Magnetische Kühlung mit Heuslerlegierungen

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Mikroskopische Aufnahme der Zwillingsstruktur in der
Nickel-Mangan-Legierung mit Indium und Kobalt.
© IFW Dresden
Materialentwicklungen für die Kältetechnik
27.06.2012
Magnetische Kühlung mit Heuslerlegierungen
Das Forscherteam mit dem Prüfstand für
magnetokalorische Materialien (v.r.n.l.: Jian
Liu, Tino Gottschall, James Moore und
Konstantin Skokov; Projektleiter Prof. O.
Gutfleisch ist nicht im Bild).
© IFW Dresden
Viele magnetisierbare Materialien reagieren mit einer
Temperaturänderung, wenn sie in ein Magnetfeld gebracht oder daraus
entfernt werden. Forscher des Leibniz-Instituts für Festkörper- und
Werkstoffforschung Dresden und der TU Darmstadt haben eine
Heuslerlegierung aus Nickel, Mangan, Indium und Kobalt genauer
untersucht, bei der dieser magnetokalorische Effekt besonders groß ist.
Die Wissenschaftler schlagen vor, das Material für die Entwicklung
besonders effizienter Kühlgeräte einzusetzen. Diese könnten einen
höheren Wirkungsgrad erreichen, als die etablierten
Kompressionskältemaschinen.
Das seit 1881 bekannte Phänomen hat bisher nur wenige technische Einsatzzwecke gefunden. Physiker setzen
es beispielsweise ein, um extrem niedrige Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt zu erzeugen. Für eine
breitere Anwendung fehlt es noch an geeigneten Werkstoffen. Das liegt vor allem daran, dass die
Curie-Temperatur, oberhalb der der Effekt nicht mehr auftritt, bei vielen Stoffen sehr niedrig ist. Verschiedene
Forschergruppen arbeiten an Materialien, die magnetokalorisches Verhalten auch bei höheren Temperaturen bis
hin zur Raumtemperatur zeigen, nur geringe magnetische Feldstärken benötigen und dabei kostengünstig,
ungiftig und gut verfügbar sind.
Physik des Kühlprozesses
Wird ein konventioneller magnetokalorischer Werkstoff in ein Magnetfeld gebracht, richten sich seine
ungeordneten magnetischen Momente parallel zum Magnetfeld aus. Der höhere magnetische Ordnungszustand
entspricht einer geringeren inneren Energie als vorher. Die freigewordene Energie wird unter adiabatischen
Bedingungen als Wärme abgegeben. Kühlt man die erwärmte Substanz im Magnetfeld wieder auf die
Ausgangstemperatur ab und schaltet dann das Magnetfeld aus, findet der umgekehrte Prozess statt und das
Material kühlt sich weiter ab. Das Material erreicht eine nun einige Grad Celsius tiefere Temperatur als zu Beginn
des Zyklus. In diesem Zustand kann es Wärme aufnehmen und somit als Kühlmittel dienen.
Größere Effekte durch strukturelle Entropiebeiträge
Auch bei der untersuchten Nickel-Mangan-Legierung tritt der beschriebene konventionelle magnetokalorische
Effekt auf. Die magnetische Ausrichtung im Magnetfeld setzt also Energie in Form einer moderaten
Temperaturerhöhung frei. Gleichzeitig erzwingt das Magnetfeld auch einen strukturellen Umbau des
Kristallgitters. Dabei wird ein weit größeres Maß an Energie gespeichert. Dieser inverse kalorische Effekt führt
damit zu einer starken Abkühlung des Materials. Die Höhe des Kühleffektes ergibt sich aus der Summe dieser
entgegengesetzt wirkenden Effekte beim Anlegen des Magnetfeldes.
Materialoptimierungen
Durch die optimale Wahl der chemischen Zusammensetzung erreichen die Forscher eine Temperaturänderung
von bis zu 6 Grad bei moderaten Magnetfeldern von 2 Tesla. Aus theoretischen und modellhaften Betrachtungen
leiten sie ab, dass folgende Bedingungen für hohe Temperaturänderungen in magnetokalorischen Materialien
günstig sind: eine vollständige Phasenumwandlung in einem engen Temperaturintervall und eine optimale
Feldabhängigkeit der Übergangstemperatur.
Außerdem rückten die Wissenschaftler einem weiteren Problem der Nickel-Mangan-Legierungen auf den Leib:
Die hohen Temperaturänderungen in diesen Legierungen werden bisher nur im ersten Zyklus erreicht und
nehmen in den folgenden Zyklen drastisch ab. Sie fanden heraus, dass äußerer Druck das zyklische Verhalten
deutlich verbessert. Die möglichen Temperaturbereiche lassen sich durch die genaue Einstellung der
kristallografischen Gitterparameter und das Stapeln von Schichten bestimmter magnetokalorischer Legierungen
beeinflussen.
Fachpublikation
Eine Publikation in der Fachzeitschrift "Nature Materials" stellt die Forschungsergebnisse im Detail vor.
“Giant magnetocaloric effect driven by structural transitions”
Jian Liu, Tino Gottschall, Konstantin P. Skokov, James D. Moore, Oliver Gutfleisch
Nature Materials, Advance Online Publication (AOP), 27.05.2012
DOI: 10.1038/NMAT3334
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Oliver Gutfleisch
Materialwissenschaft
Technische Universität Darmstadt
Petersenstraße 23
64287 Darmstadt
Tel. 06151 16-75559
gutfleisch(at)fm.tu-darmstadt.de
(me)
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