VERSIÓN REDUCIDA DEL DECÁLOGO FRESHLATINO2 GEKÜRZTE VERSION DES GEBOTSKATALGOS FRESHLATINO2 (ausschließlich für das Video zu verwenden) I. EREIGNISSE Architektur bezeichnet nicht die Gebäude, sondern die Situationen und Ereignisse, die in ihnen geschehen. Man kann Architektur mit Tischdecken, Tomaten und Sangria realisieren, wenn man die Zeit und die Interaktion mit einbezieht und nicht ausschließlich den Raum. Eine weiche Architektur, die Verbrauch und Abfall reduziert und gleichzeitig ermöglicht, Innovation und Umsicht in Einklang zu bringen. II. ANTHROPO-NO-ZENTRISMUS Derzeit verfolgen viele Architekturen die Absicht, Regularien und Handlungsrahmen zu schaffen, in denen eine Symmetrie zwischen Personen, anderen Lebewesen, materiellem und immateriellem Erbe sowie dem physischem Umfeld möglich wird. Es sind Architekturen, die Rechte, Repräsentation und Ansprüche, die sonst den Bürgern vorbehalten sind, auch nicht-Menschlichem zusprechen. III. BLACK-BOX-ÖFFNEN Wir konsumieren Prozesse, die wir nicht verstehen – Alltagsprozesse, die wie geschlossene Kisten funktionieren: Wir sehen, was hineinlangt und was herauskommt, nicht aber das, was dazwischen passiert. Diese Black Boxes mit Hilfe von Architekturen zu öffnen, die den Zugang zu Verständnis, Bewertung und Entscheidung ermöglichen, ist eines der Ziele der zeitgenössischen Architektur. Eine Architektur, die den Wandel von einer auf Konsum basierenden Gesellschaft zu einer solchen unterstützt, deren Basis die Partizipation und das bewusste Handeln sind. IV. DISPUT Architektonische Renderings präsentieren in der Regel Szenen von sonnigen Frühlingsmorgen, belebt von lächelnden Menschen, die im Einklang mit sich und ihrem Umfeld leben. Das scheinbare Verschweigen von Konflikten ist jedoch charakteristisch für unterdrückte Gesellschaften. Orte so umzugestalten, dass Interessen und Befindlichkeiten in einem geeigneten Umfeld aufeinanderprallen können, in dem es zusätzlich Garantien der Politik gibt, ist daher zu einer der wichtigsten Tendenzen geworden, auf deren Grundlage die architektonische Gestaltung den öffentlichen Raum überdenkt. V. EMPOWERMENT Unter diesem Begriff kann man die architektonischen Strategien zusammenfassen, die das Schwache und Fragile stärken, indem sie mit Aktionen oder Bauten das schützen, was für sich allein nicht in Wettbewerb treten könnte. Das bedeutet Strategien, die Gebäude produzieren, die die vorherrschenden Mächte herausfordern, statt sich in ihre Dienste zu stellen. VI. LABOR Architektur kann das Resultat von aufeinanderfolgenden Versuchsreihen sein. Man kann sie als ein kollektives Experiment verstehen, bei dem jede Aktion als Reagenzglas zu sehen ist, in dem Versuche darüber angestellt werden, was danach kommen wird. So gesehen, muss Architektur nicht zwangsläufig aus einzelnen, großen und schnellen Aktionen entstehen, sondern kann ebenso aus Ketten von kleineren, aber besser durchdachten Handlungen resultieren. Solche Handlungen mindern das Risiko und ermöglichen es, mit Umsicht vorzugehen. Dabei verwandeln sie jeden architektonischen Gegenstand in ein Archiv dessen, was schon gemacht wurde und in ein Reagenzglas für das, was noch gemacht werden wird. VII. WIEDERANEIGNUNG Aufbauen ist nicht mehr gleichzusetzen mit dem Bauen von Gebäuden. Viel wichtiger als neue Gebäude zu errichten ist es, sich die schon bestehenden wieder anzueignen. Die aktuelle Architektur hat von den Hausbesetzern gelernt: Sie siedelt sich dort an, wo es möglich ist, fast ohne Veränderungen herbeizuführen, sondern schlicht durch das Aufzeigen anderer Nutzungsmöglichkeiten. Durch diesen Ansatz hat sich eine eigene Ästhetik entwickelt: die der Summe des Vorgefundenen, der Akkumulation und der Neuausrichtung, die auch politische Strategien sind. VIII. UMVERTEILUNG Verantwortung bezüglich der Vorteile und Abhängigkeiten übernehmen, die Veränderungen des Umfelds schaffen. Je nachdem wie diese Vorteile und Abhängigkeiten sozial verteilt werden, kann sich der Grad des Wohlbefindens und der Sicherheit einer kleinen Personengruppe oder aber der ganzen Gesellschaft verbessern. Dies ist die Ausgangslage in der viele der zeitgenössischen Architekturen tätig sind. Zielsetzung dieser Architekturen ist es, Wege der Gestaltung zu finden, die die Planungsmängel überwinden, ohne der Ausbeutung des Allgemeinbesitzes Vorschub zu leisten. IX. WIDERSTANDSFÄHIGKEIT Die menschlichen Ökosysteme teilen sich auf in solche, die für eine einzige Realität optimiert sind (wie eine Fließbandmontage oder eine Mautstelle), und solche, bei denen sich unterschiedliche Aktivitäten, Generationen, Prozesse, Situationen und Wahrnehmungen überlagern und nebeneinander existieren. Letztere sind Umfelder, die auf Veränderung vorbereitet sind, aber auch darauf, Unterschiede in Einklang zu bringen. Es sind widerstandsfähige Enklaven, die sich für eine andauernde Koexistenz konstituieren. Wenn die Metapher für die moderne Architektur die Maschine war, dann ist das Bild für die aktuelle Architektur der Urwald. X. SOLIDARITÄT Die Architektur kann mit Hilfe des sozialen Kapitals bauen. Sie errichtet Strukturen aus Verbundenheit und Zuneigung, nicht mit Steinen, sondern mit Beziehungen, die auf Gegenseitigkeit beruhen, auf Abhängigkeit, Zuneigung, Leidenschaft und der Bereitschaft zu Auseinandersetzungen. Es ist dieses solidarische Zusammenleben, durch das diese Architekturen an Dauerhaftigkeit gewinnen. Auf diese zu bauen bedeutet, alltägliche Beziehungen aufzubauen – wie die der Großeltern, die sich morgens um ihre Enkel kümmern, oder die Beziehungen der Mütter, die abwechselnd ihre Kinder betreuen, um arbeiten gehen zu können, oder die der „Empörten“, die einen Platz besetzt halten, um auf ihre Unzufriedenheit aufmerksam zu machen.