30. Sonntag im Jahr C Inhalt Liturgische Texte .................................................................................................................................... 1 Johannes Paul II., Enzyklika Veritatis splendor, 6. August 1993 ............................................................ 3 Benedikt XVI., Predigt, 24. Oktober 2010 .............................................................................................. 4 Franziskus, Predigt, 27. Oktober 2013 ................................................................................................... 5 Die Demut des Herzens, 2016.03.05 ..................................................................................................... 7 Catena aurea .......................................................................................................................................... 9 Liturgische Texte ERÖFFNUNGSVERS, Vgl. Ps 105 (104), 3-4 Freuen sollen sich alle, die den Herrn suchen. Sucht den Herrn und seine Macht, sucht sein Antlitz allezeit. TAGESGEBET Allmächtiger, ewiger Gott, mehre in uns den Glauben, die Hoffnung und die Liebe. Gib uns die Gnade, zu lieben, was du gebietest, damit wir erlangen, was du verheißen hast. Darum bitten wir durch Jesus Christus. ERSTE LESUNG, Sir 35, 15b-17.20-22a Der Herr ist der Gott des Rechts, bei ihm gibt es keine Begünstigung. Er ist nicht parteiisch gegen den Armen, das Flehen des Bedrängten hört er. Er missachtet nicht das Schreien der Waise und der Witwe, die viel zu klagen hat. Wer Gott wohlgefällig dient, der wird angenommen, und sein Bittruf erreicht die Wolken. Das Flehen des Armen dringt durch die Wolken, es ruht nicht, bis es am Ziel ist. Es weicht nicht, bis Gott eingreift und Recht schafft als gerechter Richter. ANTWORTPSALM, Ps 34 (33), 2-3.6-7.17-18.19-23 (R: vgl. 7) R Der Herr erhört den Armen, er hilft ihm aus all seiner Not. - R Ich will den Herrn allezeit preisen; immer sei sein Lob in meine Mund. Meine Seele rühme sich des Herrn; die Armen sollen es hören und sich freuen. - (R) Das Antlitz des Herrn richtet sich gegen die Bösen, um ihr Andenken von der Erde zu tilgen. Schreien die Gerechten, so hört sie der Herr; er entreißt sie all ihren Ängsten. - (R) Nahe ist der Herr den zerbrochenen Herzen, er hilft denen auf, die zerknirscht sind. Der Herr erlöst seine Knechte; straflos bleibt, wer zu ihm sich flüchtet. - R ZWEITE LESUNG, 2 Tim 4, 6-8.16-18 Mein Sohn! Ich werde nunmehr geopfert, und die Zeit meines Aufbruchs ist nahe. Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten. Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird, aber nicht nur mir, sondern allen, die sehnsüchtig auf sein Erscheinen warten. Bei meiner ersten Verteidigung ist niemand für mich eingetreten; alle haben mich im Stich gelassen. Möge es ihnen nicht angerechnet werden. Aber der Herr stand mir zur Seite und gab mir Kraft, damit durch mich die Verkündigung vollendet wird und alle Heiden sie hören; und so wurde ich dem Rachen des Löwen entrissen. Der Herr wird mich allem Bösen entreißen, er wird mich retten und in sein himmlisches Reich führen. Ihm sei die Ehre in alle Ewigkeit. Amen. RUF VOR DEM EVANGELIUM, Vers: vgl. 2 Kor 5, 19 Halleluja. Halleluja. Gott hat in Christus die Welt mit sich versöhnt und uns das Wort der Versöhnung anvertraut. Halleluja. EVANGELIUM, Lk 18, 9-14 In jener Zeit erzählte Jesus einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, dieses Beispiel: Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden. GABENGEBET Allmächtiger Gott, sieh gnädig auf die Gaben, die wir darbringen, und lass uns dieses Opfer so feiern, dass es dir zur Ehre gereicht. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. KOMMUNIONVERS Vgl. Ps 20 (19), 6 Wir jubeln über die Hilfe des Herrn. Wir frohlocken im Namen unseres Gottes. Oder: Eph 5, 2 Christus hat uns geliebt und sich für uns hingegeben als Gabe und Opfer, das Gott wohlgefällt. SCHLUSSGEBET Herr, unser Gott, gib, dass deine Sakramente in uns das Heil wirken, das sie enthalten, damit wir einst als unverhüllte Wirklichkeit empfangen, was wir jetzt in heiligen Zeichen begehen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Johannes Paul II., Enzyklika Veritatis splendor, 6. August 1993 103. … Allein im Erlösungsgeheimnis Christi gründen die »konkreten« Möglichkeiten des Menschen. »Es wäre ein schwerwiegender Irrtum, den Schluß zu ziehen..., die von der Kirche gelehrte Norm sei an sich nur ein "Ideal", das dann, wie man sagt, den konkreten Möglichkeiten des Menschen angepaßt, angemessen und entsprechend abgestuft werden müsse: nach "Abwägen der verschiedenen in Frage stehenden Güter". Aber welches sind die "konkreten Möglichkeiten des Menschen?" Und von welchem Menschen ist die Rede? Von dem Menschen, der von der Begierde beherrscht wird, oder von dem Menschen, der von Christus erlöst wurde? Schließlich geht es um Folgendes: um die Wirklichkeit der Erlösung durch Christus. Christus hat uns erlöst! Das bedeutet: Er hat uns die Möglichkeit geschenkt, die ganze Wahrheit unseres Seins zu verwirklichen; Er hat unsere Freiheit von der Herrschaft der Begierde befreit. Und auch wenn der erlöste Mensch noch sündigt, so ist das nicht der Unvollkommenheit der Erlösungstat Christi anzulasten, sondern dem Willen des Menschen, sich der jener Tat entspringenden Gnade zu entziehen. Das Gebot Gottes ist sicher den Fähigkeiten des Menschen angemessen: Aber den Fähigkeiten des Menschen, dem der Heilige Geist geschenkt wurde; des Menschen, der, wiewohl er in die Sünde verfiel, immer die Vergebung erlangen und sich der Gegenwart des Geistes erfreuen kann«. 104. Hier öffnet sich dem Erbarmen Gottes mit der Sünde des sich bekehrenden Menschen und dem Verständnis für die menschliche Schwäche der angemessene Raum. Dieses Verständnis bedeutet niemals, den Maßstab von Gut und Böse aufs Spiel zu setzen und zu verfälschen, um ihn an die Umstände anzupassen. Während es menschlich ist, daß der Mensch, nachdem er gesündigt hat, seine Schwäche erkennt und wegen seiner Schuld um Erbarmen bittet, ist hingegen die Haltung eines Menschen, der seine Schwäche zum Kriterium der Wahrheit vom Guten macht, um sich von allein gerechtfertigt fühlen zu können, ohne es nötig zu haben, sich an Gott und seine Barmherzigkeit zu wenden, unannehmbar. Eine solche Haltung verdirbt die Sittlichkeit der gesamten Gesellschaft, weil sie lehrt, an der Objektivität des Sittengsetzes im allgemeinen könne gezweifelt und die Absolutheit der sittlichen Verbote hinsichtlich bestimmter menschlicher Handlungen könne geleugnet werden, was schließlich dazu führt, daß man sämtliche Werturteile durcheinanderbringt. Vielmehr müssen wir die Botschaft aufnehmen, die uns das biblische Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner übermittelt (vgl. Lk 18, 9-14). Der Zöllner hätte vielleicht die eine oder andere Rechtfertigung für die von ihm begangenen Sünden anführen können, die seine Verantwortlichkeit verringerte. Doch sein Gebet hält sich nicht bei solchen Rechtfertigungen auf, sondern hat die eigene Unwürdigkeit angesichts der unendlichen Heiligkeit Gottes im Auge: »Gott, sei mir Sünder gnädig!« (Lk 18, 13). Der Pharisäer hingegen rechtfertigt sich ganz allein, vielleicht indem er für jeden einzelnen seiner Verfehlungen eine Entschuldigung findet. Wir werden also mit zwei verschiedenen Haltungen des sittlichen Gewissens des Menschen aller Zeiten konfrontiert. Der Zöllner stellt uns ein »reuevolles« Gewissen vor Augen, das sich der Hinfälligkeit der eigenen Natur voll bewußt ist und in den eigenen Mängeln, welch subjektive Rechtfertigungen es auch immer geben mag, eine Bestätigung der eigenen Erlösungsbedürftigkeit sieht. Der Pharisäer stellt uns ein »selbstzufriedenes« Gewissen vor, das sich einbildet, das Gesetz ohne Gnadenhilfe befolgen zu können, und davon überzeugt ist, kein Erbarmen nötig zu haben. 105. Von allen wird große Wachsamkeit verlangt, sich nicht von der Haltung des Pharisäers anstecken zu lassen, die den Anspruch erhebt, das Bewußtsein von der eigenen Begrenztheit und Sünde aufzuheben, und die heute in dem Versuch, die sittliche Norm den eigenen Fähigkeiten und den eigenen Interessen anzupassen, und sogar in der Ablehnung des Normbegriffes selbst besonders zum Ausdruck kommt. Umgekehrt entfacht das Annehmen des »Mißverhältnisses« zwischen dem Gesetz und den Fähigkeiten des Menschen - d.h. den Fähigkeiten der sittlichen Kräfte des sich selbst überlassenen Menschen - die Sehnsucht nach der Gnade und bereitet den Boden für ihren Empfang. »Wer wird mich aus diesem dem Tod verfallenen Leib erretten?«, fragt sich der Apostel Paulus. Und mit einem freudigen und dankbaren Bekenntnis antwortet er: »Dank sei Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!« (Röm 7, 24-25). Dasselbe Bewußtsein treffen wir im folgenden Gebet des hl. Ambrosius von Mailand an: »Der Mensch ist nichts wert, wenn du ihn nicht aufsuchst. Vergiß den Schwachen nicht, denke daran, daß du mich aus Staub geformt hast. Wie soll ich mich aufrecht halten können, wenn du mich nicht ununterbrochen im Blick hast, um diese Tonerde zu festigen, so daß meine Festigkeit auf deinen Blick zurückzuführen ist? Verbirgst du dein Gesicht, bin ich verstört (Ps 104, 29): Wehe mir, wenn du mich anblickst! Du kannst bei mir nur Verderbtheiten durch Vergehen sehen; es ist weder von Vorteil verlassen noch gesehen zu werden, denn wenn wir gesehen werden, sind wir Grund zur Abscheu. Wir dürfen jedoch annehmen, daß Gott jene nicht zurückweist, die er sieht, denn er macht die rein, die er anblickt. Vor ihm ein alle Schuld versengendes Feuer (vgl. Joel 2, 3)«. Benedikt XVI., Predigt, 24. Oktober 2010 Zwei Wochen nach dem Eröffnungsgottesdienst haben wir uns erneut am Tag des Herrn am Confessio-Altar des Petersdoms versammelt, um die Sonderversammlung der Bischofssynode für den Nahen Osten zu beschließen. … Heute Vormittag haben wir die Synodenaula verlassen und sind »zum Tempel gekommen, um zu beten«; daher geht uns das Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner unmittelbar an, das Jesus erzählt und das vom heiligen Evangelisten Lukas wiedergegeben wird (vgl. 18,9–14). Auch wir könnten wie der Pharisäer der Versuchung erliegen, Gott an unsere Verdienste zu erinnern und dabei vielleicht an die Anstrengungen dieser Tage denken. Doch um zum Himmel emporzusteigen, muß das Gebet in einem demütigen, armen Herzen seinen Anfang nehmen. Und somit wollen auch wir am Schluß dieses kirchlichen Ereignisses vor allem Gott danksagen, nicht wegen unserer Verdienste, sondern für das Geschenk, das er uns gemacht hat. Wir erkennen uns in unserer Kleinheit und Bedürftigkeit nach Heil, nach Barmherzigkeit; wir erkennen an, daß alles von ihm kommt und sich allein mit seiner Gnade verwirklichen wird, was der Heilige Geist uns gesagt hat. Nur so werden wir wirklich bereichert »nach Hause zurückkehren«, gerechter und fähiger, auf den Wegen des Herrn voranzugehen. Die erste Lesung und der Antwortpsalm betonen das Thema des Gebets und heben dabei hervor, daß es um so mächtiger beim Herzen Gottes ist, je mehr sich der Betende in einer Lage der Not und Sorge befindet. »Das Flehen des Armen dringt durch die Wolken«, sagt das Buch Jesus Sirach (35,21); und der Psalmist fügt hinzu: »Nahe ist der Herr den zerbrochenen Herzen, / er hilft denen auf, die zerknirscht sind« (34,19). Unsere Gedanken gehen zu den vielen Brüdern und Schwestern, die in der Region des Nahen Ostens leben und sich in schwierigen Situationen befinden, die bisweilen sowohl aufgrund materieller Not als auch aufgrund der Verzagtheit, des angespannten und manchmal von Angst erfüllten Zustandes sehr schwerwiegend sind. Das Wort Gottes bietet uns heute auch ein Licht tröstlicher Hoffnung, da es das personifizierte Gebet vorlegt, das »nicht weicht, bis Gott eingreift und Recht schafft als gerechter Richter« (Sir 35,21–22). Auch dieses Band zwischen Gebet und Gerechtigkeit läßt uns an so viele Situationen in der Welt und besonders im Nahen Osten denken. Die Klage des Armen und Unterdrückten findet ihren unmittelbaren Widerhall in Gott, der eingreifen will, um einen Ausweg zu eröffnen, um eine Zukunft der Freiheit zurückzuerstatten, einen Horizont der Hoffnung. Dieses Vertrauen auf den nahen Gott, der seine Freunde befreit, ist jenes, von dem der Apostel Paulus in der heutigen Lesung aus dem Zweiten Brief an Timotheus Zeugnis gibt. Als er das Ende seines Erdenlebens nahen sieht, zieht Paulus eine Bilanz: »Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten« (2 Tim4,7). Für einen jeden von uns, liebe Brüder im bischöflichen Dienst, ist dies ein Vorbild, das es nachzuahmen gilt: die göttliche Güte gewähre es uns, daß wir uns ein ähnliches Schlußwort zu eigen machen können! »Der Herr stand mir zur Seite und gab mir Kraft, damit durch mich die Verkündigung vollendet wird und alle Heiden sie hören« (2 Tim 4,17). Das ist ein Wort, das besonders kraftvoll an diesem Sonntag erklingt, an dem wir den Weltmissionssonntag begehen! Gemeinschaft mit dem gekreuzigten und auferstandenen Christus, Zeugnis seiner Liebe. Die Erfahrung des Apostels ist paradigmatisch für jeden Christen, besonders für uns Hirten. Gemeinsam haben wir einen eindrucksvollen Augenblick kirchlicher Gemeinschaft geteilt. Nun gehen wir auseinander, um zu unserer Sendung zurückzukehren, doch wir wissen, daß wir vereint bleiben, daß wir in seiner Liebe bleiben. …. Franziskus, Predigt, 27. Oktober 2013 Die Lesungen dieses Sonntags laden uns ein, über einige grundlegende Merkmale der christlichen Familie nachzudenken. 1. Das erste: die Familie, die betet. Der Abschnitt aus dem Evangelium stellt zwei Arten zu beten heraus, eine falsche – die des Pharisäers – und eine andere, echte – die des Zöllners. Der Pharisäer verkörpert eine Haltung, die nicht den Dank an Gott für seine Wohltaten und seine Barmherzigkeit, sondern vielmehr Selbstzufriedenheit ausdrückt. Der Pharisäer fühlt sich gerecht, er fühlt sich in Ordnung, er plustert sich darum auf wie ein Pfau und verurteilt die anderen von der Höhe seines Podestes aus. Der Zöllner dagegen macht nicht viele Worte. Sein Gebet ist demütig, nüchtern, durchdrungen von dem Bewusstsein der eigenen Unwürdigkeit, der eigenen Schwächen: Dieser Mann bekennt wirklich, dass er der Vergebung Gottes, der Barmherzigkeit Gottes bedarf. Das Gebet des Zöllners ist das des Armen, es ist das Gebet, das Gott gefällt, es »dringt durch die Wolken«, wie die erste Lesung sagt (Sir 35,21), während das des Pharisäers beschwert ist vom Ballast der Eitelkeit. Im Licht dieses Wortes möchte ich euch, liebe Familien, fragen: Betet ihr manchmal in der Familie? Einige ja, ich weiß es. Doch viele sagen mir: Aber geht das? Nun, man macht es wie der Zöllner, das ist klar: demütig vor Gott. Jeder lässt sich in Demut vom Herrn anschauen und erbittet seine Güte, dass er zu uns komme. – Aber, in der Familie, wie geht das da? Denn es scheint, das Gebet sei etwas Persönliches, und dann gibt es nie einen passenden, ruhigen Moment in der Familie… Ja, das stimmt, aber es ist auch eine Frage der Demut, zu bekennen, dass wir Gott brauchen, wie der Zöllner! Und alle Familien – wir haben Gott nötig: alle, alle! Wir brauchen seine Hilfe, seine Kraft, seinen Segen, seine Barmherzigkeit, Seine Vergebung. Und es erfordert Einfachheit: Um in der Familie zu beten, braucht es Einfachheit! Gemeinsam am Tisch das „Vaterunser“ zu beten, ist nichts Außergewöhnliches: Das ist leicht. Und gemeinsam in der Familie den Rosenkranz beten ist sehr schön und gibt viel Kraft! Und auch füreinander beten: ! Der Ehemann für seine Frau, die Frau für ihren Mann, beide für die Kinder, die Kinder für die Eltern, für die Großeltern… Füreinander beten. Das ist Beten in der Familie, und das stärkt die Familie: das Gebet. 2. Die zweite Lesung gibt uns eine weitere Anregung: Die Familie bewahrt den Glauben. Der Apostel Paulus zieht am Ende seines Lebens eine grundlegende Bilanz und sagt: »Ich habe den Glauben bewahrt« (2 Tim 4,7). Aber wie hat er ihn bewahrt? Nicht in einem Tresor! Er hat ihn nicht in der Erde versteckt wie jener etwas faule Knecht. Der heilige Paulus vergleicht sein Leben mit einem Kampf und einem Lauf. Er hat den Glauben bewahrt, weil er sich nicht darauf beschränkt hat, ihn zu verteidigen, sondern er hat ihn verkündet, ausgestrahlt, in die Ferne gebracht. Er hat sich entschieden denen widersetzt, die die Botschaft Christi innerhalb der Grenzen Palästinas bewahren, ihn „einbalsamieren“ wollten. Dafür hat er mutige Entscheidungen getroffen, ist in feindliche Gebiete gegangen, hat sich von den Fernstehenden, von anderen Kulturen provozieren lassen, hat freimütig ohne Angst gesprochen. Der heilige Paulus hat den Glauben bewahrt, weil er ihn, wie er ihn empfangen hatte, weitergegeben hat, indem er bis an die Peripherien vorgedrungen ist, ohne sich in Verteidigungspositionen zu verschanzen. Auch hier können wir fragen: In welcher Weise bewahren wir in der Familie unseren Glauben? Behalten wir ihn für uns, in unserer Familie, wie ein Privateigentum, wie ein Bankkonto, oder verstehen wir, ihn zu teilen durch das Zeugnis, durch Aufnahmebereitschaft, durch die Öffnung gegenüber den anderen? Wir alle wissen, dass die Familien, besonders die jungen, oft in Eile, gleichsam im „Wettlauf“ mit der Zeit sind und sehr viel zu tun haben; aber denkt ihr auch manchmal daran, dass dieser „Wettlauf“ auch der des Glaubens sein kann? Die christlichen Familien sind missionarische Familien. Gestern haben wir hier auf dem Platz das Zeugnis von missionarischen Familien gehört. Sie sind Missionare auch im alltäglichen Leben, indem sie ihren Alltagsbeschäftigungen nachgehen und in alles das Salz und den Sauerteig des Glaubens hineingeben! Den Glauben in der Familie bewahren und das Salz und den Sauerteig des Glaubens in die Dinge des Alltags hineingeben! 3. Und einen letzten Aspekt gewinnen wir aus dem Wort Gottes: die Familie, die die Freude lebt. Im Antwortpsalm heißt es: »Die Armen sollen es hören und sich freuen« (34,3). Dieser ganze Psalm ist ein Lobgesang an den Herrn, der Quelle der Freude und des Friedens. Und was ist der Grund dieser Freude? Es ist dieser: Der Herr ist nahe, er erhört das Rufen der Demütigen und befreit sie vom Bösen. Das schrieb auch der heilige Paulus: »Freut euch im Herrn zu jeder Zeit … der Herr ist nahe!« (Phil 4,4-5). – Ich würde heute gerne eine Frage stellen. Aber jeder soll sie im Herzen nach Hause tragen, ja? Als Hausaufgabe. Und für sich allein beantworten: Wie ist es mit der Freude bei dir zu Hause? Wie ist es mit der Freude in deiner Familie? Nun, gebt ihr die Antwort. Liebe Familien, ihr wisst es genau: Die wahre Freude, die man in der Familie genießt, ist nicht etwas Oberflächliches, kommt nicht von den Dingen, von günstigen Umständen… Die wahre Freude kommt aus einer tiefen Harmonie zwischen den Menschen, die alle im Herzen spüren und die uns die Schönheit des Zusammenseins, der gegenseitigen Unterstützung auf dem Weg des Lebens empfinden lässt. Doch das Fundament dieses Gefühls tiefer Freude ist die Gegenwart Gottes, die Gegenwart Gottes in der Familie, seine aufnahmebereite, barmherzige, respektvolle Liebe allen gegenüber. Und vor allem eine geduldige Liebe: Die Geduld ist eine Tugend Gottes und lehrt uns, in der Familie diese geduldige Liebe zu haben, einer mit dem anderen. Geduld miteinander haben. Geduldige Liebe. Allein Gott weiß die Harmonie der Verschiedenheiten zu schaffen. Wenn die Liebe Gottes fehlt, verliert auch die Familie ihre Harmonie, setzen sich die Individualismen durch und erlischt die Freude. Die Familie, hingegen, welche die Freude des Glaubens lebt, gibt sie spontan weiter, ist Salz der Erde und Licht der Welt, ist Sauerteig für die ganze Gesellschaft. Liebe Familien, lebt stets im Glauben und in der Einfachheit wie die heilige Familie von Nazareth. Die Freude und der Friede des Herrn seien immer mit euch! Die Demut des Herzens, 2016.03.05 (Notizen einer Predigt von don Pierino Galeone) In den Lesungen dieser Fastenzeit wird uns das empfohlen, was wir tun sollen: Gebet, Fasten, Almosen. In der heutigen Liturgie des Wortes: die Demut. Auch die guten Werke, die der Pharisäer im Tempel aufzählt brauchen die Demut. Auch die schlechten Werke, die der Zöllner getan hat, können durch die Demut zur Barmherzigkeit werden. Der Kehrvers: Gott liebt die Demut des Herzens. Was ist die Demut des Herzens? Nicht nur, dass du erkennen sollst, wer du bist: nichts, sondern dass du das auch liebst, was du bist: nichts. Was heisst: lieben, dass du nichts bist? Diese Erkenntnis, diese Liebe, nichts zu sein, warum ist sie Gott wohlgefällig? Was ist der Grund, dass jemand, der sein Nichts erkennt und liebt, Gott wohlgefällig ist? Was ist in uns, das da ist, das in der Demut ist, das uns Gott wohlgefällig macht? Sind wir vollkommen nichts oder sind wir jemand oder etwas? Wir sind jemand. Was sind wir in unserer menschlichen Natur? Wir sind Lebewesen. Wir sind von Gott geschaffen. Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut. Wir sind Lebewesen, wir sind also nicht nichts. In welchem Sinn führt uns die Demut dazu, dass wir erkennen, dass wir nichts sind? Wir sind von Gott geschaffen, für Gott geschaffen. In welchem Sinn macht die Demut, dass wir erkennen, dass wir nichts sind? Um unsere Natur aufzubauen, die Gott geschaffen hat, alleine können wir da nichts tun. Gott hat den Lebensatem eingehaucht, er hat uns das göttliche Leben geschenkt, er nährt das göttliche Leben durch das Wort Gottes, durch die Sakramente, durch die brüderliche Liebe. Alles, was dazu dient, dass wir wachsen in unserer Natur gemäss Gott: wir haben nichts. Wir haben nichts, das dazu dienen könnte, das göttliche Leben in uns wachsen zu lassen. Wir sind unsterblich, unsere Seele ist unsterblich. Aber in diesem Sinn lehrt uns die Demut, dass wir nichts sind, nichts tun können: wir haben keine Güter, die uns das göttliche Leben schenken und nähren könnten. Wir müssen Gott darum bitten. Was bedeutet Demut des Herzens? In uns haben wir Vernunft, Wille, Freiheit. Die Demut des Herzens heisst: ich soll demütig bleiben, in der Überzeugung, dass ich nichts habe, um das Ziel zu erreichen, ich habe nicht wenig, sondern nichts. Die Demut des Herzens heisst: ich soll lieben, was die Demut von mir fordert. Ein Kind, das Hunger hat, aber der Hunger, die Demut führt dazu: Mami, ich habe Hunger. Die Demut: ich erkenne, ich habe nichts. Ich liebe, was mir für meine Identität dient. Die Erkenntnis: ich habe nichts, also ich gehe sofort zum Mami wie das Kind. Die Demut macht, dass ich erkenne, dass ich nichts habe und lässt mich zu Gott gehen und ihn bitten, damit er mir alles gibt, was ich brauche, um Geweihte, Priester zu sein. Die Liebe zur Demut soll mich anstacheln, Gott immer um das zu bitten, was ich brauche, um den Willen Gottes zu tun. Wenn ein Kind Hunger hat und nicht zum Mami geht, ist es kein gutes Kind. Du hast Hunger, du weisst, dass das Mami dich liebt, also die Demut, die Erkenntnis, dass du nicht hast, was nötig ist, damit du gemäss dem Plan Gottes wirst, die Demut macht, dass du sofort zu Gott gehst, damit er dir gibt, was du brauchst, um seinen Plan zu erfüllen. Wenn du liebst, was dein Ich, deine Freiheit dir sagen, das, was die Emotionen, die Sinnlichkeit, die Freunde dir sagen, wenn du die Liebe so verschiebst, dann wirst du nicht zu Gott gehen, um ihn zu bitten, dir die Gaben zu schenken, die du brauchst. Die Liebe zur Demut heisst: immer in der Demut bleiben, damit du immer erkennen und anerkennen kannst, dass du nichts bist und immer von Gott alles erwartest, was du nötig hast. Du musst beständig in der Demut sein, Gott schaut auf den Demütigen. Das Mami sieht das Kind, das Hunger hat und eilt sofort, alles zu geben, was das Kind braucht. Wenn du etwas von dir liebst, diese Dinge machen dich in gewissem Sinn selbstgenügsam, auch deine Bildung, deine Aufgabe, wenn du diese Gaben liebst, wirst du sehr einfach davon abgelenkt, Gott darum zu bitten, dass er dir die Gaben schenkt, die du brauchst, um deine Berufung zu verwirklichen. Dann hast du die Demut des Herzens nicht. Die Demut des Herzens bedeutet, dein Nichts anzuerkennen und Gott immer um alle nötigen Gaben zu bitten. Der Teufel treibt dich zur Selbstgenügsamkeit, und so hast du Gott nicht mehr nötig und bittest ihn nicht mehr. Du bist dann immer weiter weg von Gott und wirst überheblich. Im Evangelium ist das Absurdum der Demut: die guten Werke ohne die Demut dienen zu nichts. Bischof, Priester, Geweihte zu sein dient zu nichts, wenn die Demut fehlt. Jesus demütigte sich. Jesus bat den Vater um Hilfe, damit er seinen Willen erfülle. Wie wunderbar ist Jesus: er hielt nicht an seiner Gottheit wie ein Raub fest, er entäusserte sich allem. Er blieb Gott, aber in der Ausübung der Handlung schaute er nicht darauf, dass er Gott ist. Jesus bat seinen Vater und er dankte ihm stets. Jesus „übte“ seine Gottheit nicht aus, als er gegeisselt und verspottet wurde. Er blieb demütig. Wer demütig ist, nimmt alles an und opfert es Gott auf. Wir werden gross sein, insofern wir demütig sind. Die Erhöhung ist gemäss unserer Demut. Wer sich demütigt, sich erniedrigt, der wird erhöht werden. Demütig sein vor den Gaben Gottes, den natürlichen und übernatürlichen Gaben Gottes. Wenn der Stolz da ist, ist die Blindheit da. Die Blindheit, die Finsternis lässt dich Gott nicht sehen, zu dem du gehen sollst. Wer stolz ist, wer nicht demütig ist, erkennt zwar, dass ihm etwas fehlt, aber er wendet sich an sein Ich oder an Freunde. Der Teufel lässt dich nicht sehen, zu wem du gehen sollst, wenn du stolz bist. Dann wendest du dich an dein Ich und verlässt vielleicht auch deine Berufung. Aufgepasst! Der Teufel ist sehr geschickt, die Demut zu verfinstern und dich auf einem falschen Weg gehen zu lassen. Catena aurea In jener Zeit erzählte Jesus einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, dieses Beispiel: Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Weil der Glaube nicht den Hochmütigen, sondern den Demütigen geschenkt wird, darum fährt der Herr mit einem Gleichnis über die Demut und gegen den Hochmut fort. (Augustinus, Serm. 115) Der Herr gibt recht häufig Ermahungen in bezug auf den Hochmut, denn der plagt den Geist des Menschen mehr als die anderen Leidenschaften. Hochmut bedeutet aber eine Verachtung Gottes, denn wenn jemand seine guten Taten nicht Gott, sondern sich selber zuschreibt, was ist das dann anderes als eine Verneinung Gottes? Dieses Gleichnis erzählt der Herr also um jener willen, die auf sich selbst vertrauen und nicht alles [Gute] Gott zuschreiben und deshalb auch noch die anderen verachten. Er zeigt darin, daß die Gerechtigkeit den Menschen zwar zu Gott führt, doch wenn sie sich mit Hochmut verbindet, dann stürzt sie ihn in die Tiefe. (Theophylactus) Durch das [vorausgehende] Beispiel der Witwe und des Richters (Lk 18,1-8) lehrt uns der Herr, beim Gebet nicht nachzulassen,Wörtlich: diligentiam orationis - die Sorgfalt, die Aufmerksamkeit, die man dem Gebet widmet. hier aber zeigt er uns durch den Pharisäer und den Zöllner, wie wir uns im Gebet an IHN wenden sollen, damit unser Beten nicht fruchtlos bleibt. [...] (Graecus [Asterius]) Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, daß ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. Es heißt: "er stellte sich hin", dadurch aber wird der Stolz des Pharisäers bezeichnet, denn schon in seiner [äußeren] Haltung zeigt sich sein ganzer Hochmut. (Theophylactus) Es heißt: "er betete bei sich" (Lat: apud se orabat); das entspricht auch dem griechischen Original, denn durch die Sünde des Hochmuts war er gleichsam nicht bei Gott, sondern verweilte bei sich selbst. (Basilius der Große, In Esai. 2) Er wird aber nicht deswegen getadelt, weil er Gott dankt, sondern deswegen, weil er nichts weiter hinzubekommen wollte: also bist du schon gesättigt und hast schon zuviel; es gibt auch keinen Grund mehr, weshalb du sprechen solltest "Vergib uns unsere Schuld!" [...] Das sollen [vor allem] die hören, die sagen: "Durch Gott bin ich als Mensch erschaffen, gerechtfertigt aber werde ich durch mich selbst". Sie sind schlechter und verächtlicher als jener Pharisäer, der sich zwar voll Hochmut selbst gerecht nannte, aber doch [wenigstens] Gott dafür Dank sagte. (Augustinus, Serm. 115) Hätte er aber wenigstens gesagt: "daß ich nicht wie viele andere Menschen bin ..." - denn was bedeutet das "wie die anderen Menschen"? Doch wohl: alle, außer ihm selber. Er sagt damit also: ich bin gerecht - die anderen alle sind Sünder. (Augustinus, Serm. 115) Überheblichkeit und Anmaßung zeigen sich auf vier Weisen: (1) daß man glaubt, daß Gute aus sich selber heraus zu besitzen, oder, (2) daß man zwar glaubt, es ist einem von oben gegeben, aber meint, man habe es aufgrund seiner Verdienste empfangen. Oder (3) man brüstet sich, zu haben, was man nicht hat; oder (4) man verachtet die anderen, weil man glaubt, der einzige zu sein, der ein bestimmtes Gut besitzt. So aber sah sich der Pharisäer, der meinte, der einzige zu sein, der das Verdienst guter Werke besitzt. (Gregor der Große, Moralia 23,6) Es genügte ihm aber nicht, die ganze menschliche Natur zu verachten, er beleidigt auch noch den Zöllner. Hätte er diesen ausgenommen, so wäre seine Sünde geringer gewesen. Nun aber fällt er mit demselben Wort nicht nur über die Abwesenden her, er verletzt auch den Anwesenden. Danksagung aber besteht nicht darin, daß man über andere herzieht. Wenn Du Gott Dank sagen willst, dann soll er allein dir genügen und du sollst deine Gedanken nicht auf andere Menschen richten oder gar deinen Nächsten verurteilen. (Chrysostomus, Hom. 2 de Poen.) Wer andere schlecht macht, der tut sich und den anderen viel Übles an, denn zum einen bewirkt er Schlechtes bei dem, der eine solche Rede hört: ist dieser nämlich ein Sünder, so freut er sich, daß er einen Genossen für seine Untaten gefunden hat; ist er aber ein Gerechter, so wird er zum Hochmut verführt, denn durch die Fehler anderer schätzt er sich selber höher ein. Zum anderen fügt er auch der Gemeinschaft der Kirche Schaden zu, denn diejenigen, die ihn so sprechen hören, werden nicht ihn allein (der in dieser Weise sündigt) tadeln, sondern sie werden die christliche Religion [als ganze] verachten. Drittens aber bewirkt er, daß die Ehre Gottes beleidigt wird, denn wie Gott verherrlicht wird, wenn wir recht tun, so wird er beleidigt, wenn wir sündigen. Viertens stürzt er denjenigen ins Verderben, der diese Vorwürfe hört, denn [weil er geschmäht wird,] verliert er seine Scham und wird zum Feind. Fünftens macht er sich auch strafbar, denn er bringt Dinge vor, die ihm nicht zukommen. (Chrysostomus) Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! Zwar heißt es auch vom Zöllner: "er stellte sich hin", doch in seinen Worten, in seiner Haltung und in der Reue seines Herzens unterscheidet er sich von dem Pharisäer, denn er getraut sich nicht, die Augen zum Himmel zu erheben, denn da sie auf irdische Güter blicken und nach ihnen streben, hielt er sie nicht für würdig, nach oben zu sehen. Und er schlug sich an die Brust, um so sein Herz wegen seiner schlechten Gedanken anzuklagen (Lat: pungere - stechen, verletzen), und um es vom Schlaf aufzuwecken. Er suchte also nichts anderes als den verzeihenden Gott. (Theophylactus) Was wunderst du dich, wenn Gott dem verzeiht, der seine Schuld zugibt? Er stand ganz hinten, und doch war er Gott nahe und der Herr schaute auf ihn aus der Nähe, denn: der Herr ist erhaben, doch er schaut auf die Niedrigen (Ps 138,6). Er erhob nicht die Augen zum Himmel, um ihn anzublicken; sein Gewissen machte ihm Angst, die Hoffnung aber gab ihm Mut: Er schlug sich an die Brust und strafte sich selber; weil er seine Schuld bekannte, darum schonte ihn der Herr. Du hast nun den stolzen Ankläger und den demütigen Angeklagten gehört - nun höre den Richterspruch: (Augustinus, Serm. 115) Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden. Wer nicht achtgibt, den kann der Hochmut sogar aus dem Himmel in die Tiefe reißen, die Demut dagegen erhebt den Menschen mit seiner Schuld aus der Tiefe. Die eine rettete den Zöllner noch vor dem Pharisäer, sie führte den Schächer noch vor den Aposteln ins Paradies, die andere befiel sogar die unkörperlichen Mächte [d.h. die Engel]. [...] (Chrysostomus, Hom. de Prof. Ev.) Vielleicht aber wunderst du dich, daß der Pharisäer verurteilt wird, der sich nur mit wenigen Worten selber lobte, während Ijob, der so viele Worte dafür fand, die Krone [des Lebens] erhielt. Das liegt daran, daß der Pharisäer so sprach und dabei andere grundlos anklagte, während Ijob von seinen Freunden und seiner Not bedrängt - die eigenen Tugenden aufzählen mußte, um Gott die Ehre zu geben und damit die Menschen nicht vom Weg der Tugend abweichen. (Theophylactus)