www.plan-m.wdr.de 2013 | 2014 Mossolow – Die Eisengießerei Beitrag für den WDR Musikraum »Faszination Maschine« Alexander Mossolows »Die Eisengießerei« Von Marie König und Maria Gnann Mitwirkende: Autorin 1: Marie König Autorin 2: Maria Gnann Sprecher: Michael Rüger Musik: Alexander Mossolow: »Zavod«. Muzyka mašin (»Die Eisengießerei«) op. 19 (1926–28) Orchesterepisode aus dem Ballett »Stahl« WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung: Andrzej Markowski MUSIK 1 (Lärmender Ausschnitt) 0'55"–0'58" AUTORIN 1 Was ist das? – Was könnte hier vertont worden sein? SPRECHER a) Zwerge beim Kristallabbau in ihrem Bergwerk, b) eine auf Hochtouren arbeitende Fabrik in Russland, oder c) Filmmusik zu »Herr der Ringe«: die Orks beim Schmieden neuer Waffen in der schwarzen Hölle Mordor. AUTORIN 1 Es ist b: die russische Fabrik. ATMO 1 Fabrik (hämmern, schleifen, brummen) 1 www.plan-m.wdr.de 2013 | 2014 Mossolow – Die Eisengießerei AUTORIN 2 Hämmer schlagen auf Eisen. Die Hitze der sprühenden Funken treibt Schweiß ins Gesicht. Der Rauch von schwarzdampfenden Öfen raubt einem den Atem. Der Mensch wird zum Sklaven der Maschine, zum Untertan der Industrie. Alexander Mossolows Orchesterstück »Zavod« (»Die Fabrik«) versetzt uns 80 Jahre zurück nach Russland. AUTORIN 1 Der russische Komponist Alexander Mossolow war ein Draufgänger. Schon mit 16 ist er von zu Hause ausgerissen, weil er unbedingt in der Armee kämpfen wollte. ATMO 2 Kanonenschüsse AUTORIN 1 Randalieren, Schule schwänzen: Mossolow war alles andere als ein Chorknabe. ATMO 3 Dreiklang Knabenchor AUTORIN 1 Auch seine Auffassung von Musik war nicht gerade brav. Klassik war für ihn nicht bierernst und heilig. Im Gegenteil: Der Komponist hatte einen diebischen Spaß dabei, Kunst auch mal ins Lächerliche zu ziehen. So hat er beispielsweise Zeitungsannoncen über Blutegel, Stotterer und einen entlaufenen Hund in Musik übertragen. Mossolow komponierte nach seinen Vorstellungen. Seine Musik war experimentell, oft schräg und kraftvoll. MUSIK 2 (Beginn) ab 0'00" AUTORIN 1 Mossolows erste Komposition für Ballett hieß »Stahl«. AUTORIN 2 Rosa Tütüs in einer dekorierten Maschinenhalle? AUTORIN 1 Von wegen! Mossolow hat den Tänzern die Musik nur so um die Ohren gehauen. Schrill, mechanisch, schmucklos: Die Tänzer müssen wohl eher gezuckt als getanzt, eher marschiert als Pirouetten gedreht haben. Leider wurde das Ballett nie aufgeführt und wir können nur vermuten, wie Hämmer und Zahnräder über die Bühne getanzt wären. Nur das erste Stück aus dem Werk ist erhalten geblieben: eben »Zavod« (»Die Fabrik«), heute auch bekannt unter dem Titel »Die Eisengießerei«. AUTORIN 2 Bei Mossolow wird das Orchester zu einer lärmenden Maschine. Das Bild einer riesigen Fabrik erzeugt er mit heldenhaften Blechklängen. 2 www.plan-m.wdr.de 2013 | 2014 Mossolow – Die Eisengießerei MUSIK 3 (Ausschnitt Blech) 0'49"–0'55" AUTORIN 1 Geigen, Flöten und Oboen imitieren quietschende Scharniere. MUSIK 4 (Ausschnitt Streicher/Flöten/Oboen) 0'17"–0'23" AUTORIN 2 Die Pauken und Trommeln geben den hämmernden Rhythmus vor, dem sich alles andere beugen muss. MUSIK 5 (Ausschnitt Rhythmus) 2'15"–2'19" AUTORIN 1 Immer gleiche Melodiefetzen stehen für die ständig wiederkehrenden Abläufe eines riesigen Triebwerks. MUSIK 6 (Ausschnitt Triebwerk – Hörner/Trompeten) ab 2'50" AUTORIN 2 Wie Zahnräder greifen die Motive der Instrumente ineinander und werden so zu einem gigantischen Mechanismus. AUTORIN 1 Nicht das einzelne Rädchen zählt, sondern das ganze Räderwerk. Das galt auch für die Gesellschaft, in der Alexander Mossolow gelebt hat: Die Einzelperson war nur dann wertvoll, wenn sie dem großen Ganzen diente. 3