Praxisbericht VESTRA GIS GeoMedia Memmingen, die Stadt der Tore und Türme, entschied sich im Jahr 2001 für die Einführung eines Geografischen Informationssystems (GIS), das es nicht nur ermöglichen sollte, bestehende Daten zu verwalten, sondern vorrangig Daten aus verschiedenen Fachdisziplinen zu erfassen, zu analysieren und im Web aktuell zu präsentieren. Die Wahl fiel auf GeoMedia der Firma Intergraph; komplettiert wurde dieses System durch Fachschalen wie VESTRA GIS GeoMedia, um die relevanten Fachdisziplinen abzudecken. Dieser Artikel informiert über den Einsatz von GIS und die Entwicklung der Geodateninfrastruktur im Stadtplanungsamt Memmingen. Von Christian Hohner und Marco Schrempp Historie, Anforderungen und Umsetzung Der maßgebliche Impuls für die Ein­ führung eines Geo­i nformations­ systems kam aus dem Fachbereich Ver­ messung. 30.000 Flurstücke, 20.000 Gebäude, 300.000 topographische Punkte und Linien sowie eine große An­z ahl an Luftbilddaten waren in einem CAD-System nicht mehr zu ver­ walten. Gleichzeitig wurden die An­ forderungen an ein neues System klar definiert: Relevante Arbeitsplätze erhal­ ten die Möglichkeit, auf Datenbestände wie Vermessungs­daten, Straßenachsen, Kanal­b estände sowie auf Flächen­ nutzungs- und Bebauungspläne zu­zu­ greifen. Die Firma Intergraph lieferte mit GeoMedia ein leistungsstarkes 20 PROFILE 2/2009 Basis­s ystem, dessen Daten­server­tech­ nologie einerseits externe For­mate on the fly zur Anzeige bringt. Anderer­seits begeistert das GIS-System durch die Vielzahl der verwend­baren Daten­bank­ systeme wie Access, SQL oder Oracle. Was der Plattform jedoch fehlte, waren spezifische Fach­schalen für Vermessung, DGM und Straßenplanung sowie zur erweiterten CAD-Bearbeitung und für Flächen­nutzungspläne. Diese Fach­ schalen wurden größtenteils von AKG durch VESTRA GIS GeoMedia bereit­ gestellt. Eine große Herausforderung bestand zudem in der Umsetzung der Digitalen Flurkarte (DFK). Hier gelang es durch einen externen Dienstleister, aus einem nicht objektorientierten Datenformat eine „salonfähige“ Katasterkarte zu er­ zeugen, die allen Fachabteilungen als Datengrundlage diente. Vermessung – Datenhaltung Neben der Flurstücksdatenbank wurde eine eigene Datenbank für die Er­ stellung und Verwaltung topogra­ phischer Punkte und Linien aufge­ baut. Die Datenbank ermöglicht es den unterschied­lichen Fachabteilungen, auf die aktuellsten Daten zuzugreifen – und das live! So werden Nachmessungen für ein Straßen­planungsprojekt sofort nach dem Einspeichern der Daten für den Straßen­planer sichtbar – ohne Daten über Schnittstellen auszutauschen! Inzwischen gibt es fast 90 unter­ schied­liche Punktkodierungen. Diese werden im Außendienst mit Mess­ geräten wie Trimble S6 oder GPS Leica 1200 erfasst. Die resultierende Punkt­wolke wird über VESTRA di­ rekt in GeoMedia übernommen. Die Ein­deutigkeit von Punktnamen ist zum einen durch das ausgeklügelte VESTRA GIS GeoMedia Praxisbericht und eine mögliche Betrachtung in der 3D-Show können anschließend Höhenfehler visuell aufgedeckt wer­ den. Häufig kommt es z. B. vor, dass die Höhe des Reflektor­stabs verändert, dies aber nicht am Tachymeter einge­ stellt wurde. Abschließend wird das re­ sultierende DGM an das Tiefbauamt für die Straßen­planung übergeben. Tiefbauamt – Straßenplanung Aufgemessene Topographie mit einem Luftbild, das hinterlegt wurde Nummerierungsschema und zum an­ deren durch die VESTRA-Schnittstelle gewährleistet. Umfassende Analyse­ möglich­keiten helfen, den Gesamt­ bestand immer aktuell zu halten und In­konsistenzen aufzudecken. Um die Lesbarkeit der Karten und die Ausführungsplanung zu verein­ fachen, wurde in Absprache mit dem städtischen Tief bauamt die Linien­ topo­g raphie überarbeitet. Hilfreich hierbei waren die neuen Funktionen in GeoMedia 6.0 hinsichtlich der Sym­ bolisierungs­möglichkeiten bei linien­ haften Objekten. So gibt es z. B. eigene Objekt­k lassen für Homburger Kante, Zweizeiler oder Granitbordsteine mit Einzeiler. Für Absteckungsarbeiten enorm wichtig war die Möglichkeit beim Export, sowohl amtliche Punkte aus der DFK als auch topographische Punkte in das Messgeräteformat unter Bei­behaltung der tatsächlichen Punkt­ nummer zu verarbeiten. Dies hört sich einfacher an, als es tatsächlich ist. Wenn man bedenkt, dass diese Daten in ge­ trennten Datenbanken vorliegen und gleich­zeitig von Haus aus unterschied­ liche Attribute für die Punktnummern verwenden, lässt sich erahnen, dass ein Lösungsansatz zunächst erarbeitet wer­ den musste. Bearbeiters angezeigt. Fachbereiche, die beispielsweise die topographische Daten­bank in der täglichen Arbeit nur selten benötigen, können diese über so­ genannte Bibliotheken jederzeit mit Symbolik und Legendenstruktur an­ hängen. Vermessung – DGM Als Grundlage für Straßenplanungen wird ein Digitales Geländemodell (DGM) von der Vermessungsabteilung auf Basis der topographischen Daten­ bank direkt in GeoMedia angefer­ tigt. Alle selektierten Linien werden auto­matisch als Bruchkanten erkannt, Fehler in der Liniengeometrie pro­ tokolliert und grafisch angezeigt. Beispiele hierfür sind kreuzende Linien oder Höhendifferenzen zwi­ schen Linie und Vermessungspunkt oder Linienstützpunkte ohne Höhe. Über die Darstellung von Höhenlinien Basierend auf der topographischen Auf­ nahme und dem Digitalen Gelände­ modell wird hier die Straßen­planung mit VESTRA GIS direkt in GeoMedia durch­g eführt. Da in erster Linie Sanierungen im Innen­stadtbereich an­ stehen, kommt die ganze Vielfalt des VESTRA-Planungs­werkzeugs zum Ein­ satz: von dynamischen Achsen, Zwangs­ punkt­er­fassung, kom­plexen Decken­ büchern mit Höhen­bezügen (z. B. auf die Gehweghinterkanten) über die Gradienten­konstruktion bis hin zum fertigen Querschnitt. Die Absteckungsdaten werden je nach Auftrags­g röße an die Vermessungs­ abteilung oder an externe Dienstleister übergeben. Die fertige Planung wird abschließend in einer Bibliothek als Legendeneintrag allen GIS-Benutzern zur Verfügung gestellt. Aktueller Datenbestand Seit Einführung des GIS wurden viele Daten eingearbeitet. Als Raster­ daten stehen Luftbilder aus vier Be­ fliegungen, topographische Karten (DTK25, DTK500) sowie Scans der Bebauungspläne zur Verfügung. Das Daten­volumen dieses Materials be­ trägt insgesamt mehr als 8 GB! Als Vektordaten sind Bibliotheken (Themenbereiche) u. a. für Kataster­ daten, Vektor500-Karten, Baugesuche, Adresspunkte, das städtische Höhen­ Bereitstellung von (Vermessungs-) Daten für die Fachabteilungen Kataster- und topographische Daten wer­ den in unterschiedlichen Datenbanken abgelegt. Die GeoWorkspaces der einzel­ nen Fachabteilungen sind so eingerich­ tet, dass die Datenverbindung zu den Vermessungsdaten automatisch herge­ stellt ist; sie werden mit Legende und Symbolisierung im Kartenfenster des Digitales Geländemodell mit Höhenlinien PROFILE 2/2009 21 Praxisbericht VESTRA GIS GeoMedia GeoMedia ResPublica Intranet (RPi) soll nun eine neue Generation des web­ basierten Geoinformationssystems ein­ geführt werden. Dann soll es möglich sein, den Fach­ä mtern einen schrei­ benden Zugriff auf Geometrie (z. B. Straßen­auf­bruchs­fläche) und Attribute (Datum, Bemerkung etc.) zuzuweisen. Fazit festpunktnetz, Be­bau­ungs­pläne sowie Flächen­nu­tzungs­pläne, Straßenachsen und Grund­w asserpegel verfüg­ bar. Durch die offene Architektur von GeoMedia werden die Daten in Memmingen sowohl in MS Access als auch in MS SQL Server verwaltet. Eine Einführung von MS SQL 2009 Spatial ist angedacht, aber noch nicht umge­ setzt. Web-GIS Seit seiner Einführung im Jahr 2004 ha­ ben mittlerweile rund 75 Kolleginnen und Kollegen Zugang zum Web-GIS und wurden entsprechend geschult. Mit dem derzeit laufenden Probebetrieb von Die Einführung eines Geo­infor­mations­ systems hat die Gesamt-Datenhaltung er­heblich vereinfacht. Durch den Zu­ griff auf aktuelle Daten entfällt häufig das Arbeiten über Schnittstellen. Mit dem geplanten schreibenden Zugriff der Fach­ämter auf GIS-Daten über RPi wird die Arbeits­weise weiter optimiert. Sicherlich sind in den letzten Jahren auch Probleme aufgetreten. Doch durch eine lobenswerte Hotline sowohl bei Intergraph als auch bei AKG konnte bisher jede Schwierigkeit gemeistert werden. Ein Arbeiten ohne GIS ist im Stadtplanungsamt Memmingen nicht mehr vorstellbar. Dipl.-Ing. (FH) Christian Hohner Dipl.-Ing. (FH) Marco Schrempp Registered Solutions Provider 22 PROFILE 2/2009