Marseille zehn
Meter tief auf dem Meeresgrund verankert wurde. Schläuche vom
Land versorgten die Aquanauten mit Luft, Infrarotstrahler wärmten
sie, Schaumgummi an den Wänden hielt ihre Behausung trocken
und ein Plattenspieler bot ihnen Unterhaltung. Kuriertaucher brachten Essen und zweimal pro Tag schwamm ein Arzt in die unterseeische Wohntonne, um sicherzustellen, dass Falco und Wesly den
dauerhaft erhöhten Druck gut vertrugen.
Damit war der Auftakt gemacht und es folgte eine Phase intensiven Experimentierens mit dem Wohnen im Meer. 65 Habitate errichtete die Welt in den folgenden zwei Jahrzehnten. Manche lagen
mit fünf Metern Tiefgang kaum unter der Wellengrenze, andere –
wie das «Sealab III » der US -Marine – mit 300 Metern in einer Zone
tintiger Dunkelheit. Selbst Länder, die gar nicht über eine Küste
verfügen – wie die Tschechoslowakei –, beteiligten sich am Run auf
die neue Lebensform. Zu den bizarrsten Konstruktionen, die in
jenen Tagen auf dem Ozeanboden errichtet wurden, gehörte ein
Gummizelt, das US -Forscher 1964 in 130 Metern Tiefe nahe der
Bahamas aufschlugen. (Die beiden Aquanauten, die darin übernachteten, wurden mehrfach aus dem Schlaf gerissen, als ein
mächtiger Zackenbarsch bei seiner Jagd auf Sardinen gegen die
Gummiblase rumste.)
Andere Habitate beeindruckten durch ihre bemerkenswert luxuriöse Ausstattung. «Die Behausungen verfügen über fast jeden
gewohnten Komfort wie Klimaanlagen, nagelneue Küchen, Kühlschränke, Telefone und Betriebsfernsehen», schrieb das US -Magazin «Time» 1963 über «Conshelf II», einen Nachfolger von Falcos
und Weslys Unterwasserrefugium. «Sollten sich die Bewohner drinnen langweilen, legen sie ihren Tauchapparat an und treten durch
die ‹Haustür›: ein Loch im Boden. Draussen können sie nach Belieben umherstreifen und schmackhaftes Meeresgetier sammeln,
um es dann in ihren Traumküchen zuzubereiten.» Insgesamt verbrachten in jenen Tagen über 800 Aquanauten Zeit unter Wasser.
Die ausdauerndsten lebten durchgehend zwei Monate in der Tiefe.
Es war die Ära, in der der Forschungsdrang der Menschheit
ohnehin hohe Wellen schlug. Der Kalte Krieg trieb die Grossmächte
an, das noch Unbekannte zu erobern. Und neben dem All war >
Fotos: Carolina Sarasiti, www.biosub.com.au | Handout, Getty Images | OAR/National Undersea Research Program (NURP), U.S. Navy | Créations Jacques Rougerie
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Vordere Doppelseite Das 1963 unter der Leitung von Jacques -Yves Cousteau verwirklichte Unterwasserrefugium «Conshelf II » lag im Roten
Meer. Über 800 Aquanauten lebten bis zu zwei Monate dort. 1 Der 29 -jährige Meeresbiologe Lloyd Godson verbrachte in der zweieinhalb mal drei Meter grossen Stahlkiste 12 Tage unter Wasser. 2 Bahnbrechend an Lloyd Godsons Versuch war die Tatsache, dass er
zumindest einen Teil seines Sauerstoffs mit Hilfe von Algenkolonien selber herstellte. 3 Das «Sealab III » der US -Marine lag vor der Küste
Kaliforniens in einer Tiefe von 300 Metern. 4 Die Vision «Village sous -marin» wurde 1973 im Auftrag der US -Raumfahrt agentur NASA und
der US -Ozeanografiebehörde NOA A entwickelt. Die Station sollte Langzeitforschungsaufenthalte in 40 Metern Tiefe ermöglichen.
5 Das 1977 gebaute «Galathée» war ein teilweise mobiles, frei schwebendes Unterwasserhabitat für den Einsatz in küstennahen Zonen.
Die 56 Kubikmeter grosse Station kann bis zu sieben Bewohner beherbergen.
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Vor der Küste Neuenglands soll dereinst in 180 Metern Tiefe die 370 Quadratmeter grosse Tiefseestation Ocean Base One gebaut
werden, die bis zu 60 Bewohnern Platz bieten soll. 2 Der Weg zur Ocean Base One führt über ein Manta-Unterseeboot, das an
einer speziellen Dockingstation anlegt. 3 und 4 Das «Poseidon Undersea Resort » (Bild 3 : Zimmer von aussen) soll auf dem FidschiArchipel vor Mystery Island 2009 Wirklichkeit werden (www.poseidonresorts.com). In rund 20 Metern Tiefe sollen 24 Wohneinheiten
5-Stern-Luxus bieten. Dazu gibts unter anderem auch ein Gourmet-Restaurant sowie eine Bibliothek. 5 Die Vision «City in the
Ocean» wurde vom französischen Architekten Jacques Rougerie entworfen und soll dereinst vor der Küste von Abu Dhabi nicht nur
320 Meter in den Himmel ragen, sondern auch viel Lebensraum unter Wasser bieten.
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Ozean Wohnraum
das vor allem der «innere Kosmos» (wie man die Welt unter Wasser
damals nannte). Visionäre schwärmten von Meeressiedlungen,
deren Bewohner allenfalls gelegentlich an Land kommen würden.
Sie würden ihre Tage damit verbringen, unterseeische Mineralien
abzubauen, nach Öl zu bohren oder Förderplattformen zu warten.
Es wurde selbst darüber nachgedacht, Kernkraftwerke auf dem
Meeresgrund zu errichten. «Schon morgen», prophezeite der Aquanaut pionier Stenuit, « wird ein Siedler seinen Grund und Boden
durch die Bullaugen seiner Unterwasser-Ranch überblicken.»
Doch zunächst kam es nicht dazu. Ein paar Aquanauten starben
bei Tauchunfällen und das Erschrecken darüber war so gross,
dass einige Projekte eingestellt wurden. Auch begann sich abzuzeichnen, dass die Ölindustrie – ein früher Sponsor von Unterwasserhabitaten – Dinge wie Bohrungen billiger von Robotern und ROVs
(Remotely Operated Vehicles) ausführen lassen konnte. Und das
er wachende Umweltbewusstsein bremste die einstige Begeisterung
für den Plan, die Meere hemmungslos auszubeuten. Selbst die
spek takulären Mondlandungen wirkten sich aus Sicht der Aquanauten nachteilig aus, denn sie monopolisierten die Aufmerksamkeit –
die breite Öffentlichkeit vergass die Idee, die Ozeane zu besiedeln.
Fotos: JMS Naval Archtiects & Salvage Engineers | Poseidon Undersea Resorts | Créations Jacques Rougerie
Mehr Menschen leben im All als unter Wasser
Heute leben dank der Internationalen Raumstation mehr Menschen im All als unter Wasser. Sieht man von einigen militärischen
U-Booten ab, die nomadenhaft in der Tiefsee patrouillieren, besucht
der Mensch die unermessliche Weite der Meere noch immer nur zu
Stippvisiten. Bis zu sechs Gäste etwa können sich nächteweise in
der « Jules’ Undersea Lodge» einmieten, einem ausgemusterten
Unterwasserhabitat aus den Siebzigerj ahren, das gut sechs Meter
tief in einer Mangrovenlagune in Key Largo, Florida, liegt. Ganz in
der Nähe ist die «Aquarius» aufgebockt, die einzige Überlebende
der einstigen Flotte unterseeischer Forschungshabitate. Meeresbiologen quartieren sich für gewöhnlich zehn Tage in ihr ein, um
die umliegenden Korallen zu studieren. Privatsphäre dürfen sie
dabei freilich nicht verlangen. Gerade einmal 14 Meter lang und
drei Meter breit ist die eher spartanisch eingerichtete «Aquarius»
für sechs Bewohner ausgelegt.
Doch noch immer gibt es Menschen, die den Traum von einer
per manenten Präsenz unter den Wellen nicht aufgegeben haben –
und die überzeugt sind, dass die Zeit reif für einen neuen Anlauf
ist. Dennis Chamberland ist denn auch nicht der Einzige, der ernsthaft an entsprechenden Projekten arbeitet. So ist etwa ein Meeresbiologe der Universität von Connecticut derzeit dabei, Geld für
gleich zwei hochmoderne Unterwasser habitate aufzutreiben. In
bereits zwei bis vier Jahren hofft Richard Cooper, Gründer der
gemeinnützigen Ocean Technology Found ation, in einem noch nicht
näher benannten tropischen Gewässer mit dem Bau einer zweistöckigen Meeresbehausung zu beginnen. Anders als fast alle bisherigen Unterwasserprojekte soll die Station, die für 18 und 40
Meter Tiefe geplant ist, auch für Laien zugänglich sein – etwa für
Freizeittaucher, die mehr Zeit im Nass verbringen wollen.
Langfristig jedoch möchte Cooper ein noch weit ehrgeizigeres
Projekt angehen: eine mit 370 Quadratmetern baumarktgrosse
Tiefseestation vor der Küste Neuenglands. Der niedrigste Punkt
der Ocean Base One läge 180 Meter unter der Oberfläche. Zwei
Kabinen würden darin bis zu 60 Bewohnern Platz bieten. Dabei
würde der Luftdruck des einen Abteils künstlich auf dem Level der
Oberfläche gehalten, um schnelle Ausflüge ans Land zu ermögli-
chen. In einer zweiten Kabine würde dagegen der Druck der Umgebung herrschen: 19 Bar. Dies soll den Bewohnern erlauben,
ausgedehnte Ausflüge unter Wasser zu unternehmen, ohne sich
um die «Bends» sorgen zu müssen. So bezeichnen Taucher jenes
schmerzhafte und potenziell tödliche physische Phänomen, bei dem
der erhöhte Druck unter Wasser Gase im Blut komprimiert, die zu
sprudeln beginnen, wenn der Betroffene zu schnell auftaucht. Erst
gegen Ende ihres Aufenthalts müssten diese Aquanauten schrittweise an die Verhältnisse des Landes akklimatisiert werden –
ein Prozess, der fast sieben Tage beanspruchen dürfte. Zwischen
50 und 70 Millionen Dollar werde es kosten, Ocean Base One zu
bauen, schätzt Cooper.
5-Stern-Luxussuiten mit Blick auf Korallenriffe
Damit wird sein Projekt vermutlich deutlich billiger ausfallen als das
«Poseidon Undersea Resort », ein Unterwasserhotel, das derzeit
für die Südsee entwickelt wird. Denn das soll 5 -Sterne -Luxus auf
dem Grund des Ozeans bieten. Geplant sind transparente Aufzüge, welche die Besucher zwölf Meter tief ins Wasser fahren, von
wo sie trockenen Fusses eine von 24 Suiten betreten, die entlang
eines Korallenriffs aufgereiht werden sollen. Grossflächige Acrylfenster (auch die Decke wird teils durchsichtig sein) werden es den
Gästen erlauben, selbst vom Bett oder vom zimmereigenen Whirlpool aus zu beobachten, wie sich ringsherum die Fische im himmelblauen Wasser tummeln. Ebenfalls unter den Wellen liegen
werden wohl ein Restaurant, ein Konferenzsaal, eine Hochzeitskapelle und ein Wellnesszentrum. Nach mehreren Rückschlägen
soll das Luxusetablissement nun 2009 nahe einer privaten Insel im
Fidschi-Archipel eröffnet werden. Reservieren darf man bereits
ab 15. September dieses Jahres – vorausgesetzt, man verfügt über
die 15 000 Dollar, die der Aufenthalt im Unterwasserhotel, inklusive Flug zur Privat insel, Gerüchten zufolge kosten wird.
Noch grandioser soll das «Hydropolis Undersea Resort » ausfallen, das für die exklusive Jumeirah-Küste vor Dubai entworfen
wurde. Vorgesehen sind durchsichtige Tunnel, durch die Besucher
von der landgelegenen Rezeption zu den Zimmern laufen, die 20
Meter tief im Persischen Golf gebaut werden sollen. Das zehn
Hektar grosse Hotel (dessen Bau ebenfalls bereits Verzögerungen erlebte) soll unter anderem 220 Räume, ein Kino, eine Klinik
für Schönheitsoperationen und einen unterseeischen Ballsaal enthalten, heisst es. Auch für den Persischen Golf geplant ist die
«City in the Ocean», ein bereits optisch futuristisch anmutendes
Projekt, das der französische Architekt Jacques Rougerie im Auftrag von Abu Dhabi erdacht hat. Wie Neptuns Zacken ragen in der
Modellzeichnung drei 320 Meter hohe Wohntürme über die kreisrunde Siedlung hinaus, die komplett im Wasser errichtet werden
und auch unterseeische Einheiten enthalten soll.
Selbst wenn sich viele dieser visionären Projekte noch im frühen
Planungsstadium befinden – für jene, die sich nach einem Leben
unter den Wellen sehnen, scheinen die Aussichten besser als
seit Jahrzehnten. «Bald werden Familien unter Wasser wohnen und
arbeiten. Kinder werden dort zur Schule gehen und eine neue Generation wird dort geboren werden – die ersten Bürger einer Ozeanzivilisation, deren wichtigste Aufgabe es sein wird, auf die Weltmeere aufzupassen und sie zu beschützen», schwärmt Meereskolonialist in spe Chamberland voller Zuversicht. «Das ist keine
Illusion oder Träumerei, sondern ein Plan, der Schritt für Schritt
verwirklicht werden kann.» <
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Ozean Schifffahrt
Volle Fahrt
zurück
in die
Zukunft
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Ozean Schifffahrt
Foto: Amory Ross
Peter Schenzle trägt die Zukunft auf seiner Gürtelschnalle: die
«Maruta Jaya». Der Segelfrachter wurde bereits in den Achtzigerjahren von einem deutsch-indonesischen Forschungsteam für den
Warentransport zwischen den indonesischen Inseln entwickelt. Das
Segelwerk, auch « Rigg» genannt, des Dreimastschoners stammte
vom Schiffsbauingenieur Schenzle, der damals für die Hamburgische Schiffsbauversuchsanstalt ( HSVA ) arbeitete.
Mit 1050 Quadratmetern hat das so genannte Indosail -Rigg
eine gewaltige Segelfläche, die dem 63 Meter langen Frachter
starke Vortriebskräfte garantiert. Zudem ist das Schiff mit einem
140 - PS -Diesel-Elektro-Antrieb ausgerüstet. Die Segel werden
elektrisch gerefft und eingestellt. Entsprechend braucht es auch
keine grosse und kostspielige Crew wie auf den alten Windjammern.
Doch im Vergleich zu einem Motorschiff dieser Grössenordnung
verbraucht die «Maruta Jaya» rund 70 Prozent weniger Treibstoff.
Der Greenpeace -Schoner «Rainbow Warrior II» wurde ebenfalls mit
einem Indosail-Rigg ausgestattet. Seit 1989 hat das Schiff bei
ver schiedenen Testfahrten bis zu 40 Prozent Treibstoff eingespart.
Schenzles Entwicklung ist also ein Erfolg. Und doch wurde sie von
der kommerziellen Schifffahrt noch nicht aufgenommen, auch wenn
grosse Werften wie die Kieler Lindenau diverse Indosail -Projekte
vom Tanker bis zum Kreuzfahrtschiff in ihren Schubladen liegen
haben sollen.
Umweltzerstörungen durch Havarien, Luftverschmutzung in Hafenstädten und so weiter. Mit der rasant steigenden Welthandelsflotte
steigen auch die Probleme. Erst kürzlich, am « Europäischen Tag
der Meere», diskutierte das Europaparlament darüber, Emissionszertifikate und hohe Steuern und Gebühren für schwere Frachter
einzuführen, um den Schadstoffausstoss endlich zu verringern.
«Gerade in der Schifffahrt », erklärt Schenzle, «gibt es ein hohes
Potenzial, Nachhaltigkeit umzusetzen. Seetransport ist zehn Mal
so effizient wie die Eisenbahn oder die Strasse. Und sogar hundert
Mal so effizient wie die Luftfahrt. Allerdings sind die komplette
Seefahrt und die dazugehörige Logistik, die Hafenanlagen, die
Umschlags- und Ladetechnik – das gesamte Denken – seit über
100 Jahren auf den billigen Ölpreis ausgerichtet. Deswegen passieren Veränderungen nur sehr langsam und schleppend und in
sehr kleinen Schritten.»
Seitdem Dampf- und Motorschiffe die Windschiffe Ende des
19. Jahrhunderts von den Ozeanen in Bücher und Museen verdrängten, seien sie – so heisst ein weitläufiges Vorurteil – vor allem
etwas für verspielte Romantiker. Tatsächlich interessieren sich aber
auch kluge Visionäre für die scheinbar altmodischen Windschiffe.
Bereits 1967 legte der Hamburger Ingenieur Wilhelm Prölss Pläne
für einen modernen Segelfrachter mit einem revolutionären Rigg
vor – dem Dynarigg , einem Konstrukt aus riesigen, drehbaren
Masten ohne Tauwerk, das es einem 150 Meter langen Schiff er90 Prozent der Waren auf dem Seeweg
möglichen sollte, bis zu 50 Grad gegen den Wind zu segeln. Die
Nun zwingen steigende Schwerölpreise und strenge Umwelt- und Segel konnten zwischen den Rahen per Knopfdruck eingefahren
Klimaschutzauflagen die konservativen Reedereien, immer mehr und ausgerollt werden und bildeten vom Mastboden bis zur Spitze
über alternative Antriebe wie den kostenlosen Wind nachzudenken, eine durchgehende Fläche. Das Schiff sollte die Atlantiküberqueum Treibstoff zu sparen und damit umweltschonender und nach- rung nach Prölss’ Berechnungen mit einer Geschwindigkeit von bis
haltiger zu operieren. Immerhin werden 90 Prozent aller Waren- zu 20 Knoten schaffen. Prölss glaubte, dass solche Schiffe spägüter weltweit mit Schiffen transportiert. Die Seefahrt bläst aber tes tens im 21. Jahrhundert wieder über die Ozeane fahren würden.
auch rund fünf Prozent der weltweiten CO 2 -Emissionen in die Und das zu einer Zeit, als Nachhaltigkeit, Ölpreis und Umweltschutz
Atmos phäre sowie Schwefel- und Stickoxide, und sie verursacht noch kein Thema waren. Prölss starb 1974 . Sein Schiff hat er nie
fahren sehen. Zwar bekundeten Reeder seit der ersten Ölkrise 1973
immer wieder Interesse am Dynarigg, doch immer nur so lange,
bis der Ölpreis wieder auf ein erträgliches Mass gesunken war.
Die ölgetriebene Schifffahrt ist für rund
So mussten fast vier Jahrzehnte vergehen, bis Prölss’ Idee
fünf Prozent der weltweiten CO2 -Emisrealisiert wurde. 2006 lief die « Maltese Falcon» vom Stapel, eine
sionen verantwortlich und damit eine
Superyacht, die mit einem vom niederländischen Konstrukteur
enorme Umweltbelastung. Nun sucht
Gerard Dijkstra weiterentwickelten Dynarigg ausgerüstet wurde.
sie verstärkt nach alternativen Antrieben
Die Yacht mit drei jeweils 58 Meter hohen Masten und einer Seund findet dabei zwei alte Bekannte:
gelfläche von 2396 Quadratmetern finanzierte der US -Milliardär
Tom Perkins. «Der hat mir erzählt, dass er schon lange davon träumden Wind und die Sonne.
te, dieses Rigg zu bauen», erzählt Schenzle, «weil er der Meinung
war, dass diese Idee zu gut ist, um nicht verwirklicht zu werden.»
Auf seiner Jungfernfahrt über den Atlantik schaffte der «Falke »
eine Spitzengeschwindigkeit von rund 24 Knoten (rund 43 km/h).
Text: Ingo Petz
Windschiffe als Touristenattraktion
Bei touristischen Kreuzfahrten im oberen Preissegment haben
neuartige Windschiffe durchaus das Potenzial, sich eine Marktnische zu erobern. Dies beweisen die Erfolge der beiden Windjammer «Sea Cloud» und «Sea Cloud II» sowie der «WindCruiser ». Dass
aber moderne Frachter, die allein mit Hilfe der Windkraft fahren,
die Motorschiffe im grossen Massstab verdrängen könnten, halten
Experten für unwahrscheinlich. « Reine Segelschiffe könnten vielleicht gewisse Nischen besetzen», so Schenzle. «Aber realistischere
Lösungen sind im Moment kombinierte Antriebe, also Wind- >
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Ozean Schifffahrt
Umweltsünder Schifffahrt Lange galt die Schifffahrt als besonders umweltfreundlich. Dabei
sind die rund 40 000 Frachter, Kreuzfahrtschiffe,
Fischtrawler und Fähren in einem ähnlichen
Masse wie der Flugverkehr für rund fünf Prozent
der weltweiten CO2 -Emissionen verantwortlich.
Durch das starke Wachstum der Welthandelsflotte,
haben Experten ausgerechnet, werden die Emissionen bis zum Jahr 2020 schätzungsweise um
75 Prozent steigen. In jüngster Zeit häufen sich die
Forderungen, die Schifffahrt umweltpolitisch an
die Kandare zu nehmen. Die Experten des Weltklimarates ( IPCC ) beispielsweise empfahlen in einem
Bericht von 2007 ausdrücklich, Tanker und Frachter
mit Zusatzsegeln aufzurüsten – als eine Massnahme, um den Treibstoffverbrauch und damit den
CO2 -Ausstoss einzudämmen.
schiffe mit Motoren oder Motorschiffe mit einer Windunterstützung.»
Denn die Entwicklungskosten für revolutionäre Schiffe wie beispielsweise für den vom Dänen Knud E. Hansen konzipierten 215 Meter
langen Segelfrachter «Windship 1» sind immens. Und die Risikobereitschaft der Reeder hat enge Grenzen, nämlich die der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität. Zudem ist die Verladetechnik nicht
für grosse Schiffe mit mehreren Masten entwickelt worden. Deswegen, meint Schenzle, seien kurzfristige Lösungen interessanter
und attraktiver, wie sie beispielsweise von der Firma SkySails
angeboten werden. Das Hamburger Unternehmen produziert Flugdrachen, die Tanker und Frachter mit der Kraft des Windes über die
Meere ziehen. Stefan Wrage, Gründer von SkySails, geht davon
aus, dass Reeder mit seinem Zusatzantrieb bis zu 35 Prozent Treibstoff einsparen können. Bei einem kleinen, 87 Meter langen Frachter wären das immerhin rund 280 000 Euro pro Jahr. Bis 2015 will
Wrage 1500 Drachen verkaufen.
Im März dieses Jahres beendete die MS Beluga SkySails, der
erste Grossfrachter, der von einem 160 Quadratmeter grossen
Drachen gezogen wird, seine Jungfernfahrt. Der Erfolg der Hamburger zeigt, dass alternative Antriebskonzepte auch von Reedereien nicht mehr nur als romantische Spinnerei abgetan, sondern
mittlerweile sehr ernst genommen werden. «Solche kleinen Neuerungen sind wichtig», urteilt Heinz Otto vom Bundesverband WindEnergie ( BWE ) in Hamburg. «Aber sie können nur der Einstieg in
die nachhaltige Schiffsbetriebstechnik sein. Denn die Windnutzung
hat ein noch viel grösseres Potenzial, um Energie einzusparen und
damit Emissionen zu verringern.» Otto wirbt seit über 30 Jahren
bei Politikern und Reedereien für windbetriebene Schiffe. Eine
Arbeit, die er als «sehr mühsamen Kampf» bezeichnet. «Die Reeder
sind Gefangene ihres weltweiten Konkurrenzdrucks», erklärt er,
«sie haben einfach keine Zeit investiert, um eine Zukunft nach dem
Öl zu durchdenken.»
Schon in den Achtzigerjahren hatten japanische Reeder Tanker
und Frachter wie den «Usuki Pioneer » oder den «Shin Aitoku
Marumit » mit starren Segelkonstruktionen versehen, die bei der
Hafeneinfahrt zusammengeklappt werden konnten. Allerdings
setzten sich diese Neuerungen trotz ihres Erfolges nicht durch,
da die Wartungs- und Reparaturkosten unerwartet hoch waren
und der niedrige Ölpreis niemanden zum langfristigen Sparen und
Umdenken zwang.
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Ein anderer Zusatzantrieb, der gerade seine Wiederentdeckung
erlebt, ist der Flettner-Rotor. Er wurde bereits in den Zwanzigerjahren in Norddeutschland entwickelt. Auch diesem Antrieb wird
eine grosse Zukunft vorausgesagt. Der Rotor besteht aus einem
senkrecht stehenden, rotierenden Zylinder, der zwar nicht besonders schön aussieht, aber durch den so genannten Magnus-Effekt
eine sehr effektive Schubkraft erzeugt. Bei gleicher Angriffsfläche
kann er die zehnfache Triebkraft eines normalen Segels entwickeln.
Bläst der Wind gegen den rotierenden Zylinder, wird er auf der
vorderen Zylinderseite mitgerissen und strömt dort schneller. Auf
der rückwärtigen Zylinderseite wird er abgebremst und strömt langsamer. Die daraus resultierenden Sog- und Staudruckkräfte erzeugen die Vorwärtsbewegung. Zurzeit wird ein 130 Meter langer
Frachter mit vier Flettner-Rotoren in einer Kieler Werft gebaut.
«Der Vorteil gegenüber einem Segel ist ein deutlich geringerer Platzbedarf bei höherem Schub», sagt Jacob-Heye Waldecker, Schiffbau -Projektingenieur bei Lindenau. Der französische Meeresforscher Jacques-Yves Cousteau hatte in den Achtzigern das Forschungsschiff « Alcyone» bauen lassen, das ebenfalls mit Hilfe
aktiver Strömungsbeeinflussung fuhr. Allerdings wird die «Alcyone»
nicht über Rotoren betrieben, sondern über ein so genanntes
Turbosail, das bis zu 30 Prozent der Vortriebsleistung generiert.
Auch die reine Sonnenenergie könnte der Schifffahrt den Weg
in eine umweltfreundlichere Zukunft weisen. Bereits seit den
Achtzigern wurde in verschiedenen Projekten mit Solarantrieben,
Solarfolien für Segel oder den Tragflächen von Flugzeugen nachempfundenen Solarflügeln experimentiert. 2007 gelang dem
Schweizer Katamaran «Sun21» die erste Atlantiküberquerung –
nur mit Hilfe der Sonnenenergie. Allerdings schafft das kleine, 14
Meter lange Boot lediglich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von
fünf bis sechs Knoten. Als Antrieb für grosse Handelsschiffe wird
die Solaren ergie aufgrund ihrer begrenzten Leistungsfähigkeit und
ihres grossen Flächenbedarfs somit wohl unbrauchbar bleiben.
Aber denkbar ist, dass reine Solarboote wie beispielsweise kleine
Fähren oder Ausflugsboote zur Erkundung von küstennahen Naturschutzgebieten oder Seen die Motorschiffe verdrängen, vor allem
in sonnenreichen Regionen. Zudem ist natürlich ein Hybridantrieb
mit Solarenergie denkbar, so wie ihn der australische «Solarailor »
nutzt. Das Boot bietet Platz für 600 Personen und spart mit seinem
Solarantrieb rund 40 Prozent Treibstoff.
Intelligente Kombination aller alternativen Antriebe
Eine sehr futuristische Vision hat die schwedische Reederei Wallenius Wilhelmsen entwickelt. Auf der Expo 2005 in Japan stellte
sie die «Orcelle» vor, einen Trimaran- Frachter, der Platz für 10 000
Autos bietet und der nur mit regenerativer Energie betrieben wird –
und zwar mit Wind, Seegang, Solarenergie und zwischengespeichertem Wasserstoff. Auch Schenzle hält solche abenteuerlustigen
Projekte künftig für notwendig. «Die intelligente Kombination von
Windkraft und Solarenergie als Antriebe der Zukunft ist ja nur
der erste Schritt », sagt er. «Wenn wir wirklich einmal ernsthaft die
Chance zum vollends emissionsfreien Seetransport nutzen wollen,
dann muss sich vieles ändern. Nicht nur in der technischen Hardware, sondern auch vom Energie management der Erzeuger und
Verbraucher an Bord bis zur flexiblen Organisation saison- und
wetterabhängiger Reisezeiten und Hafenabfertigungen im Rahmen
der Transportkette.» Mit anderen Worten: Die Schifffahrt der Zukunft steht erst an ihrem Anfang. <
Fotos: Amory Ross | SkySails | Alexis Rosenfeld, Science Photo Library | Dylan Cross
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Ozean Schifffahrt
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E instiegsseite und 1 «Maltese Falcon»: Die 88 Meter lange Superyacht wurde im Auftrag des US -Milliardärs Tom Perkins gebaut. Sie verfügt
über ein spezielles Segelwerk (Dynarigg), bei dem die drei Grosssegel fest an drehbaren Masten befestigt sind. 2 Erstflug des SkySails-Zugdrachenantriebs auf der MS Beluga SkySails. 3 Die im Auftrag von Jacques -Yves Cousteau konstruierte «Alcyone» verfügt über
zwei abgewandelte Flettner-Rotoren. Bei diesen so genannten Turbosails wird ebenfalls der Magnus-Effekt des Windes an Zylindern
ausgenutzt, doch kommt es im Innern zu keiner Rotation. 4 Der in der Schweiz gebaute Katamaran «Sun21» überquerte als erstes Motorboot ausschliesslich mit Hilfe von Sonnenenergie den Atlantik und fuhr am 8. Mai 2007 im Hafen von New York ein.
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Ozean Entdecker
Geheimnisse des
Ozeans
gründen
tief
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Foto: Peter Batson, DeepSeaPhotography.com
Ozean Entdecker
Die Bedeutung der Ozeane für das Leben auf dem Planeten Erde
ist unbestritten. Sie sind nicht nur für den Welthandel und das
Wohlergehen der Konjunktur entscheidend, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil des Lebenser haltungssystems Erde. Die
Ozeane spielen eine zentrale Rolle in der Aufrechterhaltung des
Sauerstoff-Kohlenstoff-Gleichgewichts in der Atmosphäre und in
der Regulierung des Erdklimas. Das sind die Fakten, die bisher
erwiesen sind. Aber in den Weiten der Weltmeere wimmelt es noch
von unentdeckten Lebewesen und Ressourcen, die für die Menschheit von unermesslichem Wert sein können. «Um herauszufinden,
was dort draussen darauf wartet, entdeckt zu werden, müssen wir
noch viel mehr in die Forschung investieren», sagt Steve Hammond,
Direktor des Office of Ocean Exploration (OOE ) der amerikanischen
Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA (National Oceanic and
Atmospheric Administration).
Technologische Fortschritte haben die Meereswissenschaften
grundlegend verändert und ermöglichen es, in immer grössere Tiefen vorzudringen. Trotzdem sind rund 90 Prozent der Ozeane noch
unerforscht. «Es wurde schon oft gesagt und trifft tatsächlich zu:
Wir wissen mehr über die Oberfläche von Mond und Mars als über
die Topografie unseres eigenen Planeten. Und obwohl es sicher
wichtig ist, andere Planeten zu erkunden, ist es mindestens ebenso wichtig, dass wir unseren eigenen erforschen und verstehen»,
betont Hammond, der seit über 40 Jahren als Ozeanograf arbeitet.
Die Meeresforschung ist in vielerlei Hinsicht mit der Weltraum- und
Planetenforschung vergleichbar. Beide liefern neue Erkenntnisse
über den Ursprung und das Innenleben unseres Planeten. Und wie
im Weltraum ist auch die bemannte Erforschung des unwirtlichen
Meeresbodens kostspielig, schwierig und bisweilen gefährlich. Um
den Gefahren und Komplikationen des erhöhten Drucks in der Tiefe zu begegnen, besteht ein Trend zur unbemannten Erforschung
mittels teurer, aber leistungsfähiger ferngesteuerter Fahrzeuge
( ROV ) und, seit kurzem, autonomer Unterwasserfahrzeuge ( AUV ).
Diese neuen Technologien machen es möglich, mehr von dieser
unermesslichen Umgebung zu erforschen.
Während der zweiten Amtszeit von Bill Clinton wurde eine präsidiale Kommission zur Erforschung der Meere gebildet mit dem
Auftrag, die Entwicklung eines Meeresforschungsprogramms ins
Auge zu fassen, das die Erkundung unbekannter und wenig bekannter Meeresgebiete sowie wissenschaftliche Fortschritte ermöglichen sollte. Die Ergebnisse der Kommission, veröffentlicht in einem
Bericht mit dem Titel «Discovering Earth’s Final Frontier: A US
Strategy for Ocean Exploration», zeigten, dass die Ozeane eine
Grundlage des Lebens auf diesem Planeten darstellen und für die
Wirtschaft, die öffentliche Gesundheit und die Umwelt von Bedeutung sind. Die Kommission schrieb ausserdem Geschichte, als sie
eine nationale Strategie für die Erforschung der Weltmeere erarbeitete – weltweit die erste ihrer Art. Aufgrund dieser Strategie gründete die NOAA als zivile Meeresbehörde der USA 2001 das Office
of Ocean Exploration (OOE ). «Das Forschungsprojekt der NOAA
dringt an Orte vor, wo noch nie zuvor ein Mensch war, und führt
entsprechende Untersuchungen durch, um zu ermitteln, was an
einer bestimmten Stelle des Meeres vor sich geht, und die dortigen
Lebensformen zu erkunden», erklärt Hammond.
Eine der Hauptaufgaben des OOE ist die Kartierung des Meeresbodens, um einen grundlegenden Rahmen und Kontext für die
Erforschung zu liefern. Einige der bekanntesten Meeresbodenkarten
wurden vor mehreren Jahrzehnten von der National Geographic
Society und der US Navy veröffentlicht. Karten jüngeren Datums
beruhen auf der Satellitenaltimetrie, und zusammen bieten diese
Karten einen Einblick in die oftmals erstaunlich komplexe Topografie des Meeresbodens. Aber nach Ansicht von Experten sind sie zu
wenig detailgenau. «Diese gut bekannten Karten könnten den Eindruck vermitteln, dass es nicht mehr viel zu entdecken gibt », meint
Hammond, der zugleich betont, dass «die Ozeane bis heute nahezu
unerforscht sind».
Die Meere bleiben ein Geheimnis
Der französische Meeresforscher JacquesYves Cousteau war mit seinen weltweit ausgestrahlten Dokumentarfilmen
für die Ozeane, was Neil Armstrong
für den Mond – er führte den Menschen
ein bislang unbekanntes Universum
vor Augen. Trotz seines viel beachteten
Lebenswerks und der Arbeiten
unzähliger anderer Forscher weiss
die Menschheit heute noch immer
mehr über die Oberfläche des Mondes
als die der Ozeane.
Text: Michèle Bodmer
Nach Ansicht von Hammond, der zunächst als leitender Wissenschaftler und seit vier Jahren als Direktor beim OOE arbeitet, kennen wir bei einem Grossteil der Ozeane die Topografie des Meeresbodens nicht im Detail. Wir wissen auch nicht wirklich, wie das Meer
funktioniert, das gilt insbesondere für die Tiefsee. «Auf jeder Mission werden bemerkenswerte Entdeckungen gemacht, von denen
jede auf ihre Art bedeutend ist. In den Ozeanen lebt eine unglaubliche Vielzahl von Arten, nicht nur Fische. Es gibt auch Wir bellose
und Mikroorganismen, die das Potenzial für biomedizinische und
andere technische Anwendungen bieten», so Hammond.
Mit Hilfe von akustischer Überwachungstechnologie, Kartierungen, ROV und hochauflösenden Kameras ist es den Wissenschaftlern des OOE gelungen, Vulkane auf dem Meeresboden zu
lokalisieren, Eruptionen zu filmen und wertvolle Wasserproben aus
den Tiefen des nordöstlichen und westlichen Pazifiks zu sammeln.
«Wir haben Mikroorganismen entdeckt, die in Wassertemperaturen
von über 100 Grad Celsius leben und in einem giftigen Chemikaliengemisch, das aus Schloten aufsteigt, aufblühen», erklärt Hammond.
Diese und andere seltsame Mikroorganismen, die nach tiefen Vulkanausbrüchen in gewaltigen Heisswasserfontänen entdeckt wurden,
waren der Schlüssel zur Entdeckung riesiger, über die ganze Welt
verteilter mikrobieller Ökosysteme, die in vulkanisch aktiven Zonen
unter dem Meeresboden existieren.
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Ozean Entdecker
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Der Schwarze Anglerfisch ist ein zwergenhafter Tiefseeräuber. Die Männchen sind deutlich kleiner als die Weibchen und leben als
ständige Parasiten am Weibchen, bis die Blutgefässe der beiden Tiere miteinander verwachsen. Das Männchen zerfällt allmählich und
wird zur reinen Spermienquelle. 2 Drei Borstenwürmer leben im Hohlraum dieser Muschel, die während einer NOAA -Expedition von
einem bemannten Tauchboot geborgen wurde. 3 Röhrenwürmer bedecken einen Sulfidschlot (Zooarium), der von NOAA -Wissenschaftlern in den Tiefen vor der Westküste Nordamerikas im Pazifischen Feuerring, einer Kette von aktiven Vulkanen, entdeckt wurde.
1
Mikrobiologen, die Proben aus solchen Fontänen untersucht haben,
vermuten, dass die Biomasse der Ökosysteme unter dem Meeresboden mit der Biomasse aller Lebensformen an Land konkurrieren
könnte. «Viele dieser Mikroorganismen leben in einer an Schwermetallen reichen Chemikaliensuppe, die für jedes Landlebewesen
toxisch wäre», erläutert Hammond. «Mikrobiologen sagen gerne, dass
die Entdeckung dieser Organismen vergleichbar ist mit der Entdeckung von Leben auf einem anderen Planeten. Aber es kommt noch
besser: Diese Mikroorganismen haben auch das Potenzial, wenn
sie genetisch verändert werden, pharmazeutische Anwendungen
zu ermöglichen oder Produktionsprozesse zu katalysieren. Oder sie
könnten für die Säuberung der Umwelt eingesetzt werden.» Anders
gesagt, Mikroorganismen aus der Tiefe könnten in verschmutzten
Landstrichen zum Einsatz gelangen, um diese durch die selektive
Entfernung toxischer Substanzen zu säubern.
Die Ozeane drohen zu übersäuern
Nach jüngsten Erkenntnissen der Ozeanografen des OOE gibt es
auf dem Meeresboden hunderte von Vulkanen, die nicht nur einzigartige Ökosysteme beherbergen, sondern unter anderem auch
das Treibhausgas Kohlendioxid (CO 2 ) ausstossen. Obwohl Unterwasservulkane bereits seit Jahrmillionen CO 2 ins Meer abgeben,
beginnen Meeresforscher erst jetzt zu verstehen, welche Rolle
diese neuen Quellen von ozeanischem CO 2 im globalen KohlenCredit Suisse Bulletin 3/08
stoffkreislauf der Ozeane spielen. Das Meer bindet ausserdem
atmosphärisches CO 2, und dieser Prozess erhöht den Säuregrad
der Ozeane, da die Menschen erheblich zum Anstieg des CO 2 -Gehalts in der Erdatmosphäre beitragen. «Wenn man CO 2 ins Wasser
gibt, entsteht Kohlensäure», erklärt Hammond. «Diese Versauerung
hat das Potenzial, die Biologie des Meeres beträchtlich zu stören.
Unterwasservulkane, die CO 2 ausstossen, tragen zur Versauerung
des umliegenden Wassers bei und können deshalb als äusserst
wertvolle natürliche Labors angesehen werden, die uns helfen zu
verstehen, wie das Leben im Meer auf erhöhte Säure kon zentrationen reagiert und was zu erwarten ist, wenn sich der gegenwärtige
Trend fortsetzt.» Gemäss Hammond hat der Planet in seiner geologischen Vergangenheit bereits mehrere Zyklen der Meeresversauerung durchlaufen. Deshalb fragen sich heute manche Leute,
was denn die Aufregung soll. Der Unterschied besteht darin, dass,
obwohl der Planet solchen Zyklen schon früher ausgesetzt war,
heute auch von Menschen verursachtes CO 2 in die Erdatmosphäre
gelangt. «Die Wahrheit ist, dass wir den natürlichen Zustand des
Meeres messbar verändern», meint Hammond.
Obwohl die Diskussionen darüber wohl noch Jahre dauern werden, was gegen diese alarmierende Tatsache zu tun ist, werden die
Forscher des OOE ihren Teil dazu beitragen, Politiker, Wissenschaftler und die Öffentlichkeit mit Informationen zur Meeresökologie zu
versorgen, die für weit reichende Entscheidungen wesentlich sind.
Fotos: David Shale, DeepSeaPhotography.com | www.oceanexplorer.noaa.gov
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Ozean Entdecker
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In 190 Metern Tiefe überlagern sich hydrothermale Spalten und Korallenriffgemeinschaften. 5 Die «Okeanos Explorer » wird demnächst
vom Offi ce of Ocean Exploration der NOAA in Dienst genommen. 6 An aktiven Rauchschloten kommt es zu Ausfällungen von Eisen-, Kupferund Zinksulfid aus 230 ºC heisser Flüssigkeit. 7 Das ferngesteuerte Unterwasserfahrzeug «Hercules» wird für biologische und geologische Untersuchungen in der Tiefsee eingesetzt. 8 Ein Eistaucher schaut durchs Einstiegsloch zurück an die Oberfläche. Der Taucher
gehörte zu einem internationalen Team von Wissenschaftlern, welches das Kanadische Becken im arktischen Ozean erkundete.
4
«Die Meeresforschung ist genau für diese Formen der politischen
und gesellschaftlichen Diskussion relevant. Wir sind darauf angewiesen, dass die Forscher ihre Untersuchungen fortsetzen und
ausdehnen, damit wir verstehen, wie sich das Meer verändert, und
angemessen darauf reagieren können», erklärt Hammond.
Ein Flaggschiff für die Meeresforschung
Aus diesem Grund wird das Office of Ocean Exploration demnächst
ein globales Forschungsschiff in Dienst nehmen, das ausschliesslich für die Meeresforschung unterwegs sein wird. Bisher hat das
OOE die Wasserfahrzeuge der NOAA sowie amerikanische Hochschulschiffe eingesetzt, aber dieses Schiff namens «Okeanos
Explorer» macht es möglich, das ganze Jahr über weltweite Forschungsexpeditionen zu unternehmen. Alles, was die Wissenschaftler entdeckten, werde dank einer innovativen Satellitenverbindung und High-Definition-Breitbandvideo online und in Echtzeit
in Nachrichtenredaktionen, Hörsälen und Wohn zimmern zu sehen
sein, erklärt Hammond. «Wir wollen, dass Zuschauer und Wissenschaftler auf der ganzen Welt dabei sind, wenn unsere Ozeanografen ihre Entdeckungen machen. Das hat es in dieser Art bisher
noch nie gegeben. Wir sind überzeugt, dass die ‹Okeanos Explorer› so etwas wie Cousteaus ‹Calypso› werden wird – also ein
berühmtes Meeresforschungsschiff, an das sich die Leute noch
lange erinnern werden.» <
Prinzipien der Meereskompetenz Bei der Meereskompetenz geht es um die Erkenntnis, dass das
Meer für das Verständnis des Planeten Erde von
zentraler Bedeutung ist. Um die Entwicklung der
Meereskompetenz zu fördern, haben die NOAA und
andere Organisationen sieben Prinzipien erarbeitet.
1. Die Erde verfügt über einen grossen Ozean
mit einer Vielzahl von Eigenschaften.
2. Das Meer und das Leben im Meer bestimmen
die wesentlichen Charakteristika der Erde.
3. Das Meer ist ein wichtiger Einflussfaktor
für Wetter und Klima.
4. Das Meer macht die Erde bewohnbar.
5. Das Meer unterstützt eine grosse Vielfalt
an Lebensformen und Ökosystemen.
6. Das Meer und die Menschen sind untrennbar
miteinander verbunden.
7. Das Meer ist weitgehend unerforscht.
Weitere Informationen unter:
www.coexploration.org/oceanliteracy
www.oceanexplorer.noaa.gov
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Ozean Tanger
Am
Schnittpunkt der
Handelsströme
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Ozean Tanger
Text: Beat Stauffer
Foto: Driss Manchoube
Die marokkanische Stadt Tanger will
mit einem gewaltigen Hafenprojekt ein
zweites Dubai an der Meerenge von
Gibraltar werden. Bis 2015 soll «Tanger
Med» mit öffentlichen und privaten
Mitteln in der Höhe von drei Milliarden
Euro zu einem der führenden Warenund Container-Umschlagplätze des
Mittelmeerraums ausgebaut werden.
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Ozean Tanger
Ksar es-Sghir war bis vor kurzem ein von der Welt abgeschiedener
Ort am Ufer des Mittelmeers, gut 30 Kilometer östlich von Tanger.
Ein marokkanisches Dorf wie tausend andere auch: Ein paar
wenige kleine Läden, einfache Cafés und Restaurants entlang der
Hauptstrasse, eine Moschee, bescheidene Wohnhäuser sowie ein
paar Dutzend Neubauten in einem undefinierbaren Stil; hingeklotzt
von Rückkehrern aus Europa. Im Café sitzt Mourad, ein kräftiger
Mann Mitte dreissig. Kleidung und gegerbte Haut verraten seine
bäuerliche Herkunft. Er trinkt einen Kaffee. Sein Blick schweift
über die alten Gärten mit Olivenbäumen zur Mündung eines kleinen Flusses ins Meer. «In Ksar es-Sghir ist eine neue Zeit angebrochen», sagt Mourad trocken. «Nichts ist mehr, wie es bisher
war.» Was dies genau be deutet, lässt sich erst ausserhalb des
Dorfes erahnen. Da werden mit einem Mal die gewaltigen Infrastrukturarbeiten sichtbar, die in Angriff genommen oder bereits
vollendet worden sind. Im Minutentakt dröhnen denn auch schwere Sattelschlepper und riesige Bau maschinen durch die Hauptstrasse. Eine neue Autobahn und eine Eisenbahnlinie schwingen
sich auf einer kühn angelegten Trasse über Brücken und Dämme
durch die hügelige Landschaft. Keine fünf Kilometer ausserhalb
des Dorfs steht man schliesslich vor den gewaltigen Anlagen
des neuen Container- und Fährhafens, der hier in kürzester Zeit
aus dem Boden gestampft worden ist.
spiegelt. Eine tief greifende soziale Unrast ist die Folge, welche die
Fundamente der Alaouitenmonarchie jederzeit erschüttern könnte.
Und da ist eine erstarkte islamistische Be wegung, die der Frustration breiter Bevölkerungsschichten immer fordernder Ausdruck
verleiht. Manche Beobachter meinen denn auch, dass nur noch ein
gewaltiger Schritt nach vorn den Fortbestand des heutigen politischen Systems garantieren könne.
So ist es kein Wunder, dass die treibende Kraft hinter Tanger
Med der marokkanische König Mohamed VI. ist. In Rekordzeit hat
er das anspruchsvolle Projekt, in das der marokkanische Staat
bereits mehr als eine Milliarde Euro an Steuergeldern investiert hat,
durchgepeitscht. Die absolutistischen Befugnisse des Monarchen,
fehlende Einsprachemöglichkeiten sowie der geschickte Entscheid,
die Umsetzung des Projekts einer eigens gegründeten Agentur
namens Tangier Med Special Agency ( TMSA ) zu übertragen, haben
diese rasche Umsetzung überhaupt erst ermöglicht. Angesichts der
Schwerfälligkeit der marokkanischen Verwaltung muss dies als
reife Leistung bezeichnet werden.
Die Idee, die strategisch einzigartige Lage von Tanger wirtschaftlich zu nutzen, ist naheliegend. Denn der neue Tiefseehafen befindet sich nicht nur direkt an der Meerenge von Gibraltar, die Jahr
für Jahr von mehr als 100 000 Schiffen durchquert wird, sondern
auch am Kreuzungspunkt der Warenströme in west-östlicher und
nord-südlicher Richtung. Dazu kommt, dass bis heute nur wenig
Gigantische Containerbrücken aus China
Häfen existieren, in denen Containerschiffe der neusten Ge neration
Die einst von Surfern als Geheimtipp gehandelte, abgelegene Bucht und Supertanker – sie weisen eine Länge von rund 400 Metern
mit ihrem schönen Sandstrand ist nicht wiederzuerkennen. Von auf – anlegen können. Aufgrund des enorm gestiegenen Wareneiner weit ins Meer hinausragenden Mole geschützt, ist hier ein austausches zwischen Europa, dem Maghreb, den USA und dem
hochmoderner Tiefseehafen mit einem 80 0 Meter langen Pier, Fernen Osten besteht laut Experten ein dringender Bedarf an
gigantischen Containerbrücken sowie riesigen Umlade - und Stapel- neuen Tiefseehäfen, in denen die Containerfracht auf andere,
flächen entstanden. Das gesamte Gelände hinter der eigentlichen kleinere Schiffe oder auf die Strasse und die Schiene umgeladen
Hafenanlage befindet sich noch im Rohbau. Wie überdimensionierte werden kann. Genau dafür ist Tanger prädestiniert. So erscheinen
Insekten fahren grosse Baumaschinen mit ohrenbetäubendem die hochtrabenden Pläne, mit Tanger Med nach dem Vorbild von
Gekreisch durch das aufgewühlte Erdreich und modellieren das Dubai eine weltweit bedeutende Drehscheibe für den internatioweiträumige Gelände. Schon bald werden hier Lagerhallen, Ver- nalen Güterverkehr ins Leben zu rufen, durchaus realistisch.
waltungsgebäude, Umschlagplätze und riesige Hangars entstehen.
Beteiligung der Genfer Reederei MSC
«Als im März dieses Jahres die ersten fünf gewaltigen Containerbrücken aus China per Schiff angeliefert und montiert wurden», Für die Realisierung des neuen Tiefseehafens hat die marokkasagt Mourad, «ist es mir beinahe schwindlig geworden.» Irgendwie nische Regierung die weltbesten Firmen mit Erfahrung in der Verwagten weder Mourad noch seine Kollegen aus dem Dorf richtig wirklichung derartiger Grossprojekte engagiert. Zu ihnen gehören
dran zu glauben, dass die hochfahrenden Pläne tatsächlich um- etwa der französische Baumulti Bouygues und die weltgrösste
gesetzt würden. Doch vor gut einem Jahr, im Juli 2007, nahm der Reederei A. P. Møller-Maersk, aber auch die in Genf ansässige
erste Terminal den Betrieb auf. Nun arbei tet Mourad, der noch vor Mediterranean Shipping Company MSC , die je nach Berechnungskurzem von der Landwirtschaft und dem Schmuggel lebte, auf einer art Nummer zwei oder drei der Branche ist. Diese Firmen haben
der zahlreichen Baustellen von «Tanger Med» – und erhofft sich, sich zu Konsortien zusammengetan, die im Auftrag der TMSA den
auch ein kleines Stück vom Fortschritt und Wohlstand abschneiden neuen Tiefseehafen und die dazugehörige Infrastruktur errichten.
zu können, der sich hier auf drastische und unübersehbare Weise Marokko ist es schliesslich auch gelungen, diese internationalen
Firmen sowie die EU zur Mitfinanzierung des Projekts zu gewinnen;
ankündigt.
Das Projekt Tanger Méditerrannée – kurz Tanger Med genannt – rund zwei Drittel der gesamten Baukosten von rund drei Milliarden
ist das ehrgeizigste Projekt Marokkos. Es soll entscheidend dazu Euro sollen auf diese Weise finanziert werden.
Nur ein Jahr nach der offiziellen Einweihung des Hafens durch
beitragen, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern. Und die sind alles andere als gering: Ein immer noch viel zu König Mohamed VI. soll noch in diesem Sommer ein zweiter Terhohes Bevölkerungswachstum, Heerscharen von arbeitslosen oder minal dem Betrieb übergeben werden. Doch damit nicht genug;
zu prekären Bedingungen angestellten jungen Menschen; Hundert- bereits sind die Ausschreibungen für eine zweite Ausbauetappe im
tausende schliesslich, die am Rand der grossen Städte knapp an Gang, die bis 2012 realisiert werden soll. Damit würde Tanger Med
der Armutsgrenze leben. Und überall der drängende Wunsch nach in absehbarer Zeit der bedeutendste Hafen Afrikas und einer der
einem besseren Leben, wie es das so nahe und dennoch für die ganz grossen Frachthäfen im gesamten Mittelmeerraum sein. Doch
allermeisten unerreichbare Europa Tag für Tag via TV -Kanäle vor- Tanger will nicht nur eine der wichtigsten Drehscheiben für den >
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Foto: TMSA
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Ozean Tanger
Tanger Med I
Containerterminals 1 und 2;
Kapazität 3 Millionen TEU
Fahrzeugterminal;
Kapazität 1 Million Fahrzeuge
(eröffnet 2007)
CT3
CT4
CT1
Tanger Med II
Containerterminals 3 und 4;
Kapazität 5 Millionen TEU
(Eröffnung 2012)
CT2
Fährhafen
Kapazität 7 Millionen
Passagiere,
700 000 Lastwagen
Lagerungsterminal
Ölterminal
STEP
(Eröffnung 2009)
Logistikfreizone
0m
500 m
1000 m
Im Juli 2007 nahm der erste Terminal von Tanger Med I seinen Betrieb auf. Bis zu 400 Meter lange Containerschiffe
können an der neu gebauten Pier anlegen. Bis 2015 soll die Kapazität des strategisch ideal gelegenen Hafens kontinuierlich auf
3,5 Millionen Container pro Jahr hochgefahren werden. Diese Seite Satellitenbild und Planungsskizze: Zusätzlich zum Containerhafen
entsteht ein Fährhafen für sieben Millionen Passagiere und 700 000 Fahrzeuge im Jahr. Bereits begonnen wurde auch mit der Planung
und Realisierung von Tanger Med II. Dieser zweite Containerhafen soll bis im Jahr 2012 fertiggestellt sein.
Vordere Doppelseite
Credit Suisse Bulletin 3/08
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Ozean Tanger
Mythos Tanger Nur wenige Städte zehren so stark
von einem Mythos wie Tanger. Die Stadt an der
Meerenge von Gibraltar und damit an der Stelle, wo
sich die Wasser von Mittelmeer und Atlantik mischen,
kann auf eine mehr als dreitausendjährige bewegte
Geschichte zurückblicken. Es ist eine Geschichte,
die von der ständigen Vermischung und Befruchtung
aller Mittelmeerkulturen, von Handel und von militärischen Eroberungszügen geprägt ist. Den heutigen, eher abenteuerlichen Ruf verdankt Tanger
in erster Linie seinem Sonderstatus als Stadt unter
internationaler Verwaltung zwischen 1923 und 1956.
In dieser relativ kurzen Periode wurde Tanger zum
Fluchtort für Orientsucher und Literaten, für Exzentriker, Milliardärinnen und Liebhaber hübscher
Jungs und nicht zuletzt auch zum Horchposten für
Spione in der Zeit des Kalten Kriegs.
Bis 1956 war Tanger auch die wichtigste Touristendestination Marokkos. Mit der Erlangung der marokkanischen Unabhängigkeit verlor die Stadt ihr
internationales Statut und damit auch ihre einzigartige Ausstrahlung. Nun wurde Tanger zunehmend
zum Zentrum für Schlepper und Schmuggler, zum
Warteraum für Flüchtlinge, zum Umschlagplatz
für dubiose Geschäfte aller Art, als Stadt schliesslich,
in der «Drogenbarone» aus dem Rifgebirge das
Sagen hatten. Der Amtsantritt des heutigen Königs
Mohamed VI. im Jahr 1999 stellt für Tanger eine
Zäsur dar: Im Gegensatz zu seinem verstorbenen
Vater Hassan fördert Mohamed VI. die Stadt nach
Kräften und verbringt auch regelmässig Ferien in
seinem Palast.
internationalen Handel im Mittelmeerraum werden, sondern seine
exzellente Lage auch als Produktionsstandort nutzen. Bereits seit
zehn Jahren besteht in der Nähe des Flughafens eine Freihandelszone, die Tanger Free Zone, in der sich inzwischen etwa 150 Unternehmen angesiedelt haben. Weitere Logistik- und Industriefreizonen auf einer Fläche von insgesamt zehn Quadratkilometern
entstehen nun in unmittelbarer Nähe des neuen Hafens. Dort können die aus der ganzen Welt angelieferten Güter – etwa Textilien,
Auto mobil- und Flugzeugkomponenten – weiterverarbeitet werden.
Bereits heute ist Tanger ein begehrter Standort für die Just-intime-Produktion; die Auslieferung der hergestellten Produkte an
die grossen Verbraucherzentren in Europa ist von Tanger aus innert
24 bis 48 Stunden möglich – ein gewaltiger Vorteil gegenüber den
Produktionsstätten im Fernen Osten.
All diese Standortvorteile haben auch den französischen Automobilkonzern Renault überzeugt. Zusammen mit seinem japanischen
Schwesterunternehmen Nissan will er in der neu geschaffenen
Industriezone von Tanger ein Werk errichten, in dem bereits ab dem
Jahr 2010 Fahrzeuge für den gesamten Maghreb, aber auch für die
Ausfuhr nach Europa montiert werden. Grosse Pläne bestehen auch
im Tourismussektor: Entlang der noch weitgehend unerschlossenen
Küste in der Umgebung von Tanger sollen tausende neuer Hotelbetten entstehen. Insgesamt – so erhoffen sich die marokkanischen
Behörden – werden auf diese Weise in den nächsten zehn Jahren
Credit Suisse Bulletin 3/08
in der Region Tanger gegen 150 000 Arbeitsplätze geschaffen. All
diese Projekte haben eine Aufbruchstimmung erzeugt und einen
noch nie gesehenen Bauboom ausgelöst.
«Ich spüre heute eine starke Hoffnung in der Stadt », sagt etwa
der Schriftsteller und Kolumnist Lotfi Akalay. «Denn all die neuen
Projekte bestehen nicht nur auf dem Papier, sondern sind sehr
konkret erlebbar.» Tanger vollziehe zurzeit eine «tief greifende und
positive Verwandlung». Das ist nicht selbstverständlich in einer
Stadt, die während der letzten 50 Jahre stagnierte und in der vor
nicht allzu langer Zeit lediglich Drogenbarone und Schlepperbosse
als Investoren auftraten. Akalay gibt damit wohl die Meinung der
überwiegenden Mehrheit der Tangerois wieder, die in den gigantischen Projekten eine einmalige Chance für ihre Stadt und die
Region erblicken. Und Tanger putzt sich tatsächlich heraus. Überall werden baufällige Gebäude renoviert, werden Strassen, Plätze
und andere Infrastrukturanlagen erneuert. Angesichts dieser Aufbruchstimmung haben kritische Stimmen einen schweren Stand.
Nur vereinzelt wagen es Intellektuelle und Künstler, die rasante
Entwicklung kritisch zu hinterfragen.
Gefahr von sozialen Spannungen?
Zu ihnen gehört der Wirtschaftsprofessor Najib Boulif, der die islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung ( PJD ) als
Abgeordneter im Parlament vertritt. Boulif ist nicht prinzipiell gegen
das Projekt Tanger Med. Doch er kritisiert vor allem den Umstand,
dass die sozialen Folgen des Megaprojekts vollkommen ausser Acht
gelassen worden seien. «Bis zum Jahr 2012 wird in der Region von
Ksar es-Sghir eine neue Stadt mit über 120 000 Einwohnern entstehen», sagt Boulif. «Das wird das Leben der dortigen Bevölkerung
vollkommen verändern und eine gewaltige Dynamik auslösen.» Viele
der Bewohner würden von den Ereignissen richtiggehend überrumpelt, befürchtet der Professor. Eine solche Entwicklung sei schlecht
und führe unweigerlich zu sozialen Spannungen.
Bedenken äussert auch der aus Marokko stammende Ökonome
Najib Harabi, der an der Fachhochschule Nordwestschweiz unterrichtet. Zwar erachtet Harabi die Wahl des Standorts Tanger aus
strategischer Sicht als hervorragend. Doch die lokale Bevöl kerung
sei viel zu wenig einbezogen worden, so Harabi; es sei ein typisches
« Top - down »-Vorgehen, bei dem alle wichtigen Entscheide auf
höchster Regierungsebene getroffen worden seien. Dennoch
glaubt Harabi daran, dass Tanger Med gesamthaft für Marokko
positive Auswirkungen haben wird. Der Politologe und Publizist
Omar Brouksy zweifelt hingegen daran, dass das Riesenprojekt
das Land wirklich voranbringen kann. Marokkos Probleme seien
vielmehr struktureller Art, und deshalb könne auch ein Bauprojekt
wie Tanger Med keine wirkliche Lösung bringen.
Auch in Ksar es-Sghir wissen die Menschen, dass sich das Rad
nicht mehr zurückdrehen lässt. «Alle wollen jetzt möglichst viel von
Tanger Med profitieren», sagt Mourad. Sie verkaufen Land, bewerben sich um einen Arbeitsplatz oder hoffen vielleicht auf kleinere
Aufträge von den Firmen, die sich schon bald im Industriegebiet
ansiedeln werden. «Sollen wir etwa Rücksicht nehmen auf die Alten,
die immer noch vom früheren beschaulichen Leben träumen?», ruft
er ungehalten aus. Hundertmal lieber arbeite er im ultramodernen
Hafen statt DVD s, Medikamente und spanischen Käse über den
Zoll zu schmuggeln. Für Mourad und viele andere in Ksar es-Sghir
spricht einiges dafür, dass mit Tanger Med eine neue, bessere Zeit
angebrochen ist. <
Credit Suisse Business
27
Business
Informationen aus der Welt der Credit Suisse
Übersicht
28_ Alois
Bischofberger_Seine letzte ökonomische Einschätzung 30_Indien_Vermögensverwaltung
32 _Ship Finance_65 Jahre Erfahrung 33_ Accessibility Day 34_Riva_Erfolgreiche Partnerschaft
31_Nachfolgeseminar
Italien von seiner blühenden
Seite Es ist reizvoll, ein Land
auf den Spuren seiner Gärten
und Parks zu entdecken, und umgekehrt können Touristen einem
privaten Gartenbesitzer entscheidend bei der Finanzierung des
teuren Unterhalts helfen. Um diese
beiden Anliegen zu koordinieren,
gründete Judith Wade 1997 den
Zusammenschluss «I Grandi Giardini Italiani», dem mittlerweile 70
der schönsten historischen Gärten
Italiens in 13 Regionen angehören
(im Bild das Centro Botanico Moutan in Vitorchiano). «Die Credit
Suisse ist seit 2006 Partner der
Grandi Giardini », erklärt Franco
Müller, Head Market Area Italy.
«Einerseits unterstützen wir gerne
die Absicht, historische Gärten für
die Nachwelt zu erhalten. Anderseits bieten uns die Gärten auch
eine ideale Plattform für Konzerte
oder andere Anlässe.» Der Einsatz von Grandi Giardini hat sich
gelohnt: Bereits werden die Gärten von jährlich über fünf Millionen
Personen besucht. tg
www.grandigiardini.it
Fotos: Grandi Giardini | Credit Suisse
Bank -now honoriert Umweltbewusstsein «Mit unserem
neuen Angebot Lease -now Eco
geben wir unseren Kunden die
Möglichkeit, gleichzeitig die Umwelt und den eigenen Geldbeutel
zu schonen», erklärt Erich Wild,
CEO von Bank-now. Entscheidet
sich ein Kunde für einen schadstoffarmen Personenwagen, profitiert er mit der Finanzierung durch
Lease -now Eco von einem Vor-
zugszins, der rund ein Prozent
unter dem marktüblichen Zinssatz
liegt. Zudem gehen pro abgeschlossenem Lease -now Eco-Vertrag 50 Franken als Spende an
Klimaprojekte. Zurzeit entsprechen
rund 500 Fahrzeugmodelle den
Anforderungen von Lease-now Eco.
Kriterium ist ein CO 2 -Ausstoss
bis maximal 140 g/km, was dem
EU -Ziel 08/09 entspricht. Banknow ist seit Anfang 2007 als rechtlich eigenständige Tochter gesellschaft der Credit Suisse Group
in den Bereichen Kredit- und
Leasinggeschäfte tätig. Bank-now
beschäftigt rund 270 Mitarbeitende, verteilt auf den Hauptsitz
Horgen sowie 21 weitere Filialen
in der Schweiz. schi
www.bank-now.ch
www.lease-now.ch/eco
Auf dem Meer in Kiel und
Monaco Die Unternehmer familie
Muhrmann besitzt mit der neuen
UCA eine Hochseeyacht der Extra-
klasse. Der 26 Meter lange MaxiRacer ist die grösste je in Deutschland gebaute Hightech-Regattayacht aus Kohlefaser: ein Traum für
jeden Segler, mit der UCA einmal
die Nordsee befahren zu können.
Dank einer Partnerschaft mit Klaus
Muhrmann kann dies die Credit
Suisse Deutschland viermal im Jahr
jeweils rund einem Dutzend Kunden
der Unternehmerberatung ermöglichen. Startpunkt des drei Tage
dauernden Abenteuers ist der Kieler
Yachtclub. Bei Windgeschwindigkeiten bis zu 36 Knoten stellt das
Segeln mit der UCA eine Heraus-
forderung dar, die man nie mehr
vergisst. Bereits seit 15 Jahren ist
die Credit Suisse Monaco Partner
des Yacht Club de Monaco.
Die Zusammenarbeit konzentriert
sich in erster Linie auf die Segelregatta Credit Suisse Primo Cup
sowie das traditionelle Yachtmen’s
Dinner, dem normalerweise
auch Fürst Albert beiwohnt. tg
www.uca5000.de
www.yacht-club-monaco.mc
Minergie – ein Gebot der
Stunde Liegenschaften sind
die mit Abstand grössten Energiefresser der Schweiz. Sie verbrauchen über 50 Prozent der gesamten Energie und verursachen
rund 45 Prozent des CO 2 -Ausstosses. Deshalb wurde vor zehn
Jahren der zertifizierte Baustandard Minergie geschaffen. Würde
dieser konsequent angewendet,
könnte der Energieverbrauch im
Gebäudebereich um 60 bis 70
Prozent gesenkt werden – notabene
mit Komfortgewinn. Die Credit
Suisse wendet bei ihren Neu- und
Umbauten den Minergiestandard
konsequent an und weist deshalb
mehr minergiezertifi zierte Bürofl ächen auf als jedes andere
Schweizer Unternehmen. Folgerichtig unterstützte die Credit
Suisse im Juni die erste Internationale Minergie -Fach tagung als
Patronatspartner. schi
www.credit-suisse.com/wohnen
Credit Suisse
Unternehmertum
künstlerisch
umgesetzt
Art & Entrepreneurship –
mit der Möglichkeit,
per Website an der Kunstauktion teilzunehmen.
Die Credit Suisse, die ihre
Gründung den Visionen des
Unternehmers Alfred Escher
verdankt, erachtet Unternehmerinnen und Unternehmer
als treibende Kraft hinter
unzähligen Innovationen in
Wissenschaft, Wirtschaft und
Kultur. Anfang 2008 hat die
Credit Suisse zusammen mit
der Kuratorin Michelle Nicol
die Wanderausstellung « Art &
Entrepreneurship» realisiert.
19 junge Künstler aus aller
Welt haben dafür ihre Vorstellungen der fünf Unternehmereigenschaften «vision», «knowledge», «network», «family»
und «contributing to society»
umgesetzt. Entstanden ist
eine anregende Ausstellung,
die im März in Dubai und
Ende Juni in New York auf
ausgesprochen grosses Interesse stiess. Nächstmals zu
erleben sind die Kunstwerke
vom 4. bis 6. September in
Berlin, am 17./18. September
in Moskau sowie vom 9. bis
12. Oktober in Genf. Am 24.
November findet als Abschluss
in London eine Auktion der
Kunstwerke statt. Der Erlös
geht je zur Hälfte an die
Künstler und die gemeinnützige Organisation Room to
Read. schi
www.credit-suisse.com/
artandentrepreneurship
Credit Suisse Bulletin 3/08
28
Credit Suisse Business
Rückblick
«Dieser massive Anstieg des Ölpreises
überraschte uns alle»
Ende Juni trat Alois Bischofberger, während 22 Jahren Chefökonom der
Credit Suisse, in den Ruhestand. Im Interview mit dem Bulletin schaut er
einerseits zurück auf seine 35 Jahre bei der Credit Suisse und
anderseits gibt er ein letztes Mal eine ökonomische Einschätzung der
wirtschaftlichen Entwicklung in den nächsten Monaten.
Bulletin: Können Sie sich noch an Ihren
zweite Ölpreisschock, verbunden mit einem
massiven Anstieg der Infl ationsraten. Paul
damaligen SKA erinnern?
Volcker, der 1979 neu eingesetzte Chairman
Alois Bischofberger: Ja, sehr gut. Ich hatte des Federal Reserve Board, musste die Indamals meinen Arbeitsplatz an der Selnau- fl ation mit einer markant restriktiven Geldstrasse in der Nähe des Paradeplatzes. Dort politik bekämpfen und war damit zum Glück
hat mich mein Chef am ersten Tag den ver- letztendlich erfolgreich. Aber damals stiegen
schiedenen Kolleginnen und Kollegen im die kurzfristigen Zinsen in den USA auf
Haus vorgestellt, unter anderem auch den 20 Prozent. In der Schweiz lagen sie bei
Redaktoren des Bulletin. Wie Sie sehen, war 12 Prozent, was natürlich zu einer deutlichen
ich mit dem Bulletin vom ersten Tag an eng Abschwächung der Wirtschaft führte.
verbunden.
Haben sich die Zeitspannen oder
ersten Arbeitstag vor 35 Jahren bei der
Aber einen Computer gabs damals
noch nicht an Ihrem Arbeitsplatz.
auch die Ausprägungen der Zyklen in den
vergangenen Jahrzehnten verändert ?
Nein, das war damals noch sehr mechanisch
und handgestrickt.
Ja, die Ausschläge waren in den Siebzigerund auch noch in den frühen Achtzigerjahren
Wie präsentierte sich das wirtschaftausgeprägter. Das hat sich in den verganliche Marktumfeld ?
genen Jahren sowohl nach unten wie nach
Damals, also Anfang 1973, war eine sehr oben etwas eingeebnet. Dafür gibt es für
spannende Zeit. Das war noch vor der ersten mich zwei Gründe: zum einen den Rückgang
grossen Erdölkrise. Diese Zeit war geprägt der Infl ationsraten seit den frühen Achtzigervom Übergang zu fl exiblen Wechselkursen. jahren, zum anderen die Globalisierung. In
Das Floating der Währungen führte insbe- der heutigen, globalisierten Welt profi tieren
sondere zu einer massiven Aufwertung des wir davon, dass die Entwicklungen in den
Schweizer Frankens gegenüber dem US - verschiedenen Volkswirtschaften und Re gioDollar. Durch die Erstarkung des Frankens nen nicht völlig synchron verlaufen. So wird
sank der Kurs des Dollars innerhalb von zum Beispiel heute der Abschwung in den
wenigen Jahren von zirka 4.30 Franken auf USA durch eine gute Konjunktur in den aufetwas mehr als 2 Franken.
strebenden Schwellenländern zum Teil aufDie Wirtschaft ist geprägt von Zyklen.
gefangen.
Wie viele Berg- und Talfahrten
Sie sprachen vorher von einer eher
haben Sie während Ihrer Zeit bei der
mechanischen Arbeitsweise in den Anfängen
Credit Suisse verfolgt ?
Ihrer beruflichen Karriere. Heute sorgen
Es müssen deren vier gewesen sein.
moderne Kommunikationssysteme für eine
Gibt es einzelne Zyklen, die in Ihrer
regelrechte Datenflut. Wie hat sich die
Erinnerung speziell herausragen?
Arbeit eines Bankökonomen verändert ?
Noch gut kann ich mich an die Krise Mitte der
Siebzigerjahre erinnern. 1975 und 1976 erlebten wir in der Schweiz eine tiefe Rezession, bei der das Bruttoinlandsprodukt in nur
zwei Jahren um zehn Prozent sank. Dann
folgte in den späten Siebzigerjahren der
Die Informationsfl ut und insbesondere auch
die Geschwindigkeit, mit der sich Informationen verbreiten, sind heute tatsächlich gewaltig. Die neuen technischen Hilfsmittel haben
unsere Arbeit stark verändert, aber nicht unbedingt vereinfacht. Wir müssen aus dieser
Credit Suisse Bulletin 3/08
immensen Fülle von Informationen die richtigen und wichtigen Daten herauspicken, um
aus diesen schliesslich einigermassen zutreffende Schlussfolgerungen zu ziehen.
Was war rückblickend Ihre grösste
Fehleinschätzung?
Keine sticht besonders krass hervor. Es kam
aber natürlich immer wieder vor, dass meine
Erwartungen nicht erfüllt wurden.
Können Sie dafür ein konkretes Beispiel nennen?
Sehr überraschend kam für mich der massive
Anstieg des Erdölpreises, wie wir ihn momentan erleben.
Sehr spannend muss für Sie sicher
auch das Jahr 1989 mit dem Fall der
Berliner Mauer gewesen sein. Wie absehbar
war der Zusammenbruch des Ostblocks
für Sie als Ökonom ?
Dass dieser Zusammenbruch nicht zuletzt
aus ökonomischen Gründen irgendwann
kommen musste, zeichnete sich bereits in
den Achtzigerjahren ab. Und natürlich gab
es auch schon vorher Zweifel an der Beständigkeit des kommunistischen Systems. Doch
in den Achtzigerjahren häuften sich die Anzeichen, dass vor allem die Sowjetunion mit
ihren enormen Rüstungsausgaben immer
mehr an ihre wirtschaftlichen Grenzen kam
oder sie sogar schon überschritten hatte.
Dann wurde auch immer mehr der schwache
Zustand der verschiedenen Ostblock-Wirtschaften bekannt. Aber dass es 1989 schliesslich so schnell gehen würde, das überraschte
mich dann doch.
Stehen wir heute wieder an einem
globalen Wendepunkt der wirtschaftlichen
Machtverhältnisse?
Ja, ich denke schon. Wir sind heute im Bereich der Energie und der industriellen und
landwirtschaftlichen Rohstoffe mit einem
markanten Preisauftrieb konfrontiert. Es zeigt
Credit Suisse Business
29
sich immer mehr, dass diese Preissteigerungen nun doch auf die Konsumentenpreise
übergreifen. Zudem dürften die Rohstoffnotierungen im langfristigen Vergleich überdurchschnittlich hoch bleiben. Dieser Strukturwandel führt global gesehen zu einer
Neuverteilung des Wohlstands und der Einkommen. Davon profitieren werden insbesondere die Rohstoff produzierenden Volkswirtschaften. Sie werden dadurch Kapital
akkumulieren können, das sie wiederum Unternehmen in westlichen Ländern zur Verfügung stellen werden. Die Bedeutung vieler
Schwellenländer wird also eindeutig steigen.
Auch wird die Aufgabe der Zentralbanken
schwieriger, weil der Infl ationsdruck auf der
einen Seite tendenziell steigt und das Wachstum auf der anderen tendenziell sinkt. Entsprechend steht die Geldpolitik vor der
Heraus forderung, den Teuerungsauftrieb zu
bekämpfen, ohne die sowieso schwächere
Konjunktur abzuwürgen.
Wie gut ist die Schweiz gegen diese
Umwälzungen gewappnet ?
«Die Schweiz ist eines jener Länder, die Nutzen aus dem Anstieg der Rohstoff- und Rohölpreise
ziehen können», sagt Alois Bischofberger, während 22 Jahren Chefökonom der Credit Suisse.
Die Schweiz ist eines jener Länder, die Nutzen aus dem Anstieg der Rohstoff- und Rohölpreise ziehen kann, weil ihre Industrien
Produkte im Bereich der Energieersparnis respektive der effi zienteren Nutzung von Energie anbieten. Diese Güter und Dienst leistungen werden sich einer erhöhten Nachfrage erfreuen. Als Folge der steigenden Preise
wächst zudem der Wohlstand in den Rohstoff
produzierenden Ländern. Es entsteht eine
Mittelschicht, die am Kauf von Konsumgütern
interessiert ist. Auch in diesem Bereich steht
die Schweiz gut da, gerade im Luxussegment.
Nehmen wir unsere Uhrenindustrie, der es
heute nicht zuletzt dank des Aufschwungs in
den Schwellenländern sehr gut geht.
Wird der Schweizer Finanzplatz und
damit auch die Schweizer Finanzbranche in
den nächsten zehn Jahren an Bedeutung
Zur Person
Der heute 64-jährige Alois Bischofberger trat 1973 in die Credit Suisse
ein und wurde 1986 Chefökonom der Bank. 1997 wurde er zusätzlich zum
volkswirtschaftlichen Berater der Geschäftsleitung und 2004 zum Chefökonomen der Credit Suisse Group berufen. Alois Bischofberger war bis
2006 während 15 Jahren Schatzmeister der Stiftung für wissenschaftliche
Forschung an der Universität Zürich. Zudem war er Mitglied verschiedener
Foto: Stefan Walter
Fachorganisationen, darunter die International Conference of Commercial
Bank Economists, der Council of Economists des Conference Board und
die Société Universitaire Européenne de Recherches Financières.
Alois Bischofberger ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern.
verlieren oder gewinnen?
Die Konkurrenz wird auf jeden Fall intensiver.
Neue Finanzplätze wie zum Beispiel Singapur
werden mit Sicherheit eine wichtigere Rolle
spielen. Umso wichtiger ist es, dass der Finanzplatz Schweiz seine Wettbewerbsfähigkeit beibehält und sich verstärkt in diesem
immer intensiveren globalen Wettbewerb behauptet. Ich denke, dass die Rahmenbedingungen nach wie vor günstig sind, weil die
Schweiz ein guter Standort für Finanzdienstleistungen ist, nicht zuletzt aufgrund ihrer
jahrzehntelangen Erfahrung und ihres guten
Rufs in diesem Geschäft.
Daniel Huber
Credit Suisse Bulletin 3/08
30
Credit Suisse Business
Indien – ein Markt von zunehmender Bedeutung
Die Credit Suisse verstärkt
ihr Engagement in Indien
Die Credit Suisse weitet ihre Geschäftstätigkeit in Indien
aus. Wie sie am 22. Mai in Mumbai bekanntgab, will sie
innerhalb der nächsten drei Jahre zu den drei wichtigsten
Vermögensverwaltern gehören.
Einsatz für Indien: Mickey Doshi (links) und Puneet Matta.
Indien bald die Nummer drei der Weltwirtschaft «Indien hat das Potenzial, sich bis
2050 zur drittgrössten Wirtschaftsmacht der
Welt nach China und den USA zu ent wickeln,
mit grossem Abstand vor Japan, Brasilien
und Russland», betont auch Mickey Doshi,
Länderverantwortlicher der Credit Suisse
Indien. Diese anhaltende überdurchschnittliche Dynamik verdankt Indien nicht zuletzt
der Tatsache, dass es eines der Länder mit
der jüngsten Bevölkerung ist. «In den nächsten 20 Jahren nimmt die arbeitsfähige Bevölkerung Indiens von knapp 700 Millionen auf
über 950 Millionen Menschen zu. Indien ist
gewillt und imstande, die dazu nötigen
Arbeitsplätze zu schaffen.» Prozentual noch
stärker, nämlich um 30 Prozent jährlich,
schnellt die Zahl vermögen der PrivatpersoCredit Suisse Bulletin 3/08
nen empor. Bis ins Jahr 2012 wird gemäss
Analysen die Zahl der Haushalte mit Finanzanlagen von über einer Million US -Dollar auf
300 000 ansteigen – und dementsprechend
das zu verwaltende Vermögen die 1000 -Milliarden-Marke überschreiten. Eine nationale
Besonderheit ist, dass die Inder ihr Geld
grösstenteils im Lande selbst anlegen.
dukten, die auch die Beratung bei Kapitalbeschaffung, Börsengängen und bei der
Nachfolgeplanung einschliesst. Dabei bringen wir unser weltweites Netzwerk und
Know-how ein.»
Drei Viertel der vermögenden Inder sind
Jungunternehmer, die nun nach dem ersten
Jahrzehnt der Expansion mehr und mehr an
finanzielle Sicherheit und Vorsorge denken.
«Bis anhin betrieben viele Firmeninhaber keine strikte Trennung zwischen Unternehmenskapital und Privatvermögen», führt Mickey
Doshi aus. «Die Unternehmensgewinne fl ossen direkt in die nächsten Wachstumspläne.
Je mehr das Vermögen allerdings wuchs,
desto mehr stieg bei den Unternehmern das
Bedürfnis nach Beratung, wie sie die Vermögensanteile entfl echten, ihre privaten Assets
sichern und für die nächste Generation langfristig anlegen können.»
Integrierte Lösungen anbieten Die Credit
Suisse gestaltet diesen Prozess aktiv mit.
Nachdem sie Anfang 2008 vom Securities
and Exchanges Board of India ( SEBI ) eine
Portfolio-Manager-Lizenz für Indien erwarb,
hat sie nun am 22. Mai das Vermögensverwaltungsgeschäft in Indien offi ziell eröffnet.
Als dessen Leiter gab Puneet Matta, der seit
18 Jahren im indischen Bankensektor tätig ist,
ambitiöse Ziele bekannt: «Wir starten mit
rund 20 Mitarbeitenden, doch schon bald
sollen es 40 sein. Nach Mumbai werden wir
auch in Neu-Delhi und Bangalore Büros er- Inder auch im Ausland beraten Im Ausöffnen. In drei Jahren wollen wir zu den drei land leben vergleichsweise wenige Inder –
wichtigsten Vermögensverwaltern in Indien rund 25 Millionen. Auch sie richten sich
geschäftlich und privat sehr stark auf ihre
gehören.»
Wie wird das möglich sein? «Unsere gros- Heimat aus. «Allein im Jahr 2007 sind 27 Milse Stärke ist die Strategie der integrier ten liarden Dollar von im Ausland lebenden
Bank», so Matta weiter. «Wir profitieren da- Indern in Indien investiert worden», erklärt
von, dass wir im Investment Banking bereits Raj Sehgal, Market Leader für Indien in
seit über zehn Jahren erfolgreich in Indien Dubai. Die Credit Suisse hat zur Betreuung
tätig sind und dass ausgesprochen viele der im Ausland lebenden Inder spezialisierte
Kunden integrierte Lösungen benötigen. Es Teams in Dubai, London, Singapur und Zürich
herrscht eine grosse Nachfrage nach Pro- aufgebaut.
Andreas Schiendorfer
Foto: Credit Suisse
Am 12. Mai 2000 überschritt die Bevölkerung
Indiens die Milliardengrenze. Kein anderes
Land wächst derzeit schneller. Indien beeindruckt aber keineswegs nur mit seinem demografi schen, sondern auch mit seinem wirtschaftlichen Wachstum. Und daran dürfte
sich auch in Zukunft nichts ändern. An der
von der Credit Suisse in Hongkong organisierten Asian Investment Conference verlieh
jedenfalls der indische Finanzminister Shri
Palaniappan Chidambaram seiner Zuversicht
Ausdruck, dass sein Land für die nächsten
fünf bis zehn Jahre ein Wachstum von jährlich
neun Prozent erreichen werde.
Credit Suisse Business
Credit Suisse Investment & Family Business Program in Zürich
31
of Global Management. Für ihn stellt das
Thema Nachfolge ein entscheidendes Element für ein erfolgreiches Familienbusiness
dar. Und hier sieht er ein grosses Potenzial,
weshalb sein Ziel des Seminars in erster
Familienunternehmen machen in Lateinamerika 98 Prozent aller
Linie eine Veränderung des Bewusstseins
Firmen aus. Davon bleibt jedoch kaum ein Drittel in Familienhänden.
ist: «Ich will meinen Teilnehmern vermitteln,
Mit dem Investment & Family Business Program geht die Credit Suisse
dass die Herausforderung entscheidend und
auf das Bedürfnis der Kunden nach ausgereiften und individuellen
riesig ist, wenn es um die Nachfolgeregelung
Strategien für eine Nachfolgeregelung ein.
und Kontinuität eines Familienunternehmens
geht. Viele Unternehmer glauben, dass, nur
weil die Familienmitglieder gut miteinander
In Amerika und Lateinamerika generieren Finanzstrategien entgegen. Indem die Credit auskommen, auch der Betrieb automatisch
Familienunternehmen bis zu drei Viertel des Suisse den Teilnehmern andere Perspektiven gut geführt sei und man sich auch geschäftgesamten Bruttoinlandsprodukts – und zäh- aufzeigt und den Zugang zu Wissen und lich verstehe. Das ist ein grosser Irrtum. Das
len deshalb zu den wichtigsten Grundpfeilern Information vermittelt, will sie Unternehmer allein reicht nicht für eine erfolgreiche Fühder Wirtschaft. Allerdings überleben zwei unterstützen, die ein finanziell gesundes und rung.» Weitere wichtige Aspekte seien das
Drittel dieser Unternehmen die ersten fünf strategisch durchdachtes Business aufbau- Denken hin zu nachhaltigen, individuellen
Jahre ihres Bestehens nicht, und nur zwölf en möchten. So erhielten die Teilnehmer die Strategien, eine offene KommunikationskulProzent können ihre Firma bis in die dritte Gelegenheit, sich über aktuelle Trends und tur und das Bewusstsein der Einzigartigkeit
Generation retten. Diesen Tatsachen trug Prognosen des Finanzmarktes zu informieren einer Firma. Mit diesem Inhalt vermochte
die Credit Suisse auch heuer Rechnung und und dank verschiedener Redner einen Ein- Professor Poza schliesslich auch viele Teillud bereits zum zweiten Mal zum Invest- blick in die Strategie der Credit Suisse zu nehmer des Seminars zu begeistern.
ment & Family Business Program ins Zen- gewinnen. Der Fokus jedoch lag auf dem
Mit dem Rahmenprogramm schliesslich
trum Bocken in Horgen bei Zürich ein. Dort zweitägigen Seminar, in dem sich die CEO s wurde der Kreis wieder geschlossen: Die
traf sich Mitte Mai dieses Jahres eine Grup- intensiv mit den Herausforderungen einer Teilnehmer waren zu einem Rundgang durch
pe von 24 lateinamerikanischen aktuellen erfolgreichen Strategie, Führung und Nach- die Fabrik von BMW Sauber Formel 1 eingeund zukünftigen CEO s von Familienunterneh- folgeregelung ihrer Firma auseinandersetzen laden – auch diese ein ehemaliges Familienmen zu einem Seminar zum Thema Nachfol- konnten. Dieses fand unter der Leitung eines unternehmen – wo sie anschliessend durch
ge. Dieses Angebot kommt dem Bedürfnis führenden Experten im Bereich Management den Chef Dr. Mario Theissen einen Einblick
der Kunden nach ausgereiften und individuell von Familienunternehmen statt, Professor in die momentane Entwicklung und Situation
auf das eigene Unternehmen ausgerichteten Er nesto J. Poza von der Thunderbird School der Firma erhielten.
Regula Gerber
Fotos: Rainer Wolfsberger | Credit Suisse
Eine gut vorbereitete Nachfolge
trägt massgebend zum Erfolg bei
Professor Ernesto J. Poza: «Wenn Wissen und Geist einer Firma
über Generationen hinweg weitervermittelt werden, ist das für ein
Familienunternehmen von unschätzbar grossem Wert.»
Wolfgang Rother im Gespräch mit Dr. Mario Theissen (rechts),
der trotz des momentan strengen Rennkalenders die Zeit fand,
den Teilnehmern Rede und Antwort zu stehen.
Credit Suisse Bulletin 3/08
32
Credit Suisse Business
Schiffsfinanzierungen sind ein wichtiges Geschäft
Der Welthandel findet fast
ausschliesslich zur See statt
Die Finanzierung von Frachtschiffen ist für Banken wie
die Credit Suisse ein wichtiges Geschäft. Die Auftragsbücher der Schiffswerften sind weltweit gut gefüllt.
Die Flotten wachsen momentan im zweistelligen Prozentbereich. Und auch in den kommenden Jahren wird eine
grosse Nachfrage nach Seetransportkapazitäten erwartet.
Fast 95 Prozent des Welthandels werden
über See abgewickelt. Drei Viertel der
Schiffsneubauten werden über normale
Bankkredite fi nanziert. 2006 bestellten Reeder Schiffsneubauten im Rekordwert von
231,5 Milliarden Dollar, wie der Schiffsmakler
Clarkson PLC berichtet. «Nach Jahren, in
denen die Er trags lage enttäuschend war, erfreut sich der Seetransport seit fünf Jahren
eines richtiggehenden Booms. Das wiederum
erfreut unsere Kundschaft», bestätigt John
Häfelfinger, stellvertretender Leiter Ship Finance der Credit Suisse. «Obwohl das Kreditvolumen beträchtlich angestiegen ist, bleibt
die Bank bei den Parametern sehr konservativ, was von der erstklassigen Kundschaft
so erwartet und geschätzt wird», so Häfelfinger weiter. Doch was macht die in Basel
ansässige Einheit Ship Finance der Credit
Suisse genau?
Schiffsfinanzierungen bereits seit 1943
Die Credit Suisse eröffnete ihre erste Schiffsfi nan zierungsgesellschaft 1943 unter dem
Namen Schweizerische Schiffshypothekenbank. Heute trägt sie den Namen Credit
Suisse Ship Finance, und sie gehört, was das
Kre dit volumen angeht, zu den zehn grössten
Schiffsfinanzierungsgesellschaften. Rund
600 Schiffe werden fi nanziert, der grösste
Teil der Kredite geht nach Griechenland,
Italien, Deutschland, Hongkong, Grossbritannien und Russland. Zu den Kunden der
Credit Suisse Bulletin 3/08
Credit Suisse gehören einige der weltweit bank Offered Rate). Dazu kommt noch eine
bekanntesten Reedereien. Die Mehrzahl be- Prämie, deren Höhe von der Bonität des Krefi ndet sich noch immer im Besitz von ver- ditnehmers abhängt. Die Rückzahlungen
mögenden Privatleuten. «Aufgrund der welt- erfolgen meist vierteljährlich. Die Kredite
umspannenden Organisation der Credit müssen getilgt sein, bevor das Schiff 20
Suisse können diese Kunden einen grossen Jahre alt ist.
Nutzen aus der langjährigen Erfahrung der
Bank in Private Banking, Investment Ban- Nachfrage nach neuen Containerschiffen
king und Asset Management ziehen», betont Schätzungen zufolge werden etwa 90 ProHäfelfinger. «Wir setzen unsere Kunden mit zent aller weltweit produzierten Fertigwaren
den anderen Divisionen der Bank in Verbin- in Seecontainern transportiert. Gegenwärtig
dung, wann immer sie für unsere Produkte stehen Schif fe mit einer Gesamttonnage von
etwa 6,4 Millionen TEU in den Auftragsbüoder Dienstleistungen Interesse zeigen.»
chern der Werften, wobei 1 TEU einer 20Schwerpunkt kommerzielle Frachtschiffe Fuss-Containereinheit entspricht. Wenn man
Um die Risiken zu verringern und sich nicht weiss, dass die grösste Containerschiffsreein Nischenmärkten zu verlieren, vergibt die derei der Welt, die dänische A. P. MollerCredit Suisse ausschliesslich Kredite für Maersk, über eine Gesamttonnage von etwa
kommerzielle Hochseeschiffe wie Container- 1,9 Millionen TEU verfügt, kann man sich eine
schiffe, Öl- und Produkttanker, Massengut- Vorstellung von der Grösse des Auftragsfrachter, Chemikalien- und Gastransporter. volumens machen. Heute werden in der
Diese Strategie hat sich gelohnt, denn seit Regel grössere Containerschiffe mit mehr
mehr als 20 Jahren hat die Schiffsfi nanzie- als 4000 TEU nach gefragt. Clarkson PLC
rung der Credit Suisse keinen einzigen Kre- schätzt, dass dieses Jahr die Containerdit abschreiben müssen. Ein Frachtschiff schifffl otte um rund 1,2 Millionen TEU wachkostet je nach Grösse und Alter zwischen 20 sen wird. 2009 dürften sogar 1,8 Millionen
und 180 Millionen Dollar. Die Credit Suisse TEU hinzukommen.
«Alle diese Schiffe brauchen eine solide
bietet Schiffseignern Kredite für Schiffsneubauten vor und nach Fertigstellung, die Finanzierung. Somit bieten sich für unseren
üblicherweise 60 bis 70 Prozent des jewei- Bereich vielfältige Geschäftsmöglichkeiten»,
ligen Marktwertes abdecken. Diese Kredite ist sich Meike Mättig, Leiterin Execution and
sind immer abgesichert. Die Verzinsung er- Support von Ship Finance der Credit Suisse,
folgt in der Regel nach LIBOR (London Inter- sicher.
Dorothée Enskog
Fotos: « ORION» BULKERS GmbH & Co. KG | Credit Suisse
Die Credit Suisse verfügt über 65 Jahre Erfahrung in Ship Finance.
« Accessibility Day» bei der Credit Suisse
200 sprechende Bancomaten und neu
auch Kontoauszüge in Blindenschrift
Im Rahmen der «informatica08» fand im Uetlihof der Credit Suisse der
«Accessibility Day» statt, der zeigte, welche Chancen Informationstechnologien für Menschen mit Behinderungen bieten. Die Credit Suisse
nimmt in diesem Bereich eine Pionierrolle in der Schweiz ein.
dig zu tätigen, die bislang die Assistenz einer sehen den Person erforderten», erklärt
Markus Riesch, Leiter Forschung und Entwicklung der Stiftung «Zugang für alle».
René Jaun erblindete vor zehn Jahren
vollständig. Heute bewertet er für die Stiftung «Zugang für alle» die Barriere freiheit
von Internetseiten. Er erläuterte auf der
«Accessibility»-Tagung die typischen ProDie Stolpersteine der Informatik Noch grammierungsfehler bei nicht barrieresind längst nicht alle Barrieren im Alltag freien Seiten: Blinde User erkennen durch
beseitigt. Doch haben gerade die grossen eine spezielle Software den Inhalt der InterFortschritte in der Informations- und Kom- netseiten. Hierbei ist entscheidend, dass
munikationstechnologie vielen Menschen die Links zu weiteren Seiten mit adäquamit Behinderungen zu etwas mehr Un- ten Text beschreibungen unterlegt sind.
abhängigkeit und Selbstständigkeit verholfen. Allerdings baut die moderne IT Barrierefreies Online - Banking Die
nicht nur Hindernisse ab, sondern schafft Credit Suisse legt grossen Wert auf die
gleichzeitig wieder neue. «Umso wichtiger barrierefreie Programmierung ihrer Interist es deshalb, die Möglichkeiten der In- netseiten. Bislang sind das Direct Net, der
formations- und Kommunikationstech- Privatkunden-Bereich und das elektro ninologie konsequent an den Bedürfnis- sche Magazin «In Focus» barrierefrei und
sen aller Benutzer auszurichten», betonte von der Stiftung «Zugang für alle» zertiClaude Honegger, CIO Switzerland der fiziert. «Alle Prozesse in der IT wollen wir
zukünftig so gestalten, dass Accessibility
Credit Suisse.
Das Internet ist ein wichtiges Instru- bei der Programmierung berücksichtigt
ment für die Entwicklung zu mehr Eigen- wird», versichert Alireza Darvishy, Projektständigkeit der Betroffenen. «Dank des In- leiter der «Accessibility»-Tagung. So solternets ist es blinden Menschen erstmals len neue Internetseiten so flexibel sein,
möglich, bestimmte Geschäfte selbststän- dass sich Schriftfarbe, Schriftgrösse und
Hintergrund leicht verändern lassen.
«Accessibility» steht für den Abbau von
Barrieren für Menschen mit Behinderungen. Mit viel Humor schilderte der seit
seiner Geburt gehbehinderte Fernsehmoderator Alex Oberholzer, dass in seiner
Studienzeit die grösste Herausforde r ung
nicht das Stu dium, sondern die vielen Stufen zur Bibliothek waren.
Der «Accessibility Day» der Credit Suisse
hatte wirklich keine Barrieren.
Credit Suisse auf Pionierpfaden Bis
Jahresende werden in der Schweiz 200
Bancomaten umgebaut, deren Funktionen
über Kopfhörer abgehört werden können.
Ausserdem steht der Service in Deutsch,
Englisch, Französisch und Italienisch zur
Verfügung. «Das sind die ersten viersprachig kommunizierenden Bancomaten der
Welt », schätzt Darvishy. Gleichzeitig wurde die Höhe der Bancomaten so abgesenkt, dass Kunden mit Rollstühlen alle
Tasten erreichen. Ab August ist der Kontoauszug in Blindenschrift oder extragrosser
Schriftgrösse verfügbar.
Anja Papp
FÜR MICH.
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Chur GR, Clarens VD, Dietlikon ZH, Roggwil TG.
34
Credit Suisse Business
Eine Partnerschaft im Zeichen von Tradition und Innovation
Riva: Wenn Brand und
Lifestyle sich verbinden
Die Meere bieten der Credit Suisse die Grundlage für wichtige Geschäfte
(Artikel «Ship Finance» auf Seite 32). Darüber hinaus finden zu Wasser
einzigartige Veranstaltungen mit Gästen, Kunden und Mitarbeitenden statt.
Besonders attraktiv und exklusiv sind in Partnerschaft mit Riva organisierte
Anlässe wie die Riva Trophy oder der Besuch in der Schiffswerft am Iseosee.
Credit Suisse Bulletin 3/08
2008 führte die Riva Trophy nach Miami und Palma de Mallorca. Im August folgt ein gemeinsamer
Anlass in Porto Cervo auf Sardinien, und im September wird die Schiffswerft in Sarnico besucht.
die lose Zusammenarbeit. «Mit der Credit
Suisse haben wir eine tolle Partnerschaft
im Bereich Kommunikation und Events », bestätigt Ferruccio Rossi. «Das hat 2007 mit
der gemeinsamen Organisation von Anlässen in Portofino, Saint-Tropez und Cala di
Volpe in Sardinien begonnen. Unsere Reederfamilie organisiert die Riva Trophy, und
es werden Wettbewerbe im Wasser und an
Land mit Galadinners organisiert. So verbringen wir jeweils drei einzigartige Tage
miteinander.»
Andreas Schiendorfer
Fotos: Riva
Es gibt nicht viele Unternehmen, die älter
sind als die 1856 gegründete Credit Suisse
und einen vergleichbar wertvollen Brand besitzen. Riva gehört zweifellos dazu. Gegründet wurde die Cantieri Riva in Sarnico am
Iseosee bereits im Jahr 1842 durch Pietro
Riva. Ab den 1920 er-Jahren spezialisierte
sich Serafi no Riva in der dritten Generation
auf Rennboote, während sich sein heute 86jähriger Sohn Carlo ab 1949 mehr und mehr
auf die luxuriöse Ausstattung seiner Boote
konzentrierte und so den «Mythos Riva» begründete. Seit 2000 gehört die Riva-Gruppe
mit Produktionsstandorten in Sarnico, La
Spezia und Ancona zum Ferretti-Konzern.
Die Riva-Luxusyachten kosten im Minimum 1,3 Millionen Euro, doch sind die Auftragsbücher weit voraus gefüllt. Das Erfolgsrezept ? «Unser Motto heisst ‹Tradition und
Innovation›», erklärt Ferruccio Rossi, Verwaltungsratsdelegierter von Riva. «Tradition in
unserer Arbeitsweise und Philosophie, verbunden mit Innovation, weil wir stets vorwärtsschauen müssen.» Neues Design, neue
Technologie, neue Projekte: Jedes Boot hat
eine andere Farbe, ein eigenes Holz, eine
andere Verkleidung, sodass jedes zum Einzelstück wird.
«Tradition und Innovation sind natürlich
verbindende Elemente zwischen unseren
Unternehmen», ergänzt Franco Müller, Head
Market Area Italy. «Und es kommt die Passion hinzu: die Leidenschaft, mit der wir unsere Arbeit verrichten, vor allem aber auch
die starke emotionale Bindung, die wir bei
Kunden und Mitarbeitenden für die RivaBoote feststellen.»
Bei Riva verbinden sich Qualität, Eleganz und guter Geschmack. Deshalb intensivierte die Credit Suisse im letzten Jahr
Credit Suisse Invest
35
Credit Suisse Invest
Analysen und Prognosen
Übersicht
36_Ausblick
Global
38_Ausblick
Schweiz
40_Prognosen
42 _Investment
Focus
Highlights Juli 2008
Inhalt
Die Schwellenländer dürften auch in den kommenden Jahren
den grössten Beitrag zum Weltwirtschaftswachstum leisten.
Stark steigende Rohstoffpreise und möglicherweise deutlich
restriktive Zentralbanken stellen jedoch Risiken dar.
Ausblick Global
Internationale Notenbanken werden restriktiver, da die
Inflation noch immer am Steigen ist. In den USA steht
jedoch unter anderem die prekäre Lage an den Finanzmärkten
raschen Zinserhöhungen im Wege.
Schwellenländer dominierende
Kraft in der Weltwirtschaft
Ausblick Schweiz
Leichte Abschwächung,
weiterhin robuster Konsum
Investment Focus
Water
Als Ressource unterschätzt wie keine Andere
Aktienmarkt Aufgrund hoher Lebensmittel- und Ölteuerung
bei einer gleichzeitigen Neigung der Zentralbanken zu Zinserhöhungen bleibt das Umfeld für Aktien schwierig. Wir bevorzugen defensive Titel aus den Sektoren Pharma, IT und
Telekom.
Rohstoffpreise haben eine beeindruckende Performance
abgeliefert. Aufgrund von steigenden Zinsen verlieren
Rohstoffe jedoch derzeit an Attraktivität und wir raten Anlegern
daher zu Vorsicht und Diversifikation.
Der Schweizer Franken ist gegenüber dem Euro unterbewertet. Daran dürfte sich jedoch kurzfristig wenig ändern,
da die gestiegene Volatilität an den Währungsmärkten
durch den stärkeren Zinsvorteil des Euro ausgeglichen wird.
Credit Suisse Bulletin 3/08
36
Credit Suisse Invest
Ausblick Global
Die Weltwirtschaft ist im ersten Halbjahr stärker gewachsen als erwartet. Die Schwellenländer tragen den
Löwenanteil zum globalen Wirtschaftswachstum bei, und daran sollte sich in den kommenden Jahren wenig ändern.
Steigende Rohstoffpreise und Zinserhöhungen von vielen Zentralbanken dürften jedoch die Dynamik etwas
bremsen. Wir sind daher vorsichtig, was Aktien anbelangt, und auch die übermässigen Renditen von Rohstoffen
dürften zumindest kurzfristig der Vergangenheit angehören.
Konjunktur
Leichte Abschwächung nach
starkem Jahresbeginn
Die Weltwirtschaft ist in der ersten Jahreshälfte insgesamt stärker
gewachsen als von vielen erwartet. In den USA zeigte sich zwar eine
deutliche Abschwächung, jedoch blieb das Wachstum positiv. Für
die USA lässt sich eine deutliche Veränderung in der Zusammensetzung der Nachfrage feststellen. Während die Binnenwirtschaft, vor
allem der private Konsum (aufgrund hoher Energiepreise, strafferer
Kreditbedingungen und einer Verschlechterung am Arbeitsmarkt)
schwach ist, profi tieren die Exporteure von der robusten globalen
Nachfrage. Die aufstrebenden Volkswirtschaften haben im letzten
Jahr entscheidend zum globalen Wachstum beigetragen (siehe Chart).
Während vor allem hohe Infl ation und möglicherweise notwendige
restriktive Massnahmen der lokalen (Geld-)politik Risiken darstellen,
dürften diese Länder ihre globale Führungsrolle behalten. th
Aufgrund des geringeren Ausmasses der Kreditkrise, neuen
Handelsverflechtungen und starker Binnennachfrage dürften
aufstrebende Volkswirtschaften robust bleiben.
Quelle: IMF, BIZ, Credit Suisse
YoY%, 2007
7
6
5
4
3
2
1
0
–1
Reales BIP
Realer Konsum
Reale Investitionen
 USA  EMU  andere Industriestaaten
 Entwicklungsländer  Global
Zinsen und Obligationen
Notenbanken weiterhin auf Straffungskurs
Der globale Infl ations- und Zinstrend zeigt weiter nach oben. Die Infl ation für den Euroraum ist mit rund 4%, doppelt so hoch als das
Infl ationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB ), und in mehreren
Schwellenländern hat die Infl ation inzwischen zweistellige Werte erreicht (vgl. Abbildung). Die EZB zeigt sich fest entschlossen, die
Infl ation zu bekämpfen, und hat im Juli die Leitzinsen angehoben. Das
Finanzsystem weist nach wie vor Stresssymptome auf. So sehen sich
beispielsweise einige der grössten US-Finanzinstitute mit extrem
hohen Finanzierungskosten konfrontiert. Dies stellt ein Hindernis für
die Fed und andere Zentralbanken dar, die aufgrund dieser Umstände die Zinsen eher tiefer halten könnten, als wenn sie sich nur auf
die Infl ation und die Realwirtschaft konzentrieren würden. th
Die Inflation ist weltweit angestiegen. Besonders deutlich
zeigt sich dieser Trend in den aufstrebenden
Volkswirtschaften. Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
YoY%
9
8
7
6
5
4
3
2
1
01.00
01.01
BRIC CPI
Credit Suisse Bulletin 3/08
01.02
G3 CPI
01.03
01.04
01.05
01.06
01.07
01.08
Credit Suisse Invest
Aktienmarkt
Inflationsängste lasten schwer auf Aktien
Die globalen Aktienmärkte befi nden sich nach wie vor in einer schwierigen Situation, hauptsächlich aufgrund der unvermindert stark ansteigenden Öl- und Lebensmittelpreise. Zentralbanken sehen sich weltweit gezwungen, dem steigenden Infl ationsdruck mit Zinserhöhungen
entgegenzutreten, was sich wiederum negativ auf die Aktienmärkte
auswirkt. Der anstehenden Berichtssaison in den USA dürfte unserer
Ansicht nach entscheidende Bedeutung zukommen. Allgemein wird
mit einem Gewinnrückgang von 8% gegenüber dem Vorjahr gerechnet, wobei insbesondere Finanzdienstleister und zyklische Konsumgüterhersteller schlecht abschneiden dürften. Wir empfehlen Investoren in diesem schwierigen Umfeld, sich auf defensive globale
Sektoren wie Pharma, IT und Telekom zu konzentrieren, die noch
immer ein positives Gewinnwachstum aufweisen. db
Mit einem erwarteten KGV 2008 von 12.2 für den MSCI World
sind Aktien attraktiv bewertet. Quelle: Credit Suisse, Reuters
26
24
22
20
18
16
14
12
10
01.90
01.92
01.94
01.96
01.98
01.00
01.02
01.04
01.06
01.08
MSCI World Index KGV nächste 12 Monate
Durchschnitt (+/– 1 Standardabweichung)
Währungen
USD auf Käufe ausländischer
Zentralbanken angewiesen
Der US-Dollar dürfte unserer Meinung nach auf drei Monate weiter
unter Druck bleiben. Dollarnegative Faktoren sind ein tiefes Zinsniveau, schwaches Wachstum des privaten Konsums, die Abschwächung auf dem Immobilienmarkt sowie ein hohes Leistungsbilanzdefi zit, um nur einige zu nennen. Es ist zwar richtig, dass der US-Dollar
inzwischen gegenüber den europäischen Währungen deutlich unterbewertet ist. Doch für eine nachhaltige Dollarerstarkung müssten
vor allem ausländische private Investoren die US-Wertschriftenmärkte als attraktiv erachten. Dies scheint zumindest im ersten Quartal
noch nicht der Fall gewesen zu sein, haben doch ausländische Notenbanken praktisch 100% des US-Leistungsbilanzdefizits fi nanziert.
Während wir auf zwölf Monate eine leichte Dollarerholung erwarten,
sollten Anleger auf drei Monate gegenüber dem Greenback weiterhin vorsichtig bleiben. mh
Rohstoffe
Rohstoffe – Die Unsicherheit steigt
Der Aufwärtstrend bei den Rohstoffpreisen hat sich auch im Juni
fortgesetzt. Abhängig vom Index haben Rohstoffe mittlerweile eine
YTD -Performance von 25%–45% erreicht. Zwar denken wir, dass
der langfristige Trend auch weiterhin nach oben zeigt, dennoch raten
wir Investoren zu mehr Vorsicht bei direkten Rohstoffi nvestments.
Das Umfeld für Rohstoffe wird derzeit schwieriger. Das weltweite
Wirtschaftswachstum schwächt sich ab, und aufgrund hoher Infl ationsraten haben Zentralbanken weltweit damit begonnen, die Zinsen
zu erhöhen. Da Rohstoffe keine Zinsen oder Dividenden abwerfen,
machen höhere Zinsen eine Anlage in Rohstoffe weniger attraktiv.
Zudem gibt es politische Initiativen, um den Rohstoffpreisanstieg zu
begrenzen. Als Folge davon sollten Rohstoffi nvestoren in den nächsten Monaten mehr Volatilität und eine tiefere Rendite erwarten. tm
Das US -Handelsbilanzdefizit ist zwar jüngst gesunken,
aufgrund des tiefen Zinsniveaus in den USA sind es
aber vor allem ausländische Zentralbanken, die das Defizit
finanzieren – im 1. Quartal zu 100%. Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
%
120
100
80
60
40
20
0
–20
–40
03.00
03.01
03.02
03.03
03.04
03.05
03.06
03.07
03.08
Anteil des US Leistungsbilanzdefizits, welches durch ausländischen
offiziellen Sektor finanziert wird
Rohstoffe mit beeindruckender Performance seit
Jahresbeginn Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Index, January 2008 = 100
150
140
130
120
110
100
90
01.08
02.08
03.08
04.08
05.08
06.08
07.08
Dow Jones AIG Commodity Index CRB Index
S&P GSCI Commodity Index Rogers International Commodity Index
UBS Constant Maturity Commodity Index
Credit Suisse Bulletin 3/08
37
38
Credit Suisse Invest
Ausblick Schweiz
Die Indikatoren für die Schweizer Wirtschaft zeigen erste Anzeichen von Schwäche, wenngleich gerade das Exportwachstum deutlich von den Schwellenländern unterstützt wird. Auch der private Konsum dürfte robust bleiben, da
die Beschäftigungs- und Lohnentwicklung Impulse liefern. Sollte es zu deutlichen Lohnsteigerungen kommen, besteht
weiterhin das Risiko einer Zinserhöhung seitens der SNB . Wir halten den Schweizer Aktienmarkt für attraktiv,
da viele Unternehmen über Preissetzungsmacht verfügen, werden jedoch vorsichtiger. Der Schweizer Franken dürfte
schwach bleiben, da die Zinsdifferenz gegenüber dem Euro gestiegen ist.
Konjunktur
Privatkonsum gewinnt an
konjunktureller Bedeutung
Der Privatkonsum tritt aktuell als konjunkturelles Standbein stärker
hervor. Die privaten Konsumausgaben dürften 2008 das Vorjahresniveau um 1.9% übersteigen. Im kommenden Jahr ist mit einer weiterhin robusten, jedoch weniger schwungvollen Konsumkonjunktur zu
rechnen (+1.6%). Feste Umsatzaktivität und hohe Kundenfrequenz
im Detailhandel sind Zeugen der Konsumdynamik. Positive Impulse
kommen insbesondere von der Arbeitsmarktentwicklung. Die Beschäftigung steigt spürbar an. Zudem bleiben die Frühindikatoren
der Arbeitsnachfrage mehrheitlich freundlich. Die Arbeitslosenrate
sinkt auch 2008 weiter. In der Spitze ist ein Rückgang bis auf 2.3%
bzw. bis auf 2.6% im Jahresmittel 2008 wahrscheinlich. Auch setzt
die Lohn- und Gehaltsentwicklung konsumanregende Impulse. Die
Lohntüte dürfte 2008 so stark gefüllt werden wie seit sieben Jahren
nicht mehr. Das freundliche Konsumbild wird indes durch die aktuelle
Eintrübung der Konsumentenstimmung etwas relativiert. mn
Top-Thema
Die Euro 08 – ein Konjunkturturbo?
Aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist zu konstatieren, dass bei
einem Schweizer Bruttoinlandsprodukt ( BIP ) von knapp CHF 480
Mrd. der Effekt des sportlichen Grossanlasses Euro 08 zu klein ist,
um ihn von anderen makroökonomischen Vorgängen zu unterscheiden. Die positiven gesamtwirtschaftlichen Effekte dürften insgesamt
kaum nennenswert ausfallen und einen geringen Beitrag zum BIP in
der Höhe von maximal 0.1% – 0.2% im Sommerhalbjahr beisteuern.
Insgesamt dürften sich die positiven wirtschaftlichen Effekte auf
einzelne Branchen (v.a. Hotellerie, Restauration, Detailhandel) konzentrieren. Zudem regte die Euro 08 die Produktion öffentlicher
Güter an, im Einzelnen: Image, Erlebnisnutzen, kollektive Begeisterung. Dies hebt den individuellen Wohlstand der Schweizer Bevölkerung, und das zu einem Zeitpunkt, in dem konjunkturelle Unsicherheit die Konsum- und Investitionsstimmung der privaten Haushalte
belastet. mn
Credit Suisse Bulletin 3/08
Early Birds der Arbeitsnachfrage weiter auf Nordkurs
Quelle: BFS, Jobpilot
Index
Index
400
1.10
350
1.08
300
1.06
250
1.04
200
1.02
150
1.00
100
0.98
50
0.96
0
Q1 1998
Q1 2000 Q1 2002 Q1 2004 Q1 2006 Q1 2008
Index der offenen Stellen (BfS) Jobpilot-Index
Indikator der Beschäftigungsaussichten (BfS)
Publicitas Index
Freundlicher Geschäftsgang im Detailhandel
Quelle: KOF
Index
60
50
40
30
20
10
0
–10
–20
–30
– 40
– 50
04.94
04.96
04.98
Geschäftsgang Detailhandel
04.00
04.02
04.04
04.06
Geschäftsgang Detailhandel
(glatte Komponente)
04.08
Credit Suisse Invest
Zinsen und Obligationen
Weiterhin unverändertes Zinsziel der SNB
Die SNB beliess den Leitzins im Juni unverändert. Zwar geht sie davon aus, dass die Infl ation 2008 deutlich höher ausfallen wird als
ursprünglich erwartet, doch die Abschwächung der Weltwirtschaft
dürfte mittelfristig zu einer Entlastung führen. Allerdings zeigen sich
nun erste Anzeichen von Überhitzung am Arbeitsmarkt. Die Lohnstückkosten steigen stark an, und dies beinhaltet das Risiko einer
dauerhaft höheren Infl ation. SNB -Direktor Thomas Jordan betonte,
dass die SNB mit einer Zinserhöhung reagieren müsse, falls die
Gewerkschaften einen vollen Ausgleich der Teuerung durchsetzen
könnten. Eine Zinserhöhung im September erscheint somit denkbar.
Der Geldmarkt preist derzeit sogar drei Zinserhöhungen ein, was
unserer Ansicht nach jedoch überzogen ist. Daher besteht leichtes
Abwärtspotenzial bei den Anleihenrenditen. mt
Ein starker Anstieg der Lohnstückkosten birgt Risiken für
die Preisstabilität. Eine Zinserhöhung der SNB im September
bleibt daher eine Option. Quellen: Datastream, Credit Suisse
YoY %-change
YoY %-change
12
1.6
10
1.4
8
1.2
6
4
1
2
0.8
0
0.6
–2
0.4
–4
0.2
–6
0
–8
06.98
Defensive Sektoren bevorzugen
Im Vergleich zu den übrigen europäischen Aktienmärkten sind wir
langfristig gegenüber Schweizer Aktien weiterhin positiv eingestellt.
Hiesige Blue Chips sind attraktiv bewertet, profi tieren von einer unvermindert starken Nachfrage aus den Schwellenländern und einem
tiefen Schweizer Franken. Zudem verfügen zahlreiche Schweizer
Unternehmen dank ihrem guten Image und dem hohen Qualitätsstandard ihrer Produkte über eine starke Preissetzungsmacht. Dies
erlaubt es ihnen, steigende Rohstoffkosten über Preiserhöhungen
an ihre Kunden weiterzugeben. Gegenüber den nach wie vor herrschenden Unsicherheiten an den globalen Aktienmärkten sind jedoch
auch Schweizer Aktien nicht immun, weshalb wir vorwiegend
Engagements in defensiven Sektoren wie z. B. Pharma und Telekom
empfehlen. db
06.02
06.00
Lohnstückkosten
Aktienmarkt
39
06.04
06.06
06.08
Kerninflation (3M Durchschnitt)
Der Swiss Leader Index, der die 30 liquidesten
Schweizer Aktien abbildet, verlor seit Jahresbeginn 21%
(per 14.07.2008). Quelle: Credit Suisse, Bloomberg
SLI Index performance seit Jahresanfang
1300
1250
1200
1150
1100
1050
1000
17.1.08
Währungen
Franken im Spannungsfeld
von Zinsen und Volatilität
Derzeit handelt der Schweizer Franken (CHF ) zum Euro ( EUR ) weiterhin auf historisch hohen Niveaus. Langfristige Modelle wie z. B.
die Kaufkraftparität zeigen, dass der EUR deutlich überbewertet ist.
Kurzfristig stellen jedoch die Zinsdifferenz sowie die Volatilität die
Haupteinfl ussgrössen dar. Diese beiden Einfl ussgrössen wirken derzeit in entgegengesetzte Richtungen. Der Zinsnachteil des CHF zum
EUR ist weiterhin sehr hoch, was den EUR unterstützt. Diese Zinsdifferenz dürfte sich erst auf zwölf Monate leicht einengen, weshalb
wir längerfristig eine Erstarkung des Frankens erwarten. Die höhere
Volatilität ist positiv für den CHF. Unter Berücksichtigung der
Volatilität ist die Attraktivität des CHF als Finanzierungswährung für
Carry Trades deshalb markant tiefer als noch 2007. Dies spricht unserer Meinung nach für ein Kursniveau um die EUR/CHF 1.60 im
Dreimonatshorizont. mh
14.2.08
13.3.08
10.4.08
8.5.08
5.6.08
3.7.08
Wenn man den Zinsvorteil des EUR in das Verhältnis zur
Volatilität (risikobereinigte Zinsdifferenz) setzt,
ist der EUR weit weniger attraktiv als noch im 2007
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
EUR/CHF
in %
1.68
0.60
1.66
0.55
0.50
1.64
0.45
1.62
0.40
1.60
0.35
1.58
0.30
1.56
0.25
0.20
1.54
01.07
05.07
EUR/CHF Wechselkurs
09.07
11.07
Carry (EUR 3-Monats-Libor dividiert durch
implizite Volatilität EUR/CHF 3 Monate)
Credit Suisse Bulletin 3/08
40
Credit Suisse Invest
Überblick Prognosen 15. Juli 2008
Aktien und Rohstoffe: Ausgewählte Indices
Reales BIP -Wachstum in %
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Auswahl
Kurs
YTD
Ausblick
3M
12 M Ziele
CH
2007
2008 E
2009 E
3.2
1.9
1.6
S&P 500
1’228.30
–16.3 %

1’350
EWU
2.7
1. 7
1.3
SMI
6’573 .15
–22.5 %

8’400
USA
2.9
1.2
1.6
FTSE-100
5’233.50
–18.9 %

6’000
GB
2.8
1.8
1.5
Euro Stoxx 50
3’167.39
–28.0 %

3’500
Japan
2.2
1.3
2.0
12’754.56
–16.7 %

15’000
Gold
978.95
19.9%

1’000
Öl
145.42
41.9%

125
457.896
11.63%

465
2007
2008 E
2009 E
CH
1.1
2.2
1.4
EWU
2.2
3 .7
2.5
USA
3.2
4.5
3.0
GB
2.3
3.2
2.4
Japan
0.3
2.0
1.6
Nikkei 225
Dow Jones AIG
Commodity Index
Devisen ( Wechselkurse)
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
USD/CHF
15. 7. 2008
3M
12 M
1.01

0.99 – 1.03
EUR/CHF
1.61

1.54 – 1.58
JPY/CHF
0.96

0.99 – 1.03
EUR/USD
1.59

1.52 – 1.56
USD/JPY
105

98 – 102
EUR/JPY
167

152 – 156
EUR/GBP
0.79

0.82 – 0.84
GBP/USD
2.01

1.85 – 1.89
EUR/SEK
9.48

8.95 – 9.15
EUR/NOK
8.03

7.40 – 7.60
AUD/USD
0.98

0.88 – 0.92
NZD/USD
0.77

0.68 – 0.72
USD/CAD
1.00

0.98 – 1.02
Schweizer Wirtschaft ( Veränderung gegenüber Vorjahr in %)
Quelle: Credit Suisse
2007
2008 E
2009 E
Bruttoinlandprodukt (real)
3.1
1.9
1.6
Privater Konsum
2.1
1.9
1.6
Öffentlicher Konsum
0.1
0.2
0.3
Ausrüstungsinvestitionen
7.2
3.7
1.6
–2.9
– 3.1
–2.2
Exporte
9.9
3.5
3.5
Importe
5.2
2.5
3.8
Bauinvestitionen
Beschäftigung
2.7
1.6
0.5
Arbeitslosenquote (%)
2.8
2.6
2.7
Credit Suisse Bulletin 3/08
Inflation in %
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Kurzfristzinsen 3M -Libor
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
15. 7. 2008
3M
12 M
CHF
2.80

2.9 – 3.1
EUR
4.96

4.6 – 4.8
USD
2.79

3.1– 3.3
GBP
5.82

4.8 – 5.0
JPY
0.92

0.7 – 0.9
Rendite 10-j. Staatsanleihen
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
15. 7. 2008
3M
12 M
CHF
3.09

2.9 – 3.1
EUR
4.39

4.6 – 4.8
USD
3.82

3.1 – 3.3
GBP
4.86

4.8 – 5.0
JPY
1.56

1.7 – 1.9
Credit Suisse Invest
41
Wichtige Information
Die Informationen und Meinungen in diesem Bericht wurden von Credit Suisse per angegebenem Datum erstellt und können sich ohne
vorherige Mitteilung ändern. Der Bericht wurde einzig zu Informationszwecken publiziert und ist weder ein Angebot noch eine Auf forderung
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fi nanziellen Situation oder der Bedürfnisse eines bestimmten Anlegers erstellt. Der Bericht enthält keinerlei Empfehlungen rechtlicher Natur
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gerichtete Empfehlung dar. Verweise auf frühere Entwicklungen sind nicht unbedingt mass gebend für künftige Ergebnisse.
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Impressum Invest
Herausgeber Credit Suisse, Postfach 2, 8070 Zürich Redaktion Martin Neff (mn), Dr. Anja Hochberg (ah), Marcus Hettinger (mh), Tobias Merath (tm), David Brönnimann (db), Fabian Heller (fh),
Hervé Prettre (hp), Thomas Herrmann (th) Marketing Veronica Zimnic E-Mail [email protected] Internet www.credit-suisse.com/infocus Inserate Pauletto Gmbh, Miriam Dudek,
Kleinstrasse 16, 8008 Zürich, Telefon und Fax +41 43 268 54 56 Druck NZZ Fretz AG Nachdruck gestattet mit dem Hinweis « Aus dem Bulletin der Credit Suisse»
Credit Suisse Bulletin 3/08
42
Credit Suisse Invest
Investment Focus
Das Investment Focus ist eine thematische Publikation basierend auf Ideen der Credit Suisse Research Abteilung.
Neben den wichtigsten Fakten zu attraktiven Investmentthemen wird diese Präsentation durch die Vorstellung von passenden
Anlagelösungen ergänzt.
Unterschätzte Ressource
Water
Boomender Luxusgütermarkt
Luxury
Natürliche Ressourcen, einst frei verfügbar, Die Anzahl reicher Menschen steigt stetig an
werden je länger je mehr zu knappen, ja so- und Wohlstand ist zu etwas geworden, was
gar zu Luxusgütern.
nun für eine breitere Bevölkerungsschicht erTrinkwasserreserven beispielsweise ver- reichbar wird. Luxus bezeichnet etwas das
ringern sich zusehends. Grösstenteils lässt über das übliche Mass (den Standard) hinsich dies auf den verschwenderischen Ver- ausgeht und ist für einige erstrebenswert,
brauch natürlicher Reserven zurückführen nicht aber erreichbar, für andere jedoch eine
(im selben Zeitraum, in dem sich die Weltbe- Möglichkeit seinen Erfolg auszudrücken.
völkerung verdoppelt hat, ist der WasserverEin Schlüsselaspekt einer Luxusmarke ist
brauch auf das Vierfache angestiegen). An- das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer grossderseits führt auch die globale Erwärmung artigen, wertvollen Tradition. Alter und eine
zum Abschmelzen der Gletscher (welche ei- «Story» sind Voraussetzungen für die Schafnen Anteil von 69% aller Süsswasserreser- fung einer solchen Marke und genau diese
schaffen Markteintrittsbarrieren.
ven ausmachen).
Es müssen beträchtliche Investitionen in
Es gibt einige Möglichkeiten wie sie in
die Wasserversorgungsinfrastruktur getätigt diesen Markt investieren können über die sie
werden um den Wasserverbrauch sparsamer mehr im Investment Focus Luxury erfahren
und effi zienter zu machen. Davon wiederum können.
profi tieren ausgewählte Unternehmen. Lesen
Sie mehr über Investitionsmöglichkeiten im
Investment Focus Water.
Auf der Überholspur
Emerging Markets
Emerging Markets ( EM ) wurden lange Zeit
unterschätzt und von Investoren als zu riskant
eingestuft. Das Bild der EM s hat sich in den
letzten Jahren jedoch drastisch geändert, dies vor allem aufgrund der hohen Dynamik
dieser Länder.
EM s zeigen hohe Eigenkapitalrenditen
und starke makroökonomische Daten. Durch
politische Stabilität und eine vernünftige
Geld- und Konjunkturpolitik haben sie das
Vertrauen vieler Anleger gewonnen. Sie entkoppeln sich immer mehr vom Wirtschaftswachstum in den westlichen Ländern und
legen ein eigenes Tempo vor.
Im Investment Focus Emerging Markets
zeigen wir Ihnen die interessantesten Regionen und wie sie an deren Aufwärtstrend
partizipieren können.
Die Credit Suisse bietet eine breite Palette an Anlagelösungen wie
Strukturierte Produkte, Alternative Anlagen, Foreign Exchange
Produkte und Mutual Funds zu diesen und weiteren Themen an.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Ihren persönlichen
Kunden berater oder an untenstehenden Kontakt.
Kontakt Maria Dolores Lamas, Managing Director, Head of Financial
Products & Investment Advisory
Telefon +41 44 333 31 22
E-Mail [email protected]
Internet www.credit-suisse.com/structuredproducts
Intranet http://buffet.csintra.net/focus
Credit Suisse Bulletin 3/08
Credit Suisse Wirtschaft
43
Wissenswert Aus dem ABC der Finanzwelt
Waves and Ripples
Kurzfristige Marktbewegungen
und ihre Auswirkungen
Shark Watchers
Fotos: Walter Bibikow, Getty Images | Yellow Dog Productions, Getty Images | Getty Images | Steven Puetzer, Prisma
Firmen, die An- und Verkäufe
von Aktien beobachten
Flipper
Investoren, die auf schnelle
Gewinne setzen
In der Finanzwelt gibt es viele Metaphern, die auf das Meer zurückgehen. Sie wurden
in den Dreissigerjahren von Robert Rhea, einem der ersten Marktanalysten, geprägt.
Langfristige Marktbewegungen werden zum Beispiel als «Tides» (Gezeiten) bezeichnet
und die tägliche Bewegung des Marktes als «Wave» (Welle). Investoren, die sich täglich
mit dem Markt beschäftigen, beobachten also die täglichen Wellen des Marktes.
Kurzfristige Marktbewegungen werden «Ripples» genannt. Man könnte den Ausdruck
als Kräuselung oder Wellung übersetzen, doch ein Ripple kann mehr sein als ein Kräuseln des Wassers. Wie bei einem ins Wasser geworfenen Stein, der weite Ringe an
der Wasseroberfl äche ziehen kann, können einzelne Ereignisse weitreichende Konsequenzen haben. Solche Konsequenzen nennt man «Ripple Effects». Ein aktuelles Beispiel
ist die Subprime-Krise. Das Geschehen in den USA hat weltweit Ripple Effects zur
Folge gehabt. Auch die momentan ansteigenden Konsumgüterpreise sind ein Ripple
Effect der teureren Rohstoffe. jbo
«Whale Watching» ist ein bekannter Sport tierliebender Abenteurer. Analog gibt es
natürlich auch ein «Shark Watching», das es Haifreunden erlaubt, ihre Lieblinge zu beobachten. Aber hier geht es nicht um eine Tour hinaus aufs Meer. Die Haifi sch-Metapher
ist in der Finanzwelt weit verbreitet. So gibt es neben «Finanzhaien» auch «Haifi schBeobachter », Shark Watchers. Das sind Firmen, die den Handel mit Aktien beobachten.
Sie verfolgen die Bewegungen der Aktie ihres Kunden im Markt und analysieren die
An- und Verkäufe dieser Aktie. Ziel ist es, Parteien zu identifi zieren, die Aktien anhäufen,
um so eine unerwünschte Übernahme möglichst schnell zu erkennen. Das ermöglicht
dem Kunden eine rechtzeitige Abwehr.
Zur Abwehr gibt es spezifi sche Massnahmen, die man Shark Repellents, also Haifi schabwehr, nennt. Beispiele für solche Abwehrmethoden sind «Safe Harbour»-Strategien. Hierbei kann sich zum Beispiel eine Firma A, die fi nanziell nicht gut genug dasteht,
um einen nötigen Kredit aufnehmen zu können, mit der Firma B zusammentun, die besser
gestellt ist. B nimmt also den Kredit auf, leiht ihn an A weiter und kann gleichzeitig von
einer Steuererleichterung profi tieren. Trotz der guten Absicht, die hinter Shark Repellents
steckt, sind diese nicht immer erfolgreich, da sie zur Schwächung eines Unternehmens
führen können. jbo
Wir erinnern uns: Flipper war der freundliche Delfi n, der in den Siebzigerjahren die Kinder
vor den Bildschirm lockte. Die Flipper der Finanzwelt sind nicht so freundlich. Flipper
sind Händler, die den schnellen Gewinn suchen. Sie halten eine Aktie oft nur kurz, zwischen 24 und 48 Stunden, oder handeln mit IPO -Aktien bereits vor dem Börsengang,
um selbst dann Gewinne zu erzielen, wenn die Aktie noch Startschwierigkeiten hat.
Flipper sind durch ihren täglichen Einsatz sehr anfällig auf kurzfristige Marktbewegungen.
Sie können an einem Tag ein Vermögen machen und es am nächsten wieder verlieren.
Ihre Strategie ist das Gegenteil derjenigen von Warren Buffett. Sie beobachten eine
Aktie nicht über Jahre und investieren dann langfristig. Sie zeichnen sich eher durch
Spekulationen auf schnelle Gewinne aus.
Obgleich Hollywood den Unterhaltungswert von Flippern erkannt hat und mit deren
Darstellung in Filmen immer wieder die Kassen füllt, verlieren die Flipper in der wirklichen
Welt meist mehr, als sie gewinnen. So haben sie mit unserem nassen Serien-Freund vor
allem Folgendes gemeinsam: Sie sind schnell, tauchen überall da auf, wo etwas läuft,
und machen nebst bemerkenswerten Saltos nicht selten grandiose Bauchlandungen. jbo
Credit Suisse Bulletin 3/08
44
Wirtschaft KMU
Wird Wissen trotz
Datenflut knapp?
Wissen
Informationen
Daten
Erkennen/Erfahren von Muster
Erkennen/Erfahren von Zusammenhang
Credit Suisse Bulletin 3/08
Wirtschaft KMU
In der modernen Wissensgesellschaft wird Wissen immer mehr zur zentralen
Ressource der Wirtschaft und zu einer Grundlage des Zusammenlebens.
Das bestätigt auch die diesjährige KMU -Umfrage der Credit Suisse, die ganz im
Zeichen des Megatrends Wissensgesellschaft steht.
Text: Christian Etzensperger und Claude Maurer, Credit Suisse Economic Research
Historisch unterscheidet man anhand des
dominanten Produktionsfaktors zwischen
Agrar-, Industrie - und Wissensgesellschaft.
In der Agrargesellschaft war der Boden die
dominante Ressource. Er blieb es bis weit
ins 19. Jahrhundert hinein. Die darauffolgende Industriegesellschaft fusste anfangs
auf dem Faktor Arbeit. Als die Arbeitskräfte
knapp wurden, substituierte man sie sukzessive durch Maschinen, für deren Antrieb
man natürliche Ressourcen einsetzte. In
der Schweiz wurde man bezüglich Bodenschätzen kaum fündig. Dank gutem Bildungs sys tem ( Volksschule, Hochschulen,
Berufslehre) war hingegen die Ressource
Humankapital nicht knapp.
gesellschaft: Die Welt ist unübersichtlich
geworden.
Trotz der Datenflut ist Wissen eine knappe Ressource geblieben. Der Kontrast zwischen Datenflut und knappem Wissen wirkt
nur auf den ersten Blick paradox. Rohe
Daten sind eine blosse Ansammlung von
Symbolen, eine a priori sinnleere Flut von
Einsen und Nullen. Diese Daten müssen zuerst in einen Zusammenhang gebracht werden, womit sie zu Informationen werden.
Auch Informationen sind keineswegs
knapp. Informationsfirmen wie Bloomberg
oder Reuters speisen sie unablässig in ihre
Kanäle ein. Unzählige Informationen werden
täglich bekannt gegeben, übermittelt, gedruckt, hochgeladen oder präsentiert. Wissen ist aber nicht gleich der Summe solcher
Informationshäppchen.
Hartes und weiches Wissen
Wissen impliziert nämlich stets die Fähigkeit,
eine Prognose zu machen, also eine Aussage, die über das hinausgeht, was in einer
Information schon steht. Wissen beinhaltet
also das Erkennen von Mustern und Gesetzmässigkeiten. Weiter können hartes,
fakti sches Wissen und weiches, auf Erfahrung beruhendes Wissen unterschieden
werden. Hartes Wissen kann formuliert >
Standardisierung von Dienstleistungen
Wie beurteilen Sie den Ausbildungsstand Ihrer Mitarbeitenden?
Deshalb setzte die Tertiarisierung, der Wandel von der Industrie - über die Dienst leistungs- zur Wissensgesellschaft, hierzulande
früh ein. Einerseits wurden Dienst leistungen
im Vergleich zu Produkten immer wichtiger.
Auch wurden Produkte zunehmend von
Dienstleistungspaketen begleitet, die mehr
Wertschöpfung generierten als die Produkte
selbst. Andererseits wurden Dienst leis tungen technologischer. Unter steigendem Kostendruck setzte die Standardisierung und
Automatisierung von Dienstleistungen ein,
was die Wissensintensität auch erhöhte.
Kennzeichnendes Merkmal der Wissensgesellschaft ist eine noch nie dagewesene
Datenflut. Gibt man bei Google beispielsweise «Wissen» ein, erscheinen mehr als
100 Millionen Einträge. Würde ein Erwerbstätiger pro Sekunde seiner Arbeitszeit jeweils die Information eines Eintrags erfassen, so wäre er damit über 20 Jahre lang
beschäftigt. Wie viele zusätzliche Einträge
bis dann bestünden, ist kaum abzuschätzen.
Auch dies ist bezeichnend für die Wissens-
Fast 80 Prozent der KMU erachten den Ausbildungsgrad ihrer Mitarbeitenden als gut
oder sogar sehr gut. Quelle: Credit Suisse Economic Research KMU-Umfrage 2008
20% Sehr gut ausgebildet
3% Weiss nicht /Keine Angabe
57% Gut ausgebildet
2% Ungenügend ausgebildet
18% Genügend ausgebildet
Wer ist in Ihrem Unternehmen zuständig für Innovationen?
Innovation ist Chefsache: 84 Prozent der Befragten siedelten die Wissensentstehung
bei der Direktion an. Quelle: Credit Suisse Economic Research KMU-Umfrage 2008
Geschäftsleitung
Mitarbeitende
Projektleiter/Abteilungschef
Keine spezielle Person/Instanz
Eine spezielle Abteilung
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Credit Suisse Bulletin 3/08
45
46
Wirtschaft KMU
Chancen und Risiken der Megatrends
Erachtete 2007 noch eine Mehrheit die Globalisierung als Risiko, überwiegen heute
die positiven Stimmen. Quelle: Credit Suisse Economic Research KMU-Umfrage 2008
Technologie
Wissensgesellschaft
Wertewandel
Konsequenzen für die Unternehmen
Globalisierung
Demografie
Ressourcenknappheit
0%
 eher Chancen
10%
 weder noch
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
 eher Risiken
Hitparade der Megatrends Die Megatrends der Zukunft bergen für die
kleinen und mittleren Unternehmen ( KMU ) mehr Chancen als Risiken.
Dies zeigt die diesjährige Umfrage der Credit Suisse unter knapp
1600 KMU. Der Optimismus ist mit der Hochkonjunktur leicht gestiegen.
52 Prozent ( Vorjahr: 48 Prozent) der KMU bewerten die Auswirkungen
der sechs Megatrends (technologischer Fortschritt, Wissensgesellschaft, Wertewandel, Globalisierung, Demografie und Ressourcenknappheit) zusammengenommen als chancenreich. Für knapp
25 Prozent (Vorjahr: 29 Prozent) überwiegen die Risiken. Dies ergibt
einen Überhang (Chancen minus Risiken) an optimistischen Antworten
von 27 Prozent ( Vorjahr: +19 Prozent). Vor allem die Globalisierung
wird in der aktuellen Umfrage deutlich optimistischer eingeschätzt als
letztes Jahr. 2007 wurde sie noch überwiegend als Risiko gesehen;
2008 sind nun aber die Optimisten in der Überzahl. Die Tatsache,
dass viele Unternehmen angesichts des ausgetrockneten Schweizer
Arbeitsmarkts Personal nur im Ausland rekrutieren konnten, dürfte
diesen Stimmungsaufschwung mit beeinflusst haben. Pessimistischer
eingeschätzt als 2007 wird einzig die Ressourcenknappheit. Für
dieses Verdikt dürfte hauptsächlich die Rohstoffpreisentwicklung
verantwortlich sein.
Als am chancenreichsten wird der technologische Fortschritt eingeschätzt. Beinahe 80 Prozent der KMU stimmt er optimistisch.
Auch in der Wissensgesellschaft – dem diesjährigen Schwerpunktthema – erkennen die KMU überwiegend Chancen. Der Überhang
an zuversichtlichen KMU beträgt beinahe zwei Drittel. In der Tat spricht
einiges für diesen Optimismus, wie Sie der Studie entnehmen
können. Ebenfalls als wirtschaftlich positive Entwicklung werden der
facettenreiche Wertewandel sowie der Aufsteiger des Jahres 2008 –
die Globalisierung – taxiert. Hinsichtlich des Megatrends Demografie
halten sich Chancen und Risiken die Waage. Bezüglich der Ressourcenknappheit fallen die Umfrageergebnisse dagegen pessimistisch aus. Für eine Mehrheit der KMU überwiegen die Risiken bei
diesem Megatrend.
Credit Suisse Bulletin 3/08
und etwa in einer Betriebsanleitung niedergeschrieben werden. Damit ist es konservierbar und transportierbar und letztlich auf
eine andere Person übertragbar. Weiches
Wissen hingegen ist intuitiv und entzieht
sich der geschlossenen Form einer Anleitung oder eines Lehrbuches. Weiches
Wissen dreht sich ums Know- how, nicht
ums Know-what. Fahrradfahren ist ein anschauliches Beispiel hierfür.
Bevor das Internet zu einer Selbstverständlichkeit wurde, galten die Konzentration und
der einfachere Austausch von Infor matio nen
als eigentliche Begründung für die Exis tenz
der Unternehmung. Daten und Informationen waren knappe Güter, mit denen man in
abgeschotteten Forschungs- und Entwicklung sabteilungen ( F & E ) hantierte. Die damaligen Wissensarbeiter waren eine Elite in
weissen Kitteln, die das eingezäunte Gärtchen
ihrer Kompetenz sorgsam pflegten. Generierte
die Forschung eine gewinnversprechende Innovation, wurde diese wenn möglich mit einem
Patent vor Trittbrettfahrern geschützt. In der
Wissensgesellschaft, wo Wikipedia, Google,
Open Source und Time to Market längst Eingang in den Sprach gebrauch gefunden haben,
wirkt das (karikierte) F& E -Modell antiquiert.
Sicher ist, dass die Veränderung der Umwelt
Anpassungen innerhalb der Unternehmung
erfordert. Dank virtueller Vernetzung und
globaler Datenflut ist nicht mehr die Information an sich der Flaschenhals, sondern
ihre durch menschliche Intelligenz gefilterte
und aufbereitete Form, das Wissen. Innovationen in diesen Prozessen sind folglich die
künftigen Erfolgsfaktoren.
Für den Schritt in die Wissensökonomie
sind qualifizierte Arbeitskräfte zwingend. In
der Schweiz scheint diese Voraussetzung
erfüllt. Knapp vier von fünf KMU gaben in
der diesjährigen KMU -Umfrage an, dass
der Bildungsstand ihrer Mitarbeitenden, gemessen an deren Tätigkeit bzw. Funktion,
gut bis sehr gut ist. Arbeitskräfte sind aber
derzeit knapp. Auch hier ist das Verdikt eindeutig: 84 Prozent der KMU bekunden momentan Schwierigkeiten, eine freie Stelle
innert vernünftiger Frist zu besetzen. Beinahe die Hälfte bewertet diese Schwierigkeiten sogar als sehr gross.
Trotzdem stimmt der Megatrend Wissensgesellschaft die KMU optimistisch (siehe
Textbox). In der Tat spricht einiges für diesen
Optimismus. Das kapitalintensive F& E -Modell lag für die meisten KMU aufgrund der
fehlenden Finanzkraft immer schon ausser
Reichweite. Laut Umfrage können oder wollen sich nur drei Prozent der KMU eine spezielle Abteilung leisten. Die kurzen Wege in
der KMU und die Vernetzung erweisen sich
als Wettbewerbsvorteile in der modernen
Wissensgesellschaft. Die Umfrage zeigt
aber: Die KMU spielen ihre Vorteile nicht
genügend aus.
Laut Umfrage gilt die Wissensentstehung in den KMU als Chefsache. 84 Prozent
der Befragten äussern sich entsprechend.
Chefsache wird aber allzu wörtlich genommen. Nur 36 Prozent antworten, dass sie
die Mitarbeitenden in die Wissensentstehung einbeziehen ( Mehrfachnennungen
möglich). Es ergibt aber keinen Sinn, sich
ausschliesslich auf das Wissen Einzelner
abzustützen. Denn genauso wie im Internet
Informationen breit gestreut sind, verteilen
sich im Unternehmen Wissen und gute
Ideen über sämtliche Mitarbeitende. Die
Umfrage zeigt auch, dass die KMU eine zu
technologische Sicht der Innovationen haben. Das Potenzial der Prozessinnovationen
wird unterschätzt. Die Mehrheit der KMU
setzt auf Produktinnovationen, mehr als ein
Drittel sogar ausschliesslich.
design made in germany
Fazit: Know-how statt Know-what
Wissen wird nicht knapp. Allerdings hat es
sich auch nicht dramatisch vermehrt, wie die
Expansion des Internets und die digitale
Datenflut glauben machen könnten. Vielmehr hat die Datenflut traditionelle Strategien und Methoden der Wissensgewinnung
obsolet gemacht. Darauf müssen die Unternehmen reagieren. Den im Vergleich zu
Grosskonzernen agilen KMU dürfte dies
wenig Kopfzerbrechen bereiten. Dennoch
kann festgehalten werden, dass der bewusste Umgang mit der Ressource Wissen
noch wenig entwickelt ist. Besonders in
Bezug auf Prozessinnovationen sowie den
Einbezug aller Mitarbeitenden besteht unausgeschöpftes Potenzial. Deshalb will die
Credit Suisse am Schluss der Studie den
KMU mit konkreten Handlungsempfehlungen beratend zur Seite stehen. <
Die KMU -Umfrage wurde Ende Januar 2008
im Rahmen des «Forums Zukunft KMU »
lanciert. An der Umfrage nehmen sowohl
Kunden als auch Nichtkunden der Credit
Suisse teil. Die jährlich erscheinende
Publikation dazu finden Sie im Internet
unter www.credit -suisse.com/research
(Schweizer Wirtschaft /Branchen).
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48
Wirtschaft Island
Stürmische Zeiten
für Island
BIP
Credit Suisse Bulletin 3/08
Krónur
Wirtschaft Island
Island durchlebte in den vergangenen Jahren eine Achterbahnfahrt. Insbesondere in
den Jahren 2005 und 2006 liess die boomende Wirtschaft den Wohlstand und den
Konsum, aber auch die Nachfrage ausländischer Investoren nach isländischen Aktien
und Anleihen in die Höhe schiessen. Diesem Höhenflug setzte die internationale
Hypothekenkrise ein schmerzhaftes vorzeitiges Ende.
Text: Sven Schubert, FX Research, und Elena Guglielmin, Credit Research
Island zählt zu den reichsten Ländern der
Erde, wenn man das Bruttoinlandsprodukt
( BIP ) pro Kopf als Massstab nimmt. Schenkt
man dem Human Development Report Glauben, so ist Island sogar das Land mit der
höchsten Lebensqualität vor Schweden und
Norwegen. Islands Ratings, sei es für den
Sovereign selbst oder auch für Unternehmen, befinden sich auf Augenhöhe mit denen der industrialisierten Nachbarn. Demnach sollte kein Zweifel bestehen, dass Island zu den Industrienationen zu zählen ist.
Allerdings lassen isländische Anlagen in
den letzten Jahren andere Schlussfolgerungen zu. Seit dem Ausbruch der Hypothekenkrise im Juli 2007 haben lediglich der
Turkmenistan- Manat, der Guinea- Franc
und die Seychellen-Rupie eine schlechtere
Performance als die Isländische Krone aufzuweisen. Seitdem wertete die Krone gegenüber dem US -Dollar um insgesamt 21
Prozent ab.
Die Ergebnisse scheinen noch extremer,
führt man sich vor Augen, dass der US -Dollar gegenüber den meisten Währungen der
Welt selbst deutlich verloren hat, gegenüber
dem Euro und dem Schweizer Franken zirka
15 Prozent. Die isländische Wirtschaft verzeichnete in dieser Dekade eine Achterbahnfahrt mit durchschnittlich zwar hohen Wachstumsraten von zirka vier Prozent, jedoch
einer äusserst volatilen Inlandsnachfrage,
die in dieser Zeitspanne bereits zwei Kontraktionsphasen ( 2001 und 2007 ) durchlebt
hat. Die erhöhte Volatilität ist auf die stark
gestiegenen makroökonomischen Ungleichgewichte zurückzuführen. Die Wechselkursvolatilität steht dem in nichts nach und war
in den letzten Jahren sogar deutlich höher
als die vieler Emerging Markets.
Der isländische Wirtschaftsboom der
Jahre 2004/05 mit Wachstumsraten von
über sieben Prozent wurde von einem
starken Konsum – im Umfeld eines äusserst gezügelte Appetit internationaler Investoren
engen Arbeitsmarktes mit Arbeitslosenraten sorgten für eine starke Nachfrage nach
unter vier Prozent – angetrieben. Auch der Aktien und Anleihen. Insbesondere risikostarke Zustrom an ausländischen Arbeits- behaftete Anlagen wurden verstärkt gekräften konnte die Situation nicht entspan- sucht, da diese eine attraktive Risikoprämie
nen, da das Beschäftigungswachstum eben- aufwiesen. Neben der Hausse an den interfalls einen hohen Anstieg verzeichnete.
nationalen Aktienmärkten legte auch der
lokale Index OMX ICEX 15 zwischen 2003
Externe Faktoren erhöhten Verwundbarkeit
und dem Ausbruch der Hypothekenkrise um
Stark gestiegene Immobilienpreise – beein- stattliche 500 Prozent zu. Über den gesteiflusst durch niedrige Hypothekenzinssätze – gerten Wohlstand der in Aktien investierten
unterstützten den Konsum über eine Belei- Isländer war diese Entwicklung auch zuträghung zukünftiger Erträge ebenfalls. Neben lich für stärkeren Konsum.
Auch führten die Privatisierung und die
dem starken Konsum erfuhren Investitionen
starke Impulse. Atemberaubende Investiti- damit verbundene starke Expansion des
onsprojekte in den Aluminium- und Energie- isländischen Bankensektors zu einem deutsektor, die auch auf Kritik von Umweltschüt- lich besseren Zugang zu kreditfinanziertem
zern stiessen, wurden von der Regierung Konsum für private Haushalte. Insbesongenehmigt. Des Weiteren haben auch ex- dere Kredite in Fremdwährung erfreuten
terne Faktoren zu einem boomenden Kon- sich grösster Beliebtheit. Starke Kapitalzusum beigetragen. Die hohe Liquidität an den flüsse sorgten für eine signifikante Aufwerinternationalen Finanzmärkten und der un- tung der Krone von 27 Prozent zwischen >
Volatile Krone
Die Volatilität der Isländischen Krone war in den letzten Jahren höher als die vieler
Emerging Markets. Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Volatilität in %
30
25
Turbulenzen im isländischen
Bankenmarkt
Türkei-Krise
Brasilien-Krise
Herabstufung des
Island-Ratings
20
15
10
5
0
00
01
02
03
04
05
06
07
08
Durchschnitt Zentral- und Osteuropa Durchschnitt Lateinamerika
Isländische Krone Durchschnitt G10
Credit Suisse Bulletin 3/08
49
50
Wirtschaft Island
Isländische Banken Die ungünstigen Marktbedingungen des
vergangenen Jahres haben sich auf die isländischen Banken noch
negativer ausgewirkt als auf andere. Das liegt zum einen an ihrer
überwiegend auf das Grosskundengeschäft ausgerichteten Struktur,
vor allem jedoch an der schlechten Stimmung an den Märkten. Das
Bankensystem in Island ist durch eine starke Konzentration gekennzeichnet. Das Vermögen der drei grössten kommerziellen Banken
Kaupthing, Glitnir und Landsbanki macht zusammen knapp 90
Prozent des Gesamtvolumens aus. Doch scheint der Markt für Bankdienstleistungen übersättigt; eine Konsolidierung hat bisher
kaum stattgefunden. Das Geschäftsmodell der Grossbanken beruht
überwiegend auf dem Grosskundengeschäft. Das Handelseinkommen ist in den vergangenen zwei Quartalen aufgrund schwieriger Marktbedingungen zurückgegangen. Die grundlegenden
Gewinne aus dem Kerngeschäft der drei Banken zeigen aber weiterhin ein solides Wachstum; darüber hinaus haben die Institute ihre
Anlagenbasis verbreitert. Die Qualität der Anlagen ist solide, Risiken
aus dem Geschäft mit Subprimes und komplexen Paketen sind
vernachlässigbar. Die Expansion ins Ausland hat vor allem bei
Kaupthing die Einnahmendiversifizierung gefördert, wodurch das
Institut gut vor Marktschwankungen geschützt ist. Ausserdem
zeichnen sich die isländischen Banken durch hohe Kosteneffizienz
und eine solide Kapitalausstattung aus. Die Liquidität – im Grosskundengeschäft der entscheidende Faktor – ist bei den drei grössten
Banken solide bis hoch. Trotz ihrer insgesamt gesunden Grundlage
sind die isländischen Banken nervösen Reaktionen der Märkte
ausgesetzt, vor allem aufgrund der Befürchtung, die Institute
könnten angesichts ihrer dominierenden Grösse in der heimischen
Wirtschaft im Bedarfsfall nicht von der Regierung aufgefangen
werden. Inzwischen hat sich die Stimmung leicht gebessert, gleichzeitig hat die isländische Regierung begonnen, vorausschauender
auf die Ungleichgewichte in der heimischen Wirtschaft zu reagieren.
Anstieg der Volatilität. Der Auslöser ist an
ers ter Stelle bei makroökonomischen Ungleichgewichten zu suchen, die eine grosse
Angriffsfläche für externe Schocks bieten.
Das hohe Leistungsbilanzdefi zit von derzeit 15 Prozent wird vornehmlich über so
genannte Portfolioinvestitionen (Aktien- und
Anleihenzufl üsse) fi nanziert. Diese weisen
eine deutlich höhere Volatilität auf als Direktinvestitionen. Während Port folioinvestitionen
schnell liquidierbar sind und relativ sensibel
auf die Entwicklungen an den internationalen
und isländischen Finanzmärkten reagieren,
haben Nettodirektinvesti tionen ( NDI ) ein
strategisches Anlageziel. So fallen beispielsweise Mehrheitsbeteiligungen ausländischer
Investoren an isländischen Unternehmen sowie «Investitionen auf der grünen Wiese» in
diese Kategorie. NDI sind demnach nicht so
schnell liquidierbar und reagieren weniger
sensibel auf temporäre Veränderungen an
Finanzmärkten.
Der Auslöser für den erneuten Verfall der
Isländischen Krone seit Anfang 2008 ist
jedoch insbesondere im Zusammenhang
mit den Turbulenzen im isländischen Bankensektor zu suchen. Ausländische Banken
verlangen für Kredite an isländische Banken mittlerweile eine deutliche Risikoprämie, die dazu geführt hat, dass die Zinsdifferenz zwischen Island und dem Ausland
geschrumpft ist.
Keine Erholung der Krone vor 2009
2000 und 2005 und somit für eine Besser-
Effekt auf das Kreditwachstum vorerst bestellung der im Ausland verschuldeten Haus- schränkt, denn die Hypothekarkreditsätze
halte, was wiederum zu einem Anstieg des blieben im selben Zeitraum nahezu konstant.
Konsums und des real verfügbaren Einkom- Der stockende Transmissionsmechanismus
mens führte.
erklärt sich einerseits durch die Tatsache,
dass Hypothekenzinssätze in Island für eine
Stark betroffen von der Hypothekenkrise
deutlich längere Zeitperiode fixiert sind als
In den Jahren 2006 und 2007 zeigte die is- in vielen anderen Ländern. Anderseits sorgte
ländische Wirtschaft Anzeichen einer Über- der Wettkampf um Marktanteile zwischen
hitzung, die Infl ation stieg auf über neun Pro- den Privatbanken und dem staatlichen
zent. Zusätzlich stiegen die makroökono- Housing Financing Fund (HFF ) für anhaltend
mischen Ungleichgewichte der isländischen niedrige Zinsen.
In einem Umfeld überschüssiger LiquidiVolkswirtschaft. Der starke Konsum und die
grossen Investitionsprojekte sorgten in Kom- tät auf den internationalen Finanzmärkten
bination mit einer niedrigen isländischen Mitte der Dekade und hohem Risikoappetit
Sparquote für stark ansteigende Importe internationaler Investoren stellte sich die
und somit für ein steigendes Leistungsbilanz- Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits als
defizit, das auf internationalen Finanzmärk- relativ einfach dar. Der Ausbruch der Hypoten finanziert werden musste. Ende 2006 thekenkrise änderte jedoch die isländischen
erreichte das Defizit extreme 25 Prozent im Bedingungen deutlich und brachte die IslänVerhältnis zum BIP. Die Isländische Zentral- dische Krone und den Bankensektor einbank reagierte zwar und erhöhte den Leit- deutig unter Druck.
zinssatz seit 2004 um zirka zehn Prozent auf
Die Isländische Krone verzeichnete in
nunmehr 15,5 Prozent, allerdings blieb der den vergangenen Jahren einen enormen
Credit Suisse Bulletin 3/08
Um die Isländische Krone auf dem derzeitigen Niveau zu stabilisieren, könnten weitere Zinserhöhungen notwendig werden, gar
bis zu 20 Prozent. Positiv zu werten ist die
Tatsache, dass die Isländische Zentralbank
ihre Devisenreserven kürzlich deutlich aufgestockt hat. Skandinavische Zentralbanken haben ihr zusätzlich Kreditlinien eingeräumt. Dies hat sicherlich eine noch stärkere
Korrektur der Krone verhindert.
Entscheidend für eine Erholung der Krone wird jedoch die Entwicklung des isländischen Bankensektors sein. Die Liquiditätssituation der Banken muss durch die
Zentralbank weiter verbessert werden. Allerdings erwarten wir auch, dass erst dann
mit einer nachhaltigen Aufwertung gerechnet werden kann, wenn die Hypothekenkrise
keine Belastung mehr für die Finanzmärkte
darstellt und die isländische Wirtschaft über
eine anhaltend restriktive Geldpolitik verfügt, die die makroökonomischen Ungleichgewichte weiter reduziert. Damit ist allerdings nicht vor 2009/2010 zu rechnen. <
Bulletin plus –
zum Kulturengagement
der Credit Suisse
Der Klassiksommer erklingt in den schönsten Tönen. Beim gesellschaftlichen Engagement
der Credit Suisse spielt die klassische Musik seit der Gründung eine zentrale Rolle.
Vor rund 25 Jahren wurden die traditionellen Vergabungen mäzenatischen Charakters
durch eine konsequente Sponsoringtätigkeit ergänzt. In der Schweiz arbeitet die
Credit Suisse partnerschaftlich mit den wichtigsten Orchestern, Institutionen und Festivals
zusammen, nicht zuletzt in der Nachwuchsförderung. Seit 2006 wird diese Strategie
weltweit umgesetzt – mit erfreulichem Erfolg. Salzburger Festspiele, New York Philharmonic,
Bolshoi Theatre ... Bestellen Sie das Bulletin plus Klassische Musik und schenken Sie es
anderen Musikfreunden.
52
Wirtschaft Weltweite Inflation
Stärkere Inflation in den
Schwellenländern
Eine Tankfüllung oder Heizöllieferung kostet heute wesentlich mehr als noch vor ein
paar Monaten. In vielen Ländern werden Güter des täglichen Bedarfs, darunter
Nahrungsmittel, immer teurer. Das spiegelt sich in den weltweit steigenden Inflationsraten.
Ein Trend, der seinen Preis fordert – aber nicht überall den gleich hohen.
Europa
+6%
China
+22.1%
Text: Marcel Thieliant, Research Analyst, Zürich
Steigende Nahrungsmittel- und Energiepreise spiegeln die Entwicklung auf den
Weltmärkten wider und sind derzeit die treibenden Kräfte für die höhere Inflation. Nicht
nur der Ölpreis hat sich seit 2001 nahezu
versiebenfacht, auch die Weltmarktpreise
für Nahrungsmittel haben sich im gleichen
Zeitraum fast verdoppelt. In der Folge hat
sich die Inflation weltweit beschleunigt, insbesondere in Schwellenländern wie China
und Brasilien.
Credit Suisse Bulletin 3/08
Dort sind die Inflationsraten deutlich höher
als in den anderen Ländern, was teilweise
damit zu tun hat, dass die Konsumenten in
Schwellenländern einen höheren Anteil ihres
Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben
als in hoch entwickelten Ländern. In China
stiegen die Nahrungsmittelpreise im April
gegenüber dem Vorjahr um 22,1 Prozent,
verglichen mit nur 6 Prozent im Euroraum.
Dies lässt sich damit erklären, dass die
Preise des Nahrungsmitteleinzelhandels
auch von anderen Faktoren abhängen; hierzu gehören etwa die Miete des Geschäftslokals, die Löhne der Angestellten oder jene
der Fabrikangestellten. Weil die Löhne und
Mieten in den Industrieländern einen grösseren Einfluss auf die Nahrungsmittelpreise
haben, sind die Preise des Nahrungsmitteleinzelhandels im Euroraum weniger stark
gestiegen als die weltweiten Preise.
Die Spekulation wurde als Grund für den
steilen Anstieg der Nahrungsmittelpreise
Wirtschaft Weltweite Inflation
angeführt, aber im Wesentlichen liegen den
Preissteigerungen fundamentale Faktoren
zugrunde. Auf der Nachfrageseite haben
die Konsumenten in den Schwellenländern
mit zunehmendem Wohlstand ihre Ernährungsgewohnheiten geändert. Der Durchschnittsverbrauch an Fleisch, dessen Produktion besonders viel Getreide und Wasser
beansprucht, hat in den Schwellenländern
rasant zugenommen.
Auf der Angebotsseite verzeichneten
mehrere Kulturpflanzen in den letzten Jahren
stagnierende oder sogar rückläufige Ernten,
was teilweise auf Klimaänderungen zurückzuführen ist. Historisch gesehen folgen die
Inlandspreise für Nahrungsmittel nicht immer den weltweiten Preisschwankungen.
Das liegt zum Teil an regulatorischen Verzerrungen wie Subventionen und Zöllen sowie der damit verbundenen Abschottung der
inländischen Nahrungsmittelpreise von der
Entwicklung auf den Weltmärkten. Dennoch
war der zuletzt starke Anstieg der weltweiten Nahrungsmittelpreise in den meisten
Ländern mit einer deutlichen Zunahme der
Nahrungsmittelinflation verbunden.
Die höheren Ölpreise lassen sich weitgehend mit einer nach wie vor robusten Konjunktur in vielen Schwellenländern erklären,
auch wenn sich das Wachstum in den USA
und anderen Industrieländern verlangsamt
hat. Die trotz markant gestiegener Preise
starke Nachfrage aus den Schwellenländern
ist zumindest teilweise darauf zurückzuführen, dass viele Entwicklungsländer versucht
haben, die Inlandspreise durch Subventionen
nach oben zu begrenzen, um ihre Volkswirtschaften vor der Entwicklung auf den internationalen Energiemärkten abzuschirmen. In
China beispielsweise haben sich die Benzinpreise seit 2000 nur verdoppelt, während sie
in den USA fast um das Dreifache gestiegen
sind. Die Ölnachfrage dürfte sich abschwächen, sobald sich die Konsumenten anstelle
von künstlich tief gehaltenen Inlandspreisen
mit Preisen konfrontiert sehen, die näher am
Weltmarktniveau liegen. Dies sollte überdies
helfen, das Nachfragewachstum einzudämmen und weitere Preisanstiege zumindest
kurzfristig zu begrenzen.
Andererseits sind die Bedenken hinsichtlich der Vorräte wie schon bei den Nahrungsmitteln in jüngster Zeit gewachsen. Die Internationale Energieagentur (IEA ) hat angedeutet, dass sie ihre langfristigen
Vor ratsprognosen nach unten korrigieren
werde, was in den letzten Wochen zu einer
markanten Neubewertung der langfristigen
Preiserwartungen geführt hat. Die steigende
Inflation hat die Kaufkraft amerikanischer
Konsumenten bereits gesenkt. So gaben
die Konsumenten in den USA im ersten
Quartal beispielsweise 109 Milliarden Dollar
für Benzin aus. Dies entspricht einer Zunahme von rund 30 Prozent gegenüber dem
Vorjahreszeitraum. Die steigen de Inflation
hat auch negative Auswirkungen auf die Gewinne der Unternehmen, sofern diese die
höheren Faktorkosten nicht weitergeben
können. Insbesondere in den USA , wo sich
die Inlandsnachfrage momentan abschwächt,
bekunden die Unternehmen Mühe, ihre Preise zu erhöhen.
Ein weiteres Risiko besteht darin, dass
eine höhere Inflation zu höheren Inflationserwartungen und somit zu Lohnerhöhungen
führt. Aus höheren Löhnen könnten wiederum höhere Preise resultieren, falls die Unternehmen versuchen, ihre Gewinnmargen
zu wahren. Im Extremfall entsteht daraus
eine Lohn-Preis-Spirale.
Es gibt mehrere Gründe, weshalb das
Risiko einer länger anhaltenden Inflation in
den Schwellenländern grösser ist. Die Löhne sind nach wie vor niedrig, und oft mangelt
es an qualifiziertem Personal. Demgegenüber sehen sich Arbeitnehmer in den Industrieländern weiterhin einem internationalen
Wettbewerb ausgesetzt, was ihre Lohnforderungen begrenzen dürfte. Ausserdem haben
sie in den letzten Jahren von einer stabilen
Inflation auf niedrigem Niveau profitiert.
Viele werden deshalb die zurzeit hohen Inflationsraten als vorübergehendes Phänomen erachten, das die Realeinkommen zwar
kurzfristig schmälern wird, aber schon bald
wieder nachlassen könnte.
Demgegenüber haben die Konsumenten
in den Schwellenländern in jüngster Zeit immer wieder Phasen hoher Inflation erlebt
und dürften deshalb befürchten, dass diese
zurückkehren. Nahrungsmittel machen einen beträchtlichen Anteil am Warenkorb
von armen Konsumenten in den Schwellenländern aus, weshalb der steile Anstieg der
Nahrungsmittelpreise zu einer existenziellen
Bedrohung werden kann. Aus diesem Grund
dürften die Arbeitnehmer in den Schwellenländern hartnäckiger Lohnerhöhungen fordern als in den Industrieländern.
Viele Unternehmen in den Industrieländern haben die Preise ihrer Produkte zwar
angehoben, um den höheren Faktorkosten
Rechnung zu tragen, aber die meisten konnten diese Kostensteigerungen wegen der
rückläufigen Nachfrage nicht vollumfänglich
weitergeben. In den meisten Schwellenländern bleibt der Konsum dagegen robust,
und viele Unternehmen arbeiten an der
Kapazitätsgrenze. Ihnen bieten sich daher
mehr Anreize und Möglichkeiten, die Preise
zu erhöhen. <
Schwellenländer tragen die Hauptlast
Höhere Nahrungsmittelpreise bergen grössere Risiken für Schwellenländer,
da die Bevölkerung ärmer ist und ein grösserer Anteil der Ausgaben auf Nahrungsmittel entfällt. Quelle: World Bank, inländische Quellen, Credit Suisse
Philippinen
Vietnam*
Thailand*
China
Malaysia*
Indonesien
Südafrika
Brasilien
Euroraum
Indien
USA
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
50%
 Gewichtung von Nahrungsmitteln im Konsumentenpreisindex ( KPI )
 Bevölkerung mit weniger als 1 Dollar pro Tag in % der Gesamtbevölkerung
(* unter 2%)
Credit Suisse Bulletin 3/08
53
Wirtschaft Digitale Deflation
Mehr fürs Geld dank
digitaler Deflation
Während die Preise der meisten Rohstoffe steigen, sinken die Kosten des vielleicht
wichtigsten Rohstoffs – Information – rapide. Dieses Phänomen wird als digitale Deflation
bezeichnet, eine Entwicklung, die deflationären Technologien eigen ist.
Text: Steven Soranno, Equity Research Analyst, New York
Digitale Bits sind für die Wirtschaft, was
Nanopartikel für die Physik sind. Schrumpft
Materie grössenmässig unter die «Nano schwelle», ändern sich die Grundregeln der
Physik. Einer wirtschaftlichen Grundregel
zufolge können die Unternehmen für verbesserte Produkte höhere Preise verlangen,
weil die Konsumenten diesen einen höheren
Wert zuschreiben. Aber Produkte, die mit
der Digitalisierung in Berührung kommen,
sinken im Preis, obwohl sie qualitativ besser
werden. Ein Leitsatz der Informationstechnologie, das Moore’sche Gesetz, besagt,
dass sich der Preis von Computer- oder
Halbleiterleistung etwa alle 18 Monate halbiert, was erstaunlicherweise noch immer
Gültigkeit hat. Der Preis für die Speicherung
Credit Suisse Bulletin 3/08
und Übertragung/Bandbreite von Information sinkt dennoch viel schneller.
Nehmen wir ein Beispiel neueren Datums: Das iPhone debütierte 2007 für 599
Dollar. In diesem Jahr folgte ein erheblich
verbessertes Modell – zu einem Drittel des
Preises. Hatte sich Apple beim Preis für das
erste iPhone gründlich verkalkuliert ? Nein.
Das Unternehmen schuf mit dem Anfangsmodell vielmehr eine neue Produktkategorie,
indem es Geräte für den Telefonmarkt produzierte, diese aber weiterentwickelte und
damit im Wesentlichen den Mobildatenmarkt
auf baute. Im neuen Markt wird Mehrwert
durch Dienstleistungen geschaffen, die über
das digitale Netz bereitgestellt werden.
Apple versucht das Gerät möglichst preis-
wert unter möglichst viele Nutzer auf der
ganzen Welt zu bringen. Man verkaufe die
margenstarken Rasierklingen und ver scherble die margenschwachen Halter umsonst
dazu. Rasierklingen von Gillette entsprechen
den Geschäftsmail-, Werbe - und SpielDiens ten von Apple und Research in Motion.
Das iPhone ist nur ein Beispiel einer digitalen Umwälzung, die bewirkt, dass etablierte Industrien durch digitale Technologien neu erschaffen werden. Die Preise in
diesen Branchen sinken rapide, und wirtschaftlicher Mehrwert lässt sich viel effizienter erzeugen. Sinkende Preise bedeuten
aber nicht, dass die Unternehmen unrentabel werden. In einer Informationswirtschaft
ist die Produktionsleistung direkt mit der
Foto: Apple
54
Wirtschaft Digitale Deflation
Rate der Informationsübertragung verbunden.
Höhere Informationsübertragungsraten verbessern die Ideenerzeugung, Gedankenentwicklung und Innovation und helfen so, die
Produktivität weltweit zu steigern.
Während die Fundamentaldaten zur Nachfrage aus den Schwellenländern die globale
Infrastruktur unter Druck setzen, reduziert
das verstärkte digitale Fundament der globalen Infrastruktur den zugrunde liegenden
Inflationsdruck. So revolutioniert beispielsweise die Digitalisierung das Bildungsdilemma, indem sie die Ausbreitung von Bildung
in Regionen ermöglicht, die sich bisher kein
tragfähiges System leisten konnten. Flachbildschirme und Breitbandanschlüsse, über
die der Unterricht von Lehrern in Südafrika
und Grossbritannien in äthiopische Schulzimmer übertragen wird, sind nur ein Beispiel. Während die Entwicklung der Schwellenländer die weltweite Nachfrage nach Arbeitskräften erhöht und die Löhne in die
Höhe treibt, vergrössert die erweiterte globale Bildungsinfrastruktur das Angebot. Ein
höheres Arbeitskräfteangebot dürfte zusammen mit einer höheren organisatorischen Produktivität – ermöglicht durch
die Digitalisierung – dafür sorgen, dass die
Weltwirtschaft bedeutend produktiver wird
und dass sich zwischen Arbeitskräfteangebot und -nachfrage wieder ein Gleichgewicht einstellt.
bes ten Regalflächen – bestimmt. Im Zeital- schäft vor Ort gekauft, das andere heute
ter der sozia len Vernetzung und der Pro dukt- über das Internet. Das erste Produkt hat
bewer tung durch Amazon-Kunden können für den Konsumenten eine Nutzbarkeit von
die Konsumenten rasch auf Informationen 65 Prozent, während die übrigen 35 Prozent
über den wahren Wert von Produkten zu- die Ineffizienz darstellen, die sich aus der
greifen und sind nicht auf ein von den Ver- Tatsache ergibt, dass die Produktauswahl
marktern gestaltetes «Wertimage» angewie- in den Geschäften vor Ort beschränkt ist
sen. In den eigenen vier Wänden haben die und die Vermarkter eine wahrgenommene
Konsumenten heute Zugang zu einer viel Nutzbarkeit geschaffen haben, welche die
brei teren Produktauswahl, als es noch vor tatsächliche Nutzbarkeit übertrifft. Das anzehn Jahren vorstellbar war. Angesichts der dere Produkt hat einen Nutzbarkeitsfaktor
schwindenden Bedeutung ihrer herkömm- von 80 Prozent bei weniger Verschwendung,
lichen Marketinginstrumente müssen Einzel- weil die Konsumenten aus einem grösseren
händler zunehmend vom Preis Gebrauch Angebot auswählen konnten und im Internet
machen, nicht zuletzt weil ein wachsender problemlos Zugang zu Bewertungen von
Teil des globalen Vermögens auf die Internet- bisherigen Käufern haben. Aufgrund herkömmlicher Inflationszahlen ergeben sich
generation entfällt.
Beim Einkaufen können die Konsumen- zwischen den beiden keine Kostenunterten heute in weniger als fünf Minuten effi- schiede. Aber Produkt 1 kostet effektiv 1.67
zientere Preisvergleiche anstellen als noch Dollar pro Nutzbarkeitseinheit, Produkt 2
vor wenigen Jahren in fünf Tagen. Diese dagegen 1.25 Dollar, also rund 25 Prozent
Revolution der Informationsverfügbarkeit weniger. Die zugrunde liegenden Effekte
erhöht die Macht des Konsumenten gegen- werden von üblichen Inflationszahlen somit
über dem Unternehmen und steigert die Be- nicht erfasst.
deutung von kundenorientierten Faktoren
Wirkung auf die Inflation nutzen
wie Preis und Leistung. Diese Eigenschaften ermöglichen den Kunden zudem, Pro- Die Auswirkungen der Digitalisierung auf
dukte mit höherer individueller Nutzbarkeit das globale Wirtschaftssystem sind vielfältig
zu kaufen, was das Wirtschaftssystem noch und multidimensional. Während sich dieses
effizienter werden lässt, weil somit weniger System einem grundlegend neuen ParadigDoppelanschaffungen getätigt werden, we- ma angleicht, dürfte sich sein unmittelbarer
niger verschwendet und eine höhere Produk- Einfluss auf die Inflation immer stärker bemerkbar machen. Diejenigen, die dies vertivität generiert wird.
Informationsaustausch virtuell fördern
Nehmen wir zum Beispiel zwei Produkte, stehen, werden sich im Laufe der EntwickTelepräsenz-Technologien wie Videokonfe- die je zehn Dollar kosten. Das eine wurde lung dieses Paradigmas einen wichtigen
renzen oder virtuelle Sitzungen breiten sich Anfang der Neunzigerj ahre in einem Ge- Vorteil verschaffen können. <
rasant aus und helfen, Reisekosten – und
CO 2 -Emissionen – einzusparen und gleichEntwicklung hin zu digitalen Gratisprodukten
zeitig die Informationsübertragungsraten zu
Physisch vorhandene Produkte, die Geld kosten, sind heute gratis als digitale Version
mit erheblich verbesserter Funktionalität erhältlich. Quelle: Credit Suisse
erhöhen. Viele Fortune - 500 -Unternehmen
haben Massnahmen zugunsten des virtuPhysisches Produkt, das Geld kostet
Digitale Gratisversion
ellen Büros ergriffen. Ziel ist es, die FixkosFotoalben
Photobucket
ten zu senken und den InformationsausKalender
iCal
tausch unter den Mitarbeitenden zu fördern.
Filme/Shows
YouTube
Das grösste Hindernis dieser Initiativen liegt
Telefonieren
Skype
in der Regel in der organisatorischen TrägPost/Briefe/Schreibwaren
Yahoo! Mail
heit und nicht in der technischen MachbarDokumente
Adobe Acrobat
keit. Wir gehen davon aus, dass die organiSchreibmaschinen
AbiWord
satorische Trägheit unwiderruflich den GeMicrosoft Office
Google Docs
boten der Effizienz und des Wettbewerbs
Karten
Google Maps
weichen wird, insbesondere weil immer
Versand
Amazon
free shipping
mehr Vertreter der «digitalen Generation»
Plattenspieler
Microsoft
Media Player
ins Erwerbsleben eintreten.
Zeitungen
CNN -Website
Vor dem Internetzeitalter wurde das BranBücher
pagebypagebooks.com
ding weitgehend von der Werbung in den
Musik
Pandora.com
Massenmedien, zum Beispiel im Fernsehen,
Videospiele
Candystand.com
und von der Kontrolle der Endverbraucherverteilung – dazu gehörte die Sicherung der
Credit Suisse Bulletin 3/08
55
56
Wirtschaft Nachlese
Blogging
for Business
Everything You Need to Know
and Why You Should Care
Von Shel Holtz und
Ted Demopoulos
Taschenbuch
247 Seiten
ISBN-13 : 978 -1419536458
Blue Ocean Strategy
How to Create Uncontested
Market Space and Make
the Competition Irrelevant
Von W. Chan Kim und
Renée Mauborgne
Gebundene Ausgabe
256 Seiten
ISBN-13 : 978 -1591396192
© getAbstract.
Unter www.getabstract.com fi nden
Sie eine fünfseitige Zusammenfassung dieses Buchs.
Finanzanlagen –
eine Herausforderung
für KMU
Geheftete Broschüre
36 Seiten
Herausgeber Credit Suisse
Economic Research
Credit Suisse Bulletin 3/08
Warum sollten Unternehmen, egal ob gross oder klein, Blogging als Teil ihrer Unternehmensstrategie in Betracht ziehen? Dieser Frage geht «Blogging for Business»
auf den Grund. Wie Audio, Video und Print ist Blogging im Prinzip nichts anderes
als ein Kommunikationsmittel. Einen Blog zu eröffnen, bedeutet jedoch mehr, als
sich einfach nur dem aktuellen Blogtrend anzuschliessen. Wie die Autoren betonen, sollte die Eröffnung eines Blogs einem bestimmten Zweck dienen. «Die
besten Unternehmensblogs wurden eingerichtet, um ein bestimmtes Unternehmensziel zu unterstützen. Wer herausfi nden will, welche Art von Blog für ihn in Frage
kommt, sollte zunächst seine Schwerpunkte und Ziele defi nieren, um zu bestimmen, wo die eigenen Möglichkeiten liegen.» Bereits seit mehreren Jahren betreiben
Unternehmen wie Sun Microsystems, IBM und Boeing Blogs als Teil ihrer Kommunikationsstrategie. Auf die Frage, warum er so viel Zeit auf seinen Blog «verschwende», antwortete Jonathan Schwartz, CEO von Sun Microsystems, im Mai
2008: «Weil ich im Hinblick auf unsere Strategie und unsere unternehmerische
Tätigkeit auf Klarheit setze – und das nicht nur alle zwölf Monate in unserem Jahresbericht.» Seine Antwort ist unter http://blogs.sun.com/jonathan nachzulesen.
Wer die Eröffnung eines Blogs zur Erweiterung seiner Kommunikationsstrategie
in Erwägung zieht, fi ndet in diesem Buch Informationen zum Verständnis der Funktionsweise von Blogs und praktische Hinweise zum Erstellen, Bekanntmachen und
Verwalten von Unternehmensblogs sowie zur Auswertung der Ergebnisse. Im Plauderton werden auch die technischeren Aspekte des Themas verständlich und interessant dargestellt. So kommen die Autoren ihrem Ziel, noch mehr Unternehmen
für die Blogosphäre zu gewinnen, sicher ein gutes Stück näher. mb
Lassen Sie die Konkurrenz hinter sich und bringen Sie Ihr Unternehmen in neue,
profi tablere Gewässer. «Blue Ocean Strategy» weist den Weg. Das Buch liefert
einen klaren Rahmen zur Bestimmung und Umsetzung herausragender Strategien
in allen Bereichen der Industrie. W. Chan Kim und Renée Mauborgne warten mit
inspirierenden Untersuchungen zum Einfl uss innovativer Ideen auf alte Industrien
auf. Innerhalb eines bestehenden Marktes entwickeln Firmen Strategien, um miteinander in Konkurrenz zu treten und sich Vorteile gegenüber ihren Rivalen zu
verschaffen. Ein mörderischer Konkurrenzkampf entsteht, der das Wasser blutrot
färbt. Der Verlust von Marktanteilen, Gewinn- und Wachstumseinbussen schaffen
einen «roten Ozean». Das unternehmerische Anliegen sollte sich folglich auf die
Entwicklung einer Blue-Ocean-Strategie konzentrieren.
Allein die faszinierenden Beispiele von Firmen, die ihre Blue-Ocean-Strategie
entwickelt haben, machen dieses Buch lesenswert. Manager können die Regeln
und Prinzipien mit Hilfe der Hinweise der Autoren problemlos befolgen. Ein wichtiger Ratgeber für alle, die das von Konkurrenzhaien heimgesuchte Gewässer
gegen die Ruhe des offenen blauen Meeres eintauschen möchten. © getAbstract
Barliquidität in Form von sofort verfügbaren Zahlungsmitteln erhält dem Unternehmen die Zahlungsfähigkeit und ist Treibstoff für das Wachstum. Sie bringt aber
keine oder nur wenig Erträge. Eine Studie der Credit Suisse hat nun ergeben,
dass die durchschnittliche Barliquidität seit dem Jahr 2000 sowohl im Verhältnis
zum Umsatz als auch zur Bilanzsumme deutlich angestiegen ist und mittlerweile
mehr als acht Prozent beträgt. Dementsprechend werden die verschiedenen
Anlage möglichkeiten zu wenig genutzt. Es ist jedoch für die Unternehmen – die
globalen Konzerne genauso wie die KMU, die in dieser Studie speziell angesprochen werden – wichtig, vielleicht sogar überlebenswichtig, die Mittelbewirtschaftung mit Planung und Weitsicht auf die Ziele und Bedürfnisse des Unternehmens
abzustimmen. Da in der Praxis jeder Fall etwas anders gelagert ist, liefert die
Studie keine Patentrezepte. Doch die minutiöse Analyse der aktuellen Situation
ist geeignet, die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen auf diesen wichtigen, im
Tagesgeschäft oft vernachlässigten Aspekt zu lenken. schi
Credit Suisse Sponsoring
57
Sponsoring
Informationen aus der Welt der Credit Suisse
58_National Gallery in London wird neuer Partner der Credit Suisse 60_Sehenswerter Schweizer Kunstsommer
Fussball-Ära geht zu Ende 62 _Mission Südafrika: Der Ball rollt weiter
Übersicht
61_Eine
Nachwuchsförderung im
Film Bereits zum vierten Mal
Fotos: Niklaus Spoerri, remote.ch | Olivier Maire, Photopress
findet vom 25. September bis
5. Oktober das Zurich Film Festival
unter der Leitung von Direktor
Karl Spoerri statt. Wiederum werden 24 Wettbewerbsfi lme in den
Sparten «Bester Spielfilm»,
«Bester Dokumentarfilm» und
«Bestes Debüt » um das «Goldene
Auge» sowie Regie - und Promotionspreise in der Gesamthöhe
von 200 000 Franken antreten.
Wer wird nach dem Produzenten
Albert S. Ruddy neuer Jurypräsident ? Wem wird nach Stephen
Frears (2006) und Oliver Stone
(2007) die Ehrung « A Tribute to»
zuteil ? Erstmals wird dieses Jahr
auch ein Golden Icon Award für
Schauspieler oder Filmemacher
ver geben. schi
www.zurichfilmfestival.org
fünf Qualifikationsturnieren und
einem Final turnier Ende Oktober
unter dem Namen Credit Suisse
Junior Tour. «Wettkampferfahrung
ist enorm wichtig. Wenn wir Jungen und Mädchen schon früh ermöglichen, unter Druck Leistungen
zu erbringen, leistet die Credit
Suisse Junior Tour einen grossen
Beitrag zur Förderung junger
Talente», sagte Sandra Caviezel,
Leiterin Spon soring Credit Suisse
Private Banking, am RoundtableGespräch an lässlich des SwissGolf
Day im Golfclub Breitenloo. Ein
besonderes Augenmerk wird auch
auf die Unterstützung der Spieler
beim Übertritt vom Amateur- zum
Profi status gelegt. Diesem Zweck
dient die Credit Suisse Challenge,
die seit 2006 im Golfclub Wylihof
ausgetragen wird. tg
Gewinnt Sir Robert Charles
in Bad Ragaz ? Aus der europäischen Tour der Berufs-Seniorengolfer ist das Bad Ragaz PGA
Seniors Open nicht mehr wegzudenken. Um den Titel spielen
vom 8. bis 10. August alle Sieger
der letzten Jahre: Carl Mason
(England, Sieger 2007), Juan
Quiros (Spanien, Sieger 2006),
Terry Gale (Australien, Sieger
2005) sowie Horacio Carbonetti
(Argentinien, Sieger 2003 und
2004). Zwei Stars aus unterschiedlichen Generationen gehören ebenfalls zum engsten Favoritenkreis: der 51-jährige italienische Ryder- Cup-Held Costantino
Rocca, Zweiter im Vorjahr, sowie
der bereits 72-jährige Neuseeländer Sir Robert Charles, der
dieses Jahr beim New Zealand
Open sensationell den Cut auf der
regulären Tour geschafft hat. tg
Der historische Sieg weckt
Hoffnungen Zu Beginn der
Golf-Nachwuchsförderung
Wieder ein Stechen in CransMontana? Vom 4. bis 7. Sep-
Die Credit Suisse unterstützt den
Schweizer Golfsport seit vielen
Jahren – seit 1993 die Swiss Golf
Foundation (SGF ), seit 1999 die
Association Suisse de Golf (ASG)
und seit 2005 auch die Swiss
PGA , den Dachverband der GolfProfessionals in der Schweiz. Von
der Nachwuchsförderung profitieren alle ASG -Golfclubs in vielfältiger Weise. An den Credit Suisse
Junior Golf Academies können
Jugendliche in zwei Camps kostenlos unter professioneller Anleitung dreieinhalb Tage intensiv
trainieren. Zudem laufen seit 2006
die Nachwuchsmeisterschaften für
die Kategorien U16 und U18 mit
tember wird in Crans-Montana
wiederum das Omega European
Masters ausgetragen. Bei Redaktionsschluss war die Startliste
noch nicht definitiv bekannt, doch
besteht kein Zweifel daran, dass
am wichtigsten Golfturnier in der
Schweiz ein hochkarätiges Teilnehmerfeld, angeführt von Lee
Westwood und Rory McIlroy, mitmacht. Vielleicht wird es wieder
so spannend wie 2007, als sich der
Australier Brett Rumford (Bild
oben) erst im Stechen gegen den
Engländer Philipp Archer durchsetzte. Dritter wurde mit einem
Schlag Rückstand der Waliser
Bradley Dredge. tg
diesjährigen Formel-1-Saison hätten wohl die wenigsten geglaubt,
dass die Zielsetzung von BMWMotorsportdirektor Mario Theissen – erster Sieg für das BMW Sauber-Team – realistisch sein
könnte. Doch es folgte Podestplatz
um Podestplatz. Und der grossartige Doppelsieg von Robert
Kubica vor Nick Heidfeld am 8. Juni
auf dem Circuit Gilles Villeneuve
in Montreal hat nun alle Zweifler
endgültig eines Besseren belehrt.
Kubica setzte sich mit diesem
Sieg auch in der Jahreswertung
vorübergehend vor Hamilton an die
Spitze. Fährt BMW -Sauber nun
gar um den Weltmeistertitel mit?
Verfolgen Sie das Renngeschehen
hautnah auf www.credit-suisse.
com/f1. schi
Credit Suisse
Musik in den
Bergen
Neben dem Fussball wartete
der Sommer 2008 auch mit
einigen kulturellen Überraschungen auf. So feierte das
Estival Jazz im Tessin seinen
vielbeachteten 30 . Geburtstag, während beim Festival
d’Opéra Avenches mit Graziella Contratto erstmals eine
Frau am Dirigentenpult stand.
Und zum Glück für Kulturinteressierte ist der Sommer
noch längst nicht zu Ende.
Ebenfalls von der Credit Suisse
unterstützt – und zwar seit
1986 – wird das Davos Festival, das vom 26 . Juli bis
9 . August zahlreiche Spitzenbegabungen der klassischen
Musik versammelt. Das Festival ist einzigartig, da es Gelegenheit bietet, Nachwuchstalente im intimen Rahmen zu
hören – Talente notabene,
denen man später sehr oft
wieder in den grossen Sälen
der Welt begegnet. Die kontinuierlich steigenden Besucherzahlen und die Tatsache,
dass viele Erstbesucher zu
treuen Gästen werden, sagen
alles über die aussergewöhnliche Qualität des Festivals.
Spitzenleistungen ohne Berührungsängste, musikalische
Tradition ohne Erstarrung: Das
alles sind Gründe, die einen
Ausflug nach Davos musikalisch reizvoll machen. Seit
2007 steht das Davos Festival übrigens unter einer neuen Leitung. Die Intendantin
ist keine Unbekannte: Sie
heisst Graziella Contratto. nm
Credit Suisse Bulletin 3/08
58
Credit Suisse Sponsoring
Historische Partnerschaft mit der National Gallery
Credit Suisse unterstützt die National Gallery
bei der Förderung der Kunst des Entdeckens
Die Credit Suisse ist seit kurzem Partner der National Gallery. Die dreijährige Partnerschaft beinhaltet unter anderem die Finanzierung einer grösseren Ausstellung pro Jahr.
Den Auftakt macht «Radical Light», die im Juni eröffnet wurde. Nicholas Penny, Direktor
der Gallery, äussert sich zur speziellen Vereinbarung und zur Ausstellung.
Bulletin: Dass ein britisches Museum
überhaupt eine Partnerschaft mit einem
Welche Aspekte dieser Geschäftsbeziehung sind für die Gallery noch von
privaten Unternehmen wie der Credit
Bedeutung?
Suisse eingeht, ist eher ungewöhnlich.
Langfristig sehe ich für uns den grössten
Vorteil darin, dass wir von der Credit Suisse
lernen können, die Dinge aus globaler Perspektive zu betrachten. Diese Sicht fehlt uns
bisher noch. Auch können wir unsere Zusammenarbeit mit anderen Institutionen verbessern, insbesondere in Asien. Das ist wichtig,
denn immer mehr Besucher kommen aus
China und Indien nach London. Die Credit
Suisse verfügt in dieser Hinsicht über Erfahrung, hat sie doch im vergangenen Februar
bereits die Asien-Tournee der New Yorker
Philharmoniker mitfi nanziert. Ich werde zwar
kaum die halbe Belegschaft der Gallery nach
China schicken, plane aber weitere Partnerschaften mit Institutionen in Asien.
Was waren Ihre Beweggründe?
Nicholas Penny: Eine solche Zusammenarbeit war für uns sehr erstrebenswert, weil wir
uns dadurch nicht ständig um die fi nanzielle
Unterstützung sorgen müssen. Ein Direktor
verbringt viel Zeit mit der Suche nach fi nanziellen Mitteln, die ihm anderenfalls für die
Planung von Ausstellungen und die Qualitätskontrolle zur Verfügung stünde.
Wer unternahm den ersten Schritt ?
Wir sind auf die Credit Suisse zugegangen,
weil sie bereits 2004 die Ausstellung «Raphael: From Urbino to Rome» gesponsert
hatte. Es lag auf der Hand, sie auch für diese
Ausstellung über den italienischen Divisionismus anzufragen, da die Credit Suisse in einiDie National Gallery erhält staatliche
gen Monaten die gleiche Ausstellung am Unterstützung. Weshalb ist das
Zürcher Kunsthaus mitfi nanziert. Man antwor- Sponsoring von Unternehmen so wichtig?
tete uns: «Lassen wir diese Ausstellung einen Tatsache ist, dass die National Gallery immer
Moment beiseite. Wir sind auf der Suche schon eine öffentlich-private Partnerschaft
nach einer Galerie, mit der wir eine weiterge- war. Es gab von Anfang an eine Vereinbarung
hende Partnerschaft eingehen können.» Wir zwischen der Privatwirtschaft und der öffentstaunten nicht schlecht und waren natürlich lichen Hand. Es waren Privatpersonen, welhoch erfreut, das zu hören (lacht).
che die Notwendigkeit einer Nationalgalerie
Was umfasst diese Partnerschaft ?
erkannten. Sie dachten dabei auch an den
Der Hauptzweck dieser in einem ersten Louvre und an das äusserst erfolgreiche MuSchritt auf drei Jahre beschränkten Partner- sée Napoléon. Die National Gallery war ein
schaft besteht darin, Ausstellungen zu spon- Zugeständnis des Parlaments an einen kleisern, wie aktuell «Radical Light », und unser nen Kreis von Interessenten, die ihre Kunstgut etabliertes Ausbildungsprogramm zu un- werke spendeten. Das war im Jahr 1824. Die
terstützen. Die Credit Suisse wird spezielle Sammlung vergrösserte sich durch Zukäufe
Ausbildungsprojekte für Schul- und Gemeinde- und Spenden und wurde 1831 in das heutige
organisationen einbringen, die sie bereits un- Gebäude am Trafalgar Square verlegt. Es sei
terstützt. Die Vereinbarung umfasst einen darauf hingewiesen, dass die Gallery unter
Aspekt, der für die breite Öffentlichkeit wich- der Leitung eines Kuratoriums steht und der
tig ist: Wir lassen das Museum jeweils mitt- Staat keinen direkten Einfl uss hat. Eine weiwochs auch am Abend bis 21 Uhr geöffnet. tere wichtige Tatsache, von der viele nichts
Dieser wesentliche Bestandteil unseres Ange- wissen, ist, dass die Werke der Gallery zu
bots wird ein anderes, jüngeres Publikum in rund einem Drittel durch Schenkung oder
die Gallery locken.
Vermächtnis erworben wurden, und das ist
Credit Suisse Bulletin 3/08
viel. Berücksichtigt man nur die Werke einiger berühmter Maler, ist dieser Anteil sogar
noch höher.
Wann begann die Gallery nach
Firmensponsoren zu suchen ?
Das war 1991, als der Sainsbury-Flügel eröffnet wurde. Er bot uns viel Platz, um grössere
Ausstellungen zu zeigen.
Kommen wir zur Ausstellung « Radical
Light ». Wie würden Sie sie umschreiben ?
Es ist eine grossartige Ausstellung, denn sie
befasst sich mit einer Kunstrichtung, die
praktisch unbekannt ist. Kunsthistorikern ist
der Divisionismus zwar bekannt, aber viele,
die in Grossbritannien Kunstgeschichte studierten, haben diese Werke kaum je gesehen. Dennoch handelt es sich nicht um eine
jener Ausstellungen, deren Erfolg von vornherein feststeht, da ihr Thema wenig bekannt
ist. Ihr wohnt eine Dimension des Entdeckens inne, und obwohl die Gemälde eher
melancholisch, beunruhigend und ge spenstisch anmuten, hinterlassen sie zugleich einen tiefen Eindruck. Es geht um ernsthafte
Kunst, die von den Besuchern ein gewisses
Mass an emotionalem Engagement erfordert.
Das ist ein Risiko, da die Leute heute auf sofortige Befriedigung aus sind.
Warum gehen Sie bei einer Ausstellung
ein solches Risiko ein ?
Bis zu einem gewissen Grad sollten Ausstellungen stets etwas Neues bieten. Man kann
eine neue Seite eines Künstlers kennenlernen, der bereits bekannt ist und allen gefällt,
oder man zeigt den Leuten Aspekte der
Kunst, die sie noch nicht kennen. Das gehört
zu unserer Mission. Wenn die Gallery nur Bilder zeigen würde, die allen bekannt sind und
gefallen, gäbe es heute nicht viele solche
Werke. Beispielsweise stiessen viele der
Bilder, welche die Gallery im 19. Jahrhundert
erworben hatte, nur bei einer Minderheit auf
Interesse und entsprachen nicht dem Geschmack des breiten Publikums. Dieser As-
Credit Suisse Sponsoring
59
pekt wird oft vergessen, wenn man an die
Entstehung grosser Sammlungen denkt.
Können Sie die Bewegung des Divisionismus etwas genauer erklären ? Handelt
es sich überhaupt um eine Bewegung?
Es ist eine Bewegung. Doch wie defi niert
man in der Malerei eine Bewegung? Die einfachste Form einer Bewegung ergibt sich,
wenn einige Künstler oder Schriftsteller vereinbaren, der gleichen Gruppe anzugehören
und sich einen Namen zu geben. Es gibt auch
lose assoziierte Künstlergruppen, die ihren
Namen oft von Kritikern erhalten. Die Impressionisten sind ein solches Beispiel. Bei den
Divisionisten war es dasselbe. Man kannte
sich und hatte gemeinsame Ideen und Vorstellungen. Die Leute werden sofort erkennen, dass diese Bilder vieles gemeinsam haben. Zu den offensichtlichsten Ähnlichkeiten
gehört das Auftragen der Farben in einer
Vielzahl von Punkten und Strichen, ähnlich
wie beim französischen Pointillismus. Die
Werke der National Gallery reichen bis ins
frühe 20. Jahrhundert. Sie deckt dadurch
auch einiges des umstrittenen Gebiets ab,
bei dem man nicht genau weiss, ob die Kunst
deshalb wichtig ist, weil sie den Futurismus
und Modernismus vorwegnimmt, oder weil es
sich um den Höhepunkt verschiedener Formen der realistischen Malerei und der Naturmalerei handelt.
Fotos: Galleria d’Arte Moderna, Milano (Gam 1718) © Comune di Milano. All rights reserved | Alexander Sauer | The National Gallery London
Angesichts des Namens der
Aus stellung gehe ich davon aus, dass auch
das Licht eine bedeutende Rolle spielt.
Ich hätte gleich zu Beginn erwähnen sollen,
dass die Darstellung des Lichts der grosse
gemeinsame Nenner ist. Die Bewegung entstand auch durch die Erforschung der Optik
und Physik des Lichts. Licht ist manchmal
geradezu schmerzhaft, dies gilt beispielsweise für sehr helles Sonnenlicht, aber auch
für die Lichtverhältnisse am frühen Morgen,
wenn Gegenstände nur schwer zu unterscheiden sind. Es geht nie um einfache Formen des Lichts.
Welches sind Ihre weiteren Pläne
«Morning» von Vittore Grubicy de Dragon (1851–1920) ist eine Leihgabe der Mailänder
Galleria d’Arte Moderna für die «Radical Light »-Ausstellung. Mehr als 60 Gemälde sind zu
sehen. Unten links Die National Gallery am Londoner Trafalgar Square. Unten recht s Direktor
Nicholas Penny hat grosse Hoffnungen für die Ausbildungsabteilung der National Gallery.
Penny ist seit März dieses Jahres im Amt.
Oben
für das Museum ?
Zurzeit versuche ich mich darauf zu konzentrieren, gewisse unerwünschte Entwicklungen zu verhindern (lacht). Ich habe noch
viel vor mit der Gallery. Als seriöser Wissenschaftler, oder vielmehr als wissenschaftlich
orientierter Kurator, aus dem ein Direktor geworden ist, bin ich bestrebt, unsere Aus- und
Weiterbildungsarbeit auszubauen, damit wir
zu einem Zentrum des vertieften Studiums der
Kunstgeschichte werden.
Michèle Bodmer
Radical Light: Italiens divisionistische Maler
Sainsbury-Flügel, 18. Juni –7. September 2008:
täglich 10.00 –18.00 Uhr;
mittwochs 10.00 –21.00 Uhr
www.nationalgallery.org.uk
Organisiert wird die Ausstellung von
der National Gallery in London und dem
Kunsthaus Zürich.
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Credit Suisse Sponsoring
Ein sommerlicher Gang durch die Schweizer Kunstmuseen
Der ganze Weltzauber der Farben und Schatten
«Das Kunstwerk wird eine neu erfasste Ordnung der Dinge offenbaren und schön sein
durch die Idee des Ganzen, die es enthüllt»,
sagt Ferdinand Hodler. Und weiter: «Der ganze Weltzauber der Farben und Schatten leitet
sich vom Licht ab.»
Wer gedacht hat, Hodler bereits bestens
zu kennen, wird ihn nach dem Besuch der
Ausstellung «Ferdinand Hodler. Eine symbolistische Vision» im Kunstmuseum Bern und
dem Studium des Standards setzenden Katalogs in einem neuen Licht sehen und sich
seinem Weltzauber umso lieber zuwenden.
Tatsächlich gehört Ferdinand Hodler zu
den am meisten unterschätzten Schweizer
Künstlern. In der Wahrnehmung der breiten
Öffentlichkeit wird er nämlich nach wie vor
auf sein Image als kämpferischer Nationalkünstler reduziert, das entstanden ist im Zeichen des geistigen Widerstands vor dem
Zweiten Weltkrieg. Die bis zum 10. August
dauernde Ausstellung zeigt Hodlers eigenständigen Beitrag zum europäischen Symbolismus auf. Von zentraler Bedeutung unter
den 150 präsentierten Bildern sind die symbolistischen Hauptwerke des Kunstmuseums
Bern, die dank Léonard Gianadda, Kunstmäzen und Direktor der Fondation Pierre
Gianadda in Martigny, restauriert wurden.
Oben Hodler. Der Tag, erste Fassung, 1899, Öl auf Leinwand, Kunstmuseum Bern.
Ein Gang ins Wallis lohnt sich ebenfalls: Unten links Balthus. La Toilette de Cathy, 1933, Öl auf Leinwand, Paris, Centre Georges Pompidou.
In der Fondation Pierre Gianadda wird aus Unten recht s Giovanni Segantini. Mittag in den Alpen, 1891, Öl auf Leinwand, Segantini Museum.
Anlass seines hundertsten Geburtstags der
2001 verstorbene Künstler Balthus mit einer In Lugano realisierten das städtische und und Modell» feiert das Segantini Museum
Retrospektive gewürdigt. Gezeigt wird bis das kantonale Kunstmuseum mit «Enigma den 150. Geburtstag von Giovanni Segantini.
zum 23. November seine ganze Schaffens- Helvetia» ihre erste gemeinsame Ausstellung. Das Museum selbst wurde vor genau 100
breite mit Porträts, Landschaften und natür- Sie bietet einen Überblick über das Kunst- Jahren eingerichtet.
Andreas Schiendorfer
lich den verführerischen Nymphen, die letzt- schaffen in der Schweiz und vermag dank
lich das «Mysterium Balthus» begründeten. interdisziplinärem Ansatz dem Betrachter Die Credit Suisse unterstützt das Museo
d’Arte in Lugano seit 1992, die Fondation
Wie soll man die Ausstellung angehen? Der «die Kunst, Bräuche und Mythen der moderPierre Gianadda in Martigny seit 1996 und
Künstler selbst liefert die Antwort: «Balthus nen Schweiz» gewinnbringend zu erhellen.
das Kunstmuseum Bern seit 2005. Die Seganist ein Maler, über den man nichts weiss. Und
Mit der bis zum 14. September dauernden tini- Ausstellung wird vom Jubiläumsfonds
nun, lasst uns die Bilder betrachten.»
Sonderausstellung «Segantinis Magd: Muse der Credit Suisse Foundation mitfi nanziert.
Credit Suisse Bulletin 3/08
Fotos: Peter Lauri Photographie, Bern | Jean- Claude Planchet | Fredy Lochau, Foto Flury, Pontresina
In den Museen ist es kühl und still – ein Grund hineinzugehen. Zudem kann
man das «Geheimnis Schweiz» ergründen. Die Ausstellung «Enigma Helvetia»
in Lugano und die Begegnungen mit Ferdinand Hodler in Bern, Balthus
in Martigny und Segantini in St. Moritz bringen wertvolle neue Erkenntnisse.
Credit Suisse Sponsoring
Seit 1993 Hauptsponsor des Schweizerischen Fussballverbands
Ein Dankeschön an Jakob Kuhn
und seine Fussballfamilie
Fotos: Andreas Meier | Photopress | Sebastian Schiendorfer
Die im Juni in der Schweiz und in Österreich durchgeführte
Fussballeuropameisterschaft bleibt in guter Erinnerung.
Und der zurückgetretene Nationaltrainer Jakob Kuhn ebenso.
73 Länderspiele der Schweizer Nationalmannschaft hat Jakob «Köbi» Kuhn als Trainer
entscheidend geprägt. Die Bilanz fällt positiv
aus: 32 Siege – 18 Unentschieden – 23 Niederlagen. Oder anders ausgedrückt: drei
End rundenteilnahmen in Folge, die Europameisterschaft 2004 in Portugal, die Weltmeis terschaft 2006 in Deutschland und die
Europa meisterschaft 2008 in der Schweiz
und in Österreich.
Resultatmässig schnitten die Schweizer
an der WM 2006 erfolgreicher ab als in der
Schweiz, doch spielerisch wussten sie an
der Heim- EM durchaus zu gefallen. Noch
sind die Schweizer nicht gut genug, um nach
dem Titel zu greifen, doch so beherzt, dass
sich die junge «Nati» in die Herzen der Bevölkerung spielte beziehungsweise ihren
Platz dort behauptete. In dieser Hinsicht war
die dritte Partie gegen Portugal die entscheidende: Kuhn, der den Begriff der Fussballfamilie kreierte, hat erreicht, dass die Familie
auch zusammenhält, wenn die bewusst hoch
gesteck ten Ambitionen sich nicht erfüllen.
Die Credit Suisse, welche den Schweizer
Fussball schon vor der Ära Kuhn förderte
und ihn auch in Zukunft fördern wird, ist
dank bar, dass sie Jakob Kuhn während seiner Amtszeit begleiten durfte. Es waren sieben fette Jahre (denen keine magere folgen
sollen), gerade auch in menschlicher Hinsicht. Die Zusammenarbeit mit Jakob Kuhn,
beispielsweise beim Drehen mehrerer unvergesslicher Fernsehspots, bei Kundenanlässen und natürlich im Umfeld der Nationalmannschaft, war für die Mitarbeitenden des
Sponsorings der Credit Suisse ausgesprochen angenehm.
Auch sonst hat die Credit Suisse mit
Blick auf die Europameisterschaft allen
Grund zur Zufriedenheit, für das Wetter war
sie ja, fürwahr, nicht zuständig. Doch der
Hauptsponsor hat in Feusisberg den Berufsleuten – Spielern wie Medienschaffenden –
ihre Arbeit erleichtert und hat den Fans mit
verschiedenen Aktionen zahlreiche positive
Erlebnisse ermöglicht.
Andreas Schiendorfer
Gilt auch für uns: «Merci Köbi !» Mit te links Der erste Schweizer Sieg an einer Europameisterschaft. Mit te recht s Journalisten aus aller Welt im Medienzentrum in Feusisberg.
Unten links Öffentliche Anlässe der Credit Suisse: Daniel Gygax erfüllt im Flughafen Zürich
Autogrammwünsche. Unten recht s Attraktive Kundenanlässe: Benedikt Weibel (rechts),
Dele gierter des Bundesrats der Euro 2008, bespricht mit Stéphane Chapuisat (Mitte) und
Hans Baumgartner, Leiter Firmenkunden Schweiz – KMU, den Auftritt im Stade de Suisse.
Oben
Credit Suisse Bulletin 3/08
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Credit Suisse Sponsoring
Die Fussballer bleiben am Ball
Impressum
Die Mission Südafrika hat begonnen
Der neue Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld hat keine Zeit für Experimente.
Nach einem einzigen Vorbereitungsspiel beginnt im September die
WM -Qualifikation. Und im Oktober könnte bereits eine Vorentscheidung fallen.
Herausgeber
Credit Suisse
Postfach 2
CH- 8070 Zürich
Telefon +41 44 333 11 11
Fax +41 44 332 55 55
Redaktion
Daniel Huber (dhu) (Head of Publications), Marcus Balogh ( ba),
Michèle Bodmer (mb), Dorothée Enskog (de), Regula Gerber (rg),
Mandana Razavi (mar), Andreas Schiendorfer (schi )
E-Mail
redaktion.bulletin @ credit -suisse.com
Mitarbeit an dieser Ausgabe
Ute Eberle, Ingo Petz, Beat Stauffer, Andreas Walker;
A nja Papp; Joy Bolli ( jbo), Christian Etzensperger,
Claude Maurer, Sven Schubert, Steven Soranno, Marcel
Thieliant; Michael Krobath (mk); Peter Hossli, Urs Schwarz,
Cornelia Stauffer; Andreas Thomann (ath)
Internet
www.credit-suisse.com/infocus
Marketing
Veronica Zimnic (vz)
Korrektorat
text control, Zürich
Übersetzungen
Credit Suisse Sprachendienst
Gestaltung
www.arnold.inhaltundform.com:
Daniel Peterhans, Arno Bandli, Monika Häfliger,
Petra Feusi (Projekt management )
Inserate
Pauletto GmbH, Miriam Dudek, Kleinstrasse 16,
CH- 8008 Zürich, Telefon und Fax 043 268 54 56
Beglaubigte WEMF -Aufl age 2007
145 733
ISSN -Registrierung
ISSN 1423-1360
Druck
NZZ Fretz AG /Zollikofer AG
Kaum ist die Europameisterschaft vorbei,
wartet auf die Nationalmannschaft schon das
nächste Grossereignis: Im September beginnt die Qualifi kation für die WM 2010. Chef
der Mission Südafrika ist der neue Nationalcoach Ottmar Hitzfeld. Von den Medien als
Messias gefeiert, wird vom Erfolgstrainer
nicht nur die WM -Qualifi kation erwartet, sondern auch, dass er mit dem jungen und talentierten Team die Lücke zu den besten Nationen schliesst. Die Zeit für lange Experimente
fehlt, ein einziges Freundschaftsspiel – am
20. August in Genf gegen Zypern – muss reichen. Deshalb ist anzunehmen, dass er mehrheitlich am bisherigen Team festhält. Offen
ist, welches System Hitzfeld wählt. Und –
falls er sich wie bei den Bayern für 4-4-2 entCredit Suisse Bulletin 3/08
scheidet – auf wen er neben Alex Frei als
zweite Sturmspitze setzt. Ist es Blaise N’Kufo,
der unter Jakob Kuhn nie so richtig in Fahrt
gekommen ist ? Eren Derdiyok ? Oder entdeckt er gar eine neue Perle?
Der Weg nach Südafrika sieht aus wie
ein Spaziergang. Doch er könnte sich zur
anspruchsvollen Bergtour entwickeln, denn
auf die Schweiz warten unangenehme Gegner. Am 6. September muss die Schweiz in
Israel und am 10. September in Zürich gegen
Luxemburg bestehen, und im Oktober folgen
das Heimspiel gegen Lettland sowie das
Auswärtsspiel gegen Griechenland. Bereits
diesen Herbst könnte also eine Vorentscheidung fallen. Hitzfelds Magie muss schnell
wirken. Wir glauben daran.
Michael Krobath
Erschei nt im 114. Jahrgang
( 5 x pro Jahr in deutscher, französischer, italienischer und
englischer Sprache). Nachdruck von Texten gestattet mit dem
Hinweis «Aus dem Bulletin der Credit Suisse ».
Adress änderungen
bitte schriftlich und unter Beilage des Original-Zustellcouverts
an Ihre Credit Suisse Geschäftsstelle oder an:
Credit Suisse, ULAZ 12 , Postfach 100, 8070 Zürich.
Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken.
Sie bedeutet kein Angebot und keine Aufforderung seitens
der Credit Suisse zum Kauf oder Verkauf von Wertschriften.
Hinweise auf die frühere Performance garantieren nicht
notwendi gerweise positive Entwicklungen in der Zukunft.
Die Analysen und Schlussfolgerungen in dieser Publikation
wurden durch die Credit Suisse erarbeitet und könnten
vor ihrer Weitergabe an die Kunden von Credit Suisse bereits
für Transaktionen von Gesellschaften der Credit Suisse
Group verwendet worden sein. Die in diesem Dokument vertretenen Ansichten sind diejenigen der Credit Suisse
zum Zeitpunkt der Drucklegung. (Änderungen bleiben vorbehalten.) Credit Suisse ist eine Schweizer Bank.
Fotos: Steffen Schmidt, Keystone, Photopress | Cédric Widmer
Ottmar Hitzfeld hat bewiesen, dass er auch mit scheinbar kleinen Teams Grosses leisten kann:
1984 stieg er mit dem SC Zug in die Nationalliga B auf, 1985 wurde er mit Aarau Cupsieger.
Redaktions kommission
René Buholzer (Head of Public Policy), Monika Dunant (Head
of Communications Private Banking), Urs P. Gauch (Leiter
Firmenkunden Schweiz-Grossunternehmen), Fritz Gutbrodt
(Head Chairmans Offi ce), Angelika Jahn (Investment Services
& Products), Hubert Lienhard (Asset Management Distribution
Services), Andrés Luther (Head of Group Communications),
Charles Naylor (Head of Corporate Communications),
Fritz Stahel (Credit Suisse Economic Research), Christian
Vonesch (Head of Private & Business Banking Aarau)
Credit Suisse Gesellschaft
63
In der Gesellschaft
Die Credit Suisse ist überzeugt, dass die unternehmerische Verantwortung gegenüber der
Gesellschaft und der Umwelt ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg ist.
Übersicht
64_« bike
to work»
65_Love
Ride
66_Science
Festival
68_Children’s
Storefront
69_News
international
Etwas für die eigene Gesundheit und die Umwelt tun: Im Juni nahmen rund 1000 Mitarbeitende der Credit Suisse an der nationalen Aktion «bike to
work» teil und legten den Arbeitsweg oder einen Teil davon mit dem Fahrrad zurück; so auch Kimchi Mazzetti-Nguyen in Genf. Nichts spricht
dagegen, die Aktion freiwillig fortzusetzen. Im Gegenteil: Erst jetzt kommen die wirklich sonnigen Tage! Der Sommer lädt zum Radfahren ein.
Credit Suisse Bulletin 3/08
64
Gesellschaft «bike to work»
Die Schweiz ist ein Land
der Radfahrer
Erfreulich viele Mitarbeitende der Credit Suisse haben im Juni an der Aktion
«bike to work» teilgenommen – ein Engagement im Zeichen der Emissionsreduktion
und der Gesundheitsförderung im Unternehmen.
Text: Cornelia Stauffer
Auf der Suche nach Mitarbeitenden, die
mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, wird
man bei der Credit Suisse erfreulicherweise schnell fündig. «Ich fahre jeden Tag,
bei jedem Wetter mit meinem Citybike zur
Arbeit », erzählt Marco Lucheschi. «Da ich
in Lugano wohne und arbeite, benötige ich
für die drei Kilometer nur rund acht Minuten.» Am Morgen wecke ihn die frische
Luft und auf dem Rückweg könne er gelegentlich Angestautes abstrampeln, ergänzt
Lucheschi, der auch in seiner Freizeit regelmässig Velotouren unternimmt. Die Teilnahme an der Aktion «bike to work» war für
ihn deshalb eine Selbstverständlichkeit –
und gleichzeitig eine willkommene Chance,
Teamkollegen zu animieren, ebenfalls mit
dem Rad zur Arbeit zu kommen – und dies
im Idealfall nicht nur im Juni.
« Jeder Einzelne von uns kann dazu beitragen, schädliche Emissionen zu vermeiden, zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit »,
erklärt Ulrich Körner, CEO Credit Suisse
Schweiz. «Deshalb unterstützen auch wir die
Aktion ‹bike to work›.» Die Credit Suisse
befindet sich mit dieser Einstellung in guter
Gesellschaft. Dieses Jahr sind bereits 873
Schweizer Unternehmen an der von der NonProfit-Organisation «Pro Velo» lancierten
Aktion beteiligt. Die Aktion sei umso wertvoller, so Körner weiter, weil durch die Teilnahme auch gleichzeitig ein Beitrag zur
Gesundheitsförderung im Unternehmen geleistet werden könne.
Um die Aktion zusätzlich zu fördern,
wurde laut Koordinator Otti Bisang, Credit
Suisse Public Policy – Sustainability Affairs,
ein Wettbewerb für Viererteams ausgeschrieben. «Der Preis steht sicher nicht im
Vordergrund, aber wir ver suchen damit, den
Teamgedanken zu stärken», so Bisang. «Der
Juni gehört in der Schweiz zu den regenCredit Suisse Bulletin 3/08
intensiven Monaten. Gerade bei schlechtem
Wetter ist die Motivation, aufs Fahrrad zu
steigen, sicher grösser, wenn eine gewisse
Sozialkontrolle durchs Team spielt.»
Der Erfolg, den die Aktion bei den Mitarbeitenden der Credit Suisse hatte, gab ihm
Recht. Insgesamt haben sich 950 Personen
für diese Aktion angemeldet, wobei viele
von ihnen eine Kombination zwischen Bahnund Radfahrt gewählt haben. Zudem weiss
Bisang von vielen, die während dieser Zeit
inoffiziell, gewissermassen ausser Konkurrenz, mitgemacht haben, weil sie zwar nicht
täglich, aber immerhin sporadisch mit dem
Rad zur Arbeit fahren wollten. «Die Emissionseinsparungen, die ein einzelner Mitarbeitender an einem Arbeitstag auf diese
Weise macht, sind natürlich nicht riesig,
aber wenn man das Autofahren einen Monat
lang konsequent durch Radfahren ersetzt,
summiert sich das. Multipliziert man dies
alles mit der Anzahl Aktionsteilnehmer und
berücksichtigt man zu dem, wie viele andere
Schweizer Unternehmen ebenfalls mitmachen, so ist der Beitrag zum Umweltschutz
doch weit mehr als nur symbolisch.»
Otti Bisang ist überzeugt, dass die Ak tion
das Umweltbewusstsein bei den Mitarbeitenden der Credit Suisse gefördert hat: «Die
Teilnehmenden von ‹bike to work› werden
sicher auch in ihrer Freizeit vermehrt Rad
fahren. Und wer regelmässig Rad fährt, ist
sensibilisierter und dadurch auch motivierter,
noch mehr für die Umwelt zu tun – etwa indem man darauf achtet, weniger Kopien zu
machen oder den Computer während der
Mittagspause abzuschalten.»
Ulrich Körner sieht diese Aktion in einem
weiteren wichtigen Zusammenhang: «Die
Credit Suisse ist als erstes Grossunternehmen in der Schweiz bereits seit 2006
treibhausgasneutral. Sie will dieses Ziel bis
2009 auch weltweit erreichen. Wir wollen
unseren Energieverbrauch also nicht nur
stabilisieren, sondern weltweit senken. Die
Aktion ‹bike to work› findet daher auch im
Rahmen unserer globalen Corporate -Citizenship-Initiative ‹Bekenntnis zum Klimaschutz›
statt », so Körner.
Selbstverständlich begeisterte die Aktion
auch Angehörige anderer Nationalitäten. So
benötigte beispielsweise Kimchi MazzettiNguyen in Genf für den Hin- und Rückweg
zur Arbeit mit dem Fahrrad rund 40 Minuten.
«Ich habe mir vorgenommen, jeden Tag eine
halbe Stunde Sport zu treiben», erklärt die
fitte Vietnamesin, die in ihrer Heimat mit
dem Velo als Haupttransportmittel aufgewachsen sei. Sie radle aus Leidenschaft
und lasse sich daher weder durch Regen
noch durch Schnee von ihrer Fahrt abhalten.
« Ich mache auch jedes Jahr bei den autofreien Tagen ‹slowUp› mit », ergänzt Kimchi
Mazzetti-Nguyen. <
slowUp – ein Land bewegt sich Auf einem 30 Kilometer langen
Strassenstück wurde im Jahr 2000 ein autofreier Erlebnistag für
Velofahrer realisiert. Mittlerweile nehmen über 400 000 Personen
an 13 Veranstaltungen teil. «Im Rahmen des Corporate Volunteering unterstützen Freiwillige der Credit Suisse Procap bei der
Begleitung von Menschen mit einem Handicap. Das ist eine Bereicherung für alle Teilnehmer, insbesondere auch für unsere
Mitarbeitenden», erklärt Zahra Darvishi vom Volunteering Office.
Im Dienste eines
guten Zwecks
We i n k l i m a s c h rä n ke
Einen Tag pro Jahr für eine gute Sache verbringen?
«Selbstverständlich», lautete die Antwort von zahlreichen
Mitarbeitenden der Credit Suisse in der Schweiz.
Sie haben die Ärmel hochgekrempelt und sich als Freiwillige in wohltätigen Organisationen engagiert.
Text: Urs Schwarz
Foto: Urs Schwarz
Obwohl die Freiwilligenarbeit in der Schweiz
eine lange Tradition hat, steckt das Corporate Volunteering noch in den Kinder schuhen.
2006 schenkte die Credit Suisse diesem
Thema in der Schweiz erstmals Beachtung.
Auf Initiative von Hanspeter Kurzmeyer,
Leiter Privatkunden Schweiz, engagierten
sich die Bank und ihre Mitarbeitenden für
den Suppentag, eine Aktion der Schweizer
Wohltätigkeitsorganisation Schweizer Tafeln,
die sich für die Bekämpfung der Armut in
der Schweiz einsetzt. Durch den Erfolg der
Aktion sind die Mitarbeitenden und die Bank
in Sachen Corporate Volunteering auf den
Geschmack gekommen.
Im Rahmen ihrer weltweiten Corporate
Citizenship Initiative hat die Credit Suisse
das Corporate-Volunteering-Programm im
April 2008 offiziell auch in der Schweiz
lanciert. Hierzulande arbeitet die Bank mit
sieben Non-Profit-Organisationen aus den
Bereichen Community Development und Bildung zusammen. «Die Zielsetzungen dieser
Organisationen decken sich voll und ganz
mit den unsrigen», erklärt Fritz Gutbrodt,
Marcel Huly (rechts) und Biker Max
trafen sich an der Wohltätigkeitsveranstaltung Love Ride Switzerland.
Leiter Chairman’s Office, Credit Suisse.
«Volunteering ist ein wichtiger Eckpfeiler
unserer Unternehmenskultur», unterstreicht
auch Ulrich Körner, CEO Credit Suisse
Schweiz. «Sein Nutzen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, fördert es doch
nicht nur die Sozial- und Fachkompetenz,
sondern trägt auch zur Reputation unseres
Unternehmens bei.»
Zu den Partnern gehört neben dem
Schwei zerischen Roten Kreuz auch das
Bergwaldprojekt, das sich für die Erhaltung
der Bergwälder einsetzt. Procap, Plusport
und Love Ride Switzerland sind Initiativen
zugunsten von Behinderten, während die
Stiftung «Hoffnung für Menschen in Not»
Unterstützung für Bedürftige bietet.
Die Organisation Young Enterprise Switzerland verfolgt ein anderes Ziel: jungen
Menschen wirtschaftliches und finanzielles
Grundwissen zu vermitteln, um sie besser
auf die Herausforderungen des Arbeitsmarktes vorzubereiten. Neben der Unterstützung
dieser offiziellen Partnerorganisationen fördern die einzelnen Geschäftsregionen in der
Schweiz auch lokale Freiwilligenprojekte.
Mitarbeiten de der Credit Suisse werden ermuntert, sich einen Tag pro Jahr freiwillig
für ein Projekt einer Partnerorganisation der
Bank einzusetzen, für den sie von der Credit
Suisse entschädigt werden.
Der Love Ride Switzerland, der am 4. Mai
in Dübendorf bei Zürich stattfand, ist eine
jährliche Benefi zveranstaltung, bei der sich
die Bikerszene trifft, um Spenden für Wohltätigkeitsorganisationen zu sammeln, welche
muskelkranke und behinderte Kinder
unterstützen. Zahlreiche Mitarbeitende der
Bank nutzten die Gelegenheit, an der Veranstaltung mitzuwirken. So auch Marcel Huly.
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Um verheerende Folgen des Klimawandels abzuwenden, verlangten Wissenschaftler
und Stadtplaner an dem von der Credit Suisse unterstützten World Science Summit
in New York radikale Massnahmen.
Text: Peter Hossli
Der Physiker Steven Chu, Direktor des Lawrence Berkeley National Laboratory, spricht
deutliche Worte: «Schaffen wir bis 2050
nicht die Klima umkehr, dann geht in den
USA die Produktion der Nahrungsmittel um
20 Prozent zurück.» Auf den Bergen, so seine Begründung, liege dann zu wenig Schnee,
um in Kalifornien die Felder mit Wasser zu
versorgen. «Amerika wird hungern.»
Ausser Frage stehe, dass Wälder verdorren und Küsten überflutet werden, sagte
Nobelpreisträger Chu. «Nur mit umwälzender
Technologie lässt sich eine Klimakatastrophe noch abwenden.» Er war erster Redner
der Gesprächsrunde «Radikale Wissenschaft
für einen sich erwärmenden Planeten» am
World Science Summit Ende Mai in New
York. Etliche angesehene Wissenschaftler
würden derzeit nonstop über revolutionäre
Ideen nachdenken, beschrieb er die Aufbruchstimmung unter Forschern.
Forschung an synthetischen Pflanzen
Chu skizzierte, wie mit Hilfe der Nanotechnologie neuartige Solarzellen entstehen.
Dann stellte er genveränderte Gräser vor,
aus denen weit komplexere Zuckerarten und
somit hochwertigere Biokraftstoffe gewonnen werden sollen, als das mit Mais oder
Zuckerrohr möglich sei. Es werde an synthetischen Pflanzen gearbeitet, die mit Photosynthese Energie erzeugen. Zum Schluss
zeigte Chu ein Bild der Erde, aufgenommen
vom Mond. «Ist der Blaue Planet nicht wunderschön?», fragte er. «Er ist einmalig und
nicht ersetzbar.»
Ein Ansinnen, das der chinesische Umweltminister Zhenhua Xie teilt. Das rasante
Wachstum seines Landes sei «nicht nachCredit Suisse Bulletin 3/08
haltig», sagte er. Handle sein Land nicht
rasch, würde der Wirtschaftsboom irreparable Schäden anrichten. Wohl deshalb erteilte die chinesische Regierung dem britischen Ingenieurbüro Arup den Auftrag, auf
einer Insel bei Shanghai die umweltfreundliche Modellstadt Dongtan zu bauen. ArupDirektor Peter Head stellte das Projekt vor
und erklärte, warum jede Stadt der Welt sich
an Dongtan orientieren müsse. «Vor 100
Jahren standen jedem Menschen acht Hektaren Land zur Verfügung», sagte er. «Heute
sind es noch zwei, doch leben wir so, als ob
diese Verschiebung nie passiert wäre.»
Bis 2010 will Head die erste Phase abschliessen. Vorerst 7000 Menschen ziehen
dann in Dongtan ein und leben umweltneutral. Auf eine halbe Million Menschen könne
die Stadt im Lauf der Jahrzehnte anwachsen. Sie liegt am Meer, sodass Materialien
per Schiff ankommen. Strom wird in Dongtan durch Wind und in von organischem
Abfall betriebenen Kraftwerken erzeugt.
Umweltfreundlich sind die Baustoffe der
Häuser. Das Wasser wird rezykliert. Es gibt
ein hervorragendes öffentliches Verkehrssystem, dazu Fahrrad- und Fusswege.
Sämtliche Autos fahren mit Brennstoffzellen
oder Elektrizität. Die Stadt sei daher weit
ruhiger, was ihre Lebensqualität stark erhöhe, sagte Head. In unmittelbarer Nähe
von Dongtan sollen die meisten Lebensmittel der Bewohner wachsen.
Das ist Dickson Despommier nicht nahe
genug. «Wir brauchen die Fläche von Brasilien, um bis 2050 drei Milliarden Menschen
mehr zu ernähren», sagte der Professor für
Umweltschutz und Gesundheit an der Columbia University. «Brasilien ist aber verge-
ben.» Da bereits 80 Prozent des globalen
Agrarlandes bebaut seien, will er mitten in
Städten Kohl und Kartoffeln, Wein oder
Weizen anpflanzen. Bis zum Jahr 2030 würden 80 Prozent der Menschen in Städten
leben. «Dort, wo Menschen leben, muss das
Essen wachsen», so Despommier. «Das ist
nicht nur möglich, es ist zwingend. Nur
wenn wir die Natur allein lassen, kann sie
sich erholen.»
Wohn-, Büro- und Pflanzhäuser
Seit acht Jahren entwickelt er mit seinen
Studenten das kuriose Konzept der vertikalen Landwirtschaft. Gläserne Wolkenkratzer sollen sowohl Treib-, Wohn- und
Büro häuser sein. Bewässern will er die
Pflanzen mit städtischem Abwasser. Solarzellen entlang der Hochhäuser liefern die
Energie für die vertikalen Bauernhöfe. Er
hofft, in der Stadt Incheon bei Seoul einen
ersten Turm errichten zu können, in dem
Reis und Erdbeeren angepflanzt, aber auch
Hühner und Shrimps gezüchtet werden.
Nicht primär der Staat, vor allem der Privatsektor sei die treibende Kraft hinter revolutionären Projekten, lautete der Konsens der
Debatte. «Investoren haben erkannt, dass
sie mit radikalen Ideen die Erde retten und
Geld verdienen können», sagte Peter Head.
Ob sich das Klimaproblem nicht von selbst
löse, wenn das Fass Rohöl dereinst 250
Dollar koste, lautete eine Frage aus dem
Publikum. «Das reicht nicht aus», sagte
Physiker Chu und erinnerte an den Ölschock
der Siebzigerjahre. Kaum fielen die Preise,
sank die Dringlichkeit. «Wir befinden uns in
einer Krise. Menschen sind aber eine Gattung, die Krisen gut meis tert.» <
Fotos: Charly Kurz
66
Gesellschaft Klimawandel
67
Peter Head ist der
Direktor der britischen
Ingenieurfirma Arup.
Er entwickelt in China
die umweltfreundliche
Modellstadt Dongtan.
«Die Zukunft ist grün»
Bulletin: Eine grüne Modellstadt neu aufzubauen, scheint realistisch, aber wie
verwandeln Sie bestehende Metropolen in
grüne Städte?
Peter Head: Es braucht dazu Partnerschaften
zwischen der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand. Deren Ziel muss es sein, den Ausstoss von Kohlenstoffen zu vermindern. Wir
haben Modelle erstellt, in denen Städte und
Regionen mit 100 000 bis 200 000 Menschen
in einem Zeitraum von 30 Jahren begrünt werden können.
Wie soll das gehen?
Im Vordergrund stehen bessere öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad- und Fussgängerzonen.
Die Nahrungsmittelproduktion muss in oder an
den Rand von Städten verlegt werden. Städte
sollen dichter bebaut werden, sodass Freiräume für Parks entstehen.
Der Traum von der Modellstadt existiert
seit Jahrzehnten. Projekte in Brasilien,
in Mexiko oder in Australien führten aber zu
leblosen Kunststädten.
Head: Oft fehlt bei geplanten Städten die
Authentizität. Es ist wichtig, die Kultur, die Geschichte und die natürliche Umgebung eines
Ortes zu verstehen und bei der Planung einzubeziehen. So kann eine kulturell dynamische
Stadt entstehen, die organisch wächst.
In der Regel entscheidet der Markt über
das Wachstum einer Stadt. Der Markt lässt
Ende Mai fand in den ehrwürdigen Hallen der Columbia University in New York der
von der Credit Suisse unterstützte World Science Summit statt. Unten Anlässlich der
hochdotierten Podiumsdiskussion rund um die Erderwärmung diskutierten von links nach
rechts: Steven Chu, Direktor des Lawrence Berkeley National Laboratory; Peter Head,
Direktor bei der britischen Firma Arup, Professor Dickson Despommier, Columbia University;
Andy Karsner, Assistant Secretary for Energy; Walter Isaacson, Präsident und CEO des
Aspen Institute.
Oben
sich nicht planen.
Head: Der Plan einer Modellstadt muss sich
am kommerziellen Wert des Landes orientieren.
Wir schaffen nur Rahmenbedingungen für den
Privatsektor, umweltgerecht zu bauen. Effiziente Nutzung von Ressourcen wird der künftige
Antrieb für Wirtschaftswachstum sein. Die Zukunft ist grün.
Sowohl in Europa wie in Asien und den
USA gibt es Initiativen für grünere Städte.
Warum gerade jetzt ?
Head: Anleger haben den Umweltschutz als
Investmentmöglichkeit erkannt. Viele Führungskräfte sehen ihn als gutes Geschäft. Sprach
man früher von Corporate Responsibility, ist der
Umweltschutz heute ein knallhartes Geschäft
geworden. hoss
Credit Suisse Bulletin 3/08
68
Gesellschaft Volunteering
Eine unkonventionelle Schule in Harlem
The Children’s Storefront
«The Children’s Storefront », eine gebührenfreie Privatschule im New Yorker Stadtbezirk
East Harlem, will ihren Schülern eine solide Ausbildung anbieten. Das jährliche Betriebsbudget von 3,6 Millionen Dollar wird fast vollständig über Private finanziert. Die Credit
Suisse gehört zu den wichtigsten Spendern von Geld, aber auch von Freiwilligenarbeit.
Text: Dorothée Enskog
«The Children’s Storefront » wurde 1966 vom
Dichter Ned O’Gorman als «Auffangzentrum»
für Kinder aus Harlem gegründet. Seither hat
sich die Einrichtung zu einer eigenständigen
Schule für Kinder vom Vorschulalter bis zur
achten Klasse entwickelt. Harlem, der Stadtteil, in dem die Schule liegt, kämpft mit Sozialproblemen verschiedenster Art und weist ein
mittleres Einkommen von 16 600 Dollar sowie
die höchste Dichte an Notunterkünften und
Drogenbehandlungszentren des gesamten
Stadtbezirks Manhattan auf.
Neben einem geordneten und abwechslungsreichen Unterrichtsplan verfügt die
Schule in Harlem auch über ein Nachmittags- und Bereicherungsprogramm, um die
akademische Entwicklung der Schüler zu
fördern und ihnen nach Schulschluss und
während der Sommerferien, wenn manche
von ihnen unbeaufsichtigt und somit anfällig
für negative Einflüsse sind, einen sicheren
Hort zu bieten.
Banker leisten positiven Beitrag
In diesem Jahr sind rund 170 Schülerinnen
und Schüler eingeschrieben, die neben dem
regelmässigen Unterricht in Fächern wie
Mathematik, Geschichte und Englisch auch
von einer breiten Palette ausserschulischer
Aktivitäten wie Gospelchor, Kunst, Leichtathletik und afrikanischem Tanz profitieren.
Bei der Koordination all dieser Aktivitäten
wird das 40 -köpfige Schulpersonal von 70
Freiwilligen unterstützt, die im Schulzimmer
und in der Bibliothek wie auch hinter den
Kulissen beim Spendensammeln und in der
Verwaltung aushelfen.
Nachhilfe und Hausaufgabenbetreuung
werden ebenfalls angeboten, und hier macht
sich das Engagement der Mitarbeitenden
Credit Suisse Bulletin 3/08
der Credit Suisse bemerkbar. Im letzten die Beteiligung an einem Theaterprojekt mit
Jahr leisteten mehr als 110 Mitarbeitende Kindergärtnern in einem Pflegeheim.
der Bank insgesamt 430 Stunden FreiwilliZiel der Schule ist es, die Kinder nicht nur
genarbeit für die « Children’s Storefront », akademisch auf das Erwachsenenleben vorzubereiten, sondern ihnen in Zusammenarhauptsächlich in Form von Nachhilfe.
beit mit Familien und Gemeindemitgliedern
Banker leisten positiven Beitrag
auch den sozialen und emotionalen RückZweimal im Monat besucht eine Gruppe jun- halt zu bieten, den sie für die Weiterbildung
ger Investmentbanker zusammen mit Mana- benötigen. «Wir wollen jedes Kind dazu beging Director Eileen Urban die Schule, um fähigen, sein Potenzial zu erreichen, indem
den Kindern Nachhilfeunterricht zu erteilen. wir den Schülern die Möglichkeit zu einer
«Zu viert oder fünft helfen wir Zweit-, Dritt- hervorragenden Ausbildung geben. Wir komund Viertklässlern in den wichtigsten Fä- binieren die offene Aufnahmepolitik des
chern, vor allem Mathematik und Lesen. Ich amerikanischen Schulsystems mit dem rigodenke, die involvierten Nachwuchsbanker rosen akademischen Lehrplan einer Privatsind mit Freude bei der Sache, denn die schule. Dieser Ansatz hat sich als äusserst
Kinder zeigen sich fleissig und interessiert », erfolgreich erwiesen», erklärt die Leiterin
erklärt Urban.
der «Children’s Storefront », Kathy Egmont.
Ein weiterer «Volunteer » ist Managing Fast 93 Prozent aller «Storefront »-AbsolDirector George Weiksner, der sich über venten machen den Highschool-Abschluss
100 Stunden im Jahr als Mitglied des Schul- und 75 Prozent besuchen danach ein Colvorstands engagiert, Karriereberatung bie- lege. Diese Zahlen liegen deutlich über der
tet, Nachhilfeunterricht erteilt und an Hallo- Durchschnittsrate von 33 Prozent für Highween Kürbisse bemalt. «Es ist für mich eine school-Abschlüsse in der Stadtgegend.
sehr bereichernde Erfahrung», sagt er. «Für
Banker leisten positiven Beitrag
Kinder aus heruntergekommenen Stadtquartieren ist Schulbildung das wichtigste « Wenn Kinder die Highschool nicht abMittel, die vielen Benachteiligungen zu über- schliessen, hat das enorme Folgekosten.
winden, denen sie sich gegenübersehen. Ich Die Arbeitslosigkeit unter jenen, die keinen
ermuntere andere dazu, von dieser Möglich- Abschluss besitzen, ist doppelt so hoch wie
keit Gebrauch zu machen und etwas für das bei jenen mit einem Bachelor », sagte Rob
Wohl ihrer Gemeinde zu tun.»
Shafir, CEO der Region Americas, anlässlich
«The Children’s Storefront » ist die wich- der jährlichen Frühlingsgala der Schule
tigste Wohltätigkeitsorganisation der Invest- am 19 . Mai in New York. «Eine Investition in
ment Banking Division der Credit Suisse in ‹The Children’s Storefront› macht sich desNew York. «Wir sammeln auch an unserer halb definitiv bezahlt », erklärte er vor 500
Weihnachtsfeier Geld für die Schule», sagt Gönnern der Schule. Die Credit Suisse war
Urban. Zu den weiteren Projekten in der Ehren gast der Veranstaltung und spendete
Pipeline gehören eine Büchersammelaktion, der Schule in diesem Jahr einen Betrag
Weihnachtsgeschenke für die Schüler und von 250 000 Dollar. <
Gesellschaft Meldungen
69
Kurze Meldungen
Drei Millionen für die Katastrophenhilfe
in China und Myanmar gesammelt
In der Geschäftsregion Asia Pacifi c lassen
Mitarbeitende der Credit Suisse von Zeit zu
Zeit ihre Geschäftsgarderobe zu Hause und
erscheinen stattdessen in Jeans zur Arbeit.
Doch nicht ohne Folgen: Die Jeansträger
verpfl ichten sich zu einer Geldspende für
einen wohltätigen Zweck. Das Geld, das die
Mitarbeitenden am bisher letzten « Jeans Day» Ende Mai 2008 spendeten, ging an Hilfs- und Wiederaufbauprojekte in China und
Myanmar. Am 12. Mai 2008 hatte ein Erdbeben der Stärke 7,9 auf
der Richterskala die nordwestchinesische Provinz Sichuan erschüttert. Das Erdbeben hinterliess 80 000 Tote oder Vermisste und über
fünf Millionen Obdachlose. Zehn Tage zuvor hatte ein Wirbelsturm
Südostasien heimgesucht. Der Zyklon «Nargis» zerstörte weite Teile
Myanmars und forderte 130 000 Tote oder Vermisste.
Mit der « Jeans Day»-Spendenaktion vom 23. Mai 2008 kamen
allein durch die Mitarbeitenden der Credit Suisse in der Region
Asia Pacifi c fast 500 000 Franken zusammen. Weitere 200 000
Franken wurden von Mitarbeitenden der Bank über andere Kanäle
gespendet. Der Katastrophenhilfsfonds der Credit Suisse Foundation besserte die Spendenaktion der Mitarbeitenden durch den
doppelten Beitrag auf, sodass insgesamt über zwei Millionen Franken überwiesen werden konnten. Ausserdem leistete das Unternehmen zwei Sofortspenden in Höhe von je 500 000 Franken für
Nothilfeprojekte in Myanmar und China. Der gesamte Spen denbetrag beläuft sich somit auf über drei Millionen Franken. de
Führende CEOs befassen sich mit
dem Thema Klimawandel
Am 20. Juni 2008 wurde dem japanischen Premierminister Yasuo
Fukuda, der im Juli Gastgeber des jährlichen G8-Gipfels auf Hokkaido (Japan) ist, ein an die Führer der G8-Staaten gerichteter Bericht mit detaillierten Empfehlungen zum Klimawandel für die Zeit
nach 2012 vorgelegt. Die « CEO Climate Policy Recommendations
to G8 Leaders» werden von den CEO s der 100 grössten multinatio na len Unternehmen unterstützt, darunter auch Brady Dougan,
CEO der Credit Suisse. Diese Gruppe von CEO s der weltgrössten
Unternehmen plädiert für ein neues, «umweltpolitisch wirksameres
und wirtschaftlich effi zienteres» politisches Rahmenwerk als Nachfolger des Kyoto-Abkommens. Die Empfehlungen gehen von einer
starken Führungsrolle aller Regierungen, insbesondere jener der
wichtigsten Wirtschaftsmächte, aus. mb
Fotos: Credit Suisse
Innovative Mittelbeschaffung für
Bildungsprojekt in Pakistan
«Dragon’s Den» heisst eine beliebte britische Fernsehshow, bei der
künftige Unternehmer ihre Geschäftsideen möglichen Investoren
vorstellen. Die Credit Suisse in London hat dieses Konzept für
einen gemeinnützigen Zweck übernommen: Bei der ersten Charity
Dragon’s Den Competition wurden fünf Finalisten von einer internen
Jury, die total 100 000 Pfund verteilen konnte, ins «Kreuzverhör »
genommen. Den Hauptpreis gewann Ali Atif, der die Organisation
The Citizen Foundation ( TCF ) unterstützt, welche in Pakistan bislang 455 Schulen gebaut hat. Diese werden von rund 55 000 Schülern und Schülerinnen besucht, die sonst keine Bildungschance
erhalten hätten. Als besonders preiswürdig wurde die Mittelbeschaffung erachtet: Atif und seine Freunde gründeten eigens die
Firma CV Boosters, in der freiwillige Finanzspezialisten Schulung
und Beratung anbieten, sei es beim Schreiben von Bewerbungsbriefen oder Führen von Vorstellungsgesprächen. Der gesamte
Erlös fl iesst zur TCF nach Pakistan. Den zweiten Preis gewann
Giles Keating mit dem Projekt VoiceMail4All, das Obdachlosen in
London einen kostenlosen Voicemail-Zugang zur Verfügung stellt,
damit potenzielle Arbeitgeber leichter mit ihnen in Kontakt treten
können. (Siehe auch www.credit-suisse.com/verantwortung) schi
«Giving Back Awards» in New York
würdigen Freiwilligenarbeit
Am 30. April war die Credit Suisse Americas
Foundation zum dritten Mal Gastgeberin der
«Giving Back Awards». An diesem Event
werden tausende von Mitarbeitenden der
Credit Suisse gewürdigt, die sich während
des Jahres freiwillig in gemeinnützigen Organisationen engagieren. «Die ‹Giving Back
Awards› bieten der Credit Suisse Gelegenheit, sich bei allen Mitarbeitenden zu bedanken, die in ihrem Umfeld einen herausragenden Beitrag geleistet haben», sagte Eric Eckholdt, Exeku tivdirek tor
der Foundation, an der Veranstaltung. «Dieser Anlass bietet den
Anwesenden ausserdem Einblick in die Vielfalt der freiwilligen Einsätze, die wir leisten.»
Die Veranstaltung wurde von fast 500 Mitarbeitenden in
New York besucht und über Videokonferenz für Mitarbeitende in
ganz Nord- und Lateinamerika übertragen. Robert Shafi r, CEO
Asset Management und CEO Region Americas der Credit Suisse,
eröffnete die Veranstaltung. In seiner Rede betonte er die Zielsetzung der Bank, etwas an die Gemeinden, in denen sie tätig ist,
zurückzugeben. Ausserdem gelte es, den Einsatz der Mitarbeitenden für Organisationen zu würdigen, die von der Credit Suisse
unterstützt werden. «Es ist wichtig, dass wir diejenigen Personen
anerkennen und belohnen, die helfen, diesen Geist innerhalb der
Bank zu entwickeln», erklärte er. Ausgezeichnet wurden herausragende Beiträge in den folgenden Kategorien: «Most Valuable
Volunteer », «Branch Offi ce of the Year », «Department/Division of
the Year », «Fundraiser of the Year », «Innovator of the Year », «Leadership, Mini-Grant of the Year », «Champion of the Year », «Rookie of
the Year » und «Unsung Heroes».
Die jährlich stattfi ndende Veranstaltung wird von der Credit
Suisse Americas Foundation unterstützt. Die Stiftungsräte der
Foundation überreichten den zahlreichen Mitarbeitenden und Teams
für ihre herausragenden Leistungen im vergangenen Jahr die
«Giving Back Awards». mb
Credit Suisse Bulletin 3/08
Leader Kofi Annan
«Der Klimawandel verursacht eine
gefährliche Kettenreaktion»
Interview: Mandana Razavi
Eineinhalb Jahre sind vergangen, seit Kofi Annan sein Amt
als Generalsekretär der Vereinten Nationen an seinen Nachfolger
übergeben hat. Doch der Mann, der von der Öffentlichkeit als
«moralisches Gewissen der Welt» bezeichnet wird, setzt sich weiterhin für die Schwächsten ein – und mobilisiert dafür die Stärksten.
Bulletin: Nach Ablauf Ihrer Amtszeit als
Generalsekretär der Vereinten Nationen
haben Sie sich neuen Projekten zugewandt: Zusammen mit dem Aus senministe rium der Schweiz und der Stadt
Genf haben Sie das «Global Humanitarian
Foto: Larry W. Smith, epa, Keystone
Forum» gegründet. Wie kam es dazu?
Kofi Annan: Wir haben uns die humanitäre
Situation in der Welt angesehen und uns dabei gefragt, wie wir als Gesellschaft am besten an diese Probleme herangehen können.
Wir wollten uns diesem Thema auf systematische Weise annähern, um nachhaltig etwas
bewirken zu können. So kamen wir auf die
Idee, ein Forum zu gründen, das sich auf
globaler Ebene mit den humanitären Problemstellungen unserer Zeit befasst. Wir
versuchten, möglichst viele Experten und
Meinungsführer aus ganz unterschiedlichen
Bereichen – wie etwa aus Universitäten, Regierungen, der Privatwirtschaft, dem Militär
oder aus Nichtregierungsorganisationen – zu
überzeugen und an einen Tisch zu bringen.
Das Forum wurde letzten Oktober ins
Leben gerufen. Wie geht es weiter ?
Das erste Jahrestreffen fand am 24 . und
25 . Juni statt. Wir haben beschlossen, uns
im ersten Jahr auf den Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und der prekären
humanitären Situation in den ärmsten Ländern zu konzentrieren und mit vereinten
Kräften nach Lösungen zu suchen. Erstaunlicherweise denken auch heutzutage noch
viele Menschen, dass der Klimawandel etwas ist, das irgendwann einmal – in ferner
Zukunft – auf uns zukommt. Sie betrachten
die Entwicklungen der Umwelt gewissermassen als abstraktes Problem. So wissen
zwar viele, dass es wichtig ist, die Treibhausgasemissionen weltweit drastisch zu
reduzieren, um drohende Umweltkatastrophen zu verhindern, aber die Menschen sind
sich viel zu wenig im Klaren darüber, dass
der Klimawan del bereits stattfindet und unsere Umwelt schon stark davon betroffen
ist. Dabei ist es entscheidend, die Dringlichkeit dieses Problems zu erkennen, zumal der
Klimawandel einen direkten Einfluss auf das
Leben der Menschen hat – besonders auf
jene in den Entwicklungsländern. So verursacht er in einigen Ländern lange und
schwere Trockenperioden, die wiederum
fatale Auswirkungen auf die Produktivität
der Landwirtschaft haben. Als Folge davon
nehmen Unterernährung und Krankheiten
dramatisch zu.
Sie verweisen hier also auf das
Phänomen einer Kettenreaktion?
Genau. In manchen Regionen dehnt sich die
Wüste mit einer Geschwindigkeit von über
sieben Kilometern pro Jahr aus. Es ist absolut zwingend, so rasch als möglich Massnahmen zu ergreifen, um diese gefährlichen
Entwicklungen unter Kontrolle zu bringen
und diese Regionen zu entlasten. Die Menschen dieser Länder sind die ärmsten, die
am leichtesten verwundbaren und die mit
den geringsten Ressourcen. Wir müssen
dringend einen Weg finden, sie zu unterstützen, und ihnen helfen, sich an die veränderten Umweltbedingungen anzupassen.
Noch sind die Auswirkungen des
Klimawandels nicht für alle spürbar.
Wie dramatisch ist die Situation wirklich?
Wie dramatisch die Situation in einigen Ländern bereits ist, sehen und hören wir immer
wieder: So leben beispielsweise die Menschen zahlreicher Städte, die sich nahe am
Meeresspiegel befinden, in ständiger Bedrohung vor Überflutung. Der Präsident der
Malediven, der an einem unserer Semi- >
Credit Suisse Bulletin 3/08
71
Leader Kofi Annan
nare in Genf teilnahm, berichtet, dass die
Einwohner der Malediven das Meer über
Jahrtausende hinweg als «mächtigen Freund»
und Quelle des Lebens angesehen hätten.
Die Einstellung der einheimischen Menschen
habe sich in den letzten Jahren jedoch
grundlegend geändert. Das Meer sei für sie
zum Feind geworden, denn der stetig ansteigende Meeresspiegel bedrohe mittlerweile
ihre gesamte Existenz. Sie seien daher gezwungen, unverzüglich Massnahmen zu ergreifen, um sich zu schützen.
Welchen Beitrag kann die Privatwirtschaft leisten?
In seiner zehnjährigen Tätigkeit
als Generalsekretär stellte Kofi Annan
in diversen Krisensituationen sein
diplomatisches Geschick eindrucksvoll unter Beweis: So bemühte er
sich um die Zustimmung des Iraks zu
den Resolutionen des Sicherheitsrats
und unterstützte den Übergang zu
einer Zivilregierung in Nigeria. Nach der
Unabhängigkeitserklärung OstTimors und den darauffolgenden Ausschreitungen und Terrorakten der
indonesischen Milizen im September
1999 beauftragte er eine UN -Delegation mit der Übergangsverwaltung
und dem Ziel, Ost-Timor zur Gründung eines unabhängigen Staates zu
verhelfen. Weiter setzte Annan
die Bekämpfung von HIV und Aids auf
die Traktandenliste der UNO, die bis
zum damaligen Zeitpunkt eine adäquate Auseinandersetzung mit diesem
Thema versäumt hatte. Ein weiteres
Beispiel seines Schaffens war
die Lancierung des Global Compact,
dessen Ziel es ist, den Herausforderungen der Globalisierung in den
Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen und Umwelt zu begegnen.
Die Amtszeit Kofi Annans endete am
31. Dezember 2006. Seither hat er
sich unter anderem als Chef vermittler
in der kenianischen Krise betätigt
und engagiert sich mit dem Global
Humanitarian Forum und der Alliance
for a Green Revolution in Africa
weiterhin tatkräftig im humanitären
Bereich. Kofi Annan ist in zweiter
Ehe mit der schwedischen Rechtsanwältin Nane Lagergren verheiratet und
hat zwei Kinder aus erster Ehe.
Credit Suisse Bulletin 3/08
Wir erwarten vom Privatsek tor, dass er mit
weiteren Innovationen aufwartet – etwa indem sowohl Know-how als auch fi nanzielle
Mittel in «grüne Technologien» investiert
werden. Ich bin der Überzeugung, dass es
sich für diejenigen, die ihr Fachwissen, ihre
Kreativität und ihr Geld in diesen Geschäftsbereich fl iessen lassen, langfristig lohnen
wird. Ich glaube, dass die Entwicklung «Greening of the World» ähnlich wichtig für unsere
Gesellschaft werden könnte wie einst die
industrielle Revolution. Viele kreative Köpfe
und innovative Firmen fokussieren momentan auf dieses Thema. Und ich denke, sie
sind auf dem richtigen Weg.
Und abgesehen von den erhofften
Innovationen aus der Wirtschaftswelt ?
Natürlich gibt es diverse andere Instrumente,
mittels derer die Privatwirtschaft uns unterstützen kann. So könnte man nach Möglichkeiten suchen, um den Bauern Risikoversicherungen anzubieten, die sie bei Ernteausfällen auffangen, oder man könnte Menschen
Zugang zu finanziellen Mitteln ermöglichen,
die normalerweise keinerlei Zugang zu Geld
haben und die auch niemanden zum Thema
Finanzierung um Rat fragen können. Der
Privatsektor kann einen weiteren wichtigen
Beitrag leisten, indem er den Aufbau von
kleinen und mittelgrossen Unternehmen in
Entwicklungsländern unterstützt und fördert.
Dies nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch indem man die Menschen vor Ort
bei Vertragsverhandlungen und in Finanzangelegenheiten berät. Ganz besonders
Mikrounternehmungen sind auf das Knowhow und die Kompetenz grösserer Wirtschaftskonzerne angewiesen, um ihr Geschäft
zum Laufen zu bringen. Erfreulicherweise
engagieren sich immer mehr Wirtschaftsunternehmen im Bereich der Mikrofinanz.
Doch egal auf welchem Weg sich der Privatsektor einbringen will: Es ist wichtig, sicherzustellen, dass der eingeschlagene Weg
nachhaltig ist. Nur nachhaltig geplante
Massnahmen büssen nicht schon nach kurzer Zeit ihre Wirkung ein.
Viele grosse Unternehmen haben
in den letzten Jahren den Global Compact
unterzeichnet, einen Pakt, der zwischen
Unternehmen und der UNO geschlossen
wird, mit dem Ziel, die Globalisierung
sozialer und ökologischer zu gestalten.
Greift der Global Compact Ihrer Meinung
nach überhaupt noch weit genug?
Das Ziel und die Absichten des Global Compact waren sicherlich ein guter Anfang. Wir
haben den Global Compact 1999 in Davos
lanciert. Mittlerweile haben fast 4000 Unternehmen aus aller Welt den Global Compact unterschrieben. Das ist ein beachtlicher
Erfolg. Aber wenn ich mir die Situation der
Umwelt heute anschaue, denke ich, dass
noch mehr getan werden sollte. Wir müssen
alle noch besser zusammenarbeiten, um die
Treibhausgasemissionen weiter redu zieren
zu können. Es sollten dringend weitere Anpassungen in diversen Bereichen wie etwa
Infrastruktur und Verkehr vorgenommen
werden. Es gilt jedoch einen Weg zu finden,
der auch den ärmeren Ländern ermöglicht,
mit diesen Anpassungen umgehen zu können. Denn all diese Anpassungen, die zur
Reduktion der Treibhausgase dringend nötig
sind, werden eine gewaltige Menge an finanziellen Mitteln verschlingen. Also müssen wir
uns so schnell als möglich um neue Finanzierungsmöglichkeiten bemühen. Vielleicht
sollten wir es eher so sehen: Je grösser die
Herausforderung, desto besser können wir
unsere Kreativität und Innovationskraft unter
Beweis stellen.
Das Global Humanitarian Forum ist
keineswegs das einzige Projekt, für das
Sie sich engagieren. Als Vorsitzender der
Alliance for a Green Revolution in Africa
( AGRA ) bemühen Sie sich um die
Verbesserung der Lage in Ihrer Heimat.
Was steht hinter diesem Projekt ?
Für dieses Projekt war die grosse Besorgnis
über die mangelnde Produktivität der afrikanischen Bauern – und damit die Besorgnis
um den generellen Mangel an Nahrung in
Afrika – ausschlaggebend. Daher habe ich
vor ungefähr fünf Jahren eine Studie beim
InterAcademy Council in Auftrag gegeben.
Das ist ein Zusammenschluss von verschiedenen renommierten wissenschaftlichen
Instituten und Akademien aus aller Welt.
In der Studie sollte die Situation der afrikanischen Agrarwirtschaft analysiert werden:
Wir wollten feststellen, wo genau die Pro-
Foto: Mathias Luedecke
72
Leader Kofi Annan
bleme liegen und in welchen Bereichen Verbesserungsmöglichkeiten bestehen, damit
man so rasch als möglich eine Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft erreichen und die Bauern besser unterstützen
kann. Die InterAcademy hat einen sehr fundierten Bericht abgeliefert, den wir dann
diversen Führungskräften und einflussreichen Personen in ganz Afrika zukommen
liessen. Der Bericht stiess auf grosses Interesse und der Stein kam ins Rollen: Vor
zwei Jahren haben wir die Alliance for a
Green Revolution ins Leben gerufen. Gründungsmitglieder sind etwa die Bill & Melinda
Gates Foundation oder die Rockefeller
Foundation. Die Kernidee war, Möglichkeiten
zu finden, den Kleinbauern zu helfen: Sie
sind die Hauptnahrungslieferanten in Afrika.
Wir möchten sicherstellen, dass die Bauern
und Bäuerinnen alles Nötige erhalten, um
produktiv wirtschaften zu können. Und ich
spreche hier bewusst von den Bäuerinnen,
denn es sind vielfach die Frauen, die die
Felder bewirtschaften.
Angesichts der immer noch schwierigen Situation in Afrika scheinen die
Ziele, die man sich gesteckt hat, ambitioniert. Wie gehen Sie bei der AGRA vor,
um sie zu erreichen?
Wir müssen versuchen, den Bauern qualitativ hochwertige res Saatgut zu besorgen,
damit sie höhere Erträge erwirtschaften
können. Wichtig ist auch, dass es besonders widerstandsfähig gegenüber Pflanzenschädlingen ist. Zudem müssen wir nach
Wegen suchen, die Bodenqualität zu verbessern. Durch das Klima und die ständige
Hitze ist der Boden in Afrika stark beansprucht und ausgelaugt. Wenn wir hier eine
Lösung finden, könnten die Erträge der
Landwirtschaft signifikant gesteigert werden. Ein ganz zentraler Punkt ist auch die
Sicherstellung einer zuverlässigen Wasserversorgung. Zudem arbeiten wir daran, Lösungen für die Lagerung von Lebensmitteln
zu suchen. Wir möchten mit Afrika zusammen an sämtlichen Aspekten der Wertschöpfungskette arbeiten, die den Anschluss
des Kontinents an den Markt verbessern,
und hoffen, dass wir durch all diese Massnahmen in zirka fünf Jahren die afrikanische
Nahrungsmittelkapazität verdoppeln oder
sogar verdreifachen können. <
Kofi Annan war Gastreferent am ersten
Credit Suisse Salon, der am 23. April im
Museum Rietberg in Zürich stattfand.
73
Lebensweg eines Krisenmanagers
Sein Verständnis für fremde Kulturen und sein Verhandlungsgeschick sind
legendär. Erworben hat Annan diese Eigenschaften bereits in der Jugend.
Als Kofi Atta Annan am 8. April 1938 als
ältester Sohn einer grossen, wohlhabenden
Familie in Ghana das Licht der Welt erblickte,
waren die Vereinten Nationen noch nicht
einmal gegründet. Die Organisation, die
später seinen Lebensweg massgeblich prägen würde, sollte erst sieben Jahre später
ins Leben gerufen werden. Kofi Annan verbrachte den grössten Teil seiner Kindheit in
Kumasi, einer Provinzhauptstadt an der
Goldküste. Sein Vater war ein angesehener
Geschäftsmann und Regionalpolitiker, dessen Tätigkeit es mit sich brachte, dass Kofi
und seine Geschwister häufig die Schule
wechseln mussten. Die Kinder waren von
Anfang an mit unterschiedlichen Kulturen
konfrontiert: So lehrte man sie in der Familie afrikanische Bräuche, zugleich stand das
Land damals noch unter britischer Kolonialherrschaft. Toleranz, Anpassungsfähigkeit
und Verständnis für andere Kulturen waren
also Werte, die sich Annan früh aneignete.
Mit 16 Jahren kam er auf ein Eliteinternat,
wo man erstmals bemerkte, was für ein geschickter Redner und Vermittler er war. Neben seinen ausgeprägten kommunikativen
Fähigkeiten fiel auch sein sportliches Talent
als Sprinter auf. Annans Internatszeit endete
1957, dem Jahr der Unabhängigkeit Ghanas.
Er kehrte in seine Heimatstadt Kumasi zurück und begann mit dem Wirtschaftsstudium. Die neue Situation der Unabhängigkeit
in Ghana rief in ihm den Wunsch hervor,
sich – wie schon sein Vater – politisch zu engagieren, um sich am Aufbau des «neuen»
Landes beteiligen zu können. Er trat dem
Studentenrat bei. An einem Studentenkongress wurde ein Vertreter der Ford-Stiftung
auf den charismatischen jungen Mann aufmerksam. Er riet Annan, sich für ein Stipendium in den Vereinigten Staaten zu bewerben. Er bekam tatsächlich einen Platz an
einem College in Minnesota, verliess seine
Heimat und setzte sein Studium auf einem
anderen Kontinent fort.
Er beteiligte sich weiterhin oft an Rhetorikwettbewerben und hielt bewegende Reden über das Gefälle zwischen Arm und
Reich, gewann sogar einen landesweiten
Wettbewerb. 1961 schloss er sein Studium
in Minnesota ab und folgte dann einem
Freund in die Schweiz, um dort noch ein
weiteres Jahr am Hochschulinsti tut für inter-
nationale Studien der Universität Genf zu
studieren. Wie viele seiner Kommilitonen
bewarb sich auch Annan um einen Job bei
den Vereinten Nationen, 1962 erhielt er
schliesslich eine befristete Stelle bei der
Weltgesundheitsorganisation (WHO). Er erhielt ein Folgeangebot und trat eine Stelle
als Verwaltungs- und Finanzfachmann an.
Nach drei Jahren bei der WHO zog es ihn
jedoch zurück nach Afrika. Er nahm einen
Posten als Personalreferent bei der UN -Wirtschaftskommission in Äthiopien an. Danach
arbeitete er bei den Notfallstreitkräften der
Vereinten Nationen in Ismailia und schliesslich, wieder zurück in Genf, im Büro des
Hohen Flüchtlingskommissars. Anschliessend übernahm er die Personalleitung der
United Nations Emergency Force in Kairo.
Von 1975 bis 1976 verliess Annan die UNO,
um endlich in seine Heimat Ghana zurückzukehren und die Förderung des Tourismus
vor Ort zu organisieren.
Doch auch in Ghana hielt es ihn nicht lange: Wieder kehrte er zu den Vereinten Nationen zurück und arbeitete als Beigeordneter
Generalsekre tär in unterschiedlichen Positionen. Im Jahr 1993 wurde Annan vom damaligen UNO - Generalsekretär Boutros
Boutros- Ghali zum Untergeneralsekretär
mit dem Aufgabenbereich Friedenssicherung ernannt. 1995 wurde er als Sonderbeauftragter des Generalsekretärs nach Zagreb
entsandt. Seine Leistungen im Zusammenhang mit der Organisation verschiedener
Kriseneinsätze in Somalia, Ruanda und dem
ehemaligen Jugoslawien verschafften Kofi
Annan Anerkennung auf dem internationalen diplomatischen Parkett.
Am 13 . Dezember 1996 wurde Annan
vom UN - Sicherheitsrat als erster Schwarzafrikaner zum UN - Generalsekretär gewählt. In
seiner zehnjährigen Tätigkeit als Generalsekretär der Vereinten Nationen trug Annan wesentlich zur Bewältigung diverser schwieriger
politischer Situationen bei. Für seine zahlreichen Verdienste um die Menschlichkeit wurde Kofi Annan 2001 mit dem Friedensnobel-
preis geehrt. Er übergab sein Amt am
31. Dezember 2006 dem damaligen südko-
reanischen Aussenminister Ban Ki-moon.
Seither engagiert sich Kofi Annan weiterhin – und aus tiefster Überzeugung – für die
Ärmsten dieser Welt. mar
Credit Suisse Bulletin 3/08
74
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@propos
Meine California Connection
Meine beste Freundin lernte ich in Malibu kennen. Wir waren eine kleine Gruppe von Jungredakteuren, die ihren Uniabschluss seit ein
oder zwei Jahren in der Tasche hatten. Wir arbeiteten für verschiedene Magazine eines Verlagshauses, das zu Fuss keine zehn Minuten
vom Strand entfernt lag. Die Bezahlung war
mickrig, das Arbeitspensum gross, doch wir
jungen Schreiberlinge wussten das Optimum
aus unserem attraktiven Standort herauszuholen: Im Sommer vergnügte sich unsere Clique
über Mittag jeweils beim Wellenreiten.
Eines Tages stiess eine junge Frau dazu.
Trotz viel guten Willens konnte sie eines nicht
verbergen: Sie war absolut keine Wassernixe.
Tapfer versuchte sie immer wieder, auf einer
Welle zu reiten – bis sie schliesslich, wie zu befürchten war, selbst von einer erfasst und ver-
[email protected]
schluckt wurde. Mit bangen Blicken hielten wir
von unseren Surfbrettern aus Ausschau nach
ihrem auftauchenden Kopf. Nach einer gefühlten Ewigkeit strandete sie schliesslich – etwas
ramponiert, wie uns schien. Sie erhob sich sogleich wieder, gab zu unser aller Verwunderung
ein herzhaftes Lachen von sich, schüttelte den
Sand von ihrem Badeanzug, ergriff ihr Brett
und stürmte zurück zu uns ins Wasser.
Das war der Moment, in dem unsere Freundschaft besiegelt wurde. Eine Freundschaft, die
auch nach elf Jahren immer noch hält. Das
Ungewöhnliche daran ist, dass ich seit acht
Jahren in Zürich lebe. Das Band, das uns zwischen meinen alljährlichen Ferien in Kalifornien
zusammenhält, heisst E-Mail. Viele mögen kritisieren, dass die E-Mail-Kommunikation die
echte Kommunikation zerstört hat. Ich bin da
ganz anderer Meinung. Für meine Freundin
und mich ist es das zentrale Kommunikationsmittel. Mindestens zwei, drei Mal pro Woche
erwarte ich morgens in der Inbox eine ausführliche, vor Witz und Häme nur so strotzende
Replik auf mein E-Mail-Elaborat vom Vortag.
Diese Mail – dieser Link zu meiner Vergangenheit, zu meinem Geburtsstaat Kalifornien, zu
meiner Freundin – versetzt mich jeweils für den
ganzen Rest des Tages in gute Laune. Und
abends verfasse ich dann eine meiner Ansicht
nach um einiges witzigere, aber ebenso ausführliche Antwort, an der sie sich ihrerseits
beim Morgenkaffee ergötzen kann. Also: Bringen Sie Ihre Finger in Stellung und senden Sie
Ihren Freunden und Verwandten noch heute
einen elektronischen Brief. Sie werden es
nicht bereuen.
credit-suisse.com/infocus
Seit über 50 Jahren sind Rundstrecken-Rennen in der Schweiz verboten.
Die Schweiz kennt auch keine Automobilindustrie. Insofern mutet es
schon fast wie ein Wunder an, dass am vergangenen 8 . Juni gleich zwei
in der Schweiz produzierte Fahrzeuge einen Doppelsieg in der prestigeträchtigsten Rennserie der Welt einfuhren. Dem Polen Robert Kubica
kam die Ehre zu, im Grand Prix von Kanada am Steuer seines BMW
Sauber F1.08 den ersten Sieg seines Rennstalls in der Formel 1 zu holen.
Dank seinem Teamkollegen Nick Heidfeld, der als Zweiter durchs Ziel
raste, wurde daraus gleich ein doppelter Erfolg. Dieser historische Sieg
hat vor allem einen Vater: Peter Sauber. 1993 war es, als der Rennsportpionier mit seinem im Jahr 1970 gegründeten Team in die Formel 1 zog.
Ein veritabler Sprung ins Haifischbecken, mussten doch in den letzten
Jahren die meisten der kleinen Privatteams früher oder später vor den
finanzstarken Automobilgiganten kapitulieren. Nicht so Peter Sauber,
dessen Rennstall sich 13 Jahre lang mehr als wacker schlug und mitten
im idyllischen Zürcher Oberland eines der effizientesten Teams der
modernen Formel 1 aufbaute. Mehr als einmal konnten die Leute aus
Hinwil einem der Grossen ein Bein stellen. Sechsmal fuhr ein SauberCredit Suisse Bulletin 3/08
Der Rennsportpionier steht den
Bulletin-Lesern Rede und Antwort
Fahrer aufs Podest, und im Jahr 2001 schaffte man sogar den hervorragenden vierten Platz in der Konstrukteurswertung. Erfolgreich verlief
auch die Regelung der Nachfolge: Mit BMW übernahm ein Weltkonzern
mit einer renommierten Rennsportgeschichte Anfang 2006 die Führung.
Die Autos wurden weiterhin in Hinwil gebaut, wo auch der moderne Windkanal steht. Die Motoren und die Getriebe kamen neu aus München.
Mit den grösseren finanziellen Mitteln stellte sich auch der grosse Erfolg
ein: In nur zwei Saisons fanden die Boliden aus Hinwil den Anschluss
an die absolute Spitze. Das freut nicht nur die zahlreichen Fans, sondern
auch die Credit Suisse, seit 2001 « Official Partner » des Rennstalls. ath
Die Bulletin-Leser haben die einmalige Gelegenheit, Peter Sauber in
unserem Online -Forum ihre Fragen zu stellen. Die Antworten werden
zeitversetzt im Internet aufgeschaltet, zudem wird der Fragesteller
per E-Mail benachrichtigt, sobald die Antwort auf seine Frage eingetroffen
ist. Das Forum startet am 4. August und läuft bis zum 14. August.
Mehr Infos unter: www.credit-suisse.com/f1.
Fotos: Cédric Widmer | Martina Meier, Eva- Maria Züllig
Online -Forum mit Peter Sauber
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