nachbericht holzbautag 2017

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Berner Fachhochschule
Architektur, Holz und Bau
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NACHBERICHT HOLZBAUTAG 2017
Biel, 19. Mai 2017
Bauen mit Holz im Stadtraum wird derzeit alltäglich. Holz war im urbanen Raum
stets präsent, allerdings oft versteckt in Dächern, Geschossdecken,
Innenausbauten und als Tragwerk unter verkleideten Fassaden. Die heute
bestehenden neuen Baumethoden mit Holz und liberalisierte Vorschriften zum
Brandschutz haben den Holzbau schrittweise vorwärts gebracht. Der Baustoff
aus dem Wald erobert erneut den urbanen Raum.
Mehrgeschossige Holzbauten, Aufstockungen, Verdichtungen in bestehenden
Quartieren oder Bautenzeilen – die trockene, rasche und störungsarme
Montagebauweise mit Holz überzeugt die Architekturwelt, Bauherrschaften und
Investoren gleichermassen. Mit Modulbauweisen ist ein effizienter Baubetrieb mit
geringen Lärm- und Staubemissionen gewährleistet. Das im Verhältnis zur Leistung
geringe Gewicht von Holzkonstruktionen erlaubt Aufstockungen wo dies ansonsten
unmöglich schien. Es lässt dabei mehr zusätzliche Stockwerke zu, als es ein
Massivbau erlaubt.
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Am Holzbautag 2017 in Biel kamen die Themen «Hohe Häuser», «Verdichten und
erweitern» und «Grosse Projekte» zur Sprache. National und international anerkannte
Spezialisten der Architektur und des Holzbaus - Raumplaner, Architekten und
Ingenieure - loteten die Herausforderungen und das Potenzial der Trockenbauweise
im städtischen Raum aus, skizzierten die aktuelle Situation und wagten Ausblicke in
die Zukunft. Mit über 400 Teilnehmenden war dem durch die Berner Fachhochschule
durchgeführten Anlass erneut ein grosser Erfolg beschieden.
Hohe Häuser
Gemäss den neuen Vorschriften der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen VKF
ist in der Schweiz die Hochhausgrenze bei 30 Metern Höhe und einer Geschossfläche
von 900 m2 mit einer Treppenanlage festgelegt. Für reine Holzkonstruktionen ist die
Gesamthöhe auf 30 Meter limitiert. Letzteres entspricht einem Haus von acht
Geschossen. Gemäss Jürg Degen vom Planungsamt des Kantons Basel-Stadt führt dies
vermehrt zu Ersatzneubauten im oft fünfgeschossigen Bestand statt zu
Aufstockungen. Er betonte aber, dass in Transformationsgebieten mit tragfähigen
Gewerbebauten Aufstockungen durchaus eine interessante Option darstellen können.
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Neue Fachliteratur: Aufstocken mit Holz – Verdichten, Sanieren, Dämmen. Markus Moser, Marc Forestier,
Mélanie Pittet-Baschung, Charles von Büren. Birkhäuser Verlag 2014.
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Zu den typologischen, architektonischen und konstruktiven Überlegungen für das in
Rotkreuz (Kanton Zug) entstehende erste Holzhochhaus äusserte sich Oliver Dufner
von Burkard Meyer Architekten BSA, Baden. Dieses Bürogebäude zeichnet sich durch
flexibel nutzbare Grundrisse aus und weist auch im Erdgeschoss eine offene Struktur
mit mehreren möglichen Zugängen auf. Ein massiver Erschliessungskern sichert die
horizontale Aussteifung und der Holzskelettbau mit Vollholzstützen und Unterzügen
in Bau-Buche-Furnierschichtholz. In dieses Tragsystem werden Holz-Beton
Hybriddecken mit integrierten Eco-Boost Systemdeckenelementen eingehängt. Dies
dient der Kühlung, Heizung, Lüftung und Akustik der Räume. Eine abgestimmte
Planung und Vorfertigung reduziert die Bauzeit deutlich. Die Fassadenverkleidung in
Alucobond kaschiert aussen den Holzcharakter des Gebäudes und dient als
Witterungsschutz.
In Kombination mit Stahl und Beton können gemäss den neuen Brandschutzrichtlinien
(2015) Gebäude bis 100 Meter Höhe auch mit Einsatz von Holz erstellt werden.
Ingenieur Pirmin Jung (Pirmin Jung Ingenieure, Rain) schilderte anhand von Beispielen
aus dem In- und Ausland die sich aus Hochhausbauten ergebenden technischen
Herausforderungen bezüglich Sicherheit in Bezug auf Brand und Erdbeben, Statik,
Schallschutz und Akustik usw. Er zeigte auf, was die Unternehmen des Holzbaus
bezüglich Materialeinkauf, Logistik, Produktion und Montage beim Bau von
Hochhäusern zu beachten haben. Der hohe Grad an Vorfertigung verbunden mit
kurzen Montagezeiten erhöhen gemäss Jung das Risiko für Schäden z.B. aufgrund der
Witterung oder bei der Montage – eine Herausforderung der mit geplantem und
angemessenem Schutz begegnet wird. Jung sieht mit dem Bau von Hochhäusern unter
Einbezug von Holz im konstruktiven Bereich ein erhebliches Marktsegment für die
Branche.
Verdichten und erweitern
Der Holzbau hat im Bereich der Sanierung, Aufstockung und Verdichtung einige
Trümpfe auszuspielen. Als trockene Montagebauweise mit einem herausragenden
Verhältnis zwischen Eigengewicht und Tragkraft ist das Bauen mit Holz für ein
Verdichten im Bestand der geeignete Baustoff. Anhand aktueller Planungen für eine
Wohngenossenschaft in Zürich, dem Ersatz eines dreigeschossigen Massivbaus in St.
Gallen und einer grossmassstäblichen Aufstockung in Holz in einem innerstädtischen
Hotspot Zürichs wurde dies eindrücklich dargelegt.
Beim Masterplan für die grosse Siedlung Friesenberg der FamilienheimGenossenschaft Zürich FGZ sind es vor allem die neuen Lebensgewohnheiten der
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Bewohner, welche die Neuplanung und angestrebte Verdichtung um 700 Wohnungen
der seit 90 Jahren bestehenden Bauten notwendig macht. Das heute schwach
genutzte, vom öffentlichen Verkehr gut erschlossene Areal in städtischer Lage neu
und intensiver zu nutzen und die soziale Durchmischung zu erhalten scheint dabei
ein Gebot der Vernunft. Der Präsident der FGZ Alfons Sonderegger schilderte die
dabei zu überwindenden Hürden von Seite Planung und Behörden.
Bautechnische und architektonische Fragen standen im Mittelpunkt der
Präsentationen von Ingenieur Ivan Brühwiler (Josef Kolb AG, Romanshorn) und Yves
Schihin (burkhalter sumi architekten, Zürich). Beim Projekt Röschstrasse St. Gallen
wurden drei bestehende Stockwerke rückgebaut und die im Untergeschoss
verbliebene Betonstruktur als Fundament für fünf neue Wohngeschosse in Holz
genutzt, der bestehende Stützenraster wurde übernommen. Durch das im Vergleich
zu Massivbau geringe Konstruktionsgewicht der Holzbauweise liess sich ohne
aufwendige Verstärkungen eine maximale Nutzung im Bestand erzielen.
Beim Bahnhofareal der S-Bahn im Zürcher Quartier Giesshübel konnte ein sehr
tragfähig gebauter, massiver Sockelbau um vier Geschosse in Holzkonstruktion
aufgestockt werden. Dies entspricht einer um 300% erhöhten Ausnutzung. Das
Projekt von burkhalter sumi architekten (Zürich) zeigt nicht nur, wie eigentlich
technisch einfach eine solche Aufstockung aus Holz zu bewältigen ist. Die an diesem
Ort im Zentrum Zürichs so erreichte Verdichtung zahle sich, so Schihin, auch als
Investition aus, denn entstanden sind einzigartige Stadtappartements die ein hohes
Mietpreisniveau erlauben – eine echte «unique selling position».
Grosse Projekte
In der Schweiz sind Grossprojekte mit Holz im urbanen Raum nicht mehr überall
Neuland. In Zürich ist auf dem Areal des ehemaligen Zollfreilagers ein neues Quartier
geplant und gebaut worden. Aufgrund eines städtebaulichen Konzepts von Meili &
Peter Architekten, Zürich wurden dort zwölf Gebäude mit nahezu tausend Wohnungen
realisiert. Drei Langhäuser in Holzbau und drei Turmhäuser in Massivbauweise
projektierte Architekt Rolf Mühlethaler, Bern. Die klare Anordnung der Bauten erzeugt
angenehme Aussenräume und die Wohnungen verfügen über einen hohen
Gebrauchswert. Die Holzbauten sind durch Erschliessungskerne aus Beton versteift,
die Holzbauelemente sind durchgehend systematisiert und standardisiert.
Mühlethaler betonte, dass dies zu vergleichsweise günstigen Erstellungskosten
führte.
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Ein derart grosses Projekt mit Holz bedingt eine optimal abgestimmte
Prozessorganisation für die Fertigung. Der technische Berater und Holzbautechniker
Philemon Ruf von der ausführenden Firma Renggli in Schötz legte die entsprechenden
Arbeiten dar. Für die drei Langhäuser in Holzbauweise wurden rund 8500 Elemente
für Decken, Wände und Böden produziert und montiert. Die damit verbundenen
Arbeiten nahmen ein Jahr in Anspruch. Alle Elemente waren just in time zu liefern, die
übrige Produktion der Firma Renggli musste gleichzeitig weiterlaufen. Für die
phasenweise organisierte Montage war ein sechsköpfiges Team vor Ort tätig. Das
Projektteam minimierte die Rüstzeiten, stimmte Maschinen und Anlagen auf deren
Verfügbarkeit ab, verkürzte Materialflüsse und minimierte die Umlauf- und
Lagerbestände. Diese Prozesse konnten laufend optimiert werden.
Ausblick
Die bauliche Verdichtung bedeutet eine grosse Herausforderung für die heutigen und
die kommenden Generationen. Christine Seidler, Dozentin für Urbanismus und
Mobilität an der Berner Fachhochschule plädierte klar für eine qualitative Verdichtung
basierend auf Weitsicht sowie auf einer umsichtigen Bau- und Planungskultur.
Verdichten im Bestand ist nicht allein ein bautechnisches Problem sondern betrifft
auch soziale Fragen und beeinflusst die urbane Lebensqualität. Seidler plädierte
dafür, dabei den gemeinnützigen und kostengünstigen Wohnungsbau zu fördern und
so eine Gentrifizierung (Yuppisierung) zu verhindern. Sie sprach davon, eine
«enkeltaugliche» Verdichtung mit hoher Lebensqualität anzustreben und zu leisten
und Orte zu schaffen, die eine Identität aufweisen und lebenswert sind.
Wie in der Stadt München rasch kostengünstiger Wohnraum realisiert wurde
demonstrierte Architekt Florian Nagler (Florian Nagler Architekten, München/DE).
Über dem bestehenden Parkplatz am «Dantebad» wurde innerhalb eines Jahres ein
hundert Meter langer, fünfgeschossiger Wohnbau mit zahlreichen Kleinwohnungen
geplant und gebaut. Die darin liegenden Einzimmerappartements und 2 1/2Zimmerwohnungen sind über Laubengänge und für je drei Wohnungen vorgelagerte,
kleine und möblierbare Nischen erschlossen. Es gibt dort zudem ein nützliches
Angebot an Gemeinschaftsräumen, ein Waschcafe und eine Dachterrasse mit
Spielflächen, Liegedecks und Raum für «urban gardening». Das Haus schwebt
sozusagen auf einer die Parkplätze überbrückenden Struktur aus Stahlbeton, hat in
kurzer Zeit zu aktiv gelebter Nachbarschaft geführt und fügt sich bestens ins Quartier
ein.
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Fazit
Seit einiger Zeit geht die Entwicklung bezüglich neuer Gebäude für Wohnen, Arbeit
oder Dienstleistung hin zur Verdichtung und zu grossvolumigen Bauwerken.
Mehrgeschossige Bauten bieten im Blick auf die beschränkten Landressourcen
sinnvolle Lösungen, Hochhäuser sicherlich zuerst im Bereich der Arbeitswelt. Aus
unterschiedlichen und guten Gründen die am Anlass detailliert dargelegt wurden,
spielt Holz dabei eine zunehmend tragende Rolle.
In der Publikumsdiskussion kamen vor allem bau- und fertigungstechnische Fragen
zur Sprache. Diese sind wichtig und sicherlich für Fachleute interessant. Doch
Architekt Yves Schihin plädierte in seinem Statement zum Abschluss, nicht ganz zu
Unrecht, dafür, den Holzbautag auszuweiten und auch für Investoren und künftige
Bauherren zu öffnen und interessant zu machen. Sie müssten die Argumente, wie sie
René Graf, Direktor des Departements Architektur, Holz und Bau der Berner
Fachhochschule BFH / AHB in seinen Begrüssungsworten äusserte, hören und
verstehen: «Hoch hinaus, weit gespannt, flexibel, sicher, effizient und intelligent
eingesetzt - das sind die Attribute, die zu modernen Holzbauten gehören. Aus dem
aktuellen Trend soll eine neue Selbstverständlichkeit werden.»
Der nächste Holzbautag Biel der BFH findet am 17. Mai 2018 in Biel statt.
Weitere Auskünfte:
Berner Fachhochschule
Architektur, Holz und Bau
Hanspeter Kolb
Telefon +41 32 344 02 11
E-Mail [email protected]
ahb.bfh.ch/holzbautag
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Bilder:
Giesshübel Zürich: Vier Geschosse aus Holz auf
Giesshübel Zürich: Die klaren Grundrisse mit
einem bestehenden, massiven Sockelbau. Das
zweiseitiger Beleuchtung weisen einen hohen
Projekt von Burkhalter Sumi Architekten schuf in
Wohnwert auf.
zentraler Lage eine neue Identität für ein
Bild: Burkhalter Sumi / Heinz Unger
traditionelles Quartier.
Giesshübel Zürich
Bild: Burkhalter Sumi
Die Schweizer Brandschutzvorschriften lassen seit
Im Freilagerareal Zürich wurde 2016 nach dem
2015 Holz in allen Gebäudekategorien und
Gestaltungsplan von Meili & Peter Architekten ein
Nutzungen zu. Selbst Hochhäuser mit Holzbau-
neues Wohnquartier gebaut. Drei langgezogene,
teilen sind neu möglich. Jetzt entsteht das erste
sechsgeschossige Wohnhäuser nach den Plänen von
Holz-Hochhaus der Schweiz in Risch Rotkreuz im
Architekt Rolf Mühlethaler, Bern bestehen aus Holz.
Kanton Zug. Architektur: Burkard Meyer, Baden.
Bild: Rendering zvg
Bild: Michael Meuter, Zürich / Lignum
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Produktion und Logistik für Transporte und
Montage waren beim Projekt Freilager Zürich
für die Holzbaufirma Renggli eine grosse
René Graf, Direktor Berner Fachhochschule
Architektur, Holz und Bau begrüsst zum Holzbautag
Biel
Herausforderung. Rund 8500 Elemente für
Decken, Wände und Böden produziert und
montiert.
Bild: Renggli Schötz
Christoph Starck, Lignum Holzwirtschaft Schweiz,
Blick in den vollen Saal im Bieler Kongresshaus
Zürich, begrüsst zum Holzbautag Biel
Podiumsdiskussion am Holzbautag Biel
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Weitere Bilder sind auf Anfrage erhältlich.
Blick in die Fachausstellung
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