Raeffelstrasse 11 CH – 8045 Zürich Tel. +41 1 372 2255 Fax +41 1 372 2256 Mail [email protected] Fragen an Christoph Burri, Architekt Kesselhaus Welches war die grösste Herausforderung im Zusammenhang mit der Architektur des Kesselhaus-Umbaus? Das Prinzip Kesselhaus ist ein Organtausch: Das alte Innenleben, die Heizkessel fürs Brauchwarmwasser des ganzen Sulzerareals, wurde schon vor Jahren entfernt. Die Hauptidee ist, den historischen Gebäudekörper mit neuen Organen wieder zum Leben zu erwecken. Durch den prominenten Standort vis a vis vom Bahnhof Winterthur und am Kopf des Sulzerareals wurde im Gestaltungsplan Sulzerareal Winterthur eine publikumsorientierte Nutzung gewünscht und festgelegt. Als Gebäude mit Mischnutzung für Shopping und Entertainment wurden hochfrequentierte Nutzungseinheiten generiert und im bestehenden Gebäudekubus verschachtelt implantiert. Das Kesselhaus ist eines der stark geschützten Gebäude auf dem Sulzerareal. Die komplette Fassade, die Kohlesilos und die innere Gebäudestruktur waren durch die Auflage der Denkmalpflege zu erhalten. Die Herausforderung lag darin, die neuen Teile für den zukünftigen Besucher erleb- und fassbar zu bauen. Die enorme Dichte an neuen Baukörpern, die in den bestehenden Rahmen eingebaut werden, von innen wie aussen zu kommunizieren. Durch ein kluges Netz von Erschliessungswegen, die starke Kontrastierung von alt zu neu und den Tageslichteinlässen wird dies möglich. Welche modernen Kontrastpunkte haben Sie zum historischen Industriegebäude gesetzt? Es sind dies die Einbauten der Kinokörper. Diese grossvolumigen, monolithischen Betonkonstruktionen mit einer nicht strukturierten, glatten und glänzenden Oberfläche stellen einen starken Kontrast zu den bestehenden kleinformatigen Backstein- und grauen Industriewänden dar: Dem noch sichtbaren Stahltragwerk der Dächer, den alten Markierungen über Bodenbelastungen und Geschosshöhen oder den Schweissspuren aus über 100 Jahren Industriegeschichte. Was ist das Konzept für die Innenarchitektur? Das Grundkonzept ist, die bestehenden Industriebauteile mit all ihren Spuren aus der Geschichte des Kesselhauses wo immer möglich unberührt zu belassen und dem gegenüber die neu eingebauten Teile klar abzuheben. Das Kesselhaus soll aber immer seinen IndustrieBeilage Medienmappe Eröffnung Kesselhaus Winterthur 1/2 A2017_architekten A2017_architekten A2017 GmbH Charakter behalten. Aus diesem Grund ist auch die Technik nur da, wo notwendig, versteckt oder ist der Boden als verbindende Fläche industrietauglich gebaut. Welches Detail/welcher Bereich im Kesselhaus ist Ihr Lieblingsort, architektonisch gesehen? Der Raum unter den Kohlensilos, wo die Kinobesucher über die Wendeltreppe in die oberen Foyers zirkulieren und die Besucher der Bar das Geschehen beobachten können oder tief sitzend im bequemen Sessel den einmaligen Raum geniessen. Das Kaskaden-Treppenhaus entlang der Zürcherstrasse, wo im Kaltraum zwischen dem Kinosaal und der Glasfassade mit einer Höhe von 20 Metern die Industriekathedrale inszeniert wird, und natürlich der Aufgang über die grosszügige Treppe durch die Mall in das Hauptfoyer der Kinos unter die beeindruckende Auskragung des grossen Kinosaals, wo noch einmal über die ganze Höhe die riesigen Dimensionen wahrgenommen werden. Was war in Bezug auf die modernen Kinosäle speziell zu beachten? Die Kinosäle werden THX zertifiziert. Dieser hohe Standard stellt Anforderungen an Akustik und Schall, hörbar und fühlbar. Die Kinosäle wurden deshalb mit einem sehr aufwändigen Verfahren von der bestehenden Struktur getrennt und schwingend gelagert. Damit eine Schallübertragung von Kino zu Kino oder von aussen nach innen möglichst nicht wahrnehmbar ist. Dies betrifft auch sämtliche Leitungen, die in die Säle geführt werden. Und in Bezug auf die anderen Nutzungen? Das Kesselhaus ist sehr publikumsintensiv. An vielen Orten kreuzen sich die Wege zwischen den verschiedenen Nutzungen. Der Sicherheit im Gebäude wurde deshalb auf allen Ebenen ein sehr hoher Grad an Aufmerksamkeit geschenkt. Es gibt Flächen mit gleichzeitiger Nutzung für den Normalbetrieb, an denen zusätzlich im Notfall mit Hilfe von versenkbaren Schleusen Fluchtkorridore geschaffen werden. Hier keine Knoten zu schaffen war eine Herausforderung. Beilage Medienmappe Eröffnung Kesselhaus Winterthur 2/2