Energetische Fachwerksanierung

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22. Hanseatische Sanierungstage
Wärmeschutz und Altbausanierung
Heringsdorf 2011
Energetische Fachwerksanierung
Herrn Prof, Dr. rer. nat. Dr.- Ing. habil. Helmut Venzmer zum 65. Geburtstag gewidmet
K. Lißner,W. Rug,
Dresden, Eberswalde/Wittenberge
Zusammenfassung
Historische Fachwerkgebäude genügen kaum heutigen Anforderungen an den Wärmeschutz. Bei der Sanierung von Fachwerkhäusern spielt deshalb die energetische
Ertüchtigung eine zentrale Rolle. Ausgehend von den historischen Konstruktionsprinzipien des Fachwerkbaues sind bei der Planung und Ausführung von energetischen Verbesserungen insbesondere die bauphysikalischen Wirkungsmechanismen
der vorgefundenen Bauweisen und die Wirkung der geplanten Maßnahmen auf die
bauphysikalische Funktionsfähigkeit der Einzelbauteile und des gesamten Gebäudes
zu beachten.
Lißner/Rug, Energetische Fachwerksanierung
1
Einleitung
Über die energetische Fachwerksanierung wurde in den letzten zwanzig Jahren zahlreich publiziert (s. hierzu 1 bis 3). Nachfolgend soll dieser Kenntnisstand aktualisiert und in seinen wesentlichen Regeln zusammenfassend dargestellt werden.
Die historische Entwicklung der Fachwerkbauten widerspiegelt in ihrer Konstruktion
die historischen Nutzeranforderungen, die sich u.a. hinsichtlich der Bauphysik von
heutigen Anforderungen wesentlich unterscheiden. Bezogen auf den Wärmeschutz
wurde bis ins 19. Jahrhundert vor allem Einzelofenheizung mit niedrigeren Ansprüchen an die Innentemperaturen praktiziert. Die aus heutigen Ansprüchen (Energieeinsparung und Wohlbefinden) abgeleiteten Wärmeschutzverordnungen sind vor allem
auf die Errichtung von Neubauten bezogen, die mit modernen und z.T. hochdämmenden Baustoffen erstellt werden.
Jede neue Wärmeschutzverordnung brachte höhere Anforderungen an den
Wärmeschutz (s. Tabelle 1).
Tabelle 1: Überblick über Eigenschaften und bisherige Anforderungen an den Wärmeschutz/Wärmedurchgangskoeffizient U in W/(m²K) von Gebäude- Außenbauteilen (nach [5] mit Ergänzungen)
Bauteil Altbau
Histor.
WSch WSch EnEV EnEV
EnEV
NEH
3)
(unFach-werk
V
V
2002 2007
2009
saniert) (unsaniert) 1984
1995 (Neu- (Neu- Neu- Fach
(Neu- (Neu- bau)
bau) bau
bau)
bau)
Wer
k
Außen1,4
1,5…4,0
0,6
0,5
0,45
0,45 0,28 0,84 0,18
1)
wand
Fenster
5,2
2,2…5,4
2,6
1,8
1,8
1,7
1,3 1,32) 0,95
Ver5,7
3,1
2,0
1,5
1,5
0,7
glasung
Dach
1,0
1,1…1,5
0,3
0,3
0,3
0,3
0,2 0,24 0,18
2)
5
2)
Decken
0,8
1,05…1,5
0,55
0,5
0,5
0,5
0,35 0,3
0,2
1)
gilt nach Anlage 3 für Sichtfachwerk (Dämmung von innen- U- Gesamtwert) bei
Schlagregenbeanspruchung I nach DIN 4108-3:2001
2)
gemäß Anlage 3 EnEV2009, Tabelle 1
3)
Dämmstandard Niedrigenergiehaus
An den Wärmeverlusten von unsanierten historischen Gebäuden beteiligen sich die
einzelnen Gebäudeteile Dach, Decke zum Dach, Wände, Fenster mit
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unterschiedlichen Anteilen. Die größten Wärmeverluste entstehen
über die
Außenwände (ca. 30-40 %), das Dach (ca. 20-30 %), das Dachgeschoss (ca. 10-20 %)
und die Fenster (ca. 10-15 %).
Historische Fachwerkwände besitzen einen nur geringen Wärmedämmwert (s.
Tabelle 1). Den schlechtesten Wärmeschutz haben Fachwerkwände mit Gefachen aus
Naturstein. Auch bei Gefachen aus Lehm und Ziegel werden die Richtwerte für den
Wärmedurchgangskoeffizienten U entsprechend den Anforderungen an den
Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2:2001 nicht erfüllt (s. Bild 1).
Bild 1: Wärmedurchgangskoeffizient von unsanierten Fachwerkwänden (Holzanteil
25%- Nadelholz)
Lißner/Rug, Energetische Fachwerksanierung
Aufgrund der geringeren Rohdichte weist die Ausfachung mit Stakung und
Strohwickel die besten Wärmeschutzwerte auf. Bezogen auf Bild 1 liegt der
vorhandene U-Wert je nach Gefachmaterial für eine Wanddicke von 120 mm beim
2,0- bis 4,6-fachen Wert im Vergleich zu den Anforderungen der EnEV2009, Anlage
3 (geltend für Änderungen an Außenbauteilen). Die in Bild 1 dargestellten Kurven
für den erreichbaren Wärmedurchgangskoeffizient U wurden für einen
Holzflächenanteil von 25 % errechnet.
Je nach Gestaltung und Konstruktionsprinzip des Fachwerkgebäudes liegt der Anteil
des Holzgerüstes zwischen 20 und 40 % der Wandfläche.
Die Untersuchungen zu den Wärmeschutzeigenschaften müssen deshalb für jedes
Objekt gesondert durchgeführt werden. Dabei ist in jedem Fall auch der Einfluss der
Fensterflächen zu berücksichtigen. Dieser kann ebenfalls sehr wesentlich sein,
beträgt doch ihr Flächenanteil ca. 15-60 % mit U-Werten für alte Fenster mit
Einfachverglasung von 5,4 W/(m²K) bzw. mit Zweischeibenverglasung (z. B.
einfache Kastenfenster) 2,0-2,8 W/(m²K).
Unsanierte Fachwerkhäuser haben aus den vorgenannten Gründen einen relativ
hohen Energieverbrauch. Ihr Energieeinsparpotential ist relativ groß. Der
Energieverbrauch lässt sich um ca. 50-80 % senken. Voraussetzung ist jedoch, dass
die Maßnahmen unter Berücksichtigung der historischen Bauweise, der Standortbedingungen und des Erhaltungszustandes mit der notwendigen Erfahrung und
Fachkunde geplant bzw. ausgeführt werden.
2
Energetische Sanierung von Fachwerkgebäuden
Prinzipiell ist bei der Planung der Dämmung von Fachwerkbauten nicht die Übertragung der Erkenntnisse und Anforderungen aus dem Neubau sinnvoll, sondern die Beachtung der bauphysikalischen Wirkungsmechanismen der historischen Bauweise
und die Einflusswirkung zusätzlicher Dämmmaßnahmen auf die bisherige bauphysikalische Funktionsfähigkeit des Einzelbauteiles bzw. des gesamten Gebäudes. Hätte
man diesen Grundsatz in den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts beachtet, wären viele Fachwerkbauten nicht kaputtsaniert und damit wertvolle historische Bausubstanz vernichtet worden.
Es stehen vier Wege für die nachträgliche Dämmung von Fachwerkwänden offen (s.
Bild 2):
a) Instandsetzen der historischen Fachwerkwand und Dämmen von außen;
b) Instandsetzen der historischen Fachwerkwand und Dämmen von innen;
c) Instandsetzung und Hinterlüftung der historischen Fachwerkwand sowie
Dämmung von innen durch Anordnung einer wärmedämmenden separaten Wand;
d) vollständige Erneuerung der Gefache mit dämmenden Baustoffen und eventueller
zusätzlicher Dämmung von innen.
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Vor Beginn der Dämmmaßnahmen ist je nach Schädigungsgrad über eine Reparatur
oder den vollständigen Ersatz der Gefache zu entscheiden.
Das Aufbringen einer äußeren Dämmung (Variante a) ist vor allem bei verputzten
oder verkleideten Fachwerkwänden möglich, bei denen auch nach der Instandsetzung
und Modernisierung des Gebäudes das Fachwerk nicht sichtbar bleiben soll sowie die
alten Gefache und das Holzgerüst erhalten werden können. Handelt es sich um ein
Gebäude mit sichtbarem Fachwerk, welches aus architektonischen Gründen nicht
sichtbar bleiben soll, so bietet sich auch hier eine Außendämmung an.
Die Variante b) wird bei sichtbarem Fachwerk angewendet, bei dem die Gefache
aufgrund ihres Bauzustandes noch instandgesetzt werden können bzw. die Beseitigung der Holzschäden am tragenden Gerüst ohne Entfernung der Gefache möglich
ist.
a) Außendämmung mit historischer Wetterschale
1.Historische Ausfachung mit/ohne Putz
2.Fachwerkständer und Auflattung für
Verkleidung
3. Dämmstoff
4. Hinterlüftung (> 20 mm)
5. Verkleidung
6. Schwelle
7. Sockelmauerwerk
8. Innenputz oder Begradigung
durch Trockenbauplatten
b) Innendämmung des historischen Fachwerkaufbaus mit Dampfbremse
1.Historische Ausfachung mit/ohne Putz
2. Fachwerkständer
3. Dämmstoff
4. Ständerkonstruktion
5. Schwelle
6. Sockelmauerwerk
7. Dampfbremse (feuchteadaptiv)
8. ursprünglicher Innenputz
9. Trockenbauplatte
Lißner/Rug, Energetische Fachwerksanierung
c) Fachwerkwand hinterlüftet und mit zusätzlicher wärmedämmender Wand innen
1.Historische Ausfachung mit/ohne Putz
2. Fachwerkständer
3. Schwelle
4. Hinterlüftung (> 40 mm)
5. Sockelmauerwerk/ ursprüngliche
Fundamentierung
6. neue Wand mit entsprechendem
Dämmwert (z. B. Holzbauweise)
7. Fundament für zusätzliche Wand
d) Neue Gefache mit wärmedämmenden Materialien und zusätzlicher Innendämmung
1.Ausfachung mit frostsicheren und wärmedämmenden Materialien
2. Fachwerkständer
3. Zusatzdämmung
4. Ständerkonstruktion
5. Schwelle
6. Sockelmauerwerk
7. Dampfbremse (feuchteadaptiv)
8. Trockenbauplatte
Bild 2: Prinzipielle Möglichkeiten der Verbesserung des Wärmeschutzes bei Fachwerkwänden nach [2].
Durch den Einbau einer zusätzlichen Wand wird die Funktion der Wärmedämmung
des Gebäudes der neuen Wand zugewiesen (Variante c). Die Wand kann dann entsprechend der aktuell geltenden wärmeschutztechnischen Anforderungen dimensioniert werden.
Erfordert die Instandsetzung der geschädigten Holzkonstruktion bei sichtbarem oder
verputztem Fachwerk einen vollständigen Ausbau der Gefache oder sind die Gefache
so stark geschädigt, dass sie erneuert werden müssen, so kommt Variante d) zur Anwendung.
Eine zusätzliche Dämmung ist immer mit einer Veränderung der bauphysikalischen
Eigenschaften der Wandkonstruktion verbunden. Der Wasserdampfwiderstand der
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Wand wird je nach Dämmwert und Kapillarität des verwendeten Dämmstoffes bzw.
der -konstruktion verändert. Somit wird in den natürlichen Feuchteausgleich, verursacht durch die Wasserdampfdiffusion der Wände, zentral eingegriffen. Die Instandsetzung der Gefache dient hauptsächlich der Wiederherstellung der bauphysikalischen Funktionsfähigkeit der Fachwerkwände. Dies ergibt sich schon aus dem Flächenanteil der Gefache, der ca. 60...80 % der Gesamtwandfläche einnimmt.
Allein die ausschließliche Betrachtung der Gefache ist jedoch nicht ausreichend, da
die Fugenlösungen zwischen Gefach und Holztragwerk, die Fenster, Türen und die
Oberflächengestaltung der Gefache und der Fachwerkhölzer die bauphysikalischen
Eigenschaften der Gesamtkonstruktion wesentlich beeinflussen. Entscheidend ist in
jedem einzelnen Fall die Wirkung der geplanten Einzelmaßnahmen auf das bauphysikalische Verhalten der Gesamtkonstruktion.
Generell geht es bei der Dämmung von Fachwerk um die nachhaltige Verbesserung
des „Wärmeschutzmantels“ für das bestehende Gebäude entsprechend den Bedürfnissen der Nutzer.
2.1 Dämmung von außen
Aus bauphysikalischen Gründen ist eine Außendämmung auf der kalten Seite der
Wand günstiger als auf der warmen (inneren) Seite, da der Taupunkt nach außen
wandert. Schon von alters her haben sich hinterlüftete Fassaden an Fachwerkbauten
bewährt. Und sie sind häufig auch überall dort zu finden, wo eine hohe Schlagregenbeanspruchung am Gebäude auftritt.
Eine zusätzliche Dämmung nach der Demontage der alten Fassade ist daher leicht
realisierbar. Im Gegensatz zur Innendämmung kann hier der Wärmedämmwert der
Außenwand freier gestaltet werden. Wird keine Hinterlüftung angestrebt, so können
diffusionsoffene Dämmsysteme direkt auf die Außenseite der Wand aufgebracht
werden. Dazu können je nach angestrebter Verbesserung der Wärmedämmung ein
Wärmedämmputz, Holzwolleleichtbauplatten mit Putz o.ä. angewendet werden. Dabei ist die Beanspruchung der Fassade durch Schlagregen nach DIN 4108, Teil
3:2001, Abschnitt 5 zu berücksichtigen.
Bei hoher Schlagregenbeanspruchung (Beanspruchungsgruppe II und III nach DIN
4108-3:2001) wird man eine hinterlüftete Fassadenkonstruktion wählen, wobei die
Konstruktion so auszuführen ist, dass eine ausreichende Be- und Entlüftung möglich
ist (Bild 2a zeigt den prinzipiellen Aufbau).
Das ganzheitliche „Einpacken“ des Gebäudes in eine Wärmeschutzschicht sichert
gleichzeitig eine ausreichende Winddichtigkeit.
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2.2 Dämmung von innen
Von den vier genannten Anwendungsmöglichkeiten ist die Innendämmung die bauphysikalisch problematischste Methode, da sie der bauphysikalischen Grundregel, die
Wärmedämmung auf der „kalten“ Seite anzubringen, widerspricht. Dennoch ist sie
immer dann, wenn das Fachwerk im Urzustand verbleibt, d. h. die Fachwerkhölzer
sichtbar bleiben, die einzig mögliche Maßnahme zur Verbesserung des Wärmeschutzes.
Durch eine innere Dämmung wird das Diffusionsverhalten der Wand wesentlich beeinflusst, was zu schweren Schäden führen kann. Deshalb ist in jedem Fall das Diffusionsverhalten der Wand sowohl im Bereich der tragenden Holzbauteile als auch im
Bereich des Gefaches detailliert zu untersuchen. Gleichzeitig ist die Wirkung evtl.
nicht beseitigbarer Wärmebrücken (bei Innenwänden, im Bereich der Auflager der
Decken auf den Wänden und bei Fenstern und Türen) zu untersuchen. Als problematisch sind auch Feuchträume anzusehen, deren Wandbekleidungen häufig mit nicht
diffusionsoffenen Baustoffen ausgeführt werden.
Bei der Auswahl der geeigneten Dämmung muss man das Fachwerkgefüge im Rahmen seiner nutzungsbedingten und technischen Funktion als Gesamtheit betrachten,
so dass die entscheidende Frage bei der Dämmung nicht lauten kann, welche maximal mögliche Energieeinsparung erziele ich, sondern welche Dämmung ist gerade
noch vertretbar.
Für einen funktionstüchtigen Wandaufbau sind leichter Dampfdurchgang und gutes
kapillares Leitvermögen nicht weniger wichtig als die Dämmeigenschaften. Wesentliche Voraussetzung ist, dass durch den mehrschichtigen Wandaufbau der kapillare
Wassertransport durch die Wand nicht behindert wird, d. h. die einzelnen Schichten
müssen dicht (ohne Zwischenräume!) dauerhaft aneinander liegen.
Schon geringe Veränderungen bei den Wärmedämmschichten beeinflussen das Diffusionsverhalten positiv. Damit wird deutlich, dass nicht allein die Minimierung des
U-Wertes Maßstab bei der Verbesserung des Wärmeschutzes sein kann und darf.
Eine gezielte Innendämmung von Fachwerkwänden vermindert die Temperatur an
der Innenseite und erhöht die Feuchte der Gefachmaterialien, wie in Bild 3 nach
Künzel [9] dargestellt. Die Erhöhung des Wassergehaltes verschlechtert das Austrocknungsverhalten der Wand und die Feuchtebeanspruchung der Fachwerkhölzer
erhöht sich wesentlich (s. Bild 4). Durch einen diffusionsoffenen Aufbau nach innen
(d. h. keine Dampfsperre) ist eine Austrocknung auch nach innen gegeben.
Aus der früheren Praxis der wärmedämmtechnischen Ertüchtigung von Fachwerkwänden ergaben Schadensanalysen, dass U-Werte unter 0,8 W/(m2  K) zwangsläufig
zu Feuchteschäden führten. In der Winterperiode kommt es zu einer zu starken Abkühlung der historischen Fachwerkwand an der Innenseite mit der Gefahr einer langzeitigen Auffeuchtung des hölzernen Wandgefüges durch beträchtliche Tauwassermengen.
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Eine unzuträgliche Tauwasserbildung und damit Schimmelpilzbefall an der Rauminnenseite kann verhindert werden, wenn die Außenwand ganzflächig einen mittleren
Wärmedämmwert von U ≥ 0,85 W/(m²  K) hat, was bei den historischen Wandaufbauten von unsanierten Fachwerkwänden in der Regel nicht erreicht wird.
Der Wärmedurchgangskoeffizient der aufzubringenden Innendämmung sollte U = 1,0
W/(m²  K) nicht unterschreiten (s. auch [6] bzw. WTA-Merkblatt 8-1-03 [4]). Erreichbar sind die empfohlenen Richtwerte für den mittleren U-Wert der Wand nur mit
einer zusätzlichen wärmedämmenden Innenschale s. [1], [2].
Bild 3: Berechnete Temperatur- und Feuchteverteilungen (Jahresmittel) in einer
Vollziegelausfachung bei einer Schlagregenbelastung von 140 l/m²a nach [9]. Durch
die Innendämmung sinkt die Temperatur und steigt die Feuchte der Ziegelausfachung, vor allem zur Raumseite hin.
Bild 4: Schematische Darstellung der Feuchteverteilung in einer Fachwerkwand mit
Innendämmung nach Niederschlag (links) nach [8]. Das weit in die Fuge vorgedrungene Wasser soll zu einem Teil auch zur Raumseite hin austrocknen können, wie
rechts angedeutet.
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Außerdem sollte die diffusionsäquivalente Luftschichtdicke innenliegender Bauteilschichten einen Wert zwischen 0,5 < sd < 2,0 m aufweisen [4]. Mit einer diffusionsoffenen Innendämmung können die relativ dünnen Fachwerkwände bei Feuchteeinwirkung von außen durch Regen nach beiden Seiten austrocknen und eine Kondensation von innen wird weitgehend verhindert.
Seit einigen Jahren gibt es, bezogen auf das Austrocknungsverhalten von Fachwerkwänden, gute Erfahrungen mit einer „feuchteadaptiven Dampfbremse“, die sich jahreszeitbedingt auf die bauphysikalischen Erfordernisse (Sommer = niedrige Dampfbremswirkung; Winter = hohe Dampfbremswirkung) einstellt (s. Bild 5).
Bild 5: Schematische Darstellung der Funktionsweise einer feuchteadaptiven (variablen) Dampfbremse nach [9]. Infolge der geringeren relativen Feuchte in der Umgebung der Dampfbremse im Winter ist ihr sd-Wert zehnmal größer als unter durchschnittlichen Bedingungen im Sommer.
Bei Regenbeanspruchung wird der Wassereintritt von außen in die Wand durch Wind
wesentlich erhöht. Deshalb ist es wichtig, dass die Innenseite der Wand winddicht
ausgebildet wird. Möglich ist dies durch eine vollflächige Putzschicht an der Wandinnenseite.
Für die Auswahl des Dämmstoffes ist somit nicht die optimale Dämmeigenschaft das
entscheidende Kriterium, sondern die bauphysikalische Eignung für die vorhandene
Konstruktion und die zu erwartende Belastung (Regen- oder Tauwasser u. ä.). Weiterhin sollten „stehende“ Luftschichten zwischen Fachwerkwand und innerer Bekleidung möglichst vermieden werden, weil sie häufig der Ort eines konzentrierten Ausfalles von Tauwasser sind, das von den angrenzenden Baustoffen nicht absorbiert
werden kann. Außerdem wird eine Hinterströmung der Wärmedämmschicht mit
Raumluft verhindert. Andernfalls kann es zu einem beträchtlichen Feuchteausfall infolge Konvektion kommen.
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Deshalb besinnt man sich aus den o. g. Gründen wieder auf traditionelle Verfahren
bzw. historische Baustoffe wie z. B. den Strohlehm, der auch heute noch erhebliche
Vorteile aufweist. So bietet er eine gute Kombination zwischen Wärmedämmung und
Speicherfähigkeit und lässt sich so auf das bestehende Wandgefüge aufbringen, dass
Lufträume zur bestehenden Konstruktion sicher vermieden werden. Untersuchungen
an alten Lehmausfachungen zeigen, dass das lehmumhüllte Flechtwerk praktisch
immer intakt bleibt. Lehm bietet somit gute Voraussetzungen für eine langfristig
schadensfreie Konstruktion.
Fachwerkwände mit Innendämmung sind so zu konstruieren, dass zwischen Holzgerüst und Dämmschicht keine holzschädigende Tauwasserbildung entsteht und die
einzelnen Bauteilschichten eine diffusionsoffene Wirkung aufweisen (Bild 2b zeigt
den prinzipiellen Aufbau).
Grundsätzlich sollte ein Schichtenaufbau gewählt werden, der die Diffusionsoffenheit
des historischen Systems nicht zerstört. Nur wenn sichergestellt ist, dass das während
der Tauperiode ausfallende Tauwasser während der Verdunstungsperiode wieder
ausdiffundieren kann, ist diese Problematik nicht gegeben. Durch die Verwendung
von Dämmstoffen mit nicht so hoher Dämmwirkung kann die Tauwassermenge begrenzt werden.
Nach DIN 4108-3:2001 kann bei Holzfachwerkwänden auf einen rechnerischen
Tauwassernachweis verzichtet werden, wenn diese bei Sichtfachwerk eine wärmedämmende Ausfachung haben. Ein Nachweis kann nach DIN 4108-3:2001 auch entfallen, wenn bei einer vollflächig über dem bestehenden Fachwerk angebrachten Innendämmung der Wärmedurchlasswiderstand dieser Dämmschicht R ≤ 1,0 m2 K/W
beträgt und die wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke einschließlich für
angeordnete Luftdichtheitsschichten und zusammen mit Innenputz oder Verkleidung
zwischen 1,0 m ≤ sd,i ≤ 2,0 m liegt. Besteht die Innendämmung aus HolzwolleLeichtbauplatten, so kann ebenfalls ein Nachweis entfallen. Wird die Fachwerkwand
durch eine vollflächig über die Wand geführte Außendämmung in Form eines Wärmedämmverbundsystems oder eines Wärmedämmputzes mit einer wasserdampfdiffusionsäquivalenten Luftschichtdicke sd,i ≤ 2,0 m oder mit hinterlüfteter Außenwanddämmung ausgestattet, so muss nach DIN 4108-3:2001 ebenfalls kein Tauwassernachweis geführt werden.
Um die Wasserdampfdiffusion als Bewertungskriterium heranziehen zu können,
wurde vorausgesetzt, dass die Fugen zwischen Fachwerk und Ausfachung entsprechend dem Stand der Technik hergerichtet werden. Der Anschluss Holzgerüst/Gefach
ist winddicht auszuführen und eindringendes Wasser muss schnell austrocknen können.
Die schon zitierten WTA-Empfehlungen [4] basieren auf Untersuchungen zur Begrenzung der Tauwassermenge unter Einhaltung eines vorgegebenen Grenzwertes
von mWT  0,5 kg/m².
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Rechnerisch kann der Tauwasseranfall nach DIN 4108-3:2001 ermittelt werden. Dabei ist davon auszugehen, dass es sich nur um einen Wert für den Tauwasseranfall im
Winter handelt.
Einige Fachleute halten den Tauwassernachweis nach DIN 4108-3:2001 bei Innendämmung von Fachwerkbauten für ungeeignet (s. in [4], Abschnitt 2.2: Tauwasser).
Das Verfahren berücksichtigt nicht die Kapillarfähigkeit der Baustoffe. Das heißt, der
kapillare Feuchtetransport im Bauteil sowie die Feuchteaufnahmefähigkeit und
Feuchteverteilung lassen sich nicht beurteilen. Für genauere und detaillierte Untersuchungen werden daher neue Berechnungsverfahren zur Simulation der Temperaturund Feuchteverhältnisse in Bauteilen empfohlen, mit denen die Tauwassergefahr,
Austrocknungszeit, Temperaturverteilung und Feuchteaufnahme unter realen Nutzungsverhältnissen untersucht werden können (siehe [6], [7]).
Wird dennoch der Tauwasseranfall nach dem bisherigen Verfahren nach DIN 41083:2001 berechnet, so wird empfohlen, dass in Abweichung zur Norm die rechnerisch
ermittelbare Tauwassermenge einen Wert von mWT  0,5 kg/m² nicht überschreitet.
Der Schichtenaufbau ist dann so zu gestalten, dass der Grenzwert unbedingt eingehalten wird und gleichzeitig auch eine dauerhafte Austrocknung aller Schichten gesichert ist.
Schlagregenbeanspruchung
Gerade bei der Fachwerkbauweise liegt eine besondere Empfindlichkeit der Fassade
gegen Regenbelastung vor.
Da Holz wegen seiner hygroskopischen Eigenschaften quillt und schwindet, bilden
sich im Übergangsbereich Holz/Gefach unvermeidliche, mehr oder weniger breite
Fugen. Ein Verschließen der Fugen zwischen Holz und Gefach mit dichtenden und
dauerelastischen Kunststoffen hat sich nicht bewährt. Mit derartigen Maßnahmen
wird das Austrocknen der Wände wesentlich behindert. Die Folge können
beträchtliche Feuchteschäden an den Fachwerkhölzern sein.
Fachwerkwände reagieren deshalb sehr empfindlich auf direkte Bewitterung. Wie
Untersuchungen zeigten, ist der Feuchteeintrag besonders bei Schlagregen erheblich
[10]. In relativ kurzer Zeit wird die ganze Wand bis an die Innenseite durchfeuchtet.
Deshalb ist es wichtig, dass die Wände nach außen und innen austrocknen können (s.
Bild 4). Dies ist immer dann gegeben, wenn die Wand aus kapillarfähigen Baustoffen
besteht und aufgefeuchtete Materialien nach innen und außen austrocknen können. D.
h., daß auf raumseitige Bausperren möglichst zu verzichten ist.
Abhängig von der dem Gebäude oder einzelnen Fassaden zugeordneten
Beanspruchungsgruppe nach DIN 4108-3:2001, Abschnitt 5 wird bei starker
Schlagregenbelastung (Beanspruchungsgruppe  und I, siehe Tabelle 2) ein
zusätzlicher wirkungsvoller Regenschutz (z. B. eine durchgehende äußere Putzhaut
oder hinterlüftete Verkleidung) vorgeschrieben. Bei geringerer Schlagregenbelastung
(Beanspruchungsgruppe I nach DIN 4108-3:2001 oder geschützte Lage bei höheren
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Beanspruchungsgruppen)
muss
zumindest
gesichert
sein,
dass
der
Abtrocknungsmechanismus der Wand nach außen und innen schnell, zuverlässig und
nachhaltig funktioniert.
Die Dampfdiffusionswiderstände von Ausfachungsmaterialien, Putzen und
Anstrichen sollten deshalb möglichst gering sein (s. hierzu die Empfehlungen des
WTA in Tabelle 2). Äußere konstruktive Details sind so zu gestalten, dass das
Niederschlagswasser schnell und sicher abgeleitet und die in die Wand eindringende
Menge minimiert wird (z. B. durch bewußte Anordnung der Schnittflächen von
Verbindungen, breite Dachüberstände, Abflussbohrungen in Zapfenlöchern,
fachgerechte Tür- und Fensteranschlüsse zum Holz u. a.).
Welche Maßnahmen zum Schutz des Fachwerkes zu ergreifen sind, ist für jedes
Gebäude in Abhängigkeit von der Lage des Gebäudes (Gebäude freistehend oder in
geschützter Lage, innerhalb oder außerhalb eines Ortskernes, exponierte Lage der
Gebäudewände oder einzelner Wandbereiche zur Wetterseite) gesondert zu
überprüfen. Je nach Lage und Wetterbeanspruchung können alle drei
Schlagregenbeanspruchungen gemäß Tabelle 2 an einem Gebäude vorkommen.
Selbst bei nur einer Fassade sind unterschiedliche Beanspruchungen möglich, d. h.,
an wetterbeanspruchten Giebeln kann es u. U. erforderlich werden, den oberen Teil
des Giebels zu verkleiden, während der untere Teil fachwerksichtig bleiben kann.
Tabelle 2: Hinweise für die Ausführung von Fachwerk unter dem Gesichtspunkt des
Schlagregenschutzes nach [4], [6]
Regenbeanspruchung
Ausführung
Wetterabgewandte Fachwerkfassaden oder Außenwand fachwerksichtig möglich.
Fassaden, die durch benachbarte Bebauung keine zusätzlichen Anforderungen an
geschützt sind
die Wahl der Bau- und Dämmstoffe
Freistehende Fachwerkfassaden bei
geringer Schlagregenbeanspruchung
(Beanspruchungsgruppe  nach DIN 4108,
Teil 3:2001; Niederschlagsmenge:
<600mm/a)
Freistehende Fachwerkfassaden bei mittlerer starker Schlagregenbeanspruchung
(Beanspruchungsgruppen  und  nach
DIN 4108, Teil 3:2001; Niederschlagsmenge: >600mm/a<800mm/a bzw. >800mm/a)
Außenwand fachwerksichtig möglich.
Eine Trocknung des Bauteils nach innen
und außen muss sichergestellt sein.
Verwendung von stark kapillarwirksamem Baustoffen
Zusätzlicher konstruktiver Regenschutz
durch Verputzen oder Bekleiden des
Fachwerks, erforderlich
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Reparatur der Gefache
Die Möglichkeiten einer Gefachreparatur ergeben sich aus dem Grad der Schädigung
der Gefache und der Fachwerkhölzer sowie aus dem historischen Gefachmaterial. Ist
das Holzgerüst noch in einem guten Zustand und weist das Gefach nur eine mäßige
Schädigung auf, sollte in jedem Fall eine Reparatur des Gefaches einer Erneuerung
vorgezogen werden.
Gefache aus Lehm lassen sich relativ einfach reparieren. Die zerstörten Bereiche
werden gesäubert, vorgenässt und aufgeraut und mit geeigneten Lehmbaustoffen
wieder verfüllt. Für Reparaturen stehen heute zahlreiche Fertigprodukte von etablierten Lehmbaustoffherstellern zur Verfügung. Die für Lehmbaustoffe geltenden Austrocknungszeiten sind für die nach den Reparaturen folgenden Arbeiten zu beachten.
Der Verputz kann nur auf ausreichend festem, sauberem und staubfreiem Untergrund
erfolgen. Lehmstaub ist vor dem Putzen abzubürsten. Der Untergrund muss so gestaltet sein, dass eine gleichmäßige Putztiefe garantiert ist (z. B. für Außenputz 15...20
mm - siehe auch Hinweise in Tabelle 3). Zur besseren Haftung des Putzes können
geeignete Putzbewehrungen bzw. Putzträger verwendet werden. Empfehlenswert ist
das mehrlagige Auftragen eines Kalkputzes.
Tabelle 3: Eigenschaften von Putzmörtel für die Instandsetzung und Sanierung von
Fachwerkgefachen aus Lehm nach [20]
(Prüf-) Kriterium
Anforderung
Konsistenz / Ausbreitung
17  0,5 mm
Wasserrückhaltevermögen (WRV) > 90 %
Wasserdampfdiffusionswider 12
standszahl
Wasseraufnahmekoeffizient w
 0,5 kg/m²h0,5
Druckfestigkeit D
3...5 N/mm²
Haftzugfestigkeit Hz
 0,05 N/mm²
Biegefestigkeit B
1...1,5 N/mm²
Zugfestigkeit Z
 0,5 N/mm²
Elastizitätsmodul Edyn
 8000 N/mm²
Schwinden E
 0,3 N/mm²
Dichte
 2,0 kg/dm³
Ziegel- oder Natursteingefache lassen sich im Vergleich zu Lehmgefachen nur begrenzt reparieren. Ist das Gefüge des Gefachmauerwerks zerstört, kann ein fachgerechter Gefachaufbau nur durch eine vollständige Erneuerung erreicht werden. Vor
der Erneuerung sind die zur Verankerung des Gefaches notwendigen Leisten (s. Bild
6) aus Holz anzubringen. Bewährt haben sich Trapezleisten aus trockenem Eichenholz, die mit nichtrostenden Schrauben oder Nägeln an den Fachwerkhölzern befestigt werden. Es können auch Dreikantleisten in etwa gleicher Breite und Höhe An-
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wendung finden. Die Fugenausbildung sichert auch die Luftdichtigkeit an dieser Stelle. Deshalb wird die Einlegung von Naturfasermaterial (Jute- oder Hanfstrick) zwischen Leiste und Fachwerkholz vor der Befestigung des Holzes empfohlen.
Die Ziegel sind im Bereich der Trapezleisten zu schlitzen oder können mit
vorgearbeiteten Schlitzen bei verschiedenen Herstellern bestellt werden. Das
Gefachmauerwerk ist an den Rändern zum Holz vollfugig auszumörteln. Es können
nur frostsichere Ziegel verwendet werden.
Bild 6: Arretierung der Ziegelausfachung- Regelgerechte Lösung mit Eichenholzleisten; Die leisten sind
kraftschlüssig
mittels
nichtrostender
Schrauben/Nägel an den Fachwerkhölzern zu befestigen!
Am oberen horizontalen Holz ist mittig eine Nut
(24x25/15mm) einzuarbeiten.
3
Erneuerung der Gefache mit dämmenden Baustoffen
Sind die Gefache weitgehend zerstört oder lose, ist eine Neuausfachung nicht mehr
zu umgehen. Infolge der vielfach verbesserten Wärmedämmeigenschaften bestimmter Mauersteine in Verbindung mit der Möglichkeit, wärmedämmende Mörtel einzusetzen, ist die Ausmauerung zerstörter oder loser Gefache auch heute aktuell. So
werden Leichtziegel, Porenbetonsteine und spezielle Leichtbetonsteine, z. B. unter
Verwendung von ausgewähltem Bims als Zuschlagsstoff verwendet. Sollen die
Gefache ausgemauert werden, sind die in Bild 6 dargestellten Verankerungen vorher
am Holz zu befestigen.
Untersuchungen an Altbauten haben gezeigt, dass es bei den Bauten, deren Wände
mit natürlichen Baustoffen hergestellt worden sind, keine Probleme mit der Diffusionsoffenheit gibt. Auch aus diesem Grunde haben im Zusammenhang mit der Problematik des gesunden Bauens und Wohnens Lehmbautechniken wieder an Bedeutung
gewonnen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem althergebrachten Strohlehm und
dem sogenannten Leichtlehm. Während bei Strohlehm der Lehmanteil überwiegt,
macht beim Leichtlehm das Stroh den Hauptbestandteil aus. Der Lehm ist hier lediglich Bindemittel für die Zuschläge. Erstmals definiert wurde der Begriff „Leichtlehm“ in der Lehmbauordnung von 1944, wonach alle Lehmgemische mit Leichtzuschlägen und einem Raumgewicht bis1200 kg/m³ als Leichtlehm galten (s. DIN
4108-4:2007, Tabelle 1). Neben Stroh werden heute bei Fertigprodukten auch andere
Zuschläge aus organischen Faserstoffen (Heu, Hanf- Flachs- Bambusfasern) beige-
Lißner/Rug, Energetische Fachwerksanierung
setzt (Bezeichnung: Faserlehm). Faserlehme gibt es auch als Leichtlehmmischung
mit Beimischung von Holzhackschnitzeln, oder mineralischen Zuschlägen in Form
von Blähton.
Bei Neuausfachungen reichen je nach der Rohdichte des verwendeten Leichtlehms
Wanddicken in der Größenordnung von 15 bis 20 cm aus, um den heutigen Wärmeschutzvorschriften genüge zu tun. Der Einbau von Lehmgemischen erfolgt auf der
Baustelle in weicher und plastischer Konsistenz. Dies ist nur mit einem hohen Anteil
an Wasser möglich. Deshalb sind die Austrocknungszeiten unbedingt zu beachten.
Um die Ausfachungen mit Lehm der heutigen Zeit anzupassen, werden z. B. StrohLeichtlehmziegel (Rohdichte 850 und 650 kg/m³) im Format 250 x300 x150 mm oder
Leichtlehmplatten angeboten.
Passend dazu gibt es heute auch geeignete Lehmputze und Lehmanstrichstoffe.
Wird ein Ersatz des Gefaches durch moderne Baustoffe vorgezogen, sollte man solche Materialien wählen, deren Wärmeleitfähigkeit in etwa der des Gerüstbaustoffes
(Nadel- oder Eichenholz) entspricht [6]. Wählt man annähernd gleiche Wärmeleitfähigkeiten (s. Tabelle 4), so erhält man gleiche Oberflächentemperaturen für Gefachund Gerüstmaterial. Außer dem Leichtlehm liegen in diesem Bereich die Baustoffe
Leichtziegel, Porenbeton und Bimsbetons (weitere Hinweise in 21).
Tabelle 4: Bauphysikalische Eigenschaften einiger Baustoffe für die Gefacherneuerung im Vergleich zu Holz (nach Angaben in DIN 4108-4:2007 und [11], [12],
[14])
bauphysikalische Eigenschaften
Baustoff
Rohdichte Wärmeleit- Wasseraufnahme- -Wert
Sorptions
fähigkeit
koeffizient
Trockenfeuchte
0,5
[kg/m³]
 [W/mK]
w [kg/m² h ]
zustand
um,80 in
Massen-%
1)
Nadelholz
500
0,13
0,18/1,2
50
15
1)
Eichenholz
700
0,20
0,15/0,79
200
15
Lehm
Leichtlehm
800
0,25
11,4
8,7
4,0
Lehmziegel
1070
0,35
6,7
7,1
4,1
Ziegel
Lochziegel
1200
0,50
19,7
Vollziegel
1970
0,80
15,6
10,7
0,1
Kalksandstein
1900
0,79
3,1
20
1,3
Bimsbeton/
600
0,18/ 0,19
4,8
6
4,0
Blähtonbeton
Porenbeton
500
0,16
5,4
7
3,9
1)
tangential/axial zur Faserrichtung
Lißner/Rug, Energetische Fachwerksanierung
4
Feuchteschutz / Oberflächenschutz
Der Neuanstrich zur Behandlung der Oberfläche der Fachwerkhölzer sollte möglichst
diffusionsoffen sein. Die Tabelle 5 gibt hierfür Anhaltswerte. Beide Werte, d. h. die
wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd und der Wasseraufnahmekoeffizient w, sollten eingehalten werden.
Eine wesentliche Voraussetzung für das Austrocknen der Wand ist das Vorhandensein von kapillarleitenden Gefachmaterialien, deren Wasseraufnahmefähigkeit nicht
durch wasserabweisende Anstriche vermindert werden sollte. Dünnschichtige Anstriche mit entsprechender Stoffzusammensetzung erfüllen diese Forderung (s. [16]).
Dauerhaft sind Anstriche auf Holz aber nur, wenn eine ausreichende Oberflächenhaftung ohne Fehlstellen erreicht wird, was die vollständige Entfernung alter zum Teil
sehr dicker Anstriche erfordert. Die durchaus erreichbare Lebensdauer von mehr als 5
Jahren wird aber sehr schnell verringert, wenn die Anstricharbeiten unqualifiziert
durchgeführt werden (z. B. Altanstriche nicht vollständig entfernt werden, die Oberfläche zu stark aufgeraut wird, keine homogene und geschlossene Filmbildung entsteht und die Haftung nicht ausreicht. Neben der Art und dem Zustand der Altanstriche hat das zur Anwendung kommende Verfahren zum Abtrag der Altanstriche einen
wesentlichen Einfluss auf die Haltbarkeit.
Grundsätzlich sind die in Frage kommenden Anstrichprodukte bezüglich ihrer Verarbeitung und Haltbarkeit an Probestellen zu untersuchen (weitere Hinweise in [16],
[19]).
Tabelle 5: Kriterien für die Baustoffauswahl nach [6] [16], [19]
diffusionsäquivalente WasseraufnahmeLuftschichtdicke
koeffizient
sd [m]
w [kg/m² h0.5]
Anstrich auf Holz
Anstrich auf Ausfachung
Putz (ohne Anstrich)
< 0,5
< 0,1
-
< 0,1
0,3 ... 1
0,3 ... 1
Praxisbeispiele siehe [1].
Literatur:
1 Lißner, K.; Rug,W. (2000): Holzbausanierung, Grundlagen und Praxis der sicheren Ausführung, Springer- Verlag, Berlin 2000 (2. Auflage in Vorbereitung).
2 Rug, W.; Held, H.; Stützer, C.; Schulze, K. (2004): Erneuerung von Fachwerkbauten, Informationsdienst Holz, Reihe 7, Teil 3, Folge 1, Holzabsatzfond und
DGfH, Bonn/ München 2004
Lißner/Rug, Energetische Fachwerksanierung
3 Lißner, K.; Rug, W.: Nachträgliche Wärmedämmung von Fachwerkbauten,
10.Holzbauseminar, Halberstadt 1993.
4 WTA- Merkblatt 8-1-03/D: Fachwerkinstandsetzung nach WTA I: Bauphysikalische Anforderungen an Fachwerkgebäude, WTA München/ IRB- Verlag 2006
5 Gronau, J. (1995): Bauphysikalische Probleme bei der Sanierung von Fachwerkbauten, Bundesbaublatt (1995), H. 10, S. 754-758
6 Künzel, H. (1995): Regenschutz, Feuchteschutz und Wärmeschutz von Fachwerkwänden- Hinweise zur Sanierung und Nutzung, wksb (1995), S. 1-9
7 WUFI (Wärme und Feuchte instationär), PC- Programmpaket zur Berechnung
des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransport in Bauteilen. Frauenhofer- Institut für Bauphysik IRB, Holzkirchen (www.wufi.de)
8 COND (Programm zur hygrothermischen Beurteilung von Umfassungskonstruktionen). Institut für Bauklimatik TU Dresden (www.bauklimatikdresden.de)
9 Künzel, K. (1999): Ein Blick zurück, Innendämmung von Fachwerkfassaden.
Bausubstanz 9, S. 50-51
10 Künzel, H. (1996): Der Feuchtehaushalt von Holz- Fachwerkwänden, Bauforschung für die Praxis, Band 23, IRB- Verlag Stuttgart 1996
11 Arndt, H. (2002): Wärme- und Feuchteschutz in der Praxis. Hussverlag Berlin
12 Minke, G. (2004): Das neue Lehmbau-Handbuch. Öko- Buchverlag Freiburg
13 Künzel, H. (2001): Das Märchen vom Lehm, Deutsche Bauzeitung. H. 9, S.
106- 112
14 - (1990): Dachverband Lehm e.V.: Lehmbau-Regeln. Braunschweig
15 Leszner, T; Stein, I. (1987): Lehm-Fachwerk. Köln
16 Böttcher, P. (2006): Anstriche und Beschichtungen auf Holz. WTA- Almanach,
München 2006
17 WTA-Merkblatt 8-6-08/D: Fachwerkinstandsetzung nach WTA VI: Beschichtungen auf Fachwerkwänden- Ausfachungen/Putze, WTA München/ IRB- Verlag 2007
18 WTA-Merkblatt 8-7-08/D: Fachwerkinstandsetzung nach WTA VI: Beschichtungen auf Fachwerkwänden- Ausfachungen/Putze, WTA München/ IRB- Verlag 2007
19 Böttcher, P. u. a. (1998): Fachwerkforschung- Beiträge zur Erhaltung. IRB- Verlag 1998
20 Meier, H. G. (1998): Putze und Putzsanierung im Fachwerk, Bundesarbeitskreis
Altbauerneuerung e.- V., 13. Kongress Altbauerneuerung, 26.- 27. 10. 1998,
Nürnberg
21 WTA-Merkblatt 8-3-99/D: Fachwerkinstandsetzung nach WTA VI: Ausfachung
von Sichtfachwerk, WTA München/ IRB- Verlag 2000
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