Arch 138_D_I

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ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
Werkzeitschrift der Eternit AG
Dezember 2004
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
2
Mediathek H EP-BEJ UN E, La Chaux-de-Fonds Atelier d’architecture Chieppa Manini Pietrini, Neuchâtel
5
Erweiterungsneubau Cycle d’orientation régional, Grône d&v architectes, Alain Dayer, Philippe Venetz, Sion
8
Regionalgefängnisse Thun und Altstätten Bollhalder & Eberle, St. Gallen
14
Schulhaus Laubegg, Winterthur-Dättnau Roland Meier sowie Marc Schneider und Daniel Gmür, Winterthur
17
Bettenprovisorium des Kantonsspitals Winterthur Heinrich Irion, Winterthur
20
Umbau und Erweiterung Pflegeheim Kirchfeld, Horw P. Bysäth, A. Linke, A. Weber, E. Gärtner, F. Schenkel, Luzern
24
Gemeindezentrum, Niederrohrdorf Zehnder Bauexperten, Niederrohrdorf
26
Werkhof, Fehraltorf Künzli & Scagnetti AG, Pfäffikon
28
Werkhalle, Bergün Thomas F. Meyer, Chur
30
«Findling» Eicher & Bruggmann, Basel
31
Eternit Architektur-Preis 03
32
Die Eternit AG an der Swissbau 2005
Editorial
Thema Baumaterialien an öffentlichen Bauten
ARCH befindet sich im Wandel. Auf das neue Layout, das mit der letzten
Öffentliche Bauten definieren sich über die Bauträger-
Ausgabe eingeführt wurde, erhielten wir ein positives Echo – danke! Nun fol-
schaft. Sie entstehen im Auftrag des Staates, der Kantons-
gen weitere, inhaltliche Modifikationen. Ein Thema soll jeweils den Inhalt
regierung oder der Kommune. Sie übernehmen Funktio-
bestimmen: dieses Mal das Bauen für die öffentliche Hand. Verschiedene Auto-
nen des öffentlichen Dienstes. Finanziert werden sie durch
rinnen und Autoren schreiben über öffentliche Gebäude, an denen Produkte
öffentliche Gelder. Staatliche, kantonale und kommunale
der Eternit AG zur Anwendung kamen, an den Fassaden, auf dem Dach oder im
Bauten sollen der Gemeinschaft dienen und sie repräsen-
Innenausbau. Vom Gemeindehaus und Werkhof, über Spital und Pflegeheim
tieren, – sie gehen deshalb alle etwas an. Galten früher die
zum Schulhaus oder Gefängnis – unterschiedlichste Bauaufgaben sind vertre-
städtebauliche Dominanz sowie eine angemessene Monu-
ten, denen die öffentliche Bauträgerschaft gemeinsam ist, und damit der An-
mentalität als selbstverständlich, so stehen heute Funktio-
spruch, der Allgemeinheit zu dienen. Wir behaupten, dass öffentliche Bauten
nalität und Benutzerfreundlichkeit im Vordergrund. Bei
ein Abbild der Gesellschaft darstellen. Damit thematisiert ARCH, zumindest
jeder einzelnen Bauaufgabe wird individuell zwischen den
indirekt, die Frage nach der gegenwärtigen kollektiven Auffassung von Archi-
beiden Polen Zweck und Repräsentation abgewogen. Die
tektur. Im Vordergrund stehen die Beziehungen zwischen den öffentlichen Bau-
Vielfalt öffentlicher Bauaufgaben macht es gegenwärtig
ten und dem Material Faserzement.
unmöglich, gemeinsame Stilmerkmale zu erwarten oder
Das jüngste Designstück aus Faserzement heisst «Findling». Es handelt sich
anzustreben.
um ein Sitzmöbel für den Aussen- aber auch für den Innenbereich, von
Nach wie vor wird dem Auftritt und der Erscheinung
dem dank seiner Gestalt eine stoische Kraft ausgeht. Die Neuheit stammt von
von öffentlichen Bauwerken besondere Bedeutung beige-
den Designern Eicher & Bruggmann und eignet sich insbesondere als Ele-
messen. Städtebauliche Position, Grösse und Gestaltung
ment der (Wohn-)Landschaftsgestaltung.
der Gebäudehülle gelten als vorrangige Kriterien. Der
Kurz vor Redaktionsschluss erreicht uns die Nachricht, dass Willy Guhl im Alter
Fassade kommt die wichtige Aufgabe zu, zwischen dem
von 89 Jahren gestorben ist. Dem Designer zahlreicher Möbelklassiker, darun-
Gebäudeinneren und der Öffentlichkeit zu vermitteln; sie
ter die berühmte «Eternit-Schlaufe», möchten wir in der nächsten Ausgabe aus-
muss beredt die Gebäudefunktion verkünden und der All-
führlich gedenken.
gemeinheit verständlich machen. Das Dach unterstützt als
Der Eternit-Architektur-Preis 03 stand unter dem Motto «Experiment Eternit».
fünfte Fassade den öffentlichen Charakter. An der äusse-
Zu ihrem 100-Jahre-Jubliäum forderte die Eternit AG junge Forscher und
ren Erscheinung des Gebäudes sollen Öffentlichkeitsgrad
Tüftler auf, ungewöhnliche Ideen zu den Themenbereichen Herstellung, Form-
und Zugänglichkeit ablesbar sein. Von vielen, nicht nur
gebung und Anwendung von Faserzement zu entwickeln. Die konkreten,
architektonischen Einzelaspekten hängt schliesslich die
eingereichten Experimente wurden ein Jahr lang in einem umgebauten Schiffs-
Akzeptanz eines Bauwerks ab. All die Ansprüche, die an
container an den Schweizer Architekturhochschulen präsentiert.
die äussere Gestalt öffentlicher Bauten gestellt werden,
Die Ausstellung «Eternit Schweiz – Architektur und Firmenkultur seit 1903»
ziehen unsere Aufmerksamkeit auf die Oberfläche. Be-
wandert weiter. Nach den bisherigen Stationen in Zürich, Lausanne,
schaffenheit, Charakter, Ausdruck der verwendeten Ma-
Mendrisio und Genf folgen das Architektur Forum Ostschweiz in St. Gallen
terialien sind entscheidend. Welches Baumaterial reprä-
(25. 10. bis 22. 11. 2004), die Hochschule für Technik + Architektur in Horw/
sentiert die Öffentlichkeit?
Luzern (4. 12. 2004 bis 28. 1. 2005) und zum Abschluss das Kunsthaus Glarus
Die Massivität der Aussenmauer war lange Zeit unab-
(12. 2. bis 6. 3. 2005) – letzte Gelegenheit!
dingbares Zeichen für Solidität und Beständigkeit, und da-
An der Swissbau, die 2005 wiederum Ende Januar in Basel stattfindet, werden
mit erste Wahl für Repräsentationsbauten. Dass mit Stein-
swisspor und Eternit AG einen gemeinsamen Auftritt haben. Wir stellen das
verblendungen die Mauerstärke auch vorgetäuscht wurde,
Architekturkonzept des Ausstellungsstandes vor.
zeigt das Beharren auf der gewünschten Imposanz. Mitt-
Viel Vergnügen mit der erneuerten ARCH!
lerweile rückte die Funktionalität der Gebäudehülle in den
Vordergrund, doch auch die Auffassung von einem ange-
Michael Hanak
messenen Erscheinungsbild hat sich verändert. Als Mög-
Kunst- und Architekturhistoriker, Redaktion ARCH
lichkeit bietet sich das Bekleiden der Fassaden an, bei der
Widerstandsfähigkeit und partielle Erneuerbarkeit gegeben sind, mit der sich aber auch der ästhetische Ausdruck
flexibel steuern lässt. Fassadenplatten erlauben unterschiedliche Gebäudewirkungen, von feiner Gliederung bis
zu hermetischer Geschlossenheit, von starrem Fugenbild
bis zu leichter Textur. mh
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
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Mediathek HEP-BEJUNE, La Chaux-de-Fonds
Kulturvermittlung und Repräsentation
Glatte, komponierte
Aussenansicht mit zum
Teil grossformatigen
Fenstern und korrespondierenden Fassadenplatten.
Die Mediathek als Bautypus vereinigt zwei gegensätzliche
Anforderungen: Zum einen soll sie wie ein Tresor das im
Inneren gelagerte Wissen schützen, zum anderen ist sie
ein öffentlicher Bau, der kulturelle Werte vermittelt. Diese
Spannung zwischen Zweck- und Repräsentationsarchitektur, zwischen Geschlossenheit und Offenheit lässt verschiedene Interpretationen zu. Im Fall der Mediathek
HEP-BEJUNE in La Chaux-de-Fonds hat diese Dialek-
tik zu einem gelungenen Bau geführt, der trotz seiner
Bauherrschaft
République et Canton de
Neuchâtel, Département de l’instruction
publique et des affaires culturelles
Architekten
Atelier d’architecture Chieppa
Manini Pietrini, Neuchâtel
Bauzeit
2001–2002 (Wettbewerb 2000)
m3 -Preis
CHF 574.–
Fassadenbau
Aiassa SA, Valangin und
A. Gerber SA / Gottburg, Bevaix
würdevollen Ruhe auch heiter und lebendig wirkt.
Der Neubau befindet sich am Rand von La Chaux-deFonds, in einer heterogenen Umgebung, in der sich der
orthogonale Raster der Stadt aufzulockern beginnt; er ergänzt das ehemalige Collège de Beauregard, in dem heute
die Haute Ecole Pédagogique Bern-Jura-Neuchâtel untergebracht ist. Der dreigeschossige, vom Anfang des
20. Jahrhunderts stammende Altbau dominiert den Ort,
während sich die angebaute Turnhalle und die umgeben-
Fassadenmaterial
Pelicolor Xpressiv
den Wohnbauten bescheidener ausnehmen. Die Media-
m2 -Preis Fassade
CHF 317.–
thek schafft einen harmonischen Übergang; die Volumenkomposition wirkt – ein L-förmiges Erdgeschoss trägt ein
rechteckiges Obergeschoss – als kompakte Einheit.
Die Mediathek ist geprägt durch eine Abfolge von differenzierten Räumen und Sichtbezügen. Das Spiel um die
2
Am differenziert
terrassierten öffentlichen Gebäude
halten sich Geschlossenheit und Offenheit,
Fassadenplatten
und Wandöffnungen
die Balance.
Das orthogonale Muster
der Pelicolor-Platten
reflektiert die Tektonik
der kompakten Volumen.
Gegensätze innen–aussen, offen–geschlossen ist stets
Collège-Altbaus. Folgerichtig wurden die Pelicolor-Plat-
gegenwärtig. Im Erdgeschoss befinden sich der Empfang
ten formal wie eine repräsentative Kunststeinverkleidung
sowie Dienstleistungs- und Technikräume, ein gedeckter
behandelt; sie sind so bemessen und angeordnet, dass sie
Vorhof mit Brunnen ist dem Eingang vorgelagert. Das
die Tektonik des Baus reflektieren. Die genaue Fügung der
Obergeschoss beherbergt Büros und den grossen Saal, der
Elemente und die Präzision der Details sind eine diskrete
sich in drei unterschiedliche Zonen gliedert; durch den
Hommage an die Uhrenstadt La Chaux-de-Fonds. Die
exzentrischen Dachaufbau entsteht beim Treppenaufgang
Regelmässigkeit und die klaren Verhältnisse lassen die
ein eindrücklich hoher, heller Raum. Die Tragstruktur be-
klassische Inspiration erkennen. Judit Solt
steht aus wenigen tragenden Innenwänden, deren Sichtbeton sandgestrahlt wurde, und aus vorfabrizierten Sichtbetonstützen im Fassadenbereich. Zwischen diesen Stützen
befinden sich entweder raumhohe Öffnungen oder Regale – was sich nicht nur in der eigentlichen Mediathek,
sondern auch in den Büros und selbst in den Toiletten gut
bewährt.
Die geschlossenen Bereiche der Fassade sind hinterlüftet und mit zementgrauen Pelicolor-Platten verkleidet; die
grossen, weissen Fensterrahmen sind aussenbündig angebracht. So einfach diese Konstruktion erscheinen mag, so
raffiniert ist sie: Obwohl die dünne Aussenhaut als solche
erkennbar ist, wirkt die raumhaltige Fassade massiv. Die
Architekten interpretierten den Faserzement – bekanntlich ein künstlich hergestelltes, mineralisches Material –
als zeitgenössische Antwort auf den gelben Kunststein des
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
3
Die aussenbündigen
Metallfenster unterstützen die massive
Wirkung der Fassadenbekleidung.
1. OG 1: 500
EG 1: 500
Detail 1: 20
4
Erweiterungsneubau Cycle d’orientation régional, Grône
Rauhe Umgebung, behagliche Schule
Der weitgehend geschlossene Quader steht
mit seinem Blauton
und der reflektierenden
Fensterfront im Dialog mit den benachbarten Schulgebäuden
sowie mit der umgebenden Bergwelt.
Eine steile Bergflanke, die abrupt in die Rhôneebene
Die schwierige topografische Situation erforderte eine
stösst, und mehr als drei Monate im Jahr kein einziger
ungewöhnliche architektonische Lösung. Die auf den
Sonnenstrahl – der Standort des Schulkomplexes in
Platz ausgerichtete Nordfassade des Erweiterungsbaus ist
Grône ist kein einfacher Bauplatz. Dennoch sollte der Er-
in den Obergeschossen, wo sich acht Klassenzimmer und
weiterungsbau des Cycle d’orientation régional, als öf-
weitere Unterrichtsräume befinden, vollständig verglast:
fentliches Gebäude, der fünf Gemeinden dient, das histo-
Auf diese Weise kamen eine optimale Belichtung und eine
risch gewachsene Ensemble klären und eine hohe archi-
schöne Aussicht ins Tal zustande. Die zum Berg hin orien-
tektonische Qualität aufweisen.
tierte Südfassade dagegen ist weitgehend geschlossen. Die
Der im Jahr 2002 fertiggestellte Neubau, ein läng-
Belichtung der spektakulären Kaskadentreppe, die sich
licher dreigeschossiger Quader, schmiegt sich so weit wie
entlang der Südwand nach oben entwickelt, erfolgt über
möglich an den Hang und erzeugt damit einen grossen
Oberlichter.
Platz zur Strasse hin. Dieser öffentliche Raum, der seitlich
Die Materialisierung greift den rauhen Charakter der
von zwei älteren Schulbauten gefasst wird, und die Fas-
alpinen Umgebung auf, ohne auf Behaglichkeit und Re-
sade des Neubaus werden jedoch erst nach dem geplanten
präsentation zu verzichten. Die Fassaden sind – bis auf
Abbruch der bestehenden Turnhalle voll zur Geltung
die von Aluminium und Glas geprägte Nordfassade – mit
kommen.
Pelicolor-Platten verkleidet, deren Farbton Oceanit das
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
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Feine Aluminiumleisten
schliessen die Fassadenbekleidung an den
Kanten ab.
Blau von Gebirge und Eis evoziert; ein Nottreppenhaus
Bauherrschaft
Architekten
Bauzeit
Commune de Grône
d&v architectes, Alain Dayer, Philippe Venetz, Sion
2002 (Wettbewerb 1999)
Ausführung
m3-Preis
Michel Couturier, Jean-Claude Neurohr, Grône
CHF 502.–
ragt als roter Block aus der Südfassade. Das Sockelgeschoss, das Administration und Bibliothek beherbergt, ist
innen und aussen in Sichtbeton ausgeführt, ebenso die
Treppe und die Wände im Innern. Einzig die längs verlaufende Wand, welche die Unterrichtsräume von der Gale-
Ingenieur Fassade
Hans-Dieter Winterhalter, Miège
rie trennt und gleichsam das Rückgrat der Anlage bildet,
Fassadenmaterial
Pelicolor Natura Oceanit
hat eine weichere Oberfläche: Sie ist beidseitig mit zum
m2-Preis
CHF 239.– (inkl. Unterkonstruktion und Isolation)
Material Innenausbau
Cemcolor Rubinrot
Teil perforierten, rubinroten Cemcolor-Platten verkleidet,
was nicht nur aus feuertechnischen und akustischen
Gründen sinnvoll ist, sondern auch entscheidend zur Behaglichkeit beiträgt. Judit Solt
6
Der Gangbereich
entlang der Treppenanlage am bergseitigen
Gebäuderücken ist mit
rubinroten, teilweise
perforierten CemcolorPlatten bekleidet.
Detail 1: 20
Situation 1: 2000
1. OG 1:500
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Regionalgefängnisse Thun und Altstätten
Kompakte Gebäude mit hermetischem Kleid
Regionalgefängnis mit Untersuchungsrichteramt, Thun
Grundidee des Entwurfes war es, sämtliche Zellen im
Im hoch aufragenden Schloss mitten in der Stadt Thun
obersten Geschoss anzuordnen und sie mit Oberlichtern
war bisher das Gefängnis untergebracht. Dieses sowie
zu versehen. Zu ebener Erde befinden sich die Verwal-
acht Bezirksgefängnisse im Berner Oberland wurden
tungs- und Besucherbereiche und im ersten Obergeschoss
durch das neue Regionalgefängnis ersetzt, dem zugleich
die Aufenthalts- und Arbeitsräume. Gleich mehrere ar-
das Untersuchungsrichteramt eingegliedert ist. Der Neu-
chitektonische und betriebliche Problemstellungen wer-
bau mit insgesamt 77 Haftplätzen bietet gegenüber den
den mit diesem Raumkonzept gelöst. Erstens gewinnen
bisherigen veralteten und mangelhaften Gefängnissen ei-
die einzelnen Zellen eine aussergewöhnliche Tageslicht-
nige Vorteile: verbesserte Betreuung, erhöhte Sicherheit,
qualität und eine räumliche Grosszügigkeit. Zweitens las-
optimale Betriebsabläufe. Des Weiteren verbessert sich die
sen sich die Fensteröffnungen auf horizontale Sichtschlitze
Tätigkeit des Untersuchungsrichteramtes durch die Nähe
reduzieren und erlauben damit eine Fassadengestaltung
zur Untersuchungshaft.
ohne Gefängnischarakter. Und Drittens vermindert sich
Der Gefängnisneubau steht mitten in einem zentrums-
die Gefahr der so genannten Kollusion, das heisst die un-
nahen Gewerbe- und Industriegebiet, sodass für die öffent-
erlaubte Kontaktaufnahme der Insassen untereinander
liche Nutzung eine Umzonung notwendig wurde. Gleich
und gegen aussen (beispielsweise durch offene Gitterfen-
gegenüber befindet sich – gewissermassen als Pendant –
ster). Der städtische Kontext veranlasste die Architekten,
die Kaserne, hinter der sich der Waffenplatz Thun aus-
einen Baukörper zu entwerfen, bei welchem die Nutzung
dehnt. Beiden Gebäuden gemeinsam ist, dass sie trotz öf-
mit Gefängniszellen den Ausdruck des Fassadenbildes
fentlicher Bauträgerschaft nur beschränkt zugänglich sind.
wenig beeinflusst und somit einem Büro- und Gewerbe-
Der Bauhergang des Gefängnisses entspricht einer
bau nahe steht. Sie verliehen dem Solitärbau ringsum eine
neuen Variante im Prozedere für grössere öffentliche Bau-
gleichartige Fassadengestaltung. Die Fensterbänder in den
ten: Architekturwettbewerb, Projektplanung durch die
vier Ansichten widerspiegeln die windradartige Anord-
siegreichen Architekten, Realisierung durch eine Total-
nung der Raumgruppen im Grundriss. Durch die Grösse
unternehmung, das zur Ausführung ein weiteres Pla-
und Ausgestaltung der Fensterbänder entsteht eine klare,
nungsteam beizieht, Controlling durch die Entwurfsar-
horizontale Gliederung der Fassaden, welche durch die
chitekten, die in diesem Fall auch die Ausstattung planen
Verkleidung mit grossformatigen, liegenden Eternitplat-
konnten. Hervorzuheben sind die von Anfang an ange-
ten zusätzlich unterstützt wird. Dank diesen architektoni-
strebten ökologischen und energetischen Massnahmen:
schen Mitteln wirkt das Gebäude ruhig und strahlt eine
Unter anderem wurden grosse Teile des tragenden Roh-
zurückhaltende Eleganz aus.
baus aus Recyclingbeton erstellt, die Gebäudehülle opti-
Die Faserzementplatten sind in einem lebendigen
mal isoliert und Oberflächenmaterialien mit einer mög-
Grauton gehalten. Das gitterartige Fugenbild mit hori-
lichst hohen Lebensdauer und Erneuerbarkeit gewählt.
zontal und vertikal durchlaufender, gleicher Fugenbreite
Bauherrschaft
Architekten
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Hochbauamt
Bollhaler & Eberle, St. Gallen
Generalunternehmung
Ausführungsplanung
Bauzeit
Göhner Merkur Totalunternehmung AG, Bern
Scheffel Hadorn Schönthal, Thun
2000–2001 (Wettbewerb 1998)
m3-Preis
CHF 619.– (BKP 2), CHF 798.– (BKP 2 + 3)
Fassadenbau
Steildachimpuls AG, Thun
Fassadenmaterial
Pelicolor Natura Zenith, Befestigungssystem Sigma
m2-Preis Fassade
CHF 395.– (inkl. Unterkonstruktion, Wärmedämmung,
ohne Fenstereinfassungen)
Innenausbau Wand- und Deckenverkleidungen
Strasser AG, Thun;
C+A Linder GmbH, Heimberg
Material Innenausbau
8
Duripanel Farbton gold, geschliffen und farblos lackiert
Das Raumkonzept
mit allen Zellen im
zweiten Obergeschoss
ermöglicht ein Fassadenbild ohne herkömmlichen Gefängnischarakter, doch mit
klarer und ruhiger
Gliederung.
unterstützt die streng kubische Form des Baukörpers. Die
schoss sind Lochfenster eingelassen. Im darüber liegenden
Plattenbefestigung auf die Aluminium-Unterkonstruktion
Geschoss wurden die Fenster zu einem durchgehenden
geschieht verdeckt. Aus dem hermetischen Fassadenkleid
Band optisch zusammengefasst und die Vergitterung mit
treten nur die Fensterrahmungen deutlich heraus, und die
fixen Sonnenschutzlamellen überlagert. Die einzelnen
hervorstehenden Wasserspeier thematisieren geradezu die
Fensterschlitze der Zellen sind fest verglast, doch nicht
Durchdringung.
vergittert. Dementsprechend wurde mit dem gleichmässi-
Der Solitärbau wird
geprägt durch die geschossweise Funktionentrennung sowie
die windmühlenartige,
rundum gleichwertige
Fassadeneinteilung.
gen, feinen Plattenkleid und den differenzierten WandöffRegionalgefängnis mit Untersuchungsamt, Altstätten
nungen eine ausgewogene und unaufdringliche Fassaden-
Die beiden Nutzungen Gefängnis und Untersuchungsamt
gestaltung erreicht, die den Gefängnischarakter fast ver-
sind in einem kompakten, dreigeschossigen Baukörper
gessen lässt. Michael Hanak
vereint. Im Erdgeschoss liegen die beiden Eingänge mit
der gemeinsamen Zentrale sowie alle Büros. Im mittleren
Geschoss sind sämtliche Infrastrukturräume für das Gefängnis untergebracht. Darüber befinden sich die Gefängniszellen. Der klare Solitärbau mitten in der Rheinebene
fügt sich der Geometrie der benachbarten Zivilschutzanlage am Rande der Ortschaft an.
Das Raster der Wände im Zellengeschoss prägt die
Bauherrschaft
Baudepartement des Kantons St. Gallen, Hochbauamt
Bollhalder & Eberle, St. Gallen
Struktur des Gebäudes. Durch die windmühlenartige An-
Architekten
ordnung der Raumeinheiten führen die Korridore immer
Projekt- und Bauleitung
zum Licht. Im Innern des langrechteckigen Volumens
Bauzeit
sind die Spazier- und Lichthöfe angeordnet, welche durch
m3-Preis
partielle Verglasungen die Korridore belichten. Die Far-
Fassadenbau
bigkeit der Materialien bestimmt den angenehmen Cha-
Fassadenmaterial
Modularplatten Clinar, Natura Oceanit
rakter der Gänge: Sichtbeton, gelber Kunstharzboden,
m2-Preis Fassade
CHF 181.– (exkl. Dachrand, Leibungen, Fensterbank, Sturz)
grossflächige Verkleidungen mit beigen zementgebunde-
Wand- und Deckenverkleidungen Innenausbau
HRS Hauser Rutishauser Suter AG, St. Gallen
2000–2002 (Wettbewerb 1995)
CHF 722.– (BKP 2+3), CHF 591.– (BKP 2)
Unibau AG, Mörschwil
Cemspan, geschliffen und farblos lackiert
nen Holzspanplatten und schwarze Türen. Sämtliche Zellen wurden im obersten Stockwerk angeordnet, da sie so
von oben natürlich belüftet und belichtet werden können.
Durch ein schmales, aber raumbreites Wandfenster haben
die Gefangenen zudem Ausblick in die Umgebung. Dieses Zellenkonzept erlaubt eine Orientierung sämtlicher
Zellen nach aussen und verunmöglicht einen optischen
oder akustischen Kontakt untereinander.
Der windmühlenartige Aufbau im Innern widerspiegelt sich in den vier gleichwertigen, asymmetrischen
Fassaden. Das äussere Erscheinungsbild des kubischen
Baukörpers zeigt einen massiven Betonsockel für das Erdgeschoss und eine grau-grüne Verkleidung mit FassadenModularplatten Clinar darüber. Von den 30 ✕ 90 cm messenden Fassadenplatten ist wegen der Überlappung lediglich ein Drittel der Höhe sichtbar, womit der Eindruck
einer waagrechten Brettertextur entsteht. Die Verankerung der Hinterlüftungslattung wurde mittels Distanzschrauben ausgeführt, damit die einschichtige Isolation
durchgehend angebracht werden kann. Die Befensterung
ist auf den drei Stockwerken unterschiedlich, doch jeweils
repetitiv ausgebildet. In der Sichtbetonwand im ErdgeARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
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Präzise, durchlaufende
Fugen zwischen den
liegenden Plattenformaten entsprechen der
kubischen Gebäudeform.
10
Die schmale Fassadenstruktur wird durch
die Überlappung der
Modularplatten erzeugt,
die Fenstergitter
wurden in die Sonnenschutzlamellen
integriert oder ganz
weggelassen!
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
11
Die Rahmung der
Fensterbänder tritt
deutlich aus der
planen Fassadenbekleidung hervor.
Situation 1:2000
EG 1: 500
Detail 1: 20
12
Die Gänge werden über
die Licht- und Spazierhöfe natürlich belichtet
und wirken mit dem
gelben Kunstharzboden
und der beigen CemspanPlatten-Bekleidung
behaglich.
Detail 1: 20
2. OG 1: 500
EG 1: 500
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
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Schulhaus Laubegg, Winterthur-Dättnau
Spielerischer Dialog zwischen Betonsockel und Faserzementkleid
14
Die Fenster stossen
wie die Eternitplatten
bis an die Gebäudeecken.
Bauherrschaft
Stadt Winterthur, vertreten durch
Departement Bau und Departement Schule und Sport
Architektengemeinschaft
Roland Meier sowie
Marc Schneider und Daniel Gmür, Winterthur
Bauzeit
2001–2002 (Wettbewerb 1996/97)
Baukosten der Gebäude
Fassadenbau
CHF 8 680 000.–
ARGE Lerch AG, BWT AG, Winterthur
Fassadenmaterial
Pelicolor Natura Xpressiv
m2-Preis Fassade
CHF 311.– (inkl. Unterkonstruktion
und sämtlicher Anschlüsse)
Material Innenausbau
Cemcolor, gelocht, anthrazit
Eine grosszügige,
elegante Geste geht von
der öffentlichen Anlage
aus: horizontal betonter
Aufbau mit grauen
Faserzementplatten
Pelicolor Xpressiv und
braun eloxierten
Fensterbändern.
EG 1:1000
Detail 1: 20
Das Quartier Dättnau liegt am südwestlichen Rand von
Der Gebäudekomplex, der aus drei kubischen, mehr-
Winterthur und ist durch die Autobahn vom restlichen
heitlich grau gehaltenen und flach eingedeckten Körpern
Siedlungskörper der Stadt getrennt. Die Schulkinder
besteht, liegt leicht erhöht am Südrand der Besiedlung auf
Dättnaus mussten bis vor zwei Jahren mit dem Bus oder
einer Geländeterrasse. Der Zugang erfolgt über den zent-
dem Velo nach Töss zur Schule fahren; nunmehr haben
ralen, orthogonalen Pausenplatz, mit einem Mehrzweck-
sie ihr eigenes Schulhaus im Quartier. Vor diesem Hinter-
gebäude inklusive Turnhalle hangabwärts zur rechten
grund ist schnell klar, dass der Neubau der Architekten-
Hand, einem kleinen Hauswartsgebäude ebenerdig zur
gemeinschaft von Roland Meier sowie Marc Schneider
Linken sowie dem länglichen Haupttrakt, dem eigent-
und Daniel Gmür aus Winterthur den Primarschülern
lichen Schulhaus, geradeaus entlang der Hangkante.
und -schülerinnen nicht «nur» als Schulhaus, sondern der
Schul- und Mehrzwecktrakt sind durch einen annähernd
ganzen Quartierbevölkerung als Treffpunkt dient, der
quadratischen, gedeckten Aussenbereich miteinander ver-
auch ausserschulisch gerne benutzt wird. Wie der Winter-
bunden, woher beide Häuser erschlossen werden. Von
thurer Vorsteher des Departements Bau, Reinhard Stahel,
dieser offenen Vorzone bietet sich ein herrlicher Blick auf
anlässlich der Eröffnung meinte, ist es mit dem Schulhaus
die tieferliegende Spielwiese mit Freizeitanlage gegen Süd-
Laubegg gelungen, einen öffentlichen Raum im Quartier
westen sowie auf den Waldrand im Hintergrund. Dieser
als Begegnungsort mit zentraler Bedeutung zu schaffen.
Vor- oder Eingangsbereich ist zudem der Ort, den der
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Das Fugenraster der
Fassadenbekleidung
führt die horizontale
Gebäudeschichtung fort
und hinterlässt einen
schwerelosen Eindruck.
Künstler Reto Boller für seine Kunst am Bau wählte: Tau-
schliesslich prägt sie ein hellgraues Plattenkleid. Die gross-
sende von blauen Glassplittern bedecken das Flachdach
formatigen Faserzementplatten sind liegend verlegt und
dieser eingeschossigen Scharnierzone, wobei sich die Wir-
flächenbündig zum Sockel ausgebildet. Es handelt sich
kung des kaleidoskopischen Lichtermeers indirekt erle-
um Platten des Typs Pelicolor Xpressiv in Zementgrau
ben lässt: Gelangt man im Schultrakt über die Treppe ins
mit einer dunklen Speziallackierung, zugeschnitten auf
Obergeschoss, empfangen einen – besonders bei Sonnen-
42 ✕ 262 cm beim Schulgebäude und 42 ✕ 242 cm beim
schein – unzählige glitzernd kleine Lichtpunkte oder
Mehrzweckgebäude. Von einer Gebäudeecke zur nächs-
blaue Sternchen an der Decke.
ten gespannte, dunkel eloxierte Fensterbänder akzentuie-
Der Schultrakt zeichnet sich durch eine lineare Rei-
ren die horizontale Wirkung des Fassadenaufbaus. Die
hung der verschiedenen Räume aus, die allesamt nach
feine Rasterzeichnung der nur fünf Millimeter breiten Fu-
Südwesten orientiert sind. Die Schulzimmer und zwei se-
gen zwischen den Platten verleiht den scharfkantigen,
parate Gruppenräume finden sich im Erd- und Oberge-
monolithischen Kuben etwas nahezu Schwebendes und
schoss, während im Sockelgeschoss ein Werk- und ein
nimmt dem Beton den Eindruck der Schwere. Durch die
Handarbeitsraum untergebracht sind sowie ein Hort mit
einheitlich hellgraue Farbe zerfallen die Baukörper jedoch
Mittagstisch – hier mit direktem Ausgang in den Garten.
nicht in zwei Teile, vielmehr entsteht ein spielerischer Di-
Die Schulräume mit Eichenparkettböden sind zurück-
alog zwischen dem massiven Betonunterbau und dem
haltend gestaltet, während die Fensterbänke sowie die
darüberliegenden Faserzementkleid. Dies ist eine schöne
Schrankfronten in einem kräftigen Oxidrot gehalten sind.
Geste an einen Bau, der mehrheitlich von noch jungen
In den Erschliessungszonen ist der Beton der Treppenstu-
Schulkindern besucht wird. Inge Beckel
fen sowie teilweise jener der Bodenflächen unterschiedlich
stark gelb eingefärbt, was diesen Bereichen atmosphärisch
eine angenehme Wärme verleiht.
Die drei Baukörper werden über Hartplätze und durch
einen Sichtbetonsockel miteinander verbunden, oberhalb
16
Bettenprovisorium des Kantonsspitals Winterthur
Schwebende Box im Park
Schwebendes Objekt
über dem Park: vorfabrizierte, demontable
Raumeinheiten, vor
Ort mit einer adäquaten
hinterlüfteten Wetterhaut versehen.
Das 1958 fertig gestellte Kantonsspital in Winterthur wurde
wissermassen über dem kleinen Teich darunter und zwi-
von den Architekten Wildermuth und Bosshard erbaut.
schen den Baumkronen im Park.
Nach rund vierzigjährigem Betrieb musste die Anlage den
Der provisorische Bau soll grundsätzlich später an ei-
heutigen Anforderungen an ein Spital angepasst werden;
nem andern Ort wieder verwendet werden können. Es
zwischen 1998 und 2002 wurde in der Folge die zehnge-
wurde deshalb ein System mit leicht montierbaren Raum-
schossige Bettenhochhausscheibe in zwei Etappen saniert
zellen gewählt, das vor Ort als zweibündige Anlage auf
und umgebaut. Als Ersatz für die während des Umbaus
zwei Geschossen angeordnet werden konnte. Die Grund-
fehlenden Betten erstellte der mit der Spitalsanierung beauf-
einheit besteht aus einem Zweibettzimmer mit Nasszelle,
tragte Architekt Heinrich Irion ein Provisorium, das mit 40
die 7,9 auf 3,7 Meter misst und 3,4 Meter hoch ist. In zwei
Zweibettzimmern plus Nebenräumen ausgestattet ist. Der
Etappen sind die auf dem Areal der Bauunternehmung
längliche, zweigeschossige Baukörper greift rechtwinklig
fixfertig produzierten Einheiten geliefert und in zweimal
zum Bettenhochhaus gegen Süden in den bestehenden Park
drei Tagen errichtet worden. Anschliessend wurde an Ort
ein. Um diesen für Patienten, Besucher und Angestellte
und Stelle auf eine schwarzgefärbte Holzunterkonstruk-
während des Umbaus offen und zugänglich zu halten, wird
tion eine hinterlüftete Fassadenverkleidung aus grossfor-
das Provisorium von einer auf wenigen Einzelfundamenten
matigen Faserzementplatten montiert. Diese dient einer-
abgestellten Stahlkonstruktion getragen und schwebt ge-
seits als Wetterschutz, anderseits soll sie das «Container»ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
17
Legende Legende
Legende Legende
Legende Legende
Legende Legendee
18
Die starke Farbgebung
mit roten und grünen
Pelicolor-Platten hebt
das Provisorium von
der bestehenden Spitalanlage ab. Die grossformatigen Platten sind
mit sichtbaren Chromnickelstahl-Schrauben
an der Holzunterkonstruktion befestigt.
Provisorium bewusst auch gestalterisch aufwerten –
schliesslich erholen sich Kranke besser in einer atmosphärisch angenehmen Umgebung. Obwohl inzwischen
das Bettenhochhaus wieder vollumfänglich bezogen ist,
steht das im Verhältnis kleine Provisorium noch immer, es
wird derzeit als Behandlungs- und Bürotrakt genutzt.
Die roten Eternitplatten mit den sichtbaren CNS-Verschraubungen drücken einerseits den provisorischen
Charakter des Baus aus, anderseits setzen sie auch einen
farblichen Kontrast zu den weissgrauen Fassaden der eigentlichen Spitalanlage – und zum dominanten Grün des
Parks. Als Fassadenmaterial dienen raumhohe Faserzementplatten in Rot und Grün. Sie sind im vorliegenden
Fall nicht «nur» als äussere schützende Haut konzipiert,
sondern generieren, zusammen mit dem Fensterelement,
die Fassadengestaltung im eigentlichen Sinne. Als ein bleibendes, sichtbares Zeichen der Erneuerung schliesslich
hat der Architekt das Rot der Provisoriumsfassade im
Innern des Bettenhochhauses wieder aufgenommen: als
fünfundneunzig Meter lange, rot gestrichene Korridorwand, die das Rückgrat des Gartengeschosses bildet.
Inge Beckel
Bauherrschaft
Baudirektion Kanton Zürich,
Situation 1:2800
1. OG 1:1000
Detail 1:20
Hochbauamt, Zürich
Architekt
Bauzeit
Heinrich Irion, Winterthur
1997
m3-Preis
CHF 395.–
Fassadenbau
Robert Spleiss AG, Zürich
Fassadenmaterial
Pelicolor Tectura Rougit, Tectura
Florit, Natura Oceanit (Verbindungsgang)
m2-Preis Fassade
CHF 137.– (inkl. Unterkonstruktion,
ohne Zuschläge für Anschlüsse, Leibungen etc.)
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
19
Umbau und Erweiterung Pflegeheim Kirchfeld, Horw
Variation von Schiebeläden und roten Fassadenplatten
Präsentes Wohnen
im Alter: mittels Versetzen der Trakte
und Horizontalbetonung der Stockwerke subtil an
die Geländekante
gesetzt.
Situation 1: 2000
20
Zuoberst auf der Hügelkante thront das Pflegeheim
chend. Doch vor allem mangelte es an der Infrastruktur,
Kirchfeld über Horw, der prosperierenden Vorortsge-
insbesondere die Zimmer waren infolge der gestiegenen
meinde von Luzern. Das öffentliche Gebäude erstreckt
Ansprüche zu klein geworden, sie sollten Nasszellen er-
sich über zwei gegeneinander verschobene Trakte, doch
halten und rollstuhlgängig werden.
wirkt es dank der Horizontalbetonung relativ niedrig.
In der heutigen Gesellschaft nimmt der Seniorenanteil
Der rote Farbton der Fassaden wirkt frisch und keck,
bekanntlich zahlenmässig und prozentual zu. Die Ge-
doch passt er sich von der Intensität her in die grüne Um-
meinde Horw legte sich im Zuge der Ausarbeitung eines
gebung ein.
Altersleitbildes Rechenschaft darüber ab, dass die betagte
Diese selbstbewusste, wohlgestaltete Erscheinung ver-
Bevölkerung von 1993 bis 2010 um rund 70 Prozent zu-
dankt das Pflegeheim einem Umbau mit Erweiterung, die
nehmen wird. Daher wurde mit dem Umbau des Pflege-
aufgrund eines 1997 ausgetragenen Wettbewerbs mit Prä-
heims auch eine Erweiterung angegangen. Damit die Be-
qualifikation unter elf Büros erfolgte. Denn das seit 1965
wohner gleichwohl nicht auszuziehen brauchten, wurde
bestehende Gebäude war, trotz markanter architektoni-
in einer ersten Etappe der neue Trakt angefügt, anschlies-
scher Qualitäten, sanierungsbedürftig und genügte be-
send der Altbau erneuert und verlängert. Heute präsen-
trieblich nicht mehr. Die Fenster waren undicht und die
tiert sich das Gebäude innen und aussen in einheitlicher
thermischen Isolationswerte erwiesen sich als unzurei-
Gestaltung.
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
21
Wechselndes Muster
aus geschosshohen
roten Fassadenplatten
und französischen
Fenstern mit Holzschiebeläden.
Detail 1: 20
22
Die Aussenansicht widerspiegelt die Benutzung im In-
denkonstruktion. Sie entschieden sich für aussenisolierte
nern. Über einem stellenweise grossflächig verglasten So-
und mit Faserzementplatten verkleidete Holzelemente.
ckelgeschoss in Sichtbeton lagern zwei Wohngeschosse,
Wiederum bedingt durch die gegebene Geschosshöhe im
die mit roten Pelicolor-Platten verkleidet sind. Die stehen-
Altbau wurden alle Installationen in einem Dachaufbau
den Plattenformate geben die Geschosshöhe an, sie sind
über der Gangzone geführt. Dieser kubische Aufbau auf
sichtbar an der Hinterlüftungslattung angeschraubt, in der
dem Flachdach erhielt eine Beplankung aus graugrünen
Horizontalen durch vorstehende Metallschwerter ge-
Faserzementplatten.
schützt und optisch voneinander getrennt. Die mit Faser-
In den beiden Obergeschossen sind acht Wohngrup-
zement beplankten Bereiche wechseln sich ab mit franzö-
pen mit je 13 bis 15 Bewohnerinnen und Bewohnern orga-
sischen Naturholzfenstern und den dazugehörigen Holz-
nisiert. Auf ebenerdigem Niveau befinden sich Empfang,
schiebeläden. Durch die unterschiedlichen Positionen der
Küche, Ess- und Aufenthaltsräume sowie ein Mehr-
Schiebeläden ergibt sich entlang den Geschossbändern ein
zwecksaal und eine Kapelle. Besondere Beachtung wid-
wechselndes Muster aus roten Eternitflächen, grau behan-
meten die Architekten der Lichtführung in den Gängen –
delten Holzläden und Fensterscheiben.
ein wohlbekanntes Thema bei dieser Bauaufgabe. Tages-
Ausgehend von der Tragfähigkeit der bestehenden
licht wird mittels Oberlichtern nicht nur ins oberste
Bausubstanz suchten die Architekten eine leichte Fassa-
Stockwerk gebracht, sondern es dringt durch bündig in
OG 1:1000
EG 1:1000
Zweibündige Raumorganisation mit von oben
belichteter Gangzone.
Die bestehende Bausubstanz des Osttraktes
verlangte eine leichte
Fassadenkonstruktion.
die Gangböden eingelassene Glasscheiben bis ins ErdgeBürgergemeinde Horw
schoss. Den Innenräumen wurde durch warme Farben
Bauherrschaft
und Naturholz eine wohnliche Atmosphäre verliehen.
Architektengemeinschaft
P. Bysäth, A. Linke, A. Weber, E. Gärtner,
Fussböden und Zimmertüren sind allesamt in Eiche gehal-
F. Schenkel, Luzern
ten. Die wechselnde Farbgebung an den Gangwänden, im
Bauzeit
Marmorino-Verfahren als Pigmente dem Putz beige-
m3-Preis
mischt, gehören zum Konzept der Kunst am Bau. Die
Fassadenbau
Künstlerin Monika Kiss Horváth hat in jede Wohngruppe
Fassadenmaterial
Pelicolor Natura Koralit
das Foto eines Zugvogels gehängt, und aus dessen Feder-
m2-Preis
CHF 156.– (Bekleidung, Hinterlüftungslattung,
kleid die jeweiligen Farben für den Gang abgeleitet.
Anschlüsse, ohne Tragkonstruktion und Wärmedämmung)
Das freundliche, in klaren Formen gestaltete Innere bil-
2000–2002
CHF 616.– (SIA 116)
Schmid AG, Ebikon, Heinzer GmbH, Ibach
Fassade
Material Dachaufbauten
Pelicolor Natura Oceanit
det das Äquivalent zur wohlproportionierten Fassadenkomposition. Beides dient dem Wohlergehen der Pflegebedürftigen, wie auch der herrliche Ausblick auf den Vierwaldstättersee und Pilatus. Michael Hanak
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
23
Gemeindezentrum, Niederrohrdorf
Rote Fassade in der Ortsmitte
Selbstbewusst steht das Gemeindezentrum im Ortskern
von Niederrohrdorf. Es ist zweiseitig von einem verkehrsfreien Platz umgeben, der an Wochenenden von einem
Markt belebt wird. Es besteht aus einem Altbau und einem an dessen Stirnseite auf tieferem Niveau errichteten
Neubau. Die Gliederung erfolgt in eine Tageszone für die
Verwaltung und eine Nachtzone, die der Polizei sowie
momentan fremdvermieteten Büros dient, wodurch der
Gemeinde langfristig Platzreserven geboten werden. Eine
verglaste Zwischenzone mit Eingangsbereich, Treppenhaus und Lift vermittelt zwischen den Baukörpern.
Das aus einem Wettbewerb von 1998 hervorgegangene
Projekt – das Verwaltungsgebäude aus den Sechzigerjahren bot nicht mehr genügend Platz, war zudem baufällig
– konnte nach zwei Jahren Bauzeit im Herbst 2002 seiner
Bestimmung übergeben werden. Durch die zwei Gebäu-
Der Dorfplatz wird gefasst durch den dunkelgrauen Neubau und
den roten Umbau, insbesondere durch deren
einheitliche Materialisierung.
deteile war es möglich, die Bauphase ohne Provisorium zu
Situation 1:1500
Grundstruktur wurde beibehalten, Fassade und Raumge-
überwinden. Ein ehemaliges Nebengebäude wurde entfernt und durch einen Neubau ersetzt. Nach dessen Fertigstellung konnte die Verwaltung hier einziehen, während der Umbau des Gemeindehauses begann. Dessen
staltung aber auf eine Art verändert, welche die Tristesse
des alten Baus vergessen lässt.
Seine ausdrucksstarke Optik verdankt das Gemeindezentrum der Zweifarbigkeit der Fassade. Während der
Neubau anthrazitgraue Eternitplatten trägt, sind Ost- und
Westfassade des Altbaus mit kräftig roten Platten verkleidet. Durch die Faserzementbekleidung wurde eine wärmetechnische Sanierung des Altbaus erleichtert. Aussenwände mit hinterlüfteten Fassaden weisen zudem ein gutes Trocknungsverhalten auf, das wiederum für gesundes
24
Graue Platten in betont
liegendem Format am
Neubautrakt, mit präzis
gesetzter Aufhängung
und sauberen Abschlüssen.
EG 1: 500
Detail 1: 20
Raumklima sowie eine günstige Energiebilanz sorgt. Auch
wurde, eine aufstrebende Wirkung. Die Pflasterung des
im lichten Innern dominieren klare Farben, die der Orien-
Platzes widerspiegelt die Geometrie der Fassade und führt
tierung durch die Abteilungen dienen. Allerdings brauchte
diese weiter. Die oberste Etage des Neubaus ist auf die
es nicht wenig Überzeugungsarbeit durch den Architek-
Höhe der Fassade des Altbaus zurückversetzt und bietet
ten, bis die Bauherrschaft ihre Zustimmung zu der zu die-
so einer Dachterrasse Platz. Die einzigen farbigen Ak-
sem Zeitpunkt einzigen roten Fassade im Ortszentrum
zente am Äusseren des Neubaus sind die riesigen roten
gab. Das Ergebnis aber spricht für sich: Der farbliche
Buchstaben, welche die Funktion des Bauwerks benen-
Kontrast der differenziert gestalteten Baukörper zueinan-
nen, sowie eine der zwei Informationssäulen am Besu-
der schafft Spannung, die Materialisierung wiederum
chereingang. Der harmonische, jedoch alles andere als ein-
vereint sie. Die Gliederung der Altbaufassade in drei Ab-
tönige Gesamteindruck der Anlage, die durch eine rote
schnitte, die durch raumhohe Eternitplatten und Fenster-
Litfasssäule sowie eine Kombination aus Buswartehäus-
flächen rhythmisiert wird, beruhigt das Rot. Die Über-
chen und Velounterstand komplettiert wird, überzeugt.
gänge der vier Geschosse sind einzig an den Fenstern ab-
Britta Limper
lesbar, die Deckenstirne werden im Fugenmuster nicht
abgebildet. Somit erfährt der Bau, der aufgrund der geringen Höhe der umstehenden Gebäude niedrig gehalten
Bauherrschaft
Architekten
Bauzeit
Gemeinde Niederrohrdorf
Zehnder Bauexperten, Niederrohrdorf
2000–2002 (Wettbewerb 1998)
Fassadenbau
Wagner Bedachungen und Fassadenbau AG,
Wettingen, und Vögeli Holzbau AG,
Kleindöttingen
Fassadenmaterial
Pelicolor Natura grau und rot
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
25
Werkhof, Fehraltorf
Übersichtlich, schlicht und robust
Ein Problem, vor das sich viele wachsende Gemeinden
gestellt sehen, sind zu enge infrastrukturelle Räumlichkeiten – so auch Fehraltorf. Da Aussendienstbetriebe und
Organisationen in der Wohn- und Kernzone des Dorfes
untergebracht waren, stiessen sie bei ihrer Ausweitung an
Grenzen. Es wurde Raum benötigt für die gewerblichen
Gemeindebetriebe, Elektrizitätswerk wie Wasserversorgung, Strassenwesen, Abfallentsorgung und Zivilschutz.
Für einen neuen, zentralisierten Werkhof bot sich ein gemeindeeigenes Grundstück mit einer Fläche von 7321 m2
im Industriegebiet Undermüli an.
Nähert man sich dem Gelände des Werkhofs, stellt
man erleichtert fest: Die Orientierung fällt nicht schwer.
Die klare Gliederung des Grundstücks durch begrünte
und asphaltierte Flächen, Gebäudeanordnung, äussere
Umfassung mit Drahtzäunen sowie der direkte Zugang
von der Strasse zur Sammelstelle helfen, das Areal zu ver-
Gemeinde Fehraltorf
Bauherrschaft
Architektur
Bauzeit
Künzli & Scagnetti AG, Pfäffikon
2002–2003 (Wettbewerb 1995)
m3-Preis
CHF 324.–
Fassadenbau
stehen. Die formal einfache Architektursprache der Bauten trägt ausserdem dazu bei.
Das Hauptgebäude ist ein langgestreckter Bau, der
nach Südwesten zweigeschossig in Erscheinung tritt. Erd-
Aschwanden AG, Nänikon
und Obergeschoss sind als Ständerbau ausgeführt. Das
Fassadenmaterial
Pelicolor Natura Oceanit
Untergeschoss ist nur an wenigen Stellen durch Fenster
m2-Preis Fassade
CHF 351.– (Hauptgebäude),
auszumachen und bleibt ansonsten verdeckt durch einen
CHF 180.– (Nebengebäude)
Dacharbeiten Steildächer
Dachmaterial
Ueli Rutz, Auslikon
Ondapress-Dachwellplatten Anthrazit
m2-Preis Dach
CHF 74.–
grosszügigen Zugangsbereich aus Beton, der sich fast an
der gesamten Länge der Fassade ausdehnt. In der vorderen Längshälfte des Gebäudes sind unter anderem Büros,
Reparatur- und Werkstätten sowie ein Sitzungsraum aufgenommen. Entsprechend dieser Funktion erscheint diese
Fassade wie die eines Bürokomplexes mit gleichmässig angeordneten Fenstern und einem sich über beide Etagen
erstreckenden, gläsernen Eingangsbereich. Der Übergang
26
der Geschosse wird durch ein Vordach aus Glas mit Mattfolie über die komplette Fassadenbreite akzentuiert. Eine
Situation 1:1000
Erdgeschoss 1: 300
Detail 1: 20
hinterlüftete Verkleidung mit Eternitplatten, die je nach
Sonnenstand in einem hellen Graugrün erstrahlt, verleiht
dem Hauptgebäude auf dieser Seite einen lichten Ausdruck. Dadurch, dass die Platten quer verlegt sind, verstärken sie die horizontale Wirkung des Baus. Glas und
Faserzement harmonieren durch dieselbe Farbe. Die
Nordostseite zeigt das zweite Gesicht des Werkhofs.
Zwölf grosse Tore verschliessen dahinter liegende Garagen. Südost- und Nordwestfassade sind aus Sichtbeton,
wobei Letzere über die Dachkante vorsteht. Das Tonnendach ist mit anthrazitfarbigen Wellplatten der Eternit AG
gedeckt. Ins Dach integriert sind Module einer Solarstromanlage mit Fotovoltaik.
Das gedeckte Lager steht an der Stirnseite des Hauptbaus. Es ist als Stahlkonstruktion ausgeführt, an drei Seiten gegen die Witterung geschlossen und mit dunkelgraugrünen Eternitplatten versehen; ebenso die Sammelstelle,
die allerdings nur zweiseitig geschlossen ist. Die Stossfestigkeit des Materials bietet einen grossen Vorteil bei der
Nutzung der Bauten: Mögliche Schäden durch Stösse von
Containern oder Fahrzeugen können gering gehalten werden. Beide Nebengebäude tragen ein extrudiertes, begrüntes Flachdach. Das Gelände bietet dem Wunsch der
Bauherrschaft entsprechend ausreichend Platzreserven
und bleibt – zukunftsorientiert – flexibel nutzbar.
Britta Limper
Gleichmässige und
selbstverständlich
wirkende Gestaltung
mit liegenden Plattenformaten an den Fassaden und Wellplatten
auf dem Tonnendach.
Pelicolor-Platten und
Fensterscheiben nähern
sich farblich an.
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
27
Werkhalle, Bergün
Ein Dach in den Bergen
Ein ökologischer und
kostengünstiger Holzbau mit einem Dach,
das durch die flächige,
grossformatige Eterniteindeckung überzeugt.
Gemeinde Bergün
Bauherrschaft
Thomas F. Meyer, Chur
Architekt
Bauzeit
2002–2003
Bauplanung, Bauleitung
m3-Preis
Dachdecker
Hasler & Broggi AG, Bergün
Dachmaterial
m2-Preis
René Leuzinger, Bergün
CHF 510.–
Eternit Integral Plan Oceanit
Dach
CHF 152.– (inkl. Unterdachbahn und
aller Anschlüsse)
Verschalung aus Lärchenholz unterstrichen. Um den
Holzverschnitt zu verringern wurde die Schalung fortlaufend mit verschiedenen Brettlängen ausgeführt.
Die vorhandene Geländestufe gab die Strukturierung
des Gebäudes vor. Hinter dem Vorplatz zur Kantonsstrasse befindet sich die Halle für die Forstfahrzeuge, abgeschlossen durch drei grosse, verglaste Tore. Im Untergeschoss wurden hinter drei ebenso grossen Toren an der
28
Bergün, die Berggemeinde am Fusse des Albulapasses, be-
Rückseite die Räume der Feuerwehr platziert. Die Ein-
nötigte ein neues Werkgebäude für die Feuerwehr und das
gänge und das Treppenhaus bilden auf allen Stockwer-
Forstwesen. Als Bauplatz wurde ein Standort neben der
ken eine bereits von aussen wahrnehmbare Raumzone,
Hauptstrasse am Eingang des Dorfes bestimmt. Aus-
welche die Werkhallen von den dorfseitigen Verwal-
schlaggebend für die Projektierung waren unter anderem
tungsräumen trennt. Im Erdgeschoss stellt diese Raum-
die Forderung nach einer ökologischen Bauweise und Ma-
zone mit den beiden erkerartigen Erweiterungen für Ein-
terialisierung sowie nicht zuletzt ein enger Kostenrahmen.
gang und Teeküche attraktive Aufenthaltsbereiche zur
Um möglichst Holz aus Bergüner Wäldern zu verwenden
Verfügung.
und in der Region verarbeiten zu lassen, wurde eine Trag-
Die Identität mit dem Ort und der Nutzung wurde
konstruktion aus Schnittholz gewählt. Gemäss Auflage
durch die Entwicklung eines einfachen, klaren Kubus’ mit
der Feuerpolizei entstand das Untergeschoss als unbrenn-
Walmdach gesucht. Die Wahl eines Walmdaches ruft Er-
bare Betonkonstruktion, die beiden darüberliegenden Ge-
innerungen an traditionelle Gemeindebauwerke wie
schosse wurden in Holzelementbauweise ausgeführt. Die
Schulhäuser, Zeughäuser oder Sägereien und Mühlen
Architektursprache wird aussen wie innen vom Material
wach. Die Hauseindeckung wurde mit einem Integral-
Holz bestimmt. Der angestrebte Charakter eines Ökono-
dach der Eternit AG konstruiert, bei dem die Dachhaut
miegebäudes wurde durch die horizontal angebrachte
aus ebenen Platten besteht und das Unterdach aus einer
Schicht Wellplatten (unterdessen abgelöst durch eine
Holzunterkonstruktion). Dank diesem Aufbau kann die
UG 1: 400
Detail 1:20
Dachfläche mit einer grossformatigen Struktur gestaltet
werden. In diesem Fall wurde ein liegendes Plattenformat
in einem Grauton mit leichtem Blaustich gewählt. Da die
Plattenstärke kaum sichtbar bleibt, wirkt die Dachhaut
gleichmässig und leicht. Das Walmdach sieht grossflächig
und fein zeichnend aus. Der Traufbereich ist als rechteckige Rinne ausgebildet, die eine deutliche Abschlusslinie
formuliert.
Die Akkuratesse, mit der das Dach dieser Werkhalle
entworfen und eingedeckt wurde, lässt daran erinnern,
dass gerade in der bergigen Gegend das Dach oft von
oben gesehen und als «fünfte Fassade» wahrgenommen
wird. Michael Hanak
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
29
«Findling»
Ein künstlicher Stein zum Sitzen
Dieses Jahr vollendeten Eicher & Bruggmann ihr neustes
Designstück aus Faserzement: einen Brocken zum Draufsitzen. Er sieht aus wie ein Stein, hat aber Vertiefungen
eingelassen, die sich als Sitzform anbieten. Die Designer
tauften das Ding «Findling», denn seine Formgebung erscheint genauso von natürlichen Kräften geschaffen, wie
einer jener zahlreichen Felsbrocken, die durch Gletscher
von den Bergen ins Unterland gebracht worden sind. Und
wie Wasser und Eis durch andauerndes Einwirken den
Stein abrundet und aushöhlt, so bekam auch unser «Findling» seine Beulen und Mulden. Zufälligerweise haben
sich die Mulden jedoch so ergeben, dass verschiedene
Sitzpositionen möglich sind.
Spätestens beim Anschieben oder Aufheben des Brockens gibt er sich gleichwohl als Menschenwerk zu erkennen. Denn der vermeintlich massive Fels lässt sich leicht
verschieben und herumtragen. Ein Blick unter die Standfläche der rundlichen Sitzgelegenheit ergibt, dass der Sitzstein hohl ist und nur aus einer dünnen Materialschicht
besteht. Wir erkennen, dass der «Findling» eine geformte
Skulptur aus Faserzement ist.
Für das Basler Designerteam Stephan Eicher und Michel Bruggmann ist Faserzement zu einem präferierten
Werkstoff geworden. In den letzten Jahren haben sie einige Produkte entwickelt, die einen innovativen Umgang
Design
Eicher & Bruggmann, Basel
mit dem Material zeigen. 1999 stellten sie in der Präsenta-
Grösse
ca. 55 ✕ 130 ✕ 100 cm
tion von «Living with Eternity» ein ganzes Möbelpro-
ca. 35 kg
gramm vor, dessen Gemeinsamkeit der Grundstoff Faser-
CHF 1240.–
zement darstellt. Rollkorpus, Regal, Sitzbank und Steh-
Gewicht
Preis
Vertrieb
Einzigart, Zürich; Raum49, Basel;
leuchte, deren Hauptbestandteile bei der Eternit AG
Punkt1, Zürich; Dimensione, Luzern;
hergestellt werden, bieten Eicher & Bruggmann mittler-
Form 30–50–60er Jahre, Zürich
weile über den Fachhandel an.
Für den «Findling» gingen die Produktegestalter neue
Wege. Eine frei geformte Gestalt schwebte ihnen vor; die
Formgebung entstand mittels Fotomontagen am Computer. Dann wurde mit dem frisch ab Produktion kommenden Faserzement ein Prototyp kreiert. Davon wurde aus
Polyester die Negativform fabriziert, die der Herstellung
dient.
Der «Findling» ist als Sitzstein für den Innen- wie
Die Sitzmulde im «Stein»
aus Faserzement für
die Lounge, outdoors or
indoors!
Aussenbereich gedacht. Dank seiner Erscheinung wie ein
erratischer Block kann er als Ruhepol einer Wohnlandschaft eingesetzt werden. Und neben seiner Funktion als
geschwungene Sitzmulde dient der Eternit-Fels als ein
leicht handhabbares Element der Gartengestaltung. mh
30
Eternit Architektur-Preis 03
Experiment Eternit
Ausgestellt in einem
Container reisten die
Eternit-Exponate durch
die Schweiz. Ausgezeichnet wurden die
Arbeiten von drei Architekturstudentinnen
an der ETH Zürich: Das
Team Chiara Castellan
und Irène Leuthold
erzielte durch Perforationen eine ornamentale Wirkung, beispielsweise für Raumteiler (Bild oben);
Eunho Kim schlug eine
wellenförmige eingefräste Strukturierung
vor, um die Plattenoberflächen zu beleben
(Bild unten).
Für einmal spielte der Ort, die Nutzung und das Raum-
würdigen Abschluss. Als letzte Destination fand der Con-
programm keine Rolle. Die Suche der Auslober galt jenen
tainer Aufstellung auf dem Werkareal der Eternit AG und
Studierenden, die ungewöhnliche Ideen für das Material
bot damit allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die
Eternit in konkreten Experimenten überprüfen wollten,
Möglichkeit, den ungewohnten Umgang mit Faserzement
unabhängig von architektonischen Vorgaben oder Stand-
in den Studentenarbeiten zu begutachten. Darüber hinaus
orteigenschaften.
stellten junge Architekturbüros ihre Ideen zu einer unüb-
Dafür standen während zweier Semester das Labor der
lichen Anwendung der Eternit-Produkte vor. Lorenz Bett-
Eternit AG und ein Patensystem der Hochschulen zur
ler von der Bürogemeinschaft BBESW zeigte ihre spieleri-
Verfügung. Experimentiert und geforscht werden konnte
schen Versuche mit dem Rohmaterial und erläuterte sein
zu den Themenbereichen Herstellung, Formgebung und
Interesse an modellierten und gemusterten Fassaden. Marc
Anwendung von Faserzement.
Aurel Wyss stellte das Umbauprojekt für das Dada-Haus
Die eingegangenen Arbeiten decken alle Themenberei-
vor, das Rossetti & Wyss in der Zürcher Altstadt realisie-
che ab, schwergewichtig das Thema Anwendung. So zum
ren, und wo Eternittafeln mit speziellem Schliff eingesetzt
Beispiel interessierte die Oberflächenbearbeitung des Ma-
werden. mh
terials im erhärteten Zustand. Zur Verarbeitung des noch
weichen Materials liegen Beiträge zu Formteilen im Innenausbau oder der individuellen Serienproduktion vor. Das
Material tritt in den Arbeiten einmal anders in Erscheinung und öffnet damit einen neuen Blick auf Vertrautes.
Die Ausstellung, welche wiederum das Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) an der ETH
Zürich in enger Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl von
Professor Andrea Deplazes auf die Beine stellte, dokumentierte die Arbeiten der Wettbewerbsteilnehmer aus allen Landesteilen. Der experimentellen Aufgabenstellung
entsprach die ungewöhnliche Präsentation: Ein Schiffscontainer beherbergte die eingereichten Arbeiten und gab
anhand von Planmaterial, Modellen und ergänzenden
Texten einen Überblick über die verschiedenen Ansätze
im Umgang mit dem Faserzement.
Der Eternit Architektur-Preis 03 und seine Ausstellungstournee fanden am 19. August in Niederurnen einen
ARCH 138 ÖFFENTLICHE BAUTEN
31
Die Eternit AG an der Swissbau 2005
Erstmals im Zusammenspiel mit der swisspor AG
Dynamischer Auftritt
auf mehreren Ebenen:
Der gemeinsame
Messestand vervielfacht
die Präsentation und
fördert die Kommunikation.
Im November 2003 ging die Eternit AG in den Besitz der
die im Erdgeschoss eine räumliche Erweiterung erfährt.
BA Holding AG von Bernhard Alpstäg über. Seither
Über einen schmalen Steg im ersten Obergeschoss sind
Bauherrschaft
wurde die Zusammenarbeit mit der swisspor AG, die
die Stände miteinander verbunden, ein symbolisches Ele-
Eternit AG
ebenfalls zur BA Holding gehört, intensiviert. Zum Aus-
ment, das die Anknüpfungspunkte der beiden Unterneh-
Architekten
druck kommt dies auch an der Swissbau 2005, die vom
men untermalt und einen zusätzlichen Weg durch die Ex-
Zimmermann, Zürich
25. bis 29. Januar in Basel stattfindet: Die zwei Stände fin-
ponatebenen eröffnet.
den sich in direkter Nachbarschaft.
Im Erdgeschoss präsentiert die Eternit AG neue Dach-
Statik
swisspor AG,
Cadosch &
Ivo Diethelm,
Gommiswald
Erne Holzbau AG,
anwendungen. Auf dem Weg zu den oberen Ausstellungs-
Standbau
töse eine Oase der Information und des Gesprächs ge-
ebenen trifft man auf Fassadenmodelle im Massstab 1 : 1.
Laufenburg
schaffen werden. Das Konzept erinnert an die Schalen ei-
Zusätzliche Informationen bieten Grafiktafeln entlang der
Material
ner geöffneten Muschel: Über einen zentralen Platz betritt
Geländer. Betritt man das turmartige Gebäude, finden
Anthrazit, Rubin und Azurit
man die Raumstrukturen, die sich ergänzend gegenüber-
sich die verschiedenen Anwendungen von Innenbaupro-
stehen und ein ausgewogenes Spiel zwischen «innen» und
dukten. Auf einer weiteren, halbgeschossig versetzten
«aussen» schaffen. Spektakuläre Auskragungen greifen
Ebene wird der Bereich «Garten» thematisiert. Die ge-
tief in den Raum, wodurch variantenreiche Aussichts-
samten Aufbauten sind mit aktuellen, in der Masse durch-
plattformen entstehen. Der mehrgeschossige Aufbau, der
gefärbten Platten belegt. Am swisspor-Stand wird das
die Hallenhöhe erlebbar macht, erlaubt eine Gliederung
ganze Spektrum von Dämmen und Abdichten beleuchtet.
Mit dem dezenten Auftritt soll im hektischen Messege-
der Exponate in Themenbereiche und Zonen unterschiedlicher Nutzungsintensität.
Beide Stände zeichnen sich durch eine klare architektonische Formensprache aus, den atmosphärischen Einsatz
Die Grundstruktur und die Bodenelemente der beiden
von direkter und indirekter Beleuchtung und durch ein
Stände ist ein vorfabrizierter Holzbau. Der Eternit-Stand
Wechselspiel von Materialfarbigkeit und applizierter
gliedert sich in ein Turmgebäude und auskragende, spitz-
Farbe. Die Wegführung entlang der Exponate und um
winklige Bodenplatten. Demgegenüber entwickelt sich
diese herum bestimmt das räumliche Erleben der Stand-
der swisspor-Stand um eine schräg gestellte Wandscheibe,
strukturen. Die Eternit AG freut sich auf Ihren Besuch! sc
32
Pelicolor Carat
Impressum
Herausgeber
Eternit AG, 8867 Niederurnen
Telefon 055 617 11 11, Fax 055 617 13 49
[email protected], www.eternit.ch
Redaktion Michael Hanak, Zürich
Gestaltung Bernet & Schönenberger, Zürich
Korrektorat Barbara Raschig, Zürich
Druck Fridolin Druck und Medien, Schwanden
Fotos
Croci & du Fresne, Ittigen (S. 5–7)
Heinrich Helfenstein, Zürich (S. 14)
Victor Roedelsberger, Zürich (S. 15, 16)
Jürg Zimmermann, Zürich (S. 2–4, 8–13, 17–29, 31)
Redaktionsadresse
Redaktion ARCH, Postfach 2125, 8026 Zürich
[email protected], Telefon und Fax 044 241 35 28
Abonnemente und Adressänderungen
Eternit AG, 8867 Niederurnen
[email protected], Fax 055 617 12 71
Den Inhalt der Zeitschriftenbeiträge verantworten die
jeweiligen Autorinnen und Autoren. Gemäss dem allgemeinen Sprachgebrauch wird Eternit auch als Gattungsbezeichnung für Faserzement verwendet. Die Eternit AG
stellt hiermit jedoch klar, dass es sich beim Begriff
ETERN IT um einen Firmennamen und eine geschützte
Marke handelt.
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