Ein weisser, skulptural geformter Baukörper steht - Sky

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Wohnreportage Freundorf
WOHNEN MIT
DEN JAHRESZEITEN
Text : Roland Merz, Fotos: Brigida González
Wohnrevue 9 2014
Wohnrevue 9 2014
Ein weisser, skulptural geformter Baukörper steht selbstbewusst,
scheinbar unantastbar auf einer von Bäumen gesäumten Wiese.
Auf den zweiten Blick entdeckt der Betrachter die Qualitäten des
Einfamilienhauses, das sich feinfühlig mit der Landschaft verzahnt
und keineswegs als Solitär über der Natur schweben will.
Innen- und Aussenraum bilden eine Einheit.
Der polygonal geformte Körper des Einfamilienhauses, in einer beschaulichen niederösterreichischen Gemeinde unweit von Wien gelegen,
besteht aus zwei zueinander verschobenen Volumen, die dem Hang folgend nach Norden und Süden auskragen.
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VISION EINES GESAMTKUNSTWERKS
Das Team von Project A.01, das sich in den letzten Jahren
einen Namen mit aussergewöhnlichen Einfamilienhaus­
projekten gemacht hat, ist mit der Gestaltung von Innenräumen gross geworden. Heute liegt der Schwerpunkt im
Hochbau, angefangen von kleineren Wohnprojekten bis
hin zu städtebaulichen Aufgaben. Aktuell entsteht in Wien
ein Turm mit 500 Wohneinheiten, das drittgrösste reine
Wohnhochhaus in Europa. Andreas Schmitzer und Maria
Planegger legen Wert auf eine ganzheitliche Planung. «Wir
betrachten nicht nur das Bauwerk als solches, sondern
ziehen die Innenraumgestaltung inklusive Teile der
Möblie­rung von Beginn an in unsere Entwurfsgedanken
mit ein. Unser Ziel ist es, ein Gesamtkunstwerk zu schaffen», beschreibt das Duo seine oberste Entwurfsprämisse.
Entstanden ist ein Gebäude, das sich in das leicht abschüssige Gelände verzahnt und mit den verschiedenen Niveaus
der Landschaft arbeitet, Ein- und Ausblicke in und aus der
Landschaft so nutzt, dass Privatsphäre trotz aller Offenheit
gewährleistet ist und die Vorzüge der Natur mit ihren vier
Jahreszeiten für die Bewohner erlebbar macht.
Der polygonal geformte Körper des Einfamilienhauses
besteht aus zwei zueinander verschobenen Volumen, die
dem Hang folgend nach Norden und Süden auskragen.
Durch die horizontale Verschiebung entsteht zwischen den
Elementen ein hoher Luftraum, der den Eingangsbereich
sowie die zentrale Erschliessung bildet. Das parallel zur
Quartierstrasse verlaufende Volumen sitzt auf einem Sockel
aus Stahlbeton, der mit hellen Natursteinplatten verkleidet
ist und das reduzierte Kellergeschoss mit Garage, Fahrrad- und Abstellraum beherbergt. Durch die umlaufende
Anordnung der Fensterfronten scheint das auskragende
Volumen über dem Gelände zu schweben. Das Obergeschoss, das mit einer Vorhangfassade versehen ist, ruht auf
Verbundstützen und ist mit einer Fachwerkkonstruktion
aus Stahl ausgesteift. Die vorgehängten Putzträgerplatten
treten farblich und durch ihre Textur mit dem schweren
Steinsockel in ein Zwiegespräch. An allen Ecken und
Enden ist die Liebe zum Detail spürbar.
Die Innenräume sind in Split-Level-Bauweise organisiert,
um die leichte Hanglage optimal zu nutzen und im Innern
spürbar zu machen. Das Herz des Hauses bildet der hohe
Luftraum, der einerseits als Gelenk der zwei ineinander
geschobenen Baukörper funktioniert und andererseits die
verschiedenen Ebenen mit einer leicht wirkenden Treppenanlage verbindet. Die offene Konzeption des Grundrisses
der unteren Ebenen kündigt sich bereits im Eingangs­
bereich an. Eine repräsentative Weinlounge, die für den
Empfang von Gästen wie auch für geschäftliche Besprechungen dient, bildet zusammen mit dem Entree eine
fliessende Raumzone.
SONNENLICHT BIS TIEF IN DIE RÄUME
Durch das Tageslicht angezogen, erreicht der Besucher
eine halbe Etage höher den vollkommen offen gestalteten
und in Weiss getauchten Wohnbereich. Die Architekten
ent­wickelten einen Grundriss, der grösstmögliche Freiheit
bei der Nutzung und der Möblierung zulässt. Eine Feuer­
stelle strukturiert den Raum in eine Wohnzone mit Küche und
einen Arbeitsbereich. Die dunkel gehaltene Koch­stelle
setzt einen angenehmen Farbkontrast und fügt sich mit
seiner skulpturalen Ausformung in den polygonalen Innen­
raum. Das Sonnenlicht dringt durch die umlaufenden
Fensterfronten wie auch durch den Luftraum über der
Erschliessung und der Küche bis tief in den Innenraum.
Vom Wohnraum gelangt man eine Ebene höher und erreicht
erst den Schlafbereich der Kinder. Den zwei Zimmern
inklusive gedeckter Terrasse ist eine offene Spiel- und
Arbeitszone vorgelagert, die durch Schiebetüren in einen
Gästebereich verwandelt werden kann. Ein Bad, eine
separate Toilette sowie eine Abstellkammer ergänzen
das Raumangebot. Auf der obersten Ebene befindet sich
das Reich der Eltern. Das überraschend klein gehaltene
Schlafzimmer öffnet sich über eine grosszügige Terrasse
wie die beiden Kinderzimmer gegen Süden direkt in die
Landschaft. Der Ausblick ist so gefasst, dass man auf die
grenzenlos scheinenden Felder und Wälder schauen kann
und zugleich keine unerwünschten Einsichten entstehen.
Höhe­punkt dieser Schlafebene ist der 40 m² grosse Wellness­
bereich mit integrierter Ankleide. Frei stehende Wanne,
Doppeldusche, Badmöbel mit zwei Waschbecken sowie
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n einer beschaulichen niederösterreichischen Gemeinde,
knapp eine Autostunde von Wien entfernt, hat ein
Ehepaar für sich und seine zwei- und fünfjährigen
Kinder den idealen Bauplatz gefunden. Das grosszügige,
leicht abfallende Grundstück liegt am Siedlungsrand mit
herrlichem Blick in die angrenzenden Felder und Wälder.
Mit einer klaren Vorstellung bezüglich Gestaltung,
Nutzung und Kostenplan klopfte die Bauherrschaft an der
Tür von Project A.01 Architects an. Das Wiener Archi­
tekturbüro, das Andreas Schmitzer 1997 gründete und seit
2001 zusammen mit Maria Planegger erfolgreich führt,
beschreibt die Zusammenarbeit mit der vierköpfigen
Familie als einen Glücksfall. «Die Bauherrschaft hegt ein
starkes Interesse an Architektur und Design. Von Beginn
an fanden wir uns in intensiven Diskussionen auf gleicher Ebene», erinnert sich Andreas Schmitzer und führt
weiter aus: «Wenn jemand architektonische Qualitäten
wertschätzt, ist die Argumentation während der Entwurfsund Bauphase ganz einfach eine andere.» Dazu kam, dass
der Bauherr als Landschaftsgestalter mit eigenem Unter­
nehmen im Dorf tagtäglich mit Architekten zu tun hat und
in Fragen der Aussenraumgestaltung bei seinem Haus
gleich selbst am Entwurf und der anschliessenden Umsetzung mitwirkte.
Um den Traum eines modernen Eigenheims in die richtigen
Bahnen zu leiten und sich nicht unnötig in Streitereien mit
Nachbarn zu verstricken, suchten Architekten und Bauherrschaft frühzeitig den Kontakt mit der Gemeinde. «Die
Baubehörde war zu Beginn skeptisch, aber durchaus offen
für neue architektonische Ansätze», beschreibt Schmitzer.
Durch die frühen Gespräche mit Behörde und Nachbarn
waren vor und während des Baus keine kraftraubenden
Auseinandersetzungen nötig, und man konnte sich ganz auf
die Umsetzung des Traumhauses konzentrieren.
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Wohnreportage Freundorf
Die Sonnenstrahlen spiegeln sich im Wasser des Pools, der direkt an das Haus anschliesst, und zaubern flirrende, sich stetig ändernde
Lichtzeichnungen an die Decke des Wohnraums. (Schiebefenstersystem von Sky-Frame)
skulptural geformte Sitzbank im Zentrum lassen keine
Wünsche übrig.
Das nahtlose Ineinanderfliessen von Innen und Aussen ist
auf der Wohnebene am stärksten zu spüren. Die grossen
Öffnungen sind wie im ganzen Haus mit dem Schiebefenstersystem von Sky-Frame ausgestattet. Nach längerer
Recherche sind die Architekten von Project A.01 vor
sieben Jahren auf das beinahe rahmenlose System
gestossen. Die schwellenlosen Fensterlösungen unterstreichen zusätzlich das Ineinandergreifen von Garten
und Innen­raum. Dieser Eindruck wird durch den steinernen Boden­belag, der sich bis auf die Terrasse zieht, zusätzlich ver­stärkt. Die grosse Terrassenfläche sowie der
Pool schliessen direkt an das Haus an. Die Sonnenstrahlen
spiegeln sich im Wasser und zaubern flirrende, sich
stetig ändernde Lichtzeichnungen an die Decke des
Wohnraums. So entsteht innen vor allem in den Sommermonaten ein beinahe mediterranes Ambiente. Das
Gelände wird durch diverse Stützmauern mit integrierter
Sitzlandschaft zoniert. Ein Grillplatz sowie eine Sand­
fläche am Pool zaubern Strandfeeling in Nieder­österreich.
Die Bepflanzung ist gelungen positioniert, ohne das
Gebäude sowie die Weite des Grundstücks einzugrenzen
oder zu beschneiden.
«Das Haus in Freundorf ist auf seinen Bauplatz optimiert.
Das ist für uns ein entscheidendes Dogma», sagt Andreas
Schmitzer. «Bei Objekten, die einen solch starken Bezug
zur Landschaft und diese Transparenz aufweisen,
müssen die Qualitäten des Ortes noch stärker heraus­
gearbeitet werden. Lage und Sonneneinstrahlung sowie
die diversen Ein- und Ausblicke in die Landschaft
müssen noch bewusster und gezielter eingesetzt werden.» Dies ist den Architekten optimal gelungen. «Nur mit
einer engagierten und mitdenkenden Bauherrschaft
kann ein Architekt zu Höchstleistungen auflaufen», führt
Schmitzer weiter aus. Das Beispiel Freundorf zeigt
anschaulich auf, wie die heutigen Bewohner mit ihrem
Projekt gewachsen sind. Es gab keinen Tag, wo der Schwiegervater des Bauherrn nicht auf der Baustelle stand und
nach dem Rechten schaute. Er war der Bauleiter, der die
Handwerker überwacht, angespornt und, wenn nötig, auch
angepeitscht hat, damit während eines bestimmten Zeit­
fensters ein Haus entstand, das der vierköpfigen Familie
wie ein Massanzug perfekt auf den Leib geschneidert ist.
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Das Sonnenlicht gelangt durch die umlaufen­
den Fensterfronten wie auch durch den Luftraum über der Erschliessung und der Küche
bis tief in den polygonalen Wohnraum.
Die dunkel gehaltene, skulptural geformte
Kochstelle setzt einen starken Farbkontrast.
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Oben: Eine Feuerstelle strukturiert den grosszügig angelegten Raum in eine Wohnzone
mit Küche und einen Arbeitsbereich.
Links: Höhepunkt der Schlafebene ist der
knapp 40 m² grosse Wellnessbereich mit
integrierter Ankleide, Doppeldusche, Waschbereich und frei stehender Wanne mit Blick
ins Grüne.
Project A.01 Architects
Mariahilfer-Str. 101/2/27
A-1060 Wien
[email protected]
www.projecta01.com
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