Hilfsblätter zur "Leistungselektronik" Empfohlene Literatur: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Grundlagen der Leistungselektronik von: Klemens Heumann Teubner Studienbücher Leistungselektronik von: Rainer Felderhoff Carl Hanser Verlag Leistungselektronik von: Manfred Michel Springer-Verlag MOS-Bauelemente in der Leistungselektronik von: Felix Schörlin Franzis-Verlag GmbH Leistungselektronik, Grundlagen und Anwendungen von: Rainer Jäger VDE-Verlag GmbH Elektronik IV A, Leistungselektronik von: Hans-Arno Künstler Richard Pflaum Verlag Leistungselektronik von: Brosch, Landrath, Wehberg Vieweg-Verlag Schaltnetzteile in der Praxis von: D. Kilgenstein Vogel Verlag Schaltnetzteile und ihre Perpherie von: Ulrich Schlienz Vieweg-Verlag Professionelle-Schaltnetzteil-Applikationen von: Udo Leonhard Thiel Franzis-Verlag Schaltnetzteile – Funktionsprinzip und Nachbauschaltungen von: Franz-Peter Zantis Elektor-Verlag ISBN 3-519-26105-7 ISBN 3-446-13830-7 ISBN 3-540-54471-2 ISBN 3-7723-4702-9 ISBN 3-8007-1114-1 ISBN 3-7905-01540-4 ISBN 3-528-03879-9 ISBN 3-8023-1436-0 ISBN 3-528-03935-3 ISBN 3-7723-4582-4 ISBN 3-928051-75-X Die empfohlene Literatur ist in der Bibliothek der FH vorhanden. Die Literaturangaben 1 bis 6 unterstützen besonders die Vorlesung „Leistungselektronik“. G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 1 Inhalt 1. 1.1 1.2 1.3 1.4 Leistungshalbleiter Dioden Thyristoren Leistungstransistoren MOS-gesteuerte Leistungsschalter 3 5 6 10 12 2. 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 Betrieb der Leistungshalbleiter Beschaltung Zündung Kühlung Schaltbedingungen in elektrischen Netzen Kommutierung 16 16 17 21 23 24 3. 3.1 3.2 Halbleiterschalter und –steller Halbleiterschalter Halbleitersteller 27 27 31 4. 4.1 4.2 4.3 4.4 Fremdgeführte Stromrichter Netzgeführte Gleich- und Wechselrichter Netzrückwirkungen Netzgeführte Umrichter Lastgeführte Wechselrichter 36 36 53 56 59 5. 5.1 5.2 5.3 5.4 Selbstgeführte Stromrichter Halbleitersteller für Gleichstrom I-Umrichter Frequenzumrichter Schaltnetzteile 63 63 67 68 75 Emden im September 2014 G. Schenke, 9.2014 Prof. Dr.-Ing. G. Schenke Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 2 1. Leistungshalbleiter Alle Leistungshalbleiter enthalten einen oder mehrere PN-Übergänge, die für eine Spannungspolarität Sperrvermögen haben und bei entgegengesetzter Polarität einen Strom bei kleinem Durchlassspannungsfall führen können! Ausgangsmaterial ist heute im Allgemeinen Silizium-Einkristall, wobei das Kristallgitter vom Diamanttypus mit Elektronenpaarbildung ist. Störstellen können eingebaut werden, wenn ein Siliziumatom durch ein Element der 5. oder 3. Gruppe des periodischen Systems ersetzt wird. Für besondere Anwendungen sind seit wenigen Jahren auch Halbleiter auf der Basis Siliziumcarbid im Handel. Donatoren: N-Leiter (überschüssige Valenzelektronen) (5. Gruppe z.B. Phosphor, Arsen, Antimon) Akzeptoren: P-Leiter (Defektelektronen) (3. Gruppe z.B. Bor, Aluminium, Indium, Gallium) Die elektrische Leitfähigkeit von reinen Halbleitern ist von der Bandlücke zwischen dem Valenzund dem Leitfähigkeitsband und von der Temperatur abhängig. Die Bandlücke beträgt bei Germanium (Ge) 0,67 eV, bei Silizium (Si) 1,1 eV und bei Siliziumcarbid (4H-SiC) 3,3 eV. Der Einsatzbereich liegt bei Germanium bis 80°C (nicht für Anwendungen in der Leistungselektronik geeignet) bei Silizium bis 180°C und bei Siliziumcarbid bis 600°C (z.Zt. wegen der Kosten nur für Sonderanwendungen). Vergleich von spezifischen Widerständen P- und N-leitendes Silizium 10-3 - 104 ·cm Eigenleitung bei Silizium (20°C) 2·105 ·cm Eigenleitung bei Germanium (20°C) 5·101 ·cm Eigenleitung bei Siliziumcarbid (20°C) > 1·107 ·cm Metalle 2·10-6 ·cm Nichtleiter 1012 - 1018 ·cm Die spezifische Leitfähigkeit, der reziproke Wert des spezifischen Widerstandes, ist bei P- und Nleitendem Silizium nahezu proportional zur Störstellenkonzentration. Gehäusebauformen Die mit verschieden dotierten Schichten versehene Siliziumscheibe (das eigentliche Halbleiterbauelement) wird bei allen Leistungshalbleitern zum Schutz gegen mechanische Beschädigung und atmosphärische Einflüsse in ein Gehäuse eingebracht. Dieses leitet außerdem die im Leistungshalbleiter auftretenden Verluste an einen Kühlkörper ab. Bei großen Leistungen werden vorzugsweise zweiseitig kühlbare Scheibenzellen eingesetzt. Früher wurden bei mittleren Leistungen einseitig kühlbare Flachboden- oder Schraubbolzenzellen verwendet. Heute sind Leistungshalbleiter bei kleinen und mittleren Leistungen in Kompaktbausteinen (Powerblock) elektrisch isoliert eingebaut. Häufig werden hierbei mehrere, auch unterschiedliche Leistungshalbleiter zu Stromrichtern oder Teilstromrichtern in einem Kompaktbaustein verschaltet. Da bei Kompaktbausteinen der eigentliche Halbleiter gegenüber dem Gehäuseboden durch eine Metalloxidschicht (gute Wärmeleitfähigkeit) elektrisch isoliert ist, wird die Montage auf einem geeigneten Kühlkörper einfach. Bei (sehr) kleinen Leistungen finden auch andere Gehäusebauformen wie z.B. TO 3, TO 220, TO 247 .... Anwendung. G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 3 Thyristorscheibenbauform und Siliziumscheibe auf Trägermaterial Thyristorflachbodenbauform auf Kühlkörper (alte Technik) Powerblock mit 2 Thyristoren Powerblocks in verschiedenen Ausführungen für IGBT´s Bauformen von Leistungshalbleitern Steuerungskontaktanschluss G Kathodenanschluss K Aufbau von Leistungshalbleitern in Scheibenbauform Keramik-Isolator Siliziumscheibe 5 Anodenanschluss A 6 7 1a 1b Kühlkörper 4 3 2 1 Lastwechselfeste Lötkontakte 2 3 4 5 6 7 a) spezielle Dickdrahtbondung b) nur eine Lötschicht pro Chip Niedriger Wärmewiderstand durch Aluminiumoxid-Keramik (Al2O3) oder AluminiumnitridKeramik (AlN) Potentialfreier Aufbau, Spannungsfestigkeit der Isolation bis 4 kVRMS Chip mit hoher Sperrspannungs-Langzeitstabilität Robustes, fließarmes Kunststoffgehäuse, einfache und sichere Montage mit Schrauben auf Kühlkörper Hilfsmechanik sorgt für konvexe Bodenplatten, optimale Anpassung an Kühlkörper Schutz der Chips gegen mechanische Beanspruchung durch Weichverguss Aufbau von Kompaktbausteinen (Powerblock) G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 4 Powerblock FF 50 R 12 KF (oben) und defekter Powerblock im zerlegtem Zustand (links) 1.1 Dioden Die Diode hat einen PN-Übergang. Bei positiver Anode fließt Durchlassstrom von der Anode zur Kathode. Bei positiver Kathode sperrt der PN-Übergang, wobei nur ein sehr kleiner Rückwärtsstrom von einigen Milliampere auftritt, solange die maximal zulässige Sperrspannung nicht überschritten wird. + Anode A iA P N _ iR Kathode K Aufbau (Schema) negative Sperrkennlinie Durchlasskennlinie iF uA Kennlinie Halbleiterdiode Von besonderer Bedeutung sind bei Leistungshalbleitern die zulässigen Grenzwerte für Strom und Spannung. Aus diesen Grenzwerten ergeben sich durch Sicherheitsfaktoren für den Betrieb empfohlene Nennwerte. Der Dauergrenzstrom IFAVM ist der arithmetische Mittelwert des höchsten dauernd zulässigen Durchlassstromes bei sinusförmigen Stromhalbschwingungen. Für die Auslegung der Schutzeinrichtungen maßgebend sind der Grenzstrom, hier muss Abschaltung erfolgen, der Stoßstrom, der nur einmal als Sinusschwingung bei 50 Hz aus dem Nennbetrieb auftreten darf, und das Grenzlastintegral i2t. Die Durchlassspannung uF ist die in Durchlassrichtung zwischen den Anschlüssen der Diode auftretende Spannung. Sie beträgt bei Silizium 1 V bis 1,5 V. Die höchstzulässige periodische Spitzensperrspannung URRM ist der höchste periodische zulässige Augenblickswert der Sperrspannung. Ein Sicherheitsfaktor von 1,5 bis 2 sollte für den Betrieb eingehalten werden. Beispiel: UN = 400 V U RRM 2 400 V (1,5 ... 2,0) 850 V ...1130 V Siliziumdioden erreichen: Sperrspannungen URRM > 8 kV 1. R Reverse, 2. R Repetitiv, 3. M Maximal Dauergrenzstrom IFAVM > 8 kA F Forward, AV Average Value, M Maximal G. Schenke, 9.2014 Schaltzeichen Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 5 Die Durchlasskennlinie und besonders die Sperrkennlinie sind von der Temperatur des Halbleiters, der Sperrschichttemperatur j, abhängig. Der Sperrstrom nimmt mit steigender Sperrschichttemperatur stark zu. Für Siliziumdioden ist eine obere Sperrschichttemperatur zwischen 150°C und 200°C zulässig. Schaltverhalten Das Schaltverhalten von Dioden wird durch den Durchlassverzug und den Sperrverzug gekennzeichnet. Beim Einschalten vergeht eine sehr kurze Zeit, ehe der Durchlassstrom fließt, weil zuerst Ladungsträger aus den hochdotierten Zonen in den PN-Übergang injiziert werden müssen (Durchlassträgheit). Beim Ausschalten einer Diode erlischt der Strom nicht im Nulldurchgang, sondern fließt zunächst in negativer Richtung weiter, bis die Basiszone (PNÜbergang) von Ladungsträgern frei geworden ist und Sperrspannung übernommen werden kann (Sperrträgheit). iF iRRM i iF ts t 0 0,25 · iRRM Qs iRRM 0,9 · iRRM ts u 0 tf trr tf Qs uRM trr t duR/dt uR uR uR Uk Durchlassstrom Spitzenwert des Sperrstromes Spannungsnachlaufzeit Sperrverzugszeit Rückstromfallzeit Nachlaufladung Scheitelwert der Sperrspannung Sperrspannung = Uk Kommutierungsspannung uRM Ausschalten einer Halbleiterdiode 1.2 Thyristoren (SCR Silicon Controlled Rectifier) Der Thyristor ist ein Leistungshalbleiter mit vier Schichten abwechselnder Leitfähigkeit. Die beiden äußeren Schichten sind höher dotiert. Der Steueranschluss (Gate) ist normalerweise an der kathodenseitigen P-Zone angebracht. Die Kennlinie eines Thyristors hat drei Äste: Die negative Sperrkennlinie wie bei der Diode (ir), die positive Sperrkennlinie (iD) und die Durchlasskennlinie (iT). Bei anliegender Spannung in Durchlassrichtung sperrt zunächst der mittlere PN-Übergang. Ein positiver Steuerstrom lässt Ladungsträger in den PN-Übergang strömen, der PN-Übergang wird leitend. Die Durchlassspannung uT beträgt infolge von drei PN-Übergängen 1,2 bis 2,0 V. Das Umschalten von der positiven Sperrkennlinie auf die Durchlasskennlinie erfolgt ohne Steuerstrom, wenn die zulässige positive Spitzensperrspannung überschritten wird oder die Spannungssteilheit einen kritischen Wert überschreitet (darf nicht periodisch erfolgen). G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 6 + Anode A IAM P N P Steueranschluss iR N _ Durchlasskennlinie iA Schaltrichtung iD i IH T negative Sperrkennlinie uA UAM Kathode K Aufbau (Schema) Schaltzeichen Thyristor (Vierschichttriode) Kennlinie Wichtige elektrische Kenngrößen eines Thyristors sind: Höchstzulässige periodische negative Spitzensperrspannung URRM, Nennstrom IN, der arithmetische Mittelwert des dauernd zulässigen Durchlassstromes, Dauergrenzstrom ITAVM, Stoßstrom und Grenzlastintegral i2 · t. Schaltverhalten iGT t 90% iA uA pT iA, uA 0 iGT pT tgd tgr tgs Zündstrom Durchlassverlustleistung Zündverzugszeit Durchschaltzeit Zündausbreitungszeit pT 10% tgd tgr tgs t Einschalten eines Thyristors Das Einschalten des Thyristors erfolgt nach der kurzen Zündverzugszeit t gd. Während der anschließenden Durchschaltzeit tgr sinkt die Anodenspannung uA von 90% auf 10%. In dieser Zeitspanne wird der Maximalwert der Verlustleistung pT erreicht. Die Zündausbreitungszeit tgs kann bis zu 100 µs dauern; sie ist vom Durchmesser des Halbleiters und vom Steueranschluss (Gate) abhängig. Das Ausschaltverhalten des Thyristors entspricht dem der Diode. Jedoch müssen hier die Ladungsträger aus zwei PN-Übergängen geräumt werden (zeitlich nacheinander). Ab dem Zeitpunkt t2 nimmt die kathodenseitige Sperrschicht Sperrspannung auf und ab dem Zeitpunkt t4 auch die anodenseitige Sperrschicht (Bild: Ausschalten eines Thyristors). Die wichtigsten dynamischen Eigenschaften sind die maximal zulässige Spannungssteilheit (du/dt)krit, die maximal zulässige Stromsteilheit (di/dt)krit und die Freiwerdezeit tq. Die Freiwerdezeit tq ist die Mindestzeit zwischen dem Nulldurchgang des Stromes von der Vorwärts- zur Rückwärtsrichtung und der frühest zulässigen Wiederkehr einer positiven Sperrspannung. In Schaltungen muss eine Schonzeit tc > tq vorgesehen werden. G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 7 trr ts iA iA 0 0 10% t1 t0 t2 t3 tc > tq t4 t5 0 t 0 t Uk uA trr uA Sperrverzugszeit ts Speicherzeit Ausschalten eines Thyristors Thyristordaten N-Thyristoren sind für Anwendungen bei Netzfrequenz von 50 Hz ... 60 Hz ausgelegt. Die Freiwerdezeiten tq liegen bei diesen Thyristoren zwischen 100 s und 300 s. F-Thyristoren mit niedrigen Freiwerdezeiten zwischen 8 s und 50 s sind für Schaltungen mit Zwangskommutierung bei höheren Frequenzen geeignet.. N-Thyristoren erreichen: Sperrspannungen URRM > 8 kV Dauergrenzstrom ITAVM > 7 kA Thyristorarten Für Anwendungen im Mittelfrequenzbereich werden auch asymmetrisch sperrende Thyristoren (ASCR) und rückwärtsleitende Thyristoren (RLT) eingesetzt. Durch den Einbau einer hochdotierten N-Zone wird beim ASCR die Sperrfähigkeit auf rd. 20 V beschränkt. Bei sonst gleichen Daten wird die Dicke der N-Basiszone verringert, so dass sich das Durchlassverhalten verbessert und die Freiwerdezeit etwa halbiert. Der rückwärtsleitende Thyristor besitzt zusätzlich einen außen liegenden Diodenring. Bei Mittel- und Hochspannungs-Stromrichtern werden zunehmend lichtgesteuerte Thyristoren als zweiseitig kühlbare Scheibenzellen eingesetzt. Sie können so ohne Potentialprobleme für den Steueranschluss (Gate) in Hochspannungskaskaden (z.B. HGÜ) in Reihe geschaltet werden. Die zur Zündung notwendigen Ladungsträgerpaare werden durch Licht erzeugt, das über Lichtleiter in das Thyristorgehäuse geführt wird. Da die mittels Licht übertragbare Zündenergie gering ist, sind Gate-Strukturen mit hoher Einschaltempfindlichkeit erforderlich. Direkt lichtgezündete Thyristoren stehen für Sperrspannungen URRM > 8 kV und Dauergrenzströme ITAVM > 5 kA zur Verfügung. Für selbstgeführte Stromrichter steht für hohe Leistungen der Abschaltthyristor (GTO) zur Verfügung (nur noch selten). Zur Steuerung von Wechsel- und Drehstrom finden Zweirichtungs-Thyristoren (Triac) bei Spitzensperrspannungen bis 1500 V und Dauergrenzströmen bis 100 A Anwendung. Triacs können Ströme in beide Richtungen führen. Sie enthalten in einer Siliziumscheibe zwei gegenparallele PNPN-Zonenfolgen. Die Polarität des Zündstromes kann beliebig sein. G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 8 Abschaltthyristor (GTO, Gate-Turn-Off) Abschaltbare Thyristoren können durch Steuerströme einer 0 Polarität gezündet und hohe Steuerströme entgegengesetzter Polarität wieder gelöscht werden. GTO's haben - wie -60 iG/A konventionelle Thyristoren - eine Vierschichtenstruktur abwechselnder Leitfähigkeit PNPN. Die Kathodenfläche ist in 800 Streifen geringer Breite aufgeteilt, die von Gate-Bahnen 600 umgeben sind. uA/V Nach dem Einsetzen des negativen Steuerstromes iG vergeht 400 eine Speicherzeit von einigen s bis der mittlere PN-Übergang 200 des Thyristors sperrt und der Steilabfall des Anodenstroms iA 0 einsetzt. Die Anstiegssteilheit der wiederkehrenden Anodenspannung uA wird durch Beschaltungskondensatoren bestimmt. 200 Nach dem Steilabfall bleibt ein kleiner, erst in einigen s iA/A abklingender Strom bestehen, der durch restliche Ladungsträger in der N-Basiszone verursacht wird. 100 0 0 2 4 6 8 t / µs Abschaltvorgang eines GTO-Thyristors 10 Zweirichtungs-Thyristortriode (Triac) Bei der Herstellung des Triacs geht man von einem N-leitenden Si-Scheibchen aus, in das die oberen und unteren P-Zonen und N-Zonen eindotiert werden. G A1 Gate n p n p n p p p n n n p p p p n n Hilfsthyristor- Hilfsthyristorstrecke 1 A2 strecke 2 n p n Anode 1 p A1 G n p n n Anode 2 Kristallaufbau mit Hilfsthyristorstrecken und Schnitt durch ein Triackristall A2 Schaltzeichen des Triacs Ein Triac arbeitet wie eine Antiparallelschaltung von zwei Thyristoren. Er steuert beide Halbwellen eines Wechselstromes. Die Steuerung erfolgt über eine einzige Steuerelektrode (Gate). Ein Triac hat zwei Anoden, die mit A1 und A2 bezeichnet werden. Das Steuern vom hochohmigen Zustand (Blockierbereich) in den niederohmigen Zustand (Durchlassbereich) erfolgt im Allgemeinen bei Anode A2 positiv gegen Anode A1 mit einem positiven Steuerimpuls gegen A1 und bei Anode A2 negativ gegen Anode A1 mit einem negativen Steuerimpuls gegen A1. Grundsätzlich kann der Steuerimpuls auch die andere Polarität haben. Es sind dann jedoch deutlich größere Steuerimpulse erforderlich. Die Steuerimpulse werden üblich mit Diacs (Zweirichtungsdiode) erzeugt, die eine definierte Durchbruchspannung aufweisen (UB0 30 V). Das Gate eines Triacs hat wie die Steuerelektrode eines Thyristors nach der Zündung ihre Wirksamkeit verloren. Der Triac bleibt so lange niederohmig, bis der Haltestrom IH unterschritten G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 9 wird. Dann kippt er in den hochohmigen Zustand. Bei der Steuerung von Wechselstrom muss der Triac in jeder Halbwelle erneut gezündet werden. Kenn- und Grenzwerte Grenzwerte sind die periodische Spitzensperrspannung UDR0M 400 V, der Durchlassstrom IT 15 A und der Gate-Spitzenstrom (1 s) IGTM 4 A. Übliche Kennwerte sind die maximale Durchlassspannung UTM 1,8 V, der Haltestrom 15 mA, der Spitzensperrstrom IDR0M 0,5 mA und der Gate-Triggerstrom IGT 20 mA. 1.3 Leistungstransistoren Im Schaltbetrieb arbeitende Transistoren können als Stromrichterventile im Leistungsteil eingesetzt werden. Zur Leistungssteigerung ist sowohl Reihen- als auch Parallelschaltung von Leistungstransistoren in einem Stromrichterzweig möglich. Bipolare-Leistungstransistoren Ein Transistor ist ein Verstärkerelement, das im Gegensatz zum Thyristor durch eine Ladungsträgersteuerung stetig ausgesteuert werden kann. In der Leistungselektronik ist ein Transistor voll gesperrt oder voll ausgesteuert, er arbeitet als Schalter. In der Leistungselektronik wurden Darlington-Leistungstransistoren (zwei unabhängige Transistoren auf einem Chip) mit einer Stromverstärkungen von über 1000 eingesetzt. Hochvolttransistoren haben Sperrspannungen UCE von rd. 1400 V bei Kollektorströmen bis 400 A. Da bipolare Leistungstransistoren nur noch in älteren Anlagen eingesetzt werden, wird hier nur auf die Hilfsblätter zur Vorlesung „Bauelemente der Elektrotechnik“, Kapitel 7 hingewiesen (gleiche Internetseite). Kanal Leistungs-MOS-FET MOS-Feldeffekttransistoren (Metal-Oxide-Semiconductor) gehören zu der Gruppe der Isolierschicht-Transistoren oder kurz IG-FET genannt. Die Anschlüsse Source und Drain sind von der Steuerelektrode (Gate) durch eine Siliziumdioxid-Schicht (SiO2) isoliert. MOS-FET lassen sich als N-Kanal-Typ oder als P-Kanal-Typ herstellen. Source Wegen der günstigeren RDS(on)-Werte UGS werden in der Leistungselektronik Gate vorwiegend N-Kanal-MOS-FET eingesetzt. n+ n+ Nach der Richtung des leitfähigen p p UDS Kanals unterscheidet man vertikale und laterale (seitliche) MOS-FET. n n+ Aufbau eines vertikalen N-Kanal-MOS-FET Drain Beim vertikalen FET ist der Widerstand RDS(on) klein, die Grenzfrequenz niedrig, die max. DrainSource-Sperrspannung UDS hoch und der Drainstrom ID hoch. Beim lateralen FET ist der Widerstand RDS(on) groß, die Grenzfrequenz hoch, die max. DrainSource-Sperrspannung UDS niedrig und der Drainstrom ID niedrig. G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 10 Source Drain UDS UGS Gate n+ Kanal n+ Aufbau eines lateralen N-Kanal-MOS-FET n p p+ Substrat Der MOS-FET lässt sich weiterhin nach der Transfer-Kennlinie (ID = f{UGS}) in zwei Klassen einteilen. ID ID UGS(off) UGS Enhancement-Typ UGS(off) UGS Depletion-Typ Beim Enhancement-Typ (Anreicherungs-Typ) fließt der Drainstrom ID erst nach dem Überschreiten einer minimalen Gate-Source-Spannung UGS. Beim Depletion-Typ (Verarmungs-Typ) fließt bereits ein Drainstrom ID bei der Gate-SourceSpannung UGS = 0. Die Steuerung erfolgt hier im Allgemeinen mit einer negativen Spannung. In der Leistungselektronik werden vorwiegend N-Kanal-Enhacement-Metall-Oxid-SiliziumFeld-Effekt-Transistoren eingesetzt, die aus vielen kleinen Einzelelementen mit vertikalen Strukturen bestehen, welche intern parallelgeschaltet sind. MOS-Transistoren stehen für den Al Source Gate SiO2 N+Poly-Si unteren Leistungsbereich als abschaltbare Halbleiterbauelemente mit kurzen Schaltzeiten und geringem Steuerleistungsbedarf zur Verfügung. Schaltfrequenzen bis über 100 kHz + + + p n p sind erreichbar. L < 1 µm n- n+ Drain G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik Leistungs-Feldeffekt-Transistor in SIPMOS-Struktur FB Technik, Abt. E+I 11 Die völlig isolierte Gate-Elektrode erfordert bis auf die kapazitiven Umladeströme keinen Eingangsstrom. Die Ansteuerung zwischen Source und Gate (10 V - 20 V) erfolgt damit nahezu verlustlos. Der Durchlasswiderstand RDS(on) ist grundsätzlich 0,4 UGS/V 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0 7,5 von der Gate-Source-Spannung UGS abhängig. Bei hohen Sperrspannungen (UDS > 600 V) wird er 0,3 relativ groß, so dass eine hohe Verlustenergie RDS(on) auftritt. 0,2 8 9 0,1 0 0 4 8 12 16 20 24 28 ID / A D G Abhängigkeit des Drain-Source-Widerstandes RDS(on) von Drainstrom ID mit der Gate-Source-Spannung UGS als Parameter 10 20 S D D G S N- Kanal G S G N- Kanal P- Kanal D S P- Kanal Depletion-Typ (Verarmungs-Typ) Enhancement-Typ (Anreicherungs-Typ) Schaltzeichen des MOS-FET (IG-FET) 1.4 MOS-gesteuerte Leistungsschalter MOS-gesteuerte Leistungshalbleiter sind nahezu ideale Schalter für hohe Spannungen. IGBT Im IGBT (Isolated-Gate-Bipolar-Transistor) sind Bipolar- und MOS-Technologie verbunden. Der IGBT verbindet die vorteilhaften Eigenschaften eines Bipolar-Transistors mit denen eines spannungsgesteuerten Bauelements (MOSFET). UGE Emitter E Gate n+ n+ n+ p+ n+ n p+ p G UCE n n- n p p p+ C Kollektor Struktur des IGBT G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik Ersatzschaltung des IGBT FB Technik, Abt. E+I 12 Der Herstellungsprozess des IGBT ist an die DMOS-Technik angelehnt. Auf ein P+-Substrat ist eine N–-Epitaxieschicht aufgebracht und in weiteren Arbeitsschritten wird die MOS-Struktur eindiffundiert. In normalen Betrieb liegt am Kollektor gegenüber dem Emitter positive Spannung. Beträgt die Spannung zwischen Gate und Emitter Null, befindet sich die obere Sperrschicht (P+-Wanne und N–-Epitaxieschicht) im Vorwärts-Sperrzustand und der IGBT lässt keinen Stromfluss zu. Wenn nun eine ausreichend hohe positive Spannung zwischen Gate und Emitter gelegt wird, beginnt ein MOSFET-Strom aus dem N+-Gebiet in die N– -Epitaxieschicht zu fließen, der innerhalb der Chipstruktur zum Basisstrom des PNPTransistors wird und diesen in den Durchlasszustand schaltet. Dabei werden aus dem P+-Substrat Minoritätsladungsträger in die N–-Epitaxieschicht injiziert. Diese Eigenschaft der bipolaren Ausgangsstruktur verbessert die Durchlassspannung eines IGBT gegenüber dem MOSFET um etwa den Faktor 10. Die Anordnung dieser Schichten bedingt, dass der IGBT ein eingeschränktes Rückwärtssperrvermögen von wenigen Volt besitzt, das sich aber positiv auf die Schaltgeschwindigkeit auswirkt. Diese Eigenschaft des IGBT ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem MOSFET, der in seiner Chipstruktur hier eine parasitäre gegenparallele Diode mit unbefriedigenden dynamischen Eigenschaften besitzt. Dem IGBT kann daher problemlos eine geeignete schnelle Diode gegenparallel geschaltet werden, die in den meisten Schaltungen erforderlich ist. Gate Al Emitter n+ p+ SiO2 N+Poly-Si n+ Schnittbild eines IGBT np+ Kollektor Metall + + + Der IGBT ist prinzipiell ein N , P , N , P Thyristor in vertikaler Anordnung, der über einen MOS-Transistor eingeschaltet werden kann. Der NPN-Transistor hat eine stark reduzierte Stromverstärkung, damit der Thyristor ab einem bestimmten Strom nicht durchschaltet (latcht) und nicht mehr über den MOS-Kreis abschaltbar ist. Da ein Durchschalten beim IGBT unterbunden wird, verhält sich dieser C Leistungshalbleiter wie ein spannungsgesteuerter "niederohmiger" Schalter für hohe Spannungen. Er verhält sich wie ein MOS-gesteuerter bipolarer Transistor. Seine Anschlüsse werden darum mit Kollektor (C), Gate (G) und G Emitter (E) bezeichnet. E Schaltzeichen des IGBT Grundsätzlich gibt es den non-punch-through-IGBT (NPT-IGBT) und den punch-through-IGBT (PT-IGBT). Beim PT-IGBT liegt zwischen p+-Rückseite und n-Gebiet eine hochdotierte n+Schicht. Diese hat die Aufgabe, den Durchgriff des elektrischen Feldes bei voller Sperrspannung zum p+-Emitter zu verhindern. Hierdurch wird die kräftige Injektionswirkung des Emitters reduziert. Beim NPT-IGBT wird die Trägerinjektion durch eine niedrigdotierte und dünne pEmitterschicht gering gehalten. G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 13 100 uGE / V 20 15 10 80 iC / A 60 40 7 Höchstzulässige KollektorEmitter-Sperrspannung UCES = 1200 V 6 20 0 8 Höchstzulässiger Kollektorstrom IC = 50 A 0 1 2 Höchstzulässige Gate-Emitter-Spannung UGE = ±20 V 3 4 5 uCE / V Kollektorstrom iC in Abhängigkeit der Kollektor-Emitterspannung uCE mit der Gate-Emitterspannung uGE als Parameter beim IGBT mit Inversdiode ( j = 25°C) IGBT erreichen: Kollektor-Emitter-Sperrspannungen bis UCES = 6 kV bei einem KollektorDauergleichstrom IF = 600 A, Kollektor-Dauergleichströme bis IF = 3600 A bei UCES = 1700 V. Nutzen für den Anwender: Der IGBT ist ein robustes, kurzschlussfestes Bauelement mit hohem Wirkungsgrad, der Betrieb ohne Schutzbeschaltung ist möglich, der Frequenzbereich reicht bis über 20 kHz, die Treiberspannung beträgt rd. 15 V, die Schaltverluste sind gering, kompakte Gehäuseaufbauten stehen zur Verfügung. MCT Für Hochleistungs- und Hochspannungsanwendungen wurden in den letzten Jahren Halbleiterschalter entwickelt, welche die Vorteile der MOS-gesteuerten Leistungsschalter ausnutzen. Der MCT (MOS-Controlled-Thyristor) kombiniert einen Thyristor mit zwei MOS-FET und bietet lastseitig eine sehr hohe Stromtragfähigkeit (100 A/cm2 Chipfläche) bei geringer Durchlassspannung (1,4 V). MCT werden vorzugsweise als P-Kanal-Typen gebaut. Die weiteren Angaben beziehen sich auf diesen Typ. Die Ansteuerung des isolierten Gates erfolgt in Bezug auf die A Anode. Im ausgeschalteten Zustand sind beide bipolaren Transistoren gesperrt. Hierzu muss die Gatespannung einen positiven Wert UGA +15 V aufweisen. Damit ist der N-Kanal FET T1 angesteuert, er schließt die Basis T3 kurz. Der Thyristor ist T1 T2 sicher gesperrt. G Wechselt die Steuerspannung auf UGA -15 V, dann wird der p n FET T1 gesperrt und der P-Kanal FET T2 eingeschaltet. T2 T3 überbrückt T3 und steuert T4 an. Die Rückkoppelung T3 - T4 p zündet den Thyristor. Nun kann der MCT den Laststrom führen. T4 n Ersatzschaltbild des MCT K G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 14 Um den Thyristor wieder auszuschalten, muss die Rückkopplung unterbrochen werden. Dies geschieht durch Abschalten von FET T2 A und erneutes Einschalten von FET T1 mittels positiver Gatespannung G UGA. Damit wird die Basis von T3 kurzgeschlossen und T3 ausgeschaltet. Der Thyristor sperrt. Aufgrund der geringen Stromverstärkung von T3 muss der FET T1 K Ströme schalten können, welche in der Größenordnung des Laststromes liegen. Da N-Kanal FET eine größere Stromtragfähigkeit Schaltzeichen des MCT als P-Kanal FET haben, werden vorwiegend P-Kanal MCT gebaut. GCT und IGCT Der GCT (Gate-Commutated-Thyristor) basiert auf einer GTO-Thyristorstruktur. Die in vielen Anwendungsfällen der Leistungselektronik geforderten Freilaufdioden können beim GCT, wie bei den meisten modernen Bauelementen, auf dem Chip integriert werden. Ähnlich wie beim MCT sind FET-Strukturen, die beim GCT kathodenseitig angeordnet sind, für das Ein- und Ausschalten erforderlich. Der Aufwand für die Ansteuerelektronik des GCT hat zur Entwicklung eines idealen Schalters für sehr hohe Leistungen geführt, dem IGCT. Der IGCT (Integrated-Gate-Commutated-Thyristor) fasst das eigentliche K G Leistungsschaltgerät einschließlich der Freilaufdiode und den GateTreiber in einem integrierten Baustein zusammen. Besonders vorteilhaft sind lichtgesteuerte IGCT bei Reihenschaltungen. A Schaltzeichen des IGCT Die Komponentenverpackung und -integration erlauben eine Optimierung in vier Bereichen: niedrige Schalt- und Leitungsverluste im Mittelspannungsbereich, vereinfachte Schaltung für das Schalten des Leistungshalbleiters, niedrigere Kosten des Leistungssystems, höhere Betriebssicherheit und Zuverlässigkeit. IGCT erreichen: Sperrspannungen URRM, UDRM 6 kV, Dauergrenzstrom ITAVM 550 A (symmetrisch), Sperrspannung UDRM 6 kV, Dauergrenzstrom ITAVM 1300 A (asymmetrisch). Smart-Power-Transistor Smart-Power-Transistoren sind im Allgemeinen intelligente Leistungs-MOS-FET, kurz SMARTFET genannt. Beim Smart-Power-Transistor sind Ansteuerschaltung und Logikfunktionen in den MOSgesteuerten Leistungsschalter integriert. Merkmale des Smart-Power-Transistors: Hohe Zuverlässigkeit gegenüber Schaltungen mit Einzelbauelementen, Schutzfunktionen, wie Erkennen von Über- und Unterspannung, Überstrom, Kurzschluss, Leerlauf (Zuleitung unterbrochen) und Übertemperatur des Bauelementes, eingebaute Ladungspumpe für den Betrieb als Highside-Schalter, ESD-Schutz an Ein- und Ausgängen, Ein- und Ausgänge CMOS- bzw. TTL-kompatibel, Rückmeldung von Zuständen über ein Status-Signal. Typische Smart-Power-Transistoren sind TOPFET (Temperature and Overload Protected FET) und PROFET mit vielfältigen Logikfunktionen. Smart-Power-Transistoren werden in großen Stückzahlen in der Autoelektronik eingesetzt. G. Schenke, 9.2014 Leistungselektronik FB Technik, Abt. E+I 15