Nachhaltig avantgardistisch - galletti

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Nachhaltig
avantgardistisch
Inmitten der Stadt Lausanne, an traumhafter Lage mit weitem
Blick auf den Genfersee, ergänzten die Lausanner Architekten vom
Büro Galletti und Matter ein bereits bebautes grosszügiges Gelände
um eine Generationenvilla. Dabei gelang es ihnen auf beispielhafte
Weise, den Garten und insbesondere die vorhandenen Bäume in
Szene zu setzen. Text: Marianne Kürsteiner, Fotos: Thomas Jantscher
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traumhaus 04 I 2010
Bauen heute
Villa Galletti Matter
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Der Farbton der neuen Fassade aus eloxiertem Aluminium harmoniert gut mit der Fassade des ersten Hauses aus den
1930er Jahren.
Lausanne ist mit Genf zusammen die bedeutendste Metropole der Wirtschaft, Kultur und Bildung in der Westschweiz. Hier laufen die Fäden zusammen, hier ist auch
der Sitz der EPFL Lausanne (der Westschweizer ETH), wo
unter anderem Architekten ausgebildet werden, und des
IOC (International Olympic Comittee). In Lausanne lässt es
sich aber auch gut leben. In den gemütlichen Cafés und
Restaurants treffen sich Jung und Alt und halten noch
Schwätzchen zusammen wie in einer Dorfbeiz.
Die Familie wächst
In dieser lebendigen Stadt am Genfersee, fünf Minuten
vom Funiculaire, 15 Gehminuten vom Bahnhof und nahe
der Universität und der Autobahnzufahrt, erwarb Monsieur
Jean-Jacques Matter vor über 30 Jahren für seine Familie
ein 4800 Quadratmeter umfassendes Gelände mit einer
Herrschaftsvilla aus den 1930er Jahren. Als seine Tochter
Claude Anne-Marie Matter ihr Architekturstudium beendet
und bereits Erfahrungen gesammelt hatte, erhielt sie 1990
von ihrem Vater den Auftrag, hier für sich und einen ihrer
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Brüder ein Schwestergebäude zu bauen. Heute, 20 Jahre
später, sollte noch eine Villa hinzugebaut werden. Für den
Bau verantwortlich war das renommierte Architekturbüro
Galletti Matter, das Claude Anne-Marie Matter zusammen
mit ihrem Mann, dem Architekturdozenten Olivier Galletti
vor 20 Jahren gegründet hatte und nun alleine leitet.
Grund für den Neubau war die veränderte Familiensituation. Sowohl ihr Bruder wie sie hatten mittlerweile Familie,
die Mutter war gestorben und die ursprüngliche Villa für
den Vater zu gross geworden. Nachdem der Bruder dort
einzog und das zweite Gebäude heute das Architektur­
büro beherbergt, sollte ein Generationenhaus entstehen,
in welchem der Vater eine Seniorenwohnung (ein Stöckli)
erhält und die Familie Galletti Matter ihren Wohnsitz hat.
Privatsphäre gewahrt
Das neu entstandene Generationenhaus hat insgesamt
vier Etagen. Das xx Quadratmeter grosse «Stöckli» erstreckt sich über ein unteres und oberes Erdgeschoss
und verfügt über eine Terrasse, die vom Dach des 20jäh-
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Villa Galletti Matter
Oben: Die Terrasse der unteren Wohnung wird vom Dach des 20jährigen Gebäudes gebildet.
Unten: Das neue Gebäude hat eine Blattwerkprägung in der Fassadenverkleidung..
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Vom Wohnzimmer und der Terrasse der «Seniorenwohnung» aus geht der Blick in die Weite, und man geniesst eine
traumhafte Aussicht auf den Genfersee.
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Villa Galletti Matter
Die Familie Galletti Matter auf ihrer «Morgenterrasse».
Blick vom Esszimmerbereich auf die Küchenkombination. Die Materialien - Sichtberton für Vertikalbau und die Decke aus
Eisenträgern - stehen bei den Bauten des Architektenpaars im Zentrum.
«Meine Stilmöbel fügten sich bestens in die moderne
Architektur meiner Tochter ein.»
Jean-Jacques Matter
rigen Gebäudes gebildet wird. Jean-Jacques Matter ist
von seiner neuen Wohnung begeistert. Sie ist barrierefrei
und wird ihn bis ins hohe Alter begleiten. Seine Stilmöbel
bilden einen gelungenen Kontrast zu den modernen Materialien der Wände und Decke. Von dem Wohnzimmer
und der Terrasse aus geht der Blick in die Weite, und man
geniesst eine traumhafte Aussicht auf den Genfersee.
Die Bäume des Gartens bilden einen spannenden, abwechslungsreichen Rahmen. «Wir wollten möglichst viele
Bäume des ursprünglichen Baumbestandes erhalten und
haben das neue Gebäude quasi in die Bäume gebaut»,
erklärt Claude Anne-Marie Matter. Dennoch entstand
durch Einsprache eines Nachbarn, welcher den bewaldeten Park inmitten von Lausanne bewahrt sehen wollte,
eine Bauverzögerung von einem Jahr.
Die zweite Wohnung erstreckt sich über das erste Geschoss und das Dachgeschoss. Auch von hier geniesst
man die Aussicht auf den See, während die Beziehung mit
den vielen grossen Bäumen ebenfalls gelebt wird. «Bei der
Konzeption der beiden Wohnungen habe ich darauf ge-
achtet, dass einerseits die Privatsphäre gewahrt wird: So
sind beispielsweise die Terrassen an unterschiedlichen
Orten angeordnet. Andrerseits findet ein Dialog statt, und
wir haben eine Verbindungstüre sowohl zur Wohnung des
Vaters wie auch zum Architekturbüro-Haus.»
Der Natur zu Ehren
Während das 20jährige Gebäude sich mit seiner Betonbauweise und massiven Wirkung eher am Untergrund
orientierte, hat der Neubau das Blattwerk als Referenz.
Die Fassade besteht aus eloxiertem Aluminium, einerseits
aus klimatisch-energetischen Gründen, andrerseits weil
sich so ein spannender Dialog mit dem umgebenden
Blattwerk der Bäume ergibt. Ausserdem harmoniert der
Farbton der Fassade so gut mit der Fassade des ersten
Hauses aus den 1930er Jahren in gelbem Backstein.
Die Innenräume sind lichtdurchflutet und verfügen über
grosszügige Grundrisse. Von der Materialisierung her
muten sie ursprünglich und etwas grob an, wobei die
Grau- und Brauntöne der Wände und der Decke die Getraumhaus 04 I 2010
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Die Innenräume sind lichtdurchflutet und verfügen über grosszügige Grundrisse. Die Grau- und Brauntöne der Wände und
der Decke bringen die Gemälde und Wandteppiche besonders gut zur Geltung.
mälde, Vorhänge und weiteren Textilien besonders gut zur
Geltung bringen. In ihrer eigenen Wohnung konnte Claude
Anne-Marie Matter denn auch sämtliche Register der
hohen Architektur ziehen. Die Decke des Wohnzimmers
besteht aus Eisenträgern, welche parallel angeordnet sind
und sich gegen die Seeseite hin senken. Ein aluminiumfarbenes ultramodernes Cheminée teilt den Wohnraum
auf und bricht mit dem natürlichen Ambiente.
Glaskacheln wie im Weinkeller
Eine weitere Besonderheit findet sich auch im Badezimmer. Anstatt Kacheln wurde als Wandverkleidung Glas
verwendet. «Da unser Gelände ursprünglich ein Rebhang
war, haben wir mit diesem speziellen Glas den Bezug zu
den Weinkellern hergestellt,» so die Architektin.
Im Dachgeschoss sind die Kinderzimmer, ein Balkon mit
Morgensonne und eine Computerecke untergebracht.
Auch hier herrscht Kreativität vor, so ist etwa das Mädchenzimmer mit einer Kletterwand ausgerüstet, wo die junge,
sportbegeisterte Tochter des Hauses trainieren kann.
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Von der Planung bis zum Einzug vergingen insgesamt
eineinhalb Jahre. «Wir hatten es nicht eilig und konnten uns
Zeit lassen, um die richtige Wahl bezüglich Materialien und
Gestaltung zu finden und das Projekt reifen zu lassen.» Auf
die Frage, ob es als Paar auch Diskussionen bezüglich der
Umsetzung gab, lacht Claude Anne-Marie Matter. «Als
Architektenteam waren wir es gewohnt, architektonische
Lösungen zu finden. Sind wir einmal nicht der gleichen
Meinung, setzen wir uns jeweils in die Rolle des anderen
und argumentieren mit seinen Worten. Dadurch kann man
die Sichtweise des anderen besser verstehen. Grundsätzlich haben wir uns aber auch zusammen gefunden, weil
wir den gleichen Zeitgeist verkörpern,» sinniert sie.
Auch mit dem Vater als Bauherrn war die Zusammenarbeit
der Architektin erfolgreich. Anders als beim 20jährigen
Gebäude, wo sie freie Hand hatte, wollte dieser hier in
bezug auf die Farb- und Materialwahl mitreden, im Spe­
ziellen was die Innenräume seiner Wohnung anbetraf.
«C’est plus classique, c’est plus de mon age» erklärt er
das Resultat.
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Villa Galletti Matter
Oben: In ihrer eigenen Wohnung konnte das Architektenpaar sämtliche Register der Architektur ziehen.
Unten: Das Bad mit den Glaskacheln und die Kletterwand im Zimmer der Tochter sind weitere Highlights.
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Claude Anne-Marie Matter,
Architektin
Welches waren die grössten Herausforderungen
bei der Planung dieses Hauses?
Ein Gelände mit einem hohen Wert zu gestalten und aufzuwerten. Der Wald war früher schwierig zu pflegen. Die
grösste Herausforderung war für uns die Integration des
Hauses in einen vorhandenen Baumbestand. Die Fassade
aus eloxiertem Aluminium schafft einen spannenden Dialog mit dem umgebenden Blattwerk der Bäume. Ausserdem harmoniert der Farbton der Fassade so gut mit der
Fassade des ersten Hauses aus den 1930er Jahren in
gelbem Backstein.
Welches sind die architektonischen Highlights
dieses Hauses?
Einerseits die entstandene Form des Gebäudes, die sich
durch die Integration ins Gelände ergeben hat. Ausserdem
sind die Grundmaterialien sichtbar und werden nicht versteckt. Hier ist es uns gut gelungen, die Basismaterialien
in Szene zu setzen. Auch in bezug auf die Beleuchtung
haben wir mit dem Tageslicht gespielt. Es gibt hellere und
dunklere Zonen im Haus, die sich je nach Tageszeit verändern. Auch in dieser Hinsicht erlebt man die Natur.
Spannung verleiht auch die unterschiedliche Deckenhöhe
im Inneren des Hauses.
Wie würden Sie Ihren Architekturstil beschreiben?
Mein Stil ist wohl unbeschreiblich. Wir orientieren uns bei
jedem Objekt wieder neu und passen uns sowohl dem
Gelände wie dem Bauherrn an. Jedes Mal wenn wir etwas
bauen, erstaunen wir die Architekten, weil sie wohl etwas
anderes erwartet haben.
Wären Sie mit dem Ausdruck avantgardistisch einverstanden?
Würde ich nicht sagen. Eher zeitgemäss. Indem wir an
einem Projekt arbeiten, kommen wir zu originellen Lösungen.
Pläne
Technische Angaben
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