Markt Falkenstein Gestaltungsfibel Markt Falkenstein Gestaltungsfibel Herausgeber Markt Falkenstein, Marktplatz 1, 93167 Falkenstein http://www.markt-falkenstein.de Thomas Dengler, 1. Bürgermeister Fachliche Betreuung Regierung der Oberpfalz, Sachgebiet Städtebau Emmeramsplatz 8, 93047 Regensburg, http://www.ropf.de Bearbeitung MKS Architekten-Ingenieure GmbH, Mühlenweg 8, 94347 Ascha http://www.mks-ai.de Falkenstein, Juni 2011 Gefördert über das Bayerische Städtebauförderungsprogramm Inhaltsverzeichnis Gestaltungsfibel 1. Allgemeine Hinweise ........................................................................ 5 2. Empfehlungen ................................................................................. 6 2.1 Bauliche Anlagen ................................................................................ 6 - Außenwände und Fassaden .................................................................... 6 - Dächer .............................................................................................. 16 - Freiflächen ........................................................................................ 20 - Einfriedungen, Stützmauern und sonstige Anlagen .................................. 24 2.2 Werbeanlagen ................................................................................ 26 2.3 Warenautomaten ............................................................................ 29 1. Allgemeine Hinweise Ge m . Art.8 BayBo m üsse n Bauliche Anlage n nach Form , Maßstab, Ve rhältnis de r Baum asse n und Baute ile zue inande r, W e rk stoff und Farbe so ge stalte t sein, dass sie nicht ve runstalte t wirk e n. Ebe nso dürfe n nach Art. 8 BayBO Bauliche Anlage n das Straße n-, O rts- und Landschaftsbild nicht ve runstalte n. Auch die störe nde Häufung von W e rbe anlagen ist unzulässig. Te ile de r in de r Ge staltungsfibe l be hande lte n Sachve rhalte , z. B. die Erforde rnis der Einfügung in de n Be stand ode r die Ge staltung von Werbeanlagen und Warenautomaten, sind also be re its Ge ge nstand von Fe stle gunge n in der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Die im R ahm e n de r O rtsk e rnsanie rung ange stre bte Ve rbe sse rung sowie die Be sonde rhe ite n de s O rtsk e rns von Falk e nste in und das Ziel, den Charakter des Ortes zu be wahre n und zu stärk e n, e rforde rn je doch e ine Konkretisierung dieser Festlegungen, die in de n nachfolge nde n Em pfe hlunge n ve ranschaulicht we rde n solle n. 5 2. Empfehlungen 2.1 Bauliche Anlagen Außenwände und Fassaden Fassadenoberflächen und -bekleidungen Die Außenwände baulicher Anlagen und die Gliederungselemente ihrer Fassaden sollen vorzugsweise verputzt ausgeführt werden. Hierbei sollte der Außenputz nach Möglichkeit ohne Unterbrechung bzw. Absatz bis zum Boden geführt werden. Die Ausführung soll grundsätzlich als Rauputz in traditioneller handwerklicher Verarbeitung mit lebendiger Oberfläche erfolgen. Stark gemusterte Putzarten wie mit Steinchen verriebener Putz und Strukturputze sollen nicht verwendet werden. Die farbliche Fassadengestaltung sollte dem historischen C harakter von Gebäuden und Umgebung entsprechen. Fassadenanstriche sollen mit Kalk- oder Mineralfarben ausgeführt werden. Grelle Farben sowie Farbmaterialien, die eine glänzende Oberfläche ergeben (z. B. Ölfarbe), sollen nicht verwendet werden. Fassadengliederungen sollen in harmonisch aufeinander abgestimmten Farbtönen ausgeführt werden. Alle Seiten eines Gebäudes sollen mit der gleichen Farbe gestrichen werden. Stark strukturierte Außenwandputze beunruhigen die Fassadenoberfläche; zudem neigen sie zur Verschmutzung und werden somit sehr schnell unansehnlich. Besser geeignet sind glatte Putze oder Rauputze. Wichtig hierbei: Die Körnung darf nicht zu fein gewählt werden, da ansonsten die Gefahr der Rissbildung besteht. 6 Der Außenputz sollte ohne Absatz bis zum Boden geführt werden. Als Schutz gegen die stärkere mechanische Beanspruchung der Sockelzone kann ein Streifen von ca. 60 cm Höhe in Zementputz mit Dichtungszusatz gleicher Stärke und Oberflächenstruktur wie der Fassadenputz ausgeführt und absatzlos in diesen übergeführt werden. Fassadenöffnungen (Türen und Fenster) Außenwände sind möglichst als Lochfassaden auszubilden, d.h. die geschlossene Wandfläche soll gegenüber den Öffnungsflächen überwiegen. Hierbei sollen die Fassadenöffnungen als stehende Rechtecke mit einheitlichem Grundformat ausgeführt werden. Liegende Fensterbänder sind zu vermeiden. Fenstersprossen sollen entsprechend ihrer Funktion die einzelnen Glasscheiben tatsächlich trennen. Aufgeklebte oder zwischen den Scheiben eingesetzte Scheinsprossen sollen auf keinen Fall verwendet werden. Schaufenster sollen nur im Erdgeschoss und hinsichtlich ihrer Gliederung an den Fenstern in den Obergeschossen ausgerichtet sein. Holz eignet sich als Material für Fensterrahmen bei Mauerwerkswänden sowohl aus bauphysikalischen als auch aus optischen Gründen vorzüglich. Werden aus Gründen des Bauunterhalts andere Materialien verwendet (Kunststoff, Metall), sollte keinesfalls versucht werden, mittels Farbgebung Holz nachzuahmen. Für Kunststofffenster eignet sich am Besten die Farbe weiß; bei Metallfenstern sollten Eloxalfarbtöne vermieden werden. Als Verglasung soll in der Regel Klarglas verwendet werden. Strukturgläser, Buntgläser, sogenannte Antikverglasungen, gewölbte Gläser und Glasbausteine sollen in den von öffentlichen Verkehrsflächen aus einsehbaren Fassaden nicht verwendet werden. Fensterläden sollen in Holz ausgeführt und in einem mit der Fassade harmonierenden Farbton lasiert werden. Rollläden und Jalousien sollen nur dann ausgeführt werden, wenn ihre Unterbringung von außen nicht sichtbar ist (z. B. im Fenstersturz). 7 Das „Gesicht“ eines Gebäudes wird seit jeher durch Anordnung und Gliederung der Fenster bestimmt. Je mehr hierbei auf konstruktive Logik geachtet wird, desto stimmiger ist die Gesamterscheinung der Fassade. Bei Mauerwerkswänden sind wegen der gleichmäßigen Lastabtragung schmale in regelmäßigem Abstand angeordnete Fassadenöffnungen von Vorteil. Die Fassadenöffnungen werden entsprechend ihrer Funktion sinnvoll gegliedert: Zweiflügelige Fenster sind bei einer Rohbaubreite ab etwa 1,125 m sinnvoll, da ihre Flügel im Fall des Öffnens nicht zu weit in den Innenraum ragen. Bei hohen Fenstern kann die Anordnung von oben liegenden Kippflügeln sinnvoll sein. Die oben abgebildete Fassade sowie die rechts abgebildeten „Kreuzstockfenster“ folgen dieser Logik. 8 Drei Beispiele von Fenstern, wie sie sehr häufig bei Neubauten und Altbausanierungen eingebaut werden. In dem offensichtlichen Versuch, ein Kreuzstockfenster nachzubilden, werden hierbei Funktion und Konstruktion vollkommen außer Acht gelassen: In die Isolierverglasung von einflügeligen Fenstern sind dünne Stege eingeklebt. Auch hier ist das Ergebnis unbefriedigend: Die Stege behindern die Sicht nach außen; von außen wirkt das Fenster als Attrappe, insbesondere wenn der Flügel gekippt wird. 9 Beispiele für neue Fenster, die im Zuge von vorbildlichen Gebäudesanierungen in Altbauten eingesetzt worden sind. Die Fenster sind zweiflügelig – bei einer lichten Rohbaubreite von 1,00m bis 1,125m. Die Beispiele belegen, dass bei Wahl von geeigneten Fensterprofilen auch bei einer geringen Rohbaubreite – wie sie bei Altbauten üblich ist - der Einbau von zweiflügeligen Fenstern möglich ist, ohne Beeinträchtigung des Lichteinfalls. Rahmen und Flügel des oberen (weißen) Fensters sind aus Kunststoff gefertigt; die türkisfarbenen Rahmen des unteren Fensters sind aus Holz. Werden Fenster gleicher Breite, jedoch unterschiedlicher Höhe in einer Fassade angeordnet, kann es sinnvoll sein, die Fensterflügel durch Quersprossen zu unterteilen, sofern es auf diese Weise gelingt, einen Maßbezug zu den Fenstern unterschiedlicher Höhe herzustellen. 10 Bei der Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems an Außenwänden im Zuge der Gebäudesanierung ist besonderes Augenmerk auf die Einbaulage der Fenster zu richten. Die außenseitige Leibungstiefe vergrößert sich um die Dämmstoffdicke. Werden die – bei Altbauten meist kleinen - Fenster in ihrer vorhandenen Lage belassen, besteht die Gefahr der „Schießscharten“-Wirkung. Dem kann vorgebeugt werden durch Einsetzen der Fenster außenbündig zur Mauerwerkswand. 11 Hauseingangstüren sind die „Visitenkarten“ eines Hauses. Der Gestaltung der Hauseingangstüren Ist daher besondere Aufmerksamkeit Zu widmen. Der Rahmen der Haustüre sollte aus dem Selben Material gefertigt werden wie die Fenster; die Gliederung sollte mit der Gliederung der Fenster harmonieren. 12 Willkürlich „designte“ Hauseingangstüren (meist aus Kunststoff), die in keinem Bezug zu den Fenstern und sonstigen Fassadenelementen stehen, wirken wenig hochwertig und altern schnell. 13 Schaufenster sollen nur im Erdgeschoss und hinsichtlich ihrer Gliederung an den Fenstern in den Obergeschossen ausgerichtet sein. Bei der nachfolgend abgebildeten Fassade wird dieser Vorgabe gefolgt; die nachträglich angebrachten Werbeanlagen beeinträchtigen allerdings die Proportionen der Fassade erheblich: - 14 die Werbeanlagen sind zu hoch angebracht die Werbeanlagen selbst sind wenig ansprechend gestaltet Dächer Dachformen Dächer von Hauptgebäuden sollen als Satteldächer mit mittigem First und beidseitig gleicher Neigung ausgeführt werden. Die Dachneigung soll sich am Bestand der näheren Umgebung orientieren. Traditionelle Häuser in der Oberpfalz haben steile Dächer mit geringen Überständen an Ortgang und Traufe („Sparrendächer“). Der First ist mittig, die Traufen zu beiden Seiten sind gleich hoch. Gebäude mit - wie links abgebildet - eingeschnittenen Dächern wirken unruhig und wenig kraftvoll. Der konstruktive Aufwand für derartige Dach- bzw. Baukörperausbildungen ist nicht unerheblich; der Nutzen erscheint zweifelhaft. 15 Dachmaterial Als Dachdeckung sind naturrote oder –braune, Biberschwanz- oder Falzziegel zu verwenden. Engobierte Ziegel in der o. g. Form sind zulässig. Nicht zulässig sind glänzende (glasierte) Ziegel. Historische Dachdeckungen aus anderen Materialien, z. B. Schieferplatten, sollen erhalten werden. Für die Deckung von Nebengebäuden kann auch eine Eindeckung mit Blechfalzdeckung (Kupfer oder Titanzinkblech) ausgeführt werden. Wellplatten und Kunststoffeindeckung sollen vermieden werden. Traditionell werden in der Oberpfalz Steildächer mit Biberschwanz- oder Falzziegel eingedeckt. Diese Art der Dacheindeckung passt auch am Besten zum Ortskern von Falkenstein 16 Glasierte Dacheindeckungen – zudem in einer für Dächer völlig fremden und unangebrachten Farbgebung stören das Ortsbild nicht unerheblich. Auch Dacheindeckungen im sog. „Toscana-Stil“ (gewellte Dachziegel mit gefleckter Einfärbung) wirken im Ortskern von Falkenstein fremd. 17 Dachan- und -einbauten Dachgauben sollen nur bei steilen Dächern (ab etwa 40°) eingebaut werden, wenn die Belichtung des Dachraumes über Giebelfenster nicht möglich ist. Dachgauben können als stehende Gauben mit Satteldach oder als Schleppgauben ausgebildet werden. Andere Gaubenformen (z. B. Tonnen) sollen vermieden werden. Je Dachfläche soll nur eine Art und ein Format Verwendung finden. Dachgauben sollten hinsichtlich ihrer Dimensionierung (Breite, Höhe) so bemessen sein, dass sie die Dachfläche nicht dominieren. Sie sollten als untergeordnete Bauteile erkennbar sein. Gauben sollen mit ihrer Achse auf die darunter liegenden Fenster bezogen werden. Die Fenster der Gauben sollten keinesfalls größer als die darunter liegenden Fassadenfenster ausgebildet werden und sich an deren Proportionen orientieren. Die Gauben sollen in gleicher Art wie das Hauptdach eingedeckt werden oder mit Metallbahnen in Stehfalzausführung. Hierbei ist auf die Verwendung von einheitlichem Material für alle Blechteile eines Daches (Regenrinnen, Fallrohre, Traufbleche, Kehlen, Kaminverwahrungen, Bekleidungen) zu achten. Dacheinschnitte sollen grundsätzlich vermieden werden. Liegende Dachfenster (Dachflächenfenster) sollen vermieden werden. Innerhalb einer Dachfläche sollten nur einheitliche Elemente eingebaut werden, also entweder Dachgauben oder Dachflächenfenster, nicht Beides zusammen. Kamine sollen nach Möglichkeit nahe am First über Dach geführt werden; sie sollen farblich der Dachfläche angepasst werden. Eindeckrahmen sollen so klein wie möglich gehalten und farblich der Dachfläche angepasst werden. Als Abdeckungen sollen Formsteine oder Blechhauben verwendet werden; sie sollen möglichst einfach gehalten werden. Freileitungen und Antennen sollen so angebracht werden, dass sie das Ortsbild nicht mehr als unvermeidbar beeinträchtigen. Nach Möglichkeit sollen Antennen unter Dach untergebracht werden. Je Gebäude soll nur eine Antenne (Sammelantenne) angebracht werden. Satellitenempfangsanlagen sollen farblich ihrem Hintergrund angepasst werden. Schneefanggitter, Kaminkehrerroste, Dachrinnen u. ä. sollen in ihren Abmessungen auf das erforderliche Mindestmaß beschränkt und farblich der Dachfläche angepasst werden. Anlagen zur Nutzung von Sonnenenergie auf Dächern (Kollektoren und Solarzellen) sollen hinsichtlich ihrer Dimensionierung und Anordnung so ausgestaltet sein, dass sie die Proportionen der Dächer – insbesondere, wenn diese vom öffentlichen Straßenraum aus einsehbar sind - nicht nachteilig verändern. 18 Die symmetrische Anordnung der Solarzellen auf dem links abgebildeten Dach hebt die ohnedies ungünstigen Proportionen hervor: Der mittig angeordnete überdimensionierte Zwerchgiebel wird zusätzlich betont. Auf den nebenstehenden beiden Dächern sind nahezu sämtliche An- und Einbauten angeordnet, die es für Dächer gibt: Dachflächenfenster, Kollektoren, Solarzellen, Dachgauben, Satellitenschüsseln, Kamine. Die Satteldachflächen wirken deformiert, da die einzelnen Anbauteile in keiner Beziehung zueinander stehen. Eine überlegte Verteilung der einzelnen Elemente beruhigt die Dachlandschaft: Gauben und Kamine auf dem Dach des Wohnhauses, Solarzellen / Kollektoren auf dem Nebengebäude (Fotomontage) 19 Freiflächen Nicht nur die Gestaltung von Gebäuden, sondern auch die Gestaltung der Freiflächen ist für das Gesamterscheinungsbild eines Ortes von Relevanz. Die Gestaltung der den Gebäuden vorgelagerten privaten Flächen soll auf die angrenzenden öffentlichen Flächen abgestimmt werden. Wo Gebäude nicht unmittelbar an der Grundstücksgrenze zum öffentlichen Bereich stehen und vor dem Haus nur ein schmaler Streifen Privatgrund verbleibt, sollte nach Möglichkeit die Befestigungsart der Straße oder des Weges ohne Markierung der Grenze bis an das Gebäude herangeführt werden. Auch bei Hofeinfahrten kann die Beibehaltung des Materials zur gestalterischen Vereinheitlichung beitragen. Die vorhandene Topografie und der vorhandene Bewuchs sollen soweit wie möglich erhalten werden, sofern sie natürlichen Ursprungs sind. Der Versiegelungsgrad ist so gering wie möglich zu halten: Befestigte Flächen sind nur dort vorzusehen, wo ein tatsächlicher Bedarf besteht. Abgestimmt auf Nutzungsart und -intensität sollen möglichst wasserdurchlässige Beläge verwendet werden z.B. - für Zugänge und Terrassen: Naturstein-, schlichtes Rechteck-Betonpflaster, Holzbelag; - für Zufahrten und Stellplätze: Pflaster mit Rasenfugen, Spurplatten, Kiesel/Schotterbeläge oder Schotterrasen - für Gartenwege: Trittsteine, Rindenhäcksel, Rasenwege Bei betrieblich genutzten Grundstücksflächen sind Ausnahmen möglich. Der befestigte Bereich soll auch bei Betriebsgrundstücken auf das notwendige Mindestmaß beschränkt werden. Stellplätze oder sonstige befestigte Flächen mit einer Größe von mehr als 100 m² sollen durch Pflanzflächen gegliedert werden. Pro 4 Stellplätze soll ein Laubbaum gepflanzt und unterhalten werden; die entsprechende Pflanzfläche soll eine Größe von mindestens 6 m² gut durchwurzelungsfähigen Bodens aufweisen und vor Versiegelung und Verdichtung geschützt werden. Die Begrünung von Stellplätzen mit Bäumen trägt nicht nur zur optischen Gliederung bei, durch die Verschattung wird im Sommer auch die Aufheizung der Fahrzeuge begrenzt. Pro 200 m² Grundstücksfläche soll mindestens ein standortgerechter Laubbaum oder ein Obstgehölz gepflanzt und erhalten werden. Standortuntypische, exotische Gehölze (insbesondere Zypressen, Wacholder- und Lebensbaumarten) sollen grundsätzlich vermieden werden. Nadelbäume sollen in allen den öffentlichen Verkehrs- und Grünflächen zugewandten Gartenflächen vermieden werden. 20 “Pflegeleichte“ Ziergärten, deren Begrünung sich auf kurzgeschorenen Rasen beschränkt, sollen vermieden werden. Zur Zielvorstellung, auf jedem Grundstück mindestens einen heimischen, standortgerechten Laubbaum zu pflanzen, sei an die Traditionen des Hausbaums oder die Pflanzung eines Baums zu einem bestimmten Anlass, beispielsweise der Geburt eines Kindes erinnert. Ein Laub- oder Obstbaum macht durch Blüte, Früchte oder Herbstfärbung die Jahreszeiten erlebbar, er wirkt, ebenso wie die freiwachsende auch in den öffentlichen Straßenraum hinein. Nadelbäume wurden wegen ihrer ganzjährigen Verschattung und ihrer bodenversäuernden Wirkung ursprünglich nie in die Nähe von Häusern gepflanzt, sondern waren immer reine Waldbäume. Ebenso wie die typischen GartencenterProdukte Zypressen, Wacholder- und Lebensbaumarten sollten deshalb auch Nadelbäume im Erscheinungsbild des Ortes wieder zurückgedrängt und durch heimische, standortgerechte Laubbäume und Sträucher ersetzt werden. Bei der Auswahl sollte auf den fachkundigen Rat von Landschaftsarchitekten, Baumschulen oder des Obst- und Gartenbauvereins zurückgegriffen werden. 21 Der weitgehende Verzicht auf Versiegelung der Freiflächen empfiehlt sich aus Gründen der Ökologie und entlastet die Kanalisation. Bei befestigten Flächen kann die Wahl entsprechender Materialien, wie Schotter oder Pflaster mit Rasenfuge, noch eine gewisse Wasserdurchlässigkeit gewährleisten. Als Hof- oder Garagenzufahrt ist auch ein Schotterbelag oder lediglich die Befestigung der Fahrstreifen mit Platten oder Pflaster ausreichend. 22 Regional typisches Natursteinpflaster oder einfaches RechteckBetonpflaster zeigen ein homogenes, ruhiges Erscheinungsbild. Nicht attraktiv: Eine funktional unbegründete Vollbefestigung von Hofflächen führt zu einem monotonen Erscheinungsbild. Willkürliche Muster erzeugen Unruhe. 23 Einfriedungen und Stützmauern In den Straßenraum wirkende bauliche Anlagen oder Teile von ihnen, wie Außentreppen, Einfriedungen, Stützmauern u. ä. sollen in Form und Material dem überlieferten Ortsbild entsprechend bewahrt und gestaltet werden. Einfriedungen an öffentlichen Verkehrsflächen sollen als Holzzäune mit senkrechter Lattung oder schlichte Metallzäune mit senkrechten Stäben hergestellt werden. Geschnittene Hecken aus Laubgehölzen sind ebenfalls geeignet, Hecken aus Nadelgehölzen sind zu vermeiden. An seitlichen und rückwärtigen Grundstücksgrenzen können auch Maschendrahtzäune verwendet werden. Sie sollten mit Laubsträuchern hinterpflanzt werden. An der Einfriedung eines Grundstücks treffen öffentlicher und privater Raum zusammen; dementsprechend sollte der Gestaltung dieses Bereiches auch die ihm zukommende Beachtung geschenkt werden. Auf Zaunsockel soll möglichst verzichtet werden, zumindest sollen sie nicht höher als 10 cm sein und in Naturstein, z.B. als Granitbordstein oder –einzeiler ausgeführt werden. Die Höhe von Einfriedungen soll maximal 1,2 m nicht überschreiten; die Höhe ist ab der Oberkante der öffentlichen Verkehrsfläche zu messen. Mit der Höhenbeschränkung auf 1,2 m soll der unerwünschte Eindruck der völligen Abschirmung vermieden werden. Im Einzelfall kann es, beispielsweise aus Gründen der freien Sicht an Kreuzungen und Einmündungen von Straßen, erforderlich sein, dieses Maß zu unterschreiten. Die Einfriedungen benachbarter Grundstücke sollen gestalterisch und in ihrer Höhe aufeinander abgestimmt werden. Eine “Abstimmung“ der Einfriedung benachbarter Grundstücke bedeutet keinen Zwang zu Vereinheitlichung. Es soll jedoch vermieden werden, dass Mauern, Hecken und Zäune in wildem Wechsel aufeinander folgen. Stützmauern sollen soweit möglich vermieden werden. Notwendige Stützmauern sollen als Trockenmauerwerk oder hinterbetoniertem Mauerwerk aus Bruchsteinen oder Steinquadern oder als steinmetzmäßig bearbeitete (gestockte) Betonmauern ausgeführt werden. Soweit denkmalpflegerische Belange nicht entgegenstehen, sollen Stützmauern mit Kletter- oder Hängepflanzen begrünt werden. Bauliche Anlagen für bewegliche Abfallbehälter sollen möglichst unauffällig angeordnet werden; die Abfallbehälter sollen von der öffentlichen Verkehrsfläche aus nicht sichtbar sein. Freistehende Müllbehälter können zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Straßenbildes führen. Sofern die Mülltonnen nicht in direkter Zuordnung zum Gebäude untergebracht werden können, sollten Müllschränke gestalterisch in ihre Umgebung integriert und beispielsweise mit einer Hecke dicht umpflanzt werden. 24 Lattenzäune aus Holz oder einfache Metallzäune mit senkrechten Stäben unterstreichen den C harakter eines Marktes. Eine sichtbare Gliederung durch Pfosten ist bei längeren Zäunen optisch ansprechender. Zäune aus Rundhölzern („Hanichlzäune“) sind dagegen eher typisch für bäuerliche Gemüsegärten. Jägerzäune auf hohen Sockeln, Zäune aus Kunststoff oder breiten Holzbrettern mit aufwendigen Ornamenten sind Modeerscheinungen und wirken als Fremdkörper. Zaunsockel erzeugen, sofern sie nicht gleichzeitig der Geländeabstützung dienen, einen harten Übergang zwischen öffentlichem und privatem Freiraum. Daneben sind sie ökologisch ungünstig, da sie Barrieren für Kleintiere darstellen. Unvermeidbare Stützmauern sollen sich möglichst unauffällig und natürlich in die Umgebung einfügen; neben einer Reduzierung der Höhe durch Abtreppung ist die Begrünung der Mauern dafür ein geeignetes Mittel. Ortstypisch sind Stützmauern aus Bruchsteinmauerwerk. Sofern es die statische Belastung zulässt, bieten Trockenmauern aus Feldsteinen sowohl gute gestalterische Möglichkeiten als auch wertvolle Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt. 25 2.2 Werbeanlagen - Werbeanlagen sollen nur an der Stätte der Leistung angebracht werden. - Eine Häufung von Werbeanlagen, die das Fassaden- oder Straßenbild beeinträchtigt, ist zu vermeiden. - Art, Form, Größe, Lage, Material und Anordnung der Werbeanlagen sollen sich der Maßstäblichkeit der Architektur einfügen. - Historische Werbeanlagen sollen erhalten werden. Zu vermeiden sind: 1. Blink- oder Wechsellichtanlagen. 2. Werbeanlagen über mehrere Geschosse. 3. kastenförmige Werbeanlagen. 4. großflächig beklebte oder bemalte Schaufenster. 5. Werbeanlagen in grellen oder Signalfarben. - Werbeanlagen sollen nicht angebracht werden auf, an oder in 1. Einfriedungen, Vorgärten, Bäumen. 2. Leitungsmasten, Schornsteinen. 3. Türen, Toren, Fenstern, Fensterläden; ausgenommen sind Beschriftungen und Zeichen an Geschäftseingängen mit Hinweis auf den Betrieb und den Betriebsinhaber. 4. Böschungen, Stützmauern, Brücken. 5. Balkonen, Brüstungen, Erkern. 6. Brandmauern, Giebeln, Dächern. 26 Erläuterungen Eine Werbeanlage wie nebenstehend abgebildet ist für das Ortsbild von Nachteil, da sie nicht am Ort der Leistung angebracht ist. Werbeanlagen an Gebäuden oder im öffentlichen Raum können zur Belebung des Straßen- und Ortsbildes beitragen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Maßstäblichkeit der gebauten Umgebung gerade im historischen Bereich respektiert wird. In der Regel beschränkt sich die gewerbliche Nutzung von Gebäuden auf das Erdgeschoss, hier ist somit auch der angemessene Platz für die Anbringung von Werbeanlagen. 27 Historische Werbeanlagen wurden häufig kunstvoll als Ausleger oder Schriftzüge aus Metall gestaltet und stellen damit über ihren eigentlichen Zweck hinausgehende künstlerische Objekte dar. Entsprechende Beispiele sollten deshalb erhalten und gegebenenfalls wieder instandgesetzt werden. Werbeanlagen an Gebäuden sollen sich der Fassade und ihren Einzelelementen unterordnen und deshalb einen bestimmten Anteil an der Ansichtsfläche nicht überschreiten. Lichtwerbeanlagen sind häufig problematisch wegen ihrer grellen Farben, aber auch wegen der oft klobigen Form, die sich aus dem Platzbedarf der notwendigen Technik ergibt. Aus diesem Grund sollte auf geschlossene Kästen mit aufgemalter Werbung grundsätzlich verzichtet werden. Als Alternative bietet sich die Beleuchtung der Werbeanlage durch kleine an der Hauswand angebrachte Lampen an (s. Abbildung rechts). 28 2.3 Warenautomaten - Die Anbringung von Warenautomaten sollte beschränkt werden 1. auf Ladeneingänge 2. auf Gebäudeseiten, die der öffentlichen Verkehrsfläche nicht direkt zugewandt sind. - Warenautomaten sollen in die Wand eingelassen werden und mit dieser bündig abschließen. Erläuterungen Warenautomaten, wie etwa für Zigaretten, aber auch Geldautomaten von Banken können aufgrund ihrer Größe und Masse das Erscheinungsbild eines Gebäudes erheblich beeinträchtigen. Durch ihr Vortreten vor die Fassade engen sie außerdem den häufig ohnehin knappen Raum für Fußgänger ein. Aus diesen Gründen sollen Automaten nicht unmittelbar in den öffentlichen Straßenraum wirken, sondern etwas “zurückgenommen“ werden. Grundsätzlich verzichtet werden sollte auf die Anbringung von Automaten an Gartenzäunen sowie mobilen Warenautomaten – wie nebenstehend abgebildet. 29