KULTUR Dienstag, 10. Mai 2016 KUFPNP-1 Schaulaufen an der Côte d’Azur Seite 21 Bei uns im Netz Fernsehpreis für Senta Berger Die Schauspielerin Senta Berger wird am 3. Juni beim Bayerischen Fernsehpreis in München mit dem Ehrenpreis des Ministerpräsidenten gewürdigt. Die Jury lobte das „überwältigende Lebenswerk“ der Darstellerin, die am Freitag 75 Jahre alt wird. „Sie spielt ihre Rollen nicht nur, sie interpretiert sie und schafft neue, eigene und unvergessliche Figuren in unserem kollektiven Fernsehgedächtnis“, hieß es am Montag. Berger ist bekannt aus Serien wie „Die schnelle Gerdi“ oder „Kir Royal“. Julia Roberts, Woody Allen und Jodie Foster gehören zu den großen Namen beim diesjährigen Festival in Cannes. Nach langer Pause ist aber auch wieder ein Beitrag aus Deutschland im Rennen um die Goldene Palme. 17,2 Millionen für Hitler-Skulptur Prominente Juroren: Neben Regisseur George Miller (großes Bild) als Vorsitzendem entscheiden Schauspieler wie Kirsten Dunst oder Mads Mikkelsen (kleine Bilder) über die Goldene Palme. Von Aliki Nassoufis Cannes – Acht Jahre ist es her, dass ein deutscher Film beim Festival Cannes im Wettbewerb lief. Das war damals „Palermo Shooting“ von Wim Wenders. Gewonnen hat er nichts – überhaupt ist der deutsche Film beim weltweit wichtigsten Filmfestival seit Langem wenig erfolgreich. Das könnte sich nun ändern: Bei der 69. Festivalausgabe, die am Mittwoch startet, geht Maren Ade mit ihrem Werk „Toni Erdmann“ ins Rennen um den Hauptpreis, die Goldene Palme. Sie konkurriert dort mit so namhaften Regisseuren wie Pedro Almodóvar, Asghar Farhadi, Jim Jarmusch, Ken Loach und Sean Penn. Die Eröffnung verspricht erst ein- mal sehr leichte Unterhaltung: Regielegende Woody Allen, 80, zeigt in Südfrankreich außer Konkurrenz mit „Café Society“ erneut eine Komödie. Es ist eine Hommage an das Hollywood der 1930er und mit Kristen Stewart, Steve Carell und Jesse Eisenberg so prominent besetzt, dass das Team gleich zu Beginn Glamour auf den roten Teppich bringen dürfte. Überhaupt scheint die Gästeliste des Festivals in diesem Jahr besonders lang zu sein. Am Prachtboulevard Croisette werden zum Beispiel George Clooney, Julia Roberts, Charlize Theron, Juliette Binoche, Ryan Gosling, Russell Crowe und Kim Basinger erwartet. Außerdem soll Musiker Iggy Pop für die Mitternachtspremiere von Jim Jarmuschs Dokumentation „Gimme Danger“ einfliegen. Jodie Foster stellt mit dem KriminalDrama „Money Monster“ eine weitere Regiearbeit vor, und Oscarpreisträger Steven Spielberg zeigt „The BFG“, die Verfilmung eines Kinderbuchs von Roald Dahl. Chancen auf Preise haben diese Werke aber nicht, sie laufen nicht im Wettbewerb. Dort konkurrieren in diesem Jahr 21 Beiträge um die Goldene Palme. Dazu gehören wie immer viele bekannte Altmeister: Der Spanier Pedro Almodóvar ist dabei, ebenso der USAmerikaner Jim Jarmusch, der Brite Ken Loach, der iranische Oscarpreisträger Asghar Farhadi und die zweifachen Palmengewinner aus Belgien, die Brüder Luc und Jean-Pierre Dardenne. Sean Penn wechselte einmal mehr auf den Regiestuhl und bringt mit „The Last Face“ ein Liebesdrama Die Jury Der australische Regisseur George Miller ist der Präsident der Jury des 69. Filmfestivals in Cannes. Der 71-Jährige feierte mit den „Mad Max“-Filmen von 1979 an international Erfolge. Seitdem drehte er so unterschiedliche Werke wie „Die Hexen von Eastwick“ und „Schweinchen Babe in der großen Stadt“. Vor wenigen Monaten wurde sein furioses Actionspektakel „Mad Max: Fury Road“ mit sechs Oscars ausgezeichnet. Miller gewann 2007 einen Oscar für den Animationsfilm „Happy Feet“. Neben Miller gehören weitere Schauspieler, Filmemacher und Branchenkenner zur neun- mit Javier Bardem und Charlize Theron im krisengeschüttelten Libyen an die Côte d’Azur. In den Wettbewerb haben es aber auch mehrere jüngere Regietalente geschafft – von denen sich viele in den Vorjahren bereits in Cannes einen Namen machen konnten. Der Rumäne Cristian Mungiu etwa, der für das Abtreibungsdrama „4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage“ mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, zeigt mit „Bacalaureat“ erneut ein Werk über Moral und Schuld. Die Britin Andrea Arnold, bekannt für düstere Sozialdramen, drehte mit US-Jungstar Shia LaBeouf „American Honey“; Kanadas Regiewunderkind Xavier Dolan („Mommy“) hingegen holte für „Juste la fin du monde“ Marion Cotillard und Vincent Cassel vor die Kamera. Als eine von drei weiblichen Filmemacherinnen ist eben auch die Deutsche Maren Ade mit „Toni Erdmann“ dabei. Die 39-Jährige gewann bei der Berlinale 2009 bereits den Silbernen Bären für das Beziehungsdrama „Alle anderen“, nun legt sie eine Tragikomödie um eine komplizierte Vater-Tochter-Beziehung vor. Wer am 22. Mai mit den Hauptpreisen nach Hause fahren darf, wird die Jury um Oscar-Preisträger George Miller („Mad Max: Fury Road“, „Happy Feet“) entscheiden. Sollte Maren Ade da tatsächlich die höchste Auszeichnung gewinnen, wäre das gleich in mehrfacher Hinsicht eine Sensation: Ein deutscher Filmemacher durfte zuletzt 1984 jubeln. Damals wurde Wim Wenders für „Paris, Texas“ geehrt. Die Filme im Wettbewerb köpfigen Jury des Festivals: Arnaud Desplechin (Regisseur, Drehbuchautor – Frankreich) Kirsten Dunst (Schauspielerin – USA) Valeria Golino (Schauspielerin, Regisseurin, Drehbuchautorin, Produzentin – Italien) Mads Mikkelsen (Schauspieler – Dänemark) László Nemes (Regisseur, Drehbuchautor – Ungarn) Vanessa Paradis (Schauspielerin, Sängerin – Frankreich) Katayoon Shahabi (Produzentin – Iran) Donald Sutherland (Schauspieler – Kanada) Folgende Filme gehen in Cannes ins Rennen um die Goldene Palme 2016: „Toni Erdmann“ (Deutschland) „Julieta“ (Spanien) „American Honey“ (Großbritannien) „Personal Shopper“ (Frankreich) „La fille inconnue“, (Belgien) „Juste la fin du monde“ (Kanada) „Ma loute (Slack Bay)“ (Frankreich) „Forushande (The Salesman)“ (Iran) „Mal de pierres“ (Frankreich) „Rester vertical“ (Frankreich) „Paterson“ (USA) „Aquarius“ (Brasilien) „I, Daniel Blake“ (Großbritannien) „Ma’ Rosa“ (Philippinen) „Bacalaureat (Graduation)“ (Rumänien) „Loving“ (USA) „Agassi (The Handmaiden)“ (Südkorea) „The Last Face“ (USA) „Sieranevada“ (Rumänien) „Elle“ (Niederlande) „The Neon Demon“ (Dänemark) Außer Konkurrenz Eröffnungsfilm ist „Café Society“ von Woody Allen (USA) Von Michael Thumser Bayreuth – Theater erzählt Geschichten, das hält keiner für ungewöhnlich. Auch die Musica Bayreuth, tonkünstlerisches Hauptereignis in der Wagnerstadt jenseits der Festspiele, liebt die Oper. Solange ihr allerdings, wegen der Renovierung des Markgräflichen Opernhauses, eine regelrechte Bühne fehlt, muss sie auf alternative Möglichkeiten der szenischen Erzählung ausweichen – und macht aus der Not eine Tugend. An zwei Abenden nacheinander demonstrierte sie: Es geht auch anders; und noch einmal anders. Zwar hat Igor Strawinsky seine „Geschichte vom Soldaten“ 1918 als Musik–Theater konzipiert, aber sozusagen als eines mit Bindestrich. Auch jetzt, da der Soldat in die ehemalige Panzerhalle der Markgrafen-Kaserne einmarschiert, wird nur gesprochen, nie gesungen; Musik gibt’s gleichwohl schon, und reichlich. Sieben Bamberger Symphoniker, stark angeführt von der Geigerin Mayra Budagjan, umreißen die szenische Ballade mit den holzschnittartigen Konturen, den derben Füllstoffen einer Bänkel-Moritat. Mit zwei Streichund vier Blasinstrumenten sowie einer Schlagwerk-Batterie spielen sie, in der vertrackten Rhythmik imponierend sattelfest, dem Teufel vierschrötig auf, absichtsvoll unromantisch, betont unpsychologisch. Dem Teufel? Ihm überlässt der titelgebende müde Krieger seine Geige im Tausch gegen ein Zauberbuch. „Alles, was den anderen fehlt“, verschafft es dem Soldaten, nur kein Herzensglück, nur keine Menschenliebe – er ist „unter Lebenden lebendig tot“. Dann aber, beim Kartenspiel, kann er dem Satan die Violine – seine Seele – wieder abluchsen; und sogar des Königs Töchterlein zeigt sich dem armen Schlucker zugetan. Weil aber alles eine List des Bösen war, fährt er am Ende doch zur Hölle. In Bayreuth ist er eine Sie: Isabel Karajan. Als Tochter des unvergessenen Dirigenten hat sie, eigener Musikalität ungeachtet, lieber die Laufbahn der Schauspielerin eingeschlagen. Umstandslos mutet sie sich in Klaus Ortners Fassung des Kammerspiels alle Rollen alleine zu. Eine multiple Persönlichkeit, vor allem um die Füße herum: Am einen trägt sie einen klobigen Soldatenstiefel, das andere Bein mündet teuflisch rot bestrumpft ins elegante Schuhwerk eines vornehmen Herrn. Strawinskys Minimal-Musik folgend, verzichtet Karajan fast ganz auf Requisiten. Vor den Bauch bindet sie sich ein Brett als Vortragspult, in der Hand hält sie eine Geige aus schlabbriger Pappe. Dem Soldaten legt sie das Idiom eines trägen Schweizers in den Mund; den Teufel versieht sie mit der verführerischfordernden Falschheit des notorischen Weltverschlechterers. In die wechselnden Rollen – als dritte kommt noch, zwischen den Parteien vermittelnd, die des Erzählers hinzu – schlüpft sie, als ob sie pantomimisch in wechselnde Körper schlüpfte. Zwischenzeitlich schaut sie sogar als alte Frau vorbei – durch einen Damenstrumpf hindurch, der ihre Züge grausig verzerrt. Während die Musiker die schwungvolle Brisanz der strawinskyschen Rhythmus-Eskapaden immer neu pointieren, führt Isabel Karajan den Soldaten, der „seinen Weg verloren“ hat, stundenkurz ungebremst die Umwege zur ewigen Verdammnis entlang. Eine epische Tragödie also? Im Grunde schon; freilich weniger erschütternd als erheiternd in ihrem volkstümlichen Taschenformat. Vollends zur „Pocket Opera“ schrumpft ein sonst dreistündiges Musikdrama am nächsten Abend im In der Wagnerstadt liebt man nicht nur die Oper: Die Musica Bayreuth zeigt Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“. Foto: Musica Bayreuth Superhelden behaupten ihren Spitzenplatz Marvels Superhelden stehen auch in der zweiten Woche mit deutlichem Vorsprung an der Spitze der offiziellen deutschen Kinocharts. „The First Avenger: Civil War“ kam zwischen Donnerstag und Sonntag auf rund 290 000 Besucher und übertraf damit knapp die Marke von einer Million Zuschauern, wie Media Control am Montag mitteilte. Der Film lässt bekannte Figuren der amerikanischen Marvel-Comics wie Black Widow, Iron Man und Captain America in einer Mega-Schlacht aufeinandertreffen. Einziger Neueinsteiger unter den Top fünf ist auf dem zweiten Platz „Bad Neighbors 2“. Die US-Komödie mit Zac Efron und Seth Rogen sahen 152 000 Kinobesucher. Der Disney-Film „The Jungle Book“ wurde auf den dritten Platz abgedrängt. „Vogelhochzeit“ erstmals auf Englisch Auf Umwegen in die Hölle Zweimal Erzähl-Theater bei der Musica Bayreuth: Isabel Karajan lässt einen Soldaten mit dem Teufel verhandeln. Später gibt’s Mozarts „Figaro“ als „Pocket Opera“. Eine umstrittene Plastik, die Adolf Hitler knieend beim Beten zeigt, ist in New York für knapp 17,2 Millionen Dollar versteigert worden. Für ein Werk des italienischen Künstlers Maurizio Cattelan sei dies ein Rekord, teilte das Auktionshaus Christie’s am Sonntagabend mit. Die etwa einen Meter große Skulptur aus Wachs, Polyesterharz und Menschenhaar sieht von hinten aus wie ein knieender Junge. Dass es sich in Wirklichkeit um den Nazi-Diktator in grauem Anzug handelt, erschließt sich erst bei der Ansicht von vorne. Die Plastik aus dem Jahr 2001 mit dem Namen „Him“ gehörte zu einer Auktionsreihe mit dem Namen „Bound to Fail“ (Zum Scheitern verurteilt). Wer sie ersteigert hat, wurde nicht bekannt. Neuen Schloss. Den abendsonnigen Festsaal füllt die andernorts gut dreistündige „Hochzeit des Figaro“, die hier kaum halb so lang dauert. Die Kurzversion verdankt sich dem Mozart Narropera Trio: Zu ihm gehören die Sängerin Dorothee Jansen, der Geiger Hanns-Heinz Odenthal – mit mäßig schönem, oft ungenauem Spiel – und der Neuseeländer Haydn Rawstron als korrepetitorenhafter Pianist und Erzähler, ein „Narrator“ mit perfektem Deutsch und charmantem Akzent. Sein kluger Vortrag beleuchtet die vielschichtige Psychologie der Figuren und teilt überhaupt, über die nachvollziehbare Inhaltsangabe des verwirrenden Librettos hinaus, manch Erhellendes über die Hintergründe des Musikdramas mit. Zehn Arien von Frauen-Figuren stimmt die Sopranistin an – sympathisch seelenvoll in ihrer leichten und freien, allerdings vielfach um eine Spur zu tief intonierenden Stimme. So unterstreicht das Trio die Vorliebe, die der Komponist auch mit diesem Bühnenwerk den Damen zollte. Wer indes tags zuvor die schillernde Isabel Karajan in ihrer obskuren Verdreiund Vervierfachung erlebte, begegnet hier einem konträren Frauentyp: artig, taktvoll, brav. So harmlos hat Mozart sein Meisterwerk wohl nicht gemeint. ————— Nächste Veranstaltungen der Musica Bayreuth: Donnerstag, Das Zentrum, Spark – die klassische Band; Freitag, Neues Schloss, Armida-Quartett. Beginn: jeweils 19.30 Uhr. Kinderliedermacher Rolf Zuckowski, 68, will sein 1977 komponiertes Singspiel „Die Vogelhochzeit“ unter dem Titel „The Bird Wedding“ erstmals in einer englischen Version auf die Bühne bringen. Die Premiere findet am 24. Mai in der International School of Hamburg statt, wie die Schule am Montag mitteilte. Den englischen Text schrieb der Musiklehrer Jonathan Dexter. Bei der Uraufführung will Zuckowski selbst zur Gitarre greifen. Ausstellung würdigt Bauhaus-Fotograf Umbo Umbo, einer der wichtigsten Fotografen der Moderne, soll 2019 in einer Dreifach-Ausstellung in Hannover, Berlin und Dessau gewürdigt werden. Museen in diesen drei Städten hatten das Werk des Künstlers (1902 bis 1980) gemeinsam angekauft und wollen es nun der Öffentlichkeit zugänglich machen. Das Sprengel Museum Hannover, die Berlinische Galerie und das Bauhaus Dessau stellten das Projekt am Montag in Berlin gemeinsam vor. Otto Maximilian Umbehr, so sein bürgerlicher Name, ist laut Berlinischer Galerie neben László Moholy-Nagy der bedeutendste Fotokünstler, der aus der Bauhaus-Schule hervorgegangen ist. Der Erhalt seines Werkes liege im nationalen Interesse. Diese und viele weitere Artikel finden sich im Bereich Feuilleton auf unserer Internetseite.