MANAGEMENT Unternehmensnachfolge Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen Gerecht ist das, was als gerecht empfunden wird. I nnerhalb der nächsten zehn Jahre werden sich etwa 700.000 Familienunternehmen mit der Frage der Nachfolge beschäftigen müssen. Dies entspricht zwischen 75 und 80 Prozent aller im deutschsprachigen Raum ansässigen Unternehmen. Im Volksmund heißt es: „Der Vater stellt's, der Sohn erhält's, beim Enkel zerfällt's.“ Etwa 70 Prozent der Familienunternehmen schaffen es nicht in die zweite und nur zehn Prozent in die dritte Generation. Eine von Egon Zehnder weltweit durchgeführte Studie hat ergeben, dass bei fast zwei Drittel der befragten 726 Führungskräften Familienkonflikte Unternehmensentscheidungen behindert haben. Wird die Unternehmensnachfolge frühzeitig vorbereitet, lässt sich bereits im Vorfeld Konfliktpotential aufspüren und im Keim ersticken. Der Schlüssel für die Gestaltung einer erfolgreichen Unternehmensübergabe liegt in einer offenen, konstruktiven und fairen Kommunikation. Nur wenn Senior und Junior die gegenseitigen Erwartungen kennen, kann auf die Bedürfnisse des jeweils anderen Rücksicht genommen werden. Die Interessen der handelnden Personen liegen dabei oft gar nicht so weit auseinander wie es zunächst den Anschein macht. Ein Beispiel: In anfänglichen Gesprächen signalisiert der Senior das Unternehmen aus Angst vor Kontrollverlust über die Unternehmensabläufe noch nicht übergeben zu wollen. Der Nachfolger hingegen brennt darauf, das Unternehmen zu übernehmen. Er möchte endlich seine Ideen umsetzen, da er akuten Handlungsbedarf sieht, 66 NIEDERRHEIN MANAGER 02-03/14 Sachen zu verändern. Erst ein tiefergehender Gedankenaustausch eröffnet, dass hinter beiden Aussagen nicht das Interesse steht, den anderen Part in seinen Handlungen und Ideen zu boykottieren. Vielmehr besteht der gemeinsame Wunsch nach Sicherheit in Form des Unternehmensfortbestands. Wenn dieser gemeinsame Nenner erst einmal gefunden ist, können im weiteren Dialog Lösungsoptionen erarbeitet werden, in denen sich sowohl Nachfolger als auch Senior wiederfinden. Die Nachfolgeregelung wird komplexer, sobald mehrere Kinder in der Unternehmerfamilie sind. Bei der Übertragung des Unternehmens oder auch anderer Vermögensgegenstände an mehrere Kinder, können ungewollt Konflikte entstehen. Naheliegend ist dabei die Angst der Nachfolger vor Benachteiligungen bei der Ver- teilung des Vermögens. Dabei kann das Interesse am Unternehmen auch zur Projektionsfläche um elterliche Anerkennung werden. So wird der zu erhaltene Vermögensanteil fälschlicherweise mit einem höheren bzw. geringeren Maß an elterlicher Zuneigung gleichgesetzt. Eines der wichtigsten Merkmale bei einer Unternehmensnachfolge ist somit, dass es keine objektive Gerechtigkeit gibt. Gerecht ist das, was als gerecht empfunden wird. Daher kommt es nicht so sehr darauf an, wer was vererbt bekommt, sondern vielmehr, ob sich jeder gerecht behandelt fühlt. Ein weiterer entscheidender Faktor der dafür spricht, die Nachfolgeplanung frühzeitig zu planen sind die Mitarbeiter des Unternehmens. Für sie haben der Fortbestand des Unternehmens und die damit verbundene Arbeitsplatzsicherheit ebenfalls eine besondere Bedeutung. Ganz gleich, ob das Unternehmen in der Familie bleibt oder ob es an einen externen Nachfolger übergeben wird, muss über die möglichen Übergabeformen nachgedacht werden: Verkauf, Verpachtung oder Schenkung. Es ist von großem Wert kompetente Fachleute als begleitende Berater zu gewinnen. Strukturierte Gesprächsrunden geführt von einem externen Moderator, wie beispielsweise einem Mediator, helfen mit einer neutralen Sicht von außen, die oft komplexen Verflechtungen von Familie und Unternehmen aufzunehmen und zu ordnen. Oft reichen bereits einige Workshops aus, um ein für alle Parteien nachhaltiges Modell zu entwickeln, welches die Basis für eine optimale steuerliche und juristische Gestaltung bildet. Autoren sind Nicolai Müller (links), Steuerberater, Master of Mediation und Geschäftsführender Gesellschafter der Dr. Müller, Hufschmidt Steuerberatungsgesellschaft mbH aus Straelen und Alkje Vopersal (rechts), M.Sc., zertifizierte Mediatorin und Systemischer Business Coach