AUSGABE 69 Okt. – Dez. 2009 D EUR 12,20 A EUR 13,40 AUSGABE 69 10-12/09 Zeitschrift für Architektur und Technik Architektur von: Steven Holl Architects / Matteo Thun / Kuntz & Manz / Behnisch Architekten / Bucholz McEvoy / Tillner Willinger u.a. 74 I REPORT 75 D+H erfüllt schon jetzt die neue Europanorm DIN EN 12101-10 Ursprünglich sollten die Energieversorgungssysteme für RWA-Anlagen schon dieses Jahr die Anforderungen der DIN EN 12101-10 erfüllen – nun wurde die Koexistenzperiode bis Oktober 2012 verlängert. Dennoch sind schon heute zukunftssichere Anlagen auf dem neuesten Stand der Technik erhältlich. Automatische Rauchschürzensysteme aus Glasfasergewebe gehören zu den wirksamsten Sicherheitssystemen für den Brandfall in geschlossenen Gebäuden. In Düsseldorf installierte Colt International in den beliebten Bilker Arcaden sowohl Rauchschürzen als auch Feuerschutzvorhänge. Die wesentlichen Neuerungen betreffen neben den allgemeinen Anforderungen an eine Energieversorgung unter anderem die Notstromversorgung, beispielsweise durch einen Akkumulator inklusive der dafür notwendigen Ladeeinrichtung: Beide Energiequellen müssen in der Lage sein, auch einzeln den bestimmungsgemäßen Betrieb der RWA sicherzustellen. Außerdem beinhaltet die neue Norm eine Reihe von Umweltprüfungen, die von der elektrischen Energieversorgung (EV) zu erfüllen sind. Der Anwendungsbereich der DIN EN 12101-10 umfasst die unterschiedlichen Entrauchungsprinzipien wie zum Beispiel natürlich wirkende sowie maschinelle Systeme. Die Norm definiert die Anforderungen an die unterschiedlichen Energiearten – 24VDC, 230VAC und pneumatische Systeme – und fordert den Einsatz einer Notenergieversorgung. Auf sie kann nur dann verzichtet werden, wenn die RWA-Anlage im Fall des Energieverlustes selbsttätig in die sichere, geöffnete Entrauchungsstellung geht. Damit wird nun auch international die bereits in Deutschland bekannte erhöhte Produkt- und Rechtssicherheit erreicht, denn mit einer zertifizierten Energieversorgung nach DIN EN 12101-10 erhält der Nutzer ein Produkt, das auch im Notfall eine nachweisbar funktionierende Entrauchungswirkung sicherstellt. Die D+H Mechatronic AG aus Ammersbek bei Hamburg, einer der führenden Hersteller seiner Branche, hat sich als erstes Unternehmen erfolgreich der neuen Zertifizierung unterzogen. Die Energieversorgungen der D+H-Zentralen erfüllen schon heute die Kriterien der DIN EN 12101-10 und die VdS-Normen. Mit diesem Schritt wird D+H erneut seiner Vorreiterrolle im Bereich Rauch- und Wärmeabzug gerecht. In den letzten vier Jahrzehnten hat das Familienunternehmen zahlreiche Neuentwicklungen auf den Markt gebracht, die in der Branche nachhaltig zum technologischen Fort- Maik Schmees, technischer Leiter bei D+H Mechatronic AG schritt beigetragen haben. Auch das engagierte Vorgehen bei der Zertifizierung gemäß DIN EN 12101-10 sieht man nicht als Pflichtübung, sondern als logische Konsequenz dieser Zukunftsorientierung. Maik Schmees, technischer Leiter bei D+H Mechatronic AG: „Zunächst fragen wir immer nach dem Kundennutzen. Die Zertifizierung nach DIN EN 12101-10 ist ein typischer Fall, in dem wir es als einer der führenden Hersteller unserer Branche als unbedingt notwendig angesehen haben, frühzeitig aktiv zu werden. Entscheidend ist nicht die Frage, wann die entsprechende Norm greift, sondern ab wann der Kunde die beste Lösung zur Verfügung gestellt bekommt – nämlich am besten sofort. Und darauf haben wir im Unterschied zu den meisten anderen Anbietern jetzt schon eine Antwort.“ Die D+H Mechatronic AG zählt mit rund 350 Mitarbeitern und einem weltweiten Netz aus Tochterfirmen und Vertriebspartnern zu den international führenden Unternehmen auf dem Gebiet des Rauchabzugs und der natürlichen Lüftung. Detaillierte Informationen über die D+H-Systemlösungen und die EuroRWA-Anlagenkomponenten stehen unter www.dh-partner.com zum Download zur Verfügung. Für weitere Informationen: D+H Mechatronic AG Georg-Sasse-Str. 28-32 22949 Ammersbek www.dh-partner.com Auf dem Areal des ehemaligen Bilker Güterbahnhofs sind mehr als 120 Geschäfte, ein Stadtteilzentrum inklusive Bürgersaal, ein Hallenbad sowie Wohnungen untergebracht. Die Tiefgarage bietet rund 850 Pkw-Stellplätze. Zur Realisierung maßgeblicher Brandschutzmaßnahmen entschieden sich RKW und mfi für die Zusammenarbeit mit Colt International. In den Düsseldorf Arcaden installierte Colt International rund um alle Rolltreppenschächte automatische Rauchschürzenanlagen. Zusätzlich wurde das Atrium durch eine Reihe Schürzen der Länge nach geteilt. Insgesamt wurden 700 laufende Meter Schürzen verbaut. In der Tiefgarage wurden Feuerschutzvorhänge installiert. Effektiver Brandschutz ist vor allem eine Frage des Timings Wird ein Brand rechtzeitig bemerkt, so kann ein Notfallszenario in Gang gesetzt werden, das Menschenleben retten und Sachwerte bewahren hilft. Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass ein solches Notfallszenario in der Praxis auch wirklich greift, sind verlässliche und effektive technische Anlagen, die genau auf das jeweilige Gebäude und seine Nutzung zugeschnitten sind. Die Funktionsweise von automatischen Rauschschürzen (Typ Colt SmokeMaster SM-5) ist im Grunde einfach: Die Rauchschürzen wirken im Brandfall wie eine durchgängige Rauchsperre. Die bei einem Brand entstehenden Verbrennungsgase und der Qualm werden durch die ausgefahrenen Rauchschürzen kanalisiert und gelenkt, die gefährlichen Rauchgase können sich so nicht unkontrolliert ausbreiten. Im Fall eines Brandes sammelt sich der Rauch unter der Decke, und im unteren Raumbereich entsteht eine raucharme Schicht von mindestens zweieinhalb Meter Höhe, in die durch geeignete Systeme zusätzlich frische Luft eingelassen werden kann – zum Beispiel durch natürliche Zuluftöffnungen oder mittels geeigneter Zuluftanlagen. Menschen kön- nen sich in dieser raucharmen Schicht aufhalten und fast gefahrlos das Gebäude verlassen. Die Feuerwehr kann ihrerseits gefahrlos in das Gebäude hinein, den Brandherd finden und gezielt bekämpfen. Rollmotoren bewegen die Rauschschürzen im Brandfall in die gewünschte Position. Die Motoren befinden sich in den Rollarmen (70 mm Durchmesser). Bei Auslösung des Rollmechanismus bewegen sich die Rauchschürzen mit kontrollierter Geschwindigkeit (0,15 m/s) in die „Arbeitsposition“. Die Abrolltiefe beträgt maximal sechs Meter. Sind sie ausgefahren, so hängen die Einzelelemente dicht aneinander. Die Schnittstellen erlauben selbst an Systemecken nur geringste Leckagen. Dafür sorgen Gewichtsprofile am unteren Ende der Schürzen, die die Einzeltücher miteinander verbinden und stabilisieren. In der Ruheposition liegen die Schürzen aufgewickelt auf Stahlrohre und eingebettet in speziellen Gehäusen, die in die Raumdecken integriert sind. Gefederte Abschlussleisten aus stranggepresstem Aluminium sorgen beim Colt-SmokeMaster im Unterschied zu den handelsüblichen starren Triangelabschlüssen für einen sauberen Abschluss im gesamten Verlauf der Zwischendecken. Für den Betrachter sind sie deshalb „unsichtbar“. Das Rauchschürzentuch ist aus Glasfasergewebe in Satin-Bindung (4 mm stark) mit spezieller, reflektierender Beschichtung aus fein gemahlenem Aluminiumpolymer. Dieses Material entspricht der Temperatur-/Zeitklassierung D30, das heißt, die Rauchschürzen halten über einen Zeitraum von 30 Minuten eine Temperatur von 600 Grad aus, ohne in Brand zu geraten. Colt-Rauchschürzen vom Typ Smoke Master gibt es in drei Versionen: Als Einzelrauchschürze und als Mehrfachschürze entweder mit einander überlappenden Schürzen oder mit nebeneinander angeordneten Schürzen. Die Mehrfachsysteme eignen sich für besonders geringe Einbauhöhen oder -breiten. In der Tiefgarage muss auch Feuer gebändigt werden In der Tiefgarage der Düsseldorf Arcaden sollten für den Fall eines Brandes nicht nur Rauch und Verbrennungsgase, sondern auch Funken und Flammen gebändigt werden. Weil Tiefgaragen „gefangene Räume“ sind, ist Brandschutz durch natürliche Rauchabzugsysteme hier nur eingeschränkt möglich. Ein hohes Maß an Sicherheit garantieren hingegen raumabschließende Feuerschutzvorhänge. Mit Beste Akustik, sicherer Brandschutz Mitten in Hamburg liegt in erstklassiger Lage die neue Messe. Trotzt hohem Zeit- und Kostendruck beim Bau konnten die besonderen Elemente erhalten bleiben: Hallenhohe Verglasung, filigranes Tragwerk und die spektakulären Tonnendächer. ihnen lässt sich ein Feuer für eine gewisse Zeitspanne „einsperren“ (Klassifikation E 30 nach DIN EN 1634-1 sowie Dauerfunktionsprüfung nach DIN 4102-18). Colt International unterteilte die Garagenfläche der Düsseldorf Arcaden in Anlehnung an den Fluchtwegeplan in einzelne Raum-Kompartments und installierte ca. 100 laufende Meter Feuerschutzvorhänge. Die Vorhänge bestehen aus Glas-Filament-Gewebe mit innen liegendem Edelstahldraht und sind an der Oberfläche PU-beschichtet. Sie lagern in Gehäusen aus verzinktem Stahlblech. Werden sie ausgelöst, so rollen sie mit einer Geschwindigkeit von 12 cm/s ab. Eine Akkuversorgung garantiert die einwandfreie Funktion auch bei Netzausfall über rund vier Stunden. Der Antrieb erfolgt über einen 24V-DC-Spezial-Rohrmotor. Um auf Nummer Sicher zu gehen, wurde rund eine Woche vor der offiziellen Eröffnung der Düsseldorf Arcaden ein LiveBrandtest durchgeführt. Alle Materialien und Systeme entsprachen in vollem Umfang den Erwartungen der Planer. Für weitere Informationen: www.colt-info.de Letztere sind aus Brettschichtholzbögen gefertigt und mit tragenden Brettsperrholz-Akustikelementen von Lignotrend belegt – sehr wirtschaftlich, da sie bezüglich des Brandverhaltens speziell an die Anforderungen in großen Hallen angepasst wurden. Im Tragwerk ergänzen sich die statischen Eigenschaften von Stahl und Holz perfekt. Die Kombination aus Holz und Stahl bewirkt eine wirtschaftliche Konstruktion mit beherrschbaren Verformungen. Das Tragwerk besteht aus unterspannten Stahl-Hohlkastenträgern auf Pendelstützen. Die Obergurt-Hohlkästen aus Stahl werden mittels verkürzter Zugstangen in eine Überhöhung gezwängt, die damit ihrerseits die Zugstangen vorspannen. Über die hölzernen Tonnenschalen werden die horizontalen Lasten in die Stahlkonstruktion eingeleitet und dann weiter in die Betonwandscheiben in den Fassadenlängsseiten. Die Aussteifung erfolgt in erster Linie über die streifenförmigen Elemente LIGNO Akustik klassik von Lignotrend, die zwei wichtige Funktionen vereinen: Sie wirken statisch als Dachscheibe und dämpfen auch bei großem Hallenvolumen effektiv den Geräuschpegel des Messebetriebs. Darüber hinaus konnten sie, obwohl aus Holz, problemlos den Brandschutzanforderungen angepasst werden. Die Kombination aus Sichtholz und schwer entflammbarer Oberfläche ohne weiteren Anstrich ist gegenwärtig auf dem deutschen Markt einzigartig. Ihre Abmessungen betrugen bei diesem Projekt etwa 14,40 m x 2,50 m in Stärken zwischen 79 und 98 mm. Die nahezu absolute Formstabilität resultiert aus dem Aufbau aus orthogonal zueinander verklebten Brettlagen. Brandschutz in Holz und noch viel mehr Durch die Produktionstechnologie bei Lignotrend können in einem einzigen Fertigungsgang eine Vielzahl von Bauteilanforderungen am Bauelement erfüllt werden: Zur statischen Tragwirkung kommen Raumakustik, Brandschutz, Luft- und bei Decken auch Trittschallschutz. Auch die flexibel gestaltbare, endgefertigte Holz- oberfläche – in Hamburg eine Akustikoberfläche in heimischer Fichte mit weißer Farbbehandlung – wird in der Produktion mit aufgebracht. Die akustisch wirksame Sichtseite der Lignotrend-Elemente trägt in Hamburg 30 mm breite Schlitze im Abstand von 120 mm. In 20 Meter Höhe wirkt diese Struktur immer noch sehr elegant. Die in der Lage dahinter integrierten Absorber sorgen für einen bewerteten Schallabsorptionsgrad ?w von ca. 0,4, der die Geräuschkulisse des Messebetriebs in den Hallen deutlich reduziert und damit die Aufenthaltsqualität deutlich steigert. Möglich sind hier Absorptionswerte bis 0,75. Effektiver Brandschutz trotz geschlitzter Oberfläche Obwohl die Dachelemente aus Holz bestehen und zudem eine profilierte Oberfläche haben, erreichen sie durch entsprechende Bemessung F30-B. Für die Brandschutzanforderung B1 („schwerentflammbar“), neu: B-s2,d0 wurden zum einen als Absorber nicht die sonst in den Lignotrend- Akustikelementen integrierten Holzweichfaserstreifen eingebaut, sondern nicht brennbare, zementgebundene Holzwolle-Leichtbauplatten. Zum anderen wurden die sichtbaren Decklagen der Elemente mit einer speziellen Druckimprägnierung behandelt. Aufgrund dieses Imprägnierverfahrens bekommt das Holz nicht das typische „speckige“ Aussehen und muss auch nicht gestrichen werden. Damit entfällt auch das regelmäßige Nachstreichen, mit dem der Brandschutz aufrechterhalten werden muss. Bestätigt wurde die Eignung der Holzelemente durch Prüfung an der EMPA Dübendorf. Der Versuch: Ein 1,00 m x 0,80 m großer Versuchskörper mit einer Dicke von ca. 100 mm – wie vor Ort eingebaut – wurde mit B-s2,d0-druckimprägnierter Decklage und einer zementgebundenen Holzwolle-Leichtbauplatte Fotos: Lignotrend, Weilheim-Bannholz Rauch- und Feuerschürzen sichern Düsseldorf Arcaden- Foto: D+H Mehr Rechtssicherheit bei RWA-Anlagen bestückt. So wurde er 30 Minuten lang dem Feuer ausgesetzt. Während die Brettlagen nach Versuchsende auf der Innenseite völlig verkohlt waren, zeigten sich auf der Außenseite nur wenige punktuelle Verfärbungen im Stoßbereich. Das Ergebnis: – Kein Durchbrand, Restquerschnitt ausreichend für Tragsicherheit, damit F30 erreicht. – Im Vergleich zu nicht imprägnierten Oberflächen mussten im Versuch sogar 60 % mehr Brennstoff eingesetzt werden. – Der effektive Abbrand ist geringer als der theoretisch für Nadelholz angenommene von 0,8 mm/min. Die statische Restfläche bleibt damit deutlich größer. – Die maximale Temperaturzunahme auf der Kaltseite betrug 11 K. Damit sind Dampfsperre, Dämmung und Dachhaut effektiv geschützt. Für weitere Informationen: Lignotrend Produktions GmbH E [email protected], www.lignotrend.com