«Das Verfahren war hochprofessionell und transparent», sagt Renato Piffaretti. Foto: Derek Li Wan Po «Entscheid mit Charakter» • Immobilienleiter im Interview Der Leiter der Baloise-Immobilien Renato Piffaretti glaubt nach dem Doppelwettbewerb an die starke Identität der Bauten, die sich längerfristig besser auf wechselnde Bedürfnisse einstellen können. Warum haben Sie für das kleine Areal so verschiedene Projekte ausgewählt? • Renato Piffaretti: Das ergab sich aus dem Prozess. Für eine Studie zur Verdichtung luden wir vor drei Jahren Diener & Diener, Burckhardt + Partner und Miller & Maranta ein. Während zwei den Blockrand wählten, überraschten Miller & Maranta mit einem Ensemble aus drei Bauten. Mit der Hypothese, dass drei eigenständige Bauten ein stärkeres Ensemble bilden würden, gingen wir in den Wettbewerb. Das Ergebnis zeigt: Der unterschiedliche Charakter ermöglicht es Drittnutzern, nicht als Untermieter in einem Baloise-Haus verstanden zu werden. Wie beurteilen Sie im Nachhinein den Bebauungsplan? • Die Typologie ist gut gewählt, weil sie es erlaubt, die Bedürfnisse der Stadt, des neuen Hotels und auch unsere Bedürfnisse gut unterzubringen. Wir bekennen uns zu diesem Standort und setzen ein Zeichen: offen, zugänglich und transparent. Das ist an den Projekten ablesbar. Haben Sie daraus Erkenntnisse über den Bürobau gezogen? • Als Investor setzten wir möglichst grosse Flexibilität voraus, und wir wollen neue Büroformen anbieten. Eine wesentliche Erkenntnis war, dass eine starke Architektur die innere Flexibilität nicht einschränkt. Im Gegenteil, längerfristig ermöglicht die grosse Identität, auf verschiedene Bedürfnisse einzugehen. Valerio Olgiati hat als Einziger die Erschliessung auf drei Kerne an der Fassade aufgeteilt. Dieser Schachzug erlaubt eine flexiblere Nutzung mit eigenen Adressen für die Drittnutzer. hochparterre•wettbewerbe 1 • 2015 • Baloise Park, Basel hpw1501_071-093.indd 71 Warum haben Sie für das Baufeld A keinen Wettbewerb durchgeführt? • 2013 gingen wir davon aus, das Hochhaus zu bauen, ohne das Hotel und das hintere Bürohaus zu tangieren. Nachdem der Mietvertrag vom Hotel Hilton 2016 ausgelaufen wäre, hätte es in den Neubau umziehen können. Anschliessend wären in Etappen die Bürobauten ersetzt worden. Um einen möglichst kurzen Hotelunterbruch zu haben, wollten wir die Planung möglichst schnell vorantreiben. Und der Wettbewerb des Hochhauses auf dem Baufeld A wäre ein reiner Fassadenwettbewerb geworden. Deshalb verzichtete die Stadt auf einen Wettbewerb, und wir entschieden uns für den Direktauftrag an Miller & Maranta. Ist es nicht ungewöhnlich, ein Projekt für ein anderes Baufeld auszuwählen? • Da sich die Volumen auf den zwei Baufeldern ähneln, waren wir uns einig, dass es keine grosse Herausforderung sei, das Projekt dem anderen Baufeld anzupassen. Wir haben festgestellt, dass die positiven Aspekte des Projekts von Valerio Olgiati sogar stärken werden. Die Architekten des Baufelds C waren natürlich nicht glücklich. In der Architektenszene wurde der Vorwurf der Befangenheit laut. • Das Verfahren war hochprofessionell und transparent. Jeder wusste, wer in der Jury sitzt. Den Vorwurf der Befangenheit gibt es immer wieder, meistens aus der Ecke der Verlierer. Das Dilemma können Sie nur lösen, wenn Sie Branchenfremde wählen, die die Handschrift der Architekten nicht erkennen, aber das Fachwissen auch nicht haben. Ein Jurymitglied sollte genug professionell sein, die Qualität ins Zentrum zu stellen und nicht Partikularinteressen. Das Resultat gibt der Jury recht. Sie hat einen Entscheid mit Charakter gefällt. Interview: Katharina Marchal Zur Person Renato Piffaretti (1967) war Mitglied der Jury und ist seit 2013 Leiter Immobilien bei der Baloise. Davor führte er den Immobilienfonds UBS Sima. Die Baloise besitzt 13 600 Wohnungen, 650 Ladenlokale und 1350 Büro- und Gewerbelokale. 71 18.02.15 13:49 Baloise Park, Baufelder B und C, Basel Baufeld B • je CHF 35 000.— Entschädigung Diener & Diener Architekten, Basel (Weiterbearbeitung Baufeld B) Valerio Olgiati, Flims (Weiterbearbeitung Baufeld C) Märkli Architekt, in Zusammenarbeit mit Smolenicky & Partner Architektur, Zürich Martino Pedrozzi, Mendrisio Burckhardt + Partner, Basel Baufeld C • je CHF 35 000.— Entschädigung Morger + Dettli Architekten, Basel Made in, Genf Jean-Paul Jaccaud Architectes, Genf Bearth & Deplazes, Chur Käferstein & Meister Architekten, Zürich Jury • Fachpreisrichterin und Fachpreisrichter Adolf Krischanitz, Architekt, Wien / Zürich (Vorsitz) Quintus Miller, Architekt, Basel Christine Binswanger, Architektin, Basel Jörg Koch, Architekt / CEO Pensimo Management, Zürich Baufeld B (Volumen links), Baufeld C (rechts) und das Hochhaus (hinten) Spezialbauvorschriften für Neubebauung • Das Areal und die Gebäude der Basler Versicherungen (Baloise) beim Bahnhof in Basel werden in den nächsten Jahren vollständig neu gestaltet. Das sanierungsbedürftige Hotel Hilton soll durch einen Neubau in einem städtebaulich neu ausgerichteten Gesamtensemble ersetzt werden. Die dafür notwendigen Spezialbauvorschriften sind in einem vom Grossen Rat im März 2014 bewilligten Bebauungsplan geregelt. Basis für den Bebauungsplan war die Testplanung aus dem Jahr 2011, die dem Vorschlag von Miller & Maranta folgt. Die Bürogebäude und das Hotel Hilton werden rückgebaut. Drei neue Gebäude und ein öffentlicher Stadtplatz bilden ein neues Ensemble, das zusammen mit den bestehenden Freiräumen der Elisabethenanlage und des Centralbahnplatzes einen grosszügigen Freiraum aufspannt. Jury • Sachpreisrichterin und Sachpreisrichter Renato Piffaretti, Leiter Immobilien Baloise, Basel Philippe Fürstenberger, Leiter Bautreuhand Baloise, Basel Marlis Lübcke, Leiterin Gebäudemanagement & Sicherheit, Logistik Baloise, Basel Jürg Degen, Leiter Areal- und Nutzungsplanung, Bau- und Verkehrsdepartement, Kanton Basel-Stadt Expertin und Experten Areal- und Nutzungsplanung: Marc Février, Kanton Basel-Stadt Stadtraum und Verkehr: Gaetano Castiello, Kanton Basel-Stadt Freiraum: August und Margrith Künzel, Binningen Arbeitsplatzkonzept: Martin Kleibrink, Winterthur Daten Veranstalter: Basler Versicherungen (Baloise), Basel Verfahren: 2 parallele Projektwettbewerbe im Einladungsverfahren Teilnehmer: 10 Verfahrensbegleitung: Beatrice Bayer Architekten, Beatrice Bayer, Elias Rüedi, Annick Schirmer, Basel Jurierung: September 2014 Drei Baufelder • Das Vorhaben ist aufgeteilt auf mehrere Baufelder, koordiniert vom Masterplan der Architekten Miller & Maranta und der Landschaftsarchitekten August und Margrith Künzel: Baufeld A mit Hotel-Hochhaus (Direktauftrag: Miller & Maranta), Baufeld B mit Konzernsitz, Baufeld C mit Bürogebäude mit Schulungszentrum und öffentlichem Stadtplatz (Vorprojekt: August und Margrith Künzel). Die hohe Qualität der Anlage ist entscheidend, nicht nur aufgrund der Verpflichtungen aus dem Bebauungsplan, sondern ebenso aus repräsentativen Gründen. Der Konzernsitz soll seine prominente Bedeutung auch nach aussen zeigen können und trotzdem eine zurückhaltende Wirkung haben. Ziel ist die Realisierung des gesamten Vorhabens bis 2019. Die Eröffnung des Hotels ist für Ende 2018 vorgesehen, zum gleichen Zeitpunkt sollen Rohbauten und Fassaden der Baufelder B und C fertiggestellt sein. Aus dem Bericht des Beurteilungsgremiums 72 hpw1501_071-093.indd 72 18.02.15 13:49 Der Baloise Park nach dem Wettbewerb zusammengesetzt: Miller & Maranta, Valerio Olgiati und Diener & Diener Visualisierung: Baloise Die Baloise will drei Häuser und einen Platz bauen, wo heute das Hilton-Hotel steht. Fotos: Baloise hochparterre•wettbewerbe 1 • 2015 • Baloise Park, Basel • 4D • Verwaltung • Verwaltung der Wirtschaft hpw1501_071-093.indd 73 73 18.02.15 13:49