Flucht- und Rettungssysteme

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Flucht- und Rettungssysteme
Dipl.-HTL-Ing. Pius Schafhuber
Beratungsstelle für Brand- und Umweltschutz
A-2320 Schwechat • Concorde Business Park • Bauteil D2/1
Tel.: 01 / 706 55 00 • Fax: 01 / 706 86 10
E-Mail: [email protected] • Homepage: www.bfbu.at
nhand verschiedener Bestimmungen, wie z. B. der
NÖ Bautechnikverordnung, der Arbeitsstättenverordnung und der OIB-Richtlinien, werden im vorliegenden Artikel Grundlagen für Flucht- und Rettungswege dargestellt. Diese Bestimmungen lassen Ausnahmen hinsichtlich des Einsatzes von Rettungsgeräten der
Feuerwehr zu, welche angesprochen werden. Grundsätzlich haben die Flucht- und Rettungswege den gesetzlichen
Bestimmungen zu entsprechen. Abweichungen von diesen Vorgaben sind immer mit den zuständigen Genehmigungsbehörden abzustimmen. Der grundsätzliche Zugang
zur Personensicherheit in Gebäuden ist, dass jede Person
das Gebäude bei Auftreten einer Gefahr jederzeit ungehindert und sicher verlassen kann. Dies wird unter anderem durch das Vorhandensein von gegebenenfalls zwei
voneinander unabhängigen Fluchtwegen sichergestellt.
Unter Umständen werden aber auch Restrisiken akzeptiert; kurze Wegstrecken müssen eventuell im Gefährdungsbereich (Aufenthaltsraum bis zur Gangtüre) zurückgelegt werden, oder die Fluchtwegalternative kann unter
bestimmten Voraussetzungen auch auf „Fremdhilfe =
Rettungsmittel der Feuerwehr“ gestützt sein.
Mit „Fluchtweg“ bezeichnet man einen Teil einer baulichen Anlage, über den Personen im Gefahrenfall aus eigener Kraft eine Baulichkeit oder Anlage verlassen können. Zu den Fluchtwegen zählen insbesondere Ausgänge,
Gänge und Verkehrswege, Fluchttunnel, Notausgänge
und Notausstiege, Stiegen und Stiegenhäuser.
A
Es gibt einige Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen, welche konkret von der Größe eines Objekts, von der
Anzahl der Personen die im Gefahrenfall flüchten müssen
und vom Risiko in einem Objekt abhängige Anforderungen an Fluchtwege stellen.
Vorgestellt werden beispielhaft auszugsweise
die Anforderungen aus der
NÖ Bautechnikverordnung 1997
OIB-Richtlinie 2 - Brandschutz
Arbeitsstättenverordnung Bundesgesetzblatt II
Nr. 368/1998
Barrierefreies Bauen ÖNORM B 1600
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Bei komplexen Gebäuden (mehrere Nutzungen mit verschiedenen Schutzzielen) können durchaus mehrere Bestimmungen zusammentreffen, welche in diesem Falle
auch alle zu berücksichtigen sind.
Niederösterreichische
Bautechnikverordnung 1997
Fluchtwege
§ 46. (1) Jede in sich geschlossene Einheit mit Aufenthaltsräumen (z. B. Wohnungen, Praxen, Büros) muss in
jedem Geschoss mit Aufenthaltsräumen zwei voneinander unabhängige Fluchtwege haben. Es genügt jedoch ein
Fluchtweg, wenn über diesen ein sicheres Verlassen des
Gebäudes im Brandfall möglich ist.
(2) Der zweite Fluchtweg darf über eine Stelle führen, die
von der Feuerwehr von außen mit ihren üblichen Rettungsgeräten erreicht werden kann. Führt dieser Fluchtweg (Rettungsweg) über eine Stelle, die nur
1. mit einer Fluchtleiter erreicht werden kann, so darf diese Stelle nicht höher als 8 m über dem anschließenden
Gelände liegen, und es müssen die dafür erforderlichen
Zugänge und Durchgänge vorhanden sein;
2. mit Hubrettungsgeräten erreicht werden kann, so müssen die dafür erforderlichen Zufahrten und Durchfahrten sowie Aufstellflächen und Bewegungsflächen für
die Feuerwehrfahrzeuge vorhanden sein.
OIB-Richtlinie 2 Brandschutz
Nachfolgend werden einige die Flucht und Rettung betreffende Punkte aus der „OIB-Richtlinie 2 - Brandschutz“
auszugsweise dargestellt.
Gebäude der Gebäudeklasse 1 (GK1): Freistehende, an
mindestens drei Seiten auf eigenem Grund oder von Verkehrsflächen für die Brandbekämpfung von außen zugäng-
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7 m, bestehend aus einer Wohnung oder einer Betriebseinheit von jeweils nicht mehr als 400 m2 Grundfläche.
Gebäude der Gebäudeklasse 2 (GK2): Gebäude mit
nicht mehr als drei oberirdischen Geschossen und mit einem Fluchtniveau von nicht mehr als 7 m, bestehend aus
höchstens fünf Wohnungen bzw. Betriebseinheiten von
insgesamt nicht mehr als 400 m2 Grundfläche; Reihenhäuser mit nicht mehr als drei oberirdischen Geschossen
und mit einem Fluchtniveau von nicht mehr als 7 m, bestehend aus Wohnungen bzw. Betriebseinheiten von jeweils nicht mehr als 400 m2 Grundfläche.
Die Fluchtwege dürfen innerhalb der Wohnung und auf
eine Länge von höchstens 5 m außerhalb der Wohnung
(z. B. Stichgang) gemeinsam verlaufen. Einer der beiden
Fluchtwege darf durch einen anderen Brandabschnitt führen, sofern dieser innerhalb von höchstens 40 m Gehweglänge erreichbar ist, und dieser einen Ausgang zu einem
sicheren Ort des angrenzenden Geländes im Freien hat.
Werden Treppenhäuser atrien- oder hallenähnlich ausgeführt, sind gegebenenfalls von den Anforderungen der Tabelle 2 bzw. Tabelle 3 abweichende bzw. ergänzende
Brandschutzmaßnahmen zu treffen.
Rettungswege
Gebäude der Gebäudeklasse 4 (GK4): Gebäude mit
nicht mehr als vier oberirdischen Geschossen und mit einem Fluchtniveau von nicht mehr als 1 m, bestehend aus
einer Wohnung bzw. einer Betriebseinheit ohne Begrenzung der Grundfläche oder aus mehreren Wohnungen
bzw. mehreren Betriebseinheiten von jeweils nicht mehr
als 400 m2 Grundfläche.
Gebäude der Gebäudeklasse 5 (GK5): Gebäude mit einem Fluchtniveau von nicht mehr als 22 m, die nicht in
die Gebäudeklassen 1, 2, 3 oder 4 fallen sowie Gebäude
mit ausschließlich unterirdischen Geschossen.
Bei Gebäuden mit einem Fluchtniveau von über 22 m ist
die ONR 22000 anzuwenden.
Fluchtwege
Von jeder Stelle eines Raumes - ausgenommen nicht ausgebaute Dachräume - muss in höchstens 40 m Gehweglänge erreichbar sein:
(a) ein direkter Ausgang zu einem sicheren Ort des angrenzenden Geländes im Freien, oder
(b) ein Treppenhaus oder eine Außentreppe mit jeweils einem Ausgang zu einem sicheren Ort des angrenzenden Geländes im Freien gemäß Tabelle 2, oder
(c) zwei Treppenhäuser oder zwei Außentreppen oder ein
Treppenhaus und eine Außentreppe mit jeweils einem
Ausgang zu einem sicheren Ort des angrenzenden Geländes im Freien gemäß Tabelle 3.
Im Falle von Punkt (c) müssen für Wohnungen bzw. Betriebseinheiten in jedem Geschoss mit Aufenthaltsräumen
mindestens zwei voneinander unabhängige Fluchtwege in
entgegengesetzter Richtung zu den Treppenhäusern bzw.
Außentreppen vorhanden sein.
Im Falle von Punkt (c) kann der Fluchtweg über ein Treppenhaus bzw. eine Außentreppe durch ein fest verlegtes
Rettungswegesystem an der Gebäudeaußenwand oder
durch einen Rettungsweg mit Geräten der Feuerwehr ersetzt werden.
Rettungswege mit Geräten der Feuerwehr sind nur zulässig, wenn folgende Anforderungen erfüllt werden:
(a) Erreichbarkeit jeder Wohnung bzw. Betriebseinheit
in jedem Geschoss über die Fassade,
(b) Vorhandensein geeigneter Gebäudeöffnungen,
(c) Anfahrtsweg der Feuerwehr bis zum Gebäude von
höchstens 10 km,
(d) Errichtung geeigneter Zugänge, Zufahrten, Aufstellund Bewegungsflächen für die erforderlichen Rettungsgeräte der Feuerwehr.
Gänge, Treppen und Türen im Verlauf
von Fluchtwegen außerhalb von Wohnungen
bzw. Betriebseinheiten
Für Wände und Decken von Gängen gelten die jeweiligen
Anforderungen, wie sie für die entsprechende Gebäudeklasse festgelegt sind. Läufe und Podeste von Treppen
außerhalb von Treppenhäusern müssen
(a) in Gebäuden der Gebäudeklasse 2 in der Feuerwiderstandsklasse R 30 oder aus Baustoffen der Euroklasse
des Brandverhaltens mindestens A2,
(b) in Gebäuden der Gebäudeklasse 3 und 4 jeweils in der
Feuerwiderstandsklasse R 60 und
(c) in Gebäuden der Gebäudeklasse 5 in der Feuerwiderstandsklasse R 90 und aus Baustoffen der Euroklasse
des Brandverhaltens mindestens A2 ausgeführt werden.
Türen zu Wohnungen bzw. Betriebseinheiten müssen ausgenommen in Gebäuden der Gebäudeklasse 1 und 2 in der Feuerwiderstandsklasse EI2 30 und zu unterirdischen Geschossen in der Feuerwiderstandsklasse EI2 30C ausgeführt werden.
Gänge - ausgenommen offene Laubengänge - sind mindestens alle 40 m durch Türen der Feuerwiderstandsklasse E 30-C zu unterteilen.
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Gebäude der Gebäudeklasse 3 (GK3): Gebäude mit
nicht mehr als drei oberirdischen Geschossen und mit einem Fluchtniveau von nicht mehr als 7 m, die nicht in die
Gebäudeklassen 1 oder 2 fallen.
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Bauteile mit der Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten müssen aus Baustoffen der Euroklasse des Brandverhaltens
mindestens A2 bestehen.
Tabelle 2: Anforderungen an Treppenhäuser bzw. Außentreppen im Verlauf des einzigen Fluchtweges
gemäß Punkt 5.1.1 (b)
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Tabelle 3: Anforderungen an Treppenhäuser bzw. Außentreppen im Verlauf von Fluchtwegen gemäß Punkt 5.1.1 (c)
Wände und Decken von Laubengängen müssen den Anforderungen an tragende Bauteile und Decken für die jeweilige Gebäudeklasse entsprechen.
Abweichend davon genügt bei Gebäuden bis einschließlich der Gebäudeklasse 4 bei offenen Laubengängen eine
Ausführung in der Euroklasse des Brandverhaltens mindestens A2, sofern Fluchtwege zu zwei verschiedenen
Treppenhäusern bzw. Außentreppen bestehen und die
Standfestigkeit des Laubenganges unter Brandeinwirkung sichergestellt ist.
Die auf offene Laubengänge mündenden Fenster müssen
der Feuerwiderstandsklasse EI 30 entsprechen und entweder in Form einer Fixverglasung ausgeführt oder zusätzlich so eingerichtet werden, dass sie im Brandfall selbst-
tätig schließen. Alternativ können vor die Fenster Abschlüsse der Feuerwiderstandsklasse EI 30 vorgesetzt werden, die im Brandfall selbsttätig schließen. Die auf offene
Laubengänge mündenden Türen sind in der Feuerwiderstandsklasse EI2 30 auszuführen.
Die Anforderungen gelten nicht, sofern
(a) kein Punkt eines vom offenen Laubengang erschlossenen Raumes mehr als 40 m von einem sicheren Ort
im Freien des angrenzenden Geländes entfernt ist, oder
(b) Fluchtwege zu zwei verschiedenen Treppenhäusern
bzw. Außentreppen bestehen, oder
(c) die Verglasungen in der Außenwand erst oberhalb einer Parapethöhe von 1,5 m angeordnet sind sowie die
Brüstung des Laubenganges geschlossen und in der
Feuerwiderstandsklasse E 30 ausgeführt ist.
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Bauteile mit der Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten müssen aus Baustoffen der Euroklasse des Brandverhaltens
mindestens A2 bestehen.
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Fluchtweg-Orientierungsbeleuchtung
Bei Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5 ist eine Fluchtweg-Orientierungsbeleuchtung in Treppenhäusern, Außentreppen und in Gängen außerhalb von Wohnungen bzw.
Betriebseinheiten im Verlauf von Fluchtwegen zu installieren, die sich bei Ausfall der Hauptbeleuchtungsanlage
selbst einschaltet und den Betrieb für die Dauer von mindestens einer Stunde sicherstellt.
Arbeitsstättenverordnung,
BGBl II Nr. 368/1998
2. Abschnitt - Sicherung der Flucht
Fluchtwege, gesicherte Fluchtbereiche, Notausgänge
§ 17 (1) Arbeitsstätten sind so zu gestalten, dass von jedem Punkt der Arbeitsstätte aus
1. nach höchstens 10 m ein Verkehrsweg erreicht wird, der
in seinem gesamten Verlauf bis zum Endausgang den
Anforderungen der §§ 18 und 19 entspricht (Fluchtweg)
und
2. nach höchstens 40 m jene Bereiche, durch die der Fluchtweg führt (wie z. B. Gänge, Stiegenhäuser, Foyers), in
ihrem gesamten Verlauf bis zum Endausgang den Anforderungen des § 21 entsprechen (gesicherte Fluchtbereiche).
(2) Weiters sind Arbeitsstätten so zu gestalten, dass
1. aus jedem Arbeitsraum ein Ausgang direkt auf einen
Fluchtweg führt und
2. aus folgenden Arbeitsräumen mindestens zwei hinreichend weit voneinander entfernte und nach Möglichkeit auf verschiedenen Seiten des Raumes liegende Ausgänge direkt auf einen Fluchtweg führen:
a) Arbeitsräume mit einer Bodenfläche von mehr als
200 Quadratmetern, in denen mehr als 20 Arbeitnehmer/-innen beschäftigt werden oder
b) Arbeitsräume mit einer Bodenfläche von mehr als
500 Quadratmetern.
(6) Die Behörde hat kürzere als die in Abs. 1 genannten
Entfernungen oder zusätzliche Fluchtwege, Notausgänge,
Notausstiege oder festverlegte Notleitern vorzuschreiben,
wenn dies auf Grund besonderer Verhältnisse ..... für einen wirksamen Schutz der Arbeitnehmer/innen erforderlich ist.
§ 19 (3) Fluchtwege in Gebäuden dürfen nur über Stiegen
führen die, sofern sie sich nicht in einem gesicherten
Fluchtbereich befinden, mindestens brandhemmend sind.
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§ 21 (1) Für gesicherte Fluchtbereiche gelten folgende Anforderungen:
1. Es darf nur geringe Brandlast vorhanden sein.
2. Wände, Decken, Fußböden und Stiegen müssen mindestens hochbrandhemmend ausgeführt sein.
3. Fußboden-, Wand- und Deckenoberflächen müssen aus
mindestens schwer brennbaren und schwach qualmenden Materialien bestehen.
4. Zu angrenzenden Räumen, die nicht die Anforderungen an gesicherte Fluchtbereiche erfüllen, müssen die
Türen
a) mindestens brandhemmend und
selbstschließend oder
b) zu Räumen mit geringer Brandlast mindestens
rauchdicht und selbstschließend sein.
5. Es müssen geeignete Maßnahmen, wie Rauchabzugsöffnungen, getroffen werden, die ein Verqualmen im
Brandfall verhindern.
§ 22 (2) In Stiegenhäusern, die mehr als fünf Geschosse
miteinander verbinden, müssen
1. Wände, Decken, Fußböden und Stiegen mindestens
brandbeständig ausgeführt sein und
2. Fußboden-, Wand- und Deckenoberflächen aus nicht
brennbaren Materialien bestehen.
ÖNORM B 1600/2003,
barrierefreies Bauen
Die angeführten Maßnahmen ermöglichen behinderten
Menschen und vorübergehend bewegungs- oder sinnesbehinderten Menschen die sichere Nutzung von Gebäuden und Anlagen weitgehend ohne fremde Hilfe. Sie können auch Gipsverbandträgern, Schwangeren, Menschen
mit Kinderwagen oder Lasten sowie Kindern und älteren
Menschen die Benützung von Gebäuden und Anlagen erleichtern. Die Einhaltung der Bestimmungen erleichtert
auch bei unvorhergesehener Behinderung und im Alter einen Verbleib in der gewohnten Umgebung, bei gegebenenfalls nur geringfügigen Adaptierungen.
Flucht- und Rettungswege
Bei der Planung der baulichen und technischen Ausführung der Flucht- und Rettungswege sowie notwendiger
Verbindungswege sind der Transport mit Krankentrage
sowie die eingeschränkte Mobilität bzw. Orientierungsfähigkeit von behinderten Menschen zu berücksichtigen.
Bei Fluchtrampen, die ausschließlich für die Räumung
von Gebäuden im Alarmierungsfall verwendet werden,
darf das Längsgefälle der Fluchtrampe auf maximal 12 %
erhöht und auf die Anordnung von Zwischenpodesten mit Ausnahme bei Richtungsänderungen - verzichtet wer-
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den. Auf die Rutschhemmung der Bodenoberfläche ist besonders Bedacht zu nehmen. Fluchtwege müssen taktil gekennzeichnet werden.
Weitere bauliche Möglichkeiten um gesicherte Fluchtund Rettungswegsituationen herzustellen sind zum Beispiel:
Aufzüge, baulich und technisch ausgeführt wie Feuerwehraufzüge
Dislozierung der Menschen in andere Brandabschnitte,
welche über einen eigenen Verbindungsweg (Fluchtrampe) ins Freie verfügen
„gesicherte Wartebereiche“, welche mit einer Druckbelüftungsanlage, mit Kommunikationsmöglichkeit zum
FW-Angriffspunkt, mit einer Notbeleuchtung, mit
Fluchtfiltermasken und weiteren Sicherheitseinrichtungen ausgestattet sind.
Wartebereiche in Sicherheitsstiegenhäusern oder auf
Fluchtbalkonen, welche über einen eigenen Verbindungsweg bis auf das Niveau des Umgebungsgeländes
verfügen.
AußenwandFluchtwegsysteme
Derartige Systeme bestehen üblicherweise aus Fluchtbalkonen, welche durch fix montierte Fluchtleitern oder Stiegen untereinander verbunden sind. Die Situierung an der
Gebäudefassade muss so erfolgen, dass eine Beflammung
durch einen Brand im Gebäude nahezu ausgeschlossen
werden kann. An die Fenster bzw. Balkontüren werden
deshalb besondere Brandschutzanforderungen E 30 (G
30), welche die Wärmestrahlung und damit verbunden die
Gefährdung der Flüchtenden hintanhalten, gestellt.
Diese Systeme dürfen nicht aus Aluminium oder brennbaren Stoffen hergestellt werden. Bei der Bemessung der
Tragfähigkeit ist die mögliche Anzahl der gleichzeitig
flüchtenden und auf dem Außenwand-Fluchtwegsystem
befindlichen Personen zu berücksichtigen. Das Fluchtwegsystem muss grundsätzlich bis zu einem Punkt führen, von dem aus der Flüchtende ohne weitere Hilfe und
ohne besondere Werkzeuge sowie ohne den gefährdeten
Bereich passieren zu müssen weiter flüchten kann („Endausgang“ im Sinn der Arbeitsstättenverordnung).
Ausnahmen sind hier allenfalls Fluchtwegsysteme, wie sie
beispielsweise für Dachgeschossausbauten errichtet werden, um den Bewohnern einer Wohnung die Flucht bis zu
einem für die Feuerwehr anleiterbaren Punkt zu ermöglichen. Balkonabtrennungen müssen die erforderliche lichte Fluchtwegbreite sowie das jederzeitige Öffnen (ohne
Hilfsmittel) in Fluchtrichtung ständig gewährleisten. Bei
kalter Witterung sind Schnee und Eis zu entfernen.
Außenwand-Fluchtwegsysteme Fluchtbalkone
Fluchtbalkone müssen eine Verkehrswegbreite von min-
destens 60 cm aufweisen (auch bei Leiterdurchstiegen
und beim Zugang zum Leiterdurchstieg).
Sie müssen mit entsprechenden Geländern und AbsturzSicherungseinrichtungen (auch beim Leiterdurchstieg)
versehen sein.
Fluchtbalkone müssen entweder über Leitern oder Balkondurchstiege verlassen werden können.
Außenwand-Fluchtwegsysteme Fluchtleitern
Fluchtleitern oder Notleitern werden vielfach errichtet,
um beim nachträglichen Aus- bzw. Umbau der vorhandenen und baubewilligten Gebäudealtsubstanz Evakuierungs-/Anleitermöglichkeiten zu schaffen.
Falls das Instellungbringen von tragbaren Leitern der Feuerwehr nicht möglich ist, da z. B. der Innenhof zu klein
ist, Zu- bzw. Durchgänge mit der Leiter nicht passierbar
sind oder Feuerwehraufstellflächen nicht vorhanden sind,
werden diese Systeme eingesetzt.
Fluchtleitern müssen der ÖNORM Z 1600 entsprechen.
Die Sprossenbreite muss mindestens 60 cm betragen.
Sie müssen am jeweils oberen Ende mit einer, die letz-
te Sprosse um mindestens 1 m überragenden Anhaltevorrichtung versehen sein.
Fluchtleitern dürfen jeweils nur zwischen zwei aufeinander folgenden Fluchtbalkonen verlaufen.
„Zweiter Rettungsweg“
baulich oder mit Mitteln
der Feuerwehr hergestellt eine Gegenüberstellung
Der „erste Fluchtweg“ ist immer baulich auszuführen und
damit fester Bestandteil des Gebäudes.
Er hat den großen Vorteil, dass
viele Personen
aus eigener Kraft
gleichzeitig fliehen können,
der Zeitpunkt des Fliehens selbst bestimmt werden und
die Rettung damit schnell ablaufen kann.
Ist der zweite Rettungsweg nicht baulich ausgeführt, was
bei Wohn- und vergleichbaren Gebäuden bis zum 3. OG
der Regelfall ist, spielt beim „Feuerwehreinsatz“ der Zeitfaktor eine erhebliche Rolle. Die auf Rettung angewiesenen Personen können den zweiten Rettungsweg zunächst
nicht aus eigener Kraft bewältigen, da er durch die Feuerwehr erst hergestellt werden muss.
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Mindestens ein Fenster jeder Wohnung bzw. Betriebs-
Ebenso muss man bedenken, dass bei der Rettung über
Leitern die Konstitution der zu rettenden Personen erhebliche Probleme mit sich bringen kann.
einheit muss „anleiterbar“ sein.
In gewerblichen Betriebsanlagen muss der Aufent-
haltsraum hinter diesem Fenster einem „gesicherten
Fluchtbereich“ gemäß Arbeitsstättenverordnung entsprechen und über Notbeleuchtung verfügen.
Sollten Rollstuhlfahrer etc. in diesen „gesicherten Fluchtbereich“ flüchten, so ist darüber hinaus eine Kommunikationseinrichtung (Haustelefon etc.) zum Anfahrtspunkt der Feuerwehr (Portier, Brandmelderzentrale) zu
errichten.
Die anzuleiternden Fenster müssen mindestens 0,80 m
x 1,20 m groß sein und dürfen nicht höher als 1,2 m über
der Fußbodenoberkante liegen.
Liegen diese Fenster in Dachschrägen oder Dachaufbauten, so darf ihre Unterkante oder ein davor liegender Auftritt von der Traufenkante nur so weit entfernt
sein, dass Personen von der Feuerwehr gesehen und gerettet werden können. Andernfalls sind zusätzliche
Maßnahmen erforderlich.
Die Fenster müssen von innen jederzeit ohne besondere Werkzeuge voll geöffnet werden können.
Werden in einer Betriebsanlage in mehreren Geschossen
„gesicherte Fluchtbereiche“ eingerichtet, so müssen die
anleiterbaren Fenster in möglichst einer Linie übereinanderliegen. Am Gebäudesockel/Außenwand ist ein
Schild gemäß ÖNORM F 2030 mit der Aufschrift „Anleiterstelle“ anzubringen.
Da die Rettung von Personen über Leitern der Feuerwehr sehr zeitintensiv ist, ist diese Vorgangsweise nur
dort zulässig, wo die Anzahl der zu Rettenden ein übliches Maß nicht überschreitet (z. B. pro Wohneinheit
4 bis 6 Personen, in Betrieben höchstens 20 Personen).
So stellt das „Übersteigen“ aus dem Gebäude auf den
Korb der Drehleiter für sehr viele Personen eine nahezu
unüberwindbare Herausforderung, welche jedoch mit viel
Zuspruch der Einsatzmannschaft im Regelfall gemeistert
wird, dar. Das Retten von immobilen Personen über tragbare Leitern und Hubrettungsgeräte der Feuerwehr stellt
enorme logistische kräfte- und zeitraubende Anforderungen an die Rettungskräfte und ist bei schwergewichtigen
Personen oftmals nahezu undurchführbar.
Foto: NÖLFV
Versuchsreihen mit Drehleitern und tragbaren Leitern haben ergeben, dass
man durchschnittlich für
das Retten von Personen
über Leitern der Feuerwehr nachstehende Rettungsdauer berücksichtigen muss:
bei 3 Personen ........................................................... 04 bis .06 Minuten
bei 12 Personen ....................................................... 10 bis 14 Minuten
bei 30 Personen ....................................................... 15 bis 30 Minuten
Der „zweite Fluchtbzw. Rettungsweg“
mit Mitteln der Feuerwehr
Er baut auf die Rettung mit Geräten der Feuerwehr auf.
Deshalb sind derartige „Lösungsansätze“ unbedingt mit
den örtlich zuständigen Feuerwehren abzustimmen.
Eine erfolgreiche Rettung über einen „2. Rettungsweg“
kann als möglich angenommen werden, wenn folgende
Bedingungen eingehalten werden:
„Zweiter Rettungsweg“ Anleiterbarkeit mit Drehleiter
erwehr rasch und ohne Hindernisse erreicht werden
können.
Eine gleichzeitige Nutzung als Parkplatz etc. und Feuerwehraufstellfläche ist nicht zulässig.
Eine gärtnerische Gestaltung ist nur zulässig, wenn belegt wird, dass der Bewuchs die Anleiterbarkeit nicht
beeinträchtigt und auch in Zukunft nicht beeinträchtigen wird.
Bei kalter Witterung sind Schnee und Eis von den Zugängen, Feuerwehrzufahrten, -aufstellungs- und -bewegungsflächen zu entfernen.
Die Absperrung von Zufahrten etc. darf nur mittels solcher Schranken und Pollern erfolgen, für welche die
Feuerwehr ein einheitliches Sperrsystem besitzt.
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Foto: FF Unterbach
Die erforderlichen Aufstellflächen müssen für die Feu-
Es sind die Bestimmungen der
TRVB F 134 (Technische Richtlinien Vorbeugender Brandschutz - Flächen für die Feuerwehr auf Grundstücken) einzuhalten. Im Allgemeinen kann
die Anleiterbarkeit von öffentlichen Verkehrsflächen aus als
gesichert angenommen werden. Auf die Situierung der
Dachflächenfenster ist besonders Bedacht zu nehmen.
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„Zweiter Rettungsweg“ Anleiterbarkeit mit Schiebleiter
Der nächste zufahrbare
Punkt für die Feuerwehr
muss auf Zufahrten, die
gemäß TRVB F 134 gestaltet wurden, erreichbar sein und darf höchstens 50 m von den vorgesehenen Anleiterstellen entfernt sein.
Eine 3-teilige Schiebleiter hat im eingeschobenen Zustand eine Länge
von 5,5 m, im ausgeschobenen Zustand von 14,5 m, eine Leitersatzbreite von
ca. 50 cm x 20 cm, über der Stützspindel eine Breite von
ca. 1,5 m, ein Gewicht von ca. 70 bis 80 kg und kann von
vier Mann hochkant getragen werden. Sie ist unter idealen
Bedingungen bis zu einer Höhe von 13 m Parapetoberkante über dem anschließenden Gelände einsetzbar.
Die Zugänge zur Aufstellfläche müssen in einer Mindestbreite von 1,4 m und mit einer Mindesthöhe von 2,1 m so
hergestellt sein, dass sie keine hinderlichen Richtungsänderungen und zu große Steigungen aufweisen. Bei Richtungsänderungen ist auf die Schleppkurve, bei Steigungen
auf einen entsprechenden Luftraum (Höhe) zu achten.
(Innen-)Höfe zur Aufstellung von tragbaren Leitern müssen eine Mindestgröße von 4 m x 8 m aufweisen. Aufstellflächen dürfen keine größeren Neigungen als 10 % aufweisen. Aufstellflächen auf Dachflächen von Zubauten
sind nicht zulässig.
Schiebleitern können nur für einzelne Wohnungen eines
Objektes als zweiter Rettungsweg zur Anrechnung gebracht werden. Aufgrund des Zeitbedarfes können sie nicht
generell den zweiten Rettungsweg für ein gesamtes Objekt
darstellen. Anders ausgedrückt: Kann ein Objekt nicht
mittels Drehleiter angeleitert werden, dürfen nur einzelne
Wohn- und Betriebseinheiten auf diese Form des zweiten
Rettungsweges angewiesen sein.
Regelwerkübergreifend kann man grob
zusammenfassen, dass
es aus jeder Wohnung und jeder (gewerblichen) Betriebseinheit oder Arbeitsstätte grundsätzlich zwei
Fluchtwege geben muss;
der Gesetzgeber einen „ersten“ und einen „zweiten“
Rettungsweg fordert, welche voneinander unabhängig
benutzbar sein müssen;
einer dieser Fluchtwege durch einen Rettungsweg oder
unter gewissen Voraussetzungen durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann;
diese Substitution auf Fremdhilfe (Rettung durch die
Feuerwehr) bauen kann;
auch Fluchthilfen an der Gebäudeaußenwand vorgese-
hen werden können;
sichergestellt werden muss, dass Personen das vom
Brandereignis betroffene Gebäude sicher verlassen
können.
Es genügt nicht, dass die zu rettenden Personen in einen
Innenhof fliehen können, damit sie im Freien sind. Erst
das Erreichen der öffentlichen Fläche gestattet es, sich aus
eigener Kraft beliebig weit weg vom Brandgeschehen und
damit von den direkten Auswirkungen des Brandgeschehens (Brandrauch, Wärmestrahlung, Einsturzgefahr) zu
entfernen;
der einzige Fluchtweg unter gewissen Voraussetzungen
durch eine Druckbelüftungsanlage gesichert werden
kann.
Die Behörde geht dabei von der Überlegung aus, dass
durch die besondere bauliche Ausführung eines Sicherheitsstiegenhauses das erforderliche Sicherheitsniveau in
diesem speziellem Fall durch einen Flucht- und Rettungsweg erreicht wird, was ist in der Regel mit einem Brandschutzkonzept nachzuweisen sein wird;
die vorgenannten Anforderungen nicht für den Altbe-
stand (Bestandsschutz) gelten, jedoch bei größeren Umbauten und Sanierungsmaßnahmen eine weitgehende
Annäherung an den „Stand der Technik“ anzustreben ist.
Vorbeugender BRANDSCHUTZ
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Literaturverzeichnis
NÖ Bautechnikverordnung 1997
OIB-Richtlinie 2 - Brandschutz
Arbeitsstättenverordnung Bundesgesetzblatt II
Nr. 368/1998
Barrierefreies Bauen ÖNORM B 1600
TRVB F 134 Flächen für die Feuerwehr
auf Grundstücken
Flucht- und Rettungswegegestaltung, BF Wien
Brandschutzatlas - Feuer Trutz GmbH
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