DEtITSOHE MEDIZINISO1IE WOCIIEÑSCIIIUFT 1419 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 18. Dezember 1919 Die Krankenhaus-Diätküche. Von Geh. Sanithtsrat Dr. Lenné, Neuenahr. In Nr. 6 der D. m. W. 1917 hat Ilerr Geh. Rat I-I. Strauss (Berlin) in einer Zuschrift ,,Diätproblem im Lazarettbetrieb" die Ansprüche an eine Diätküche ausführlich auseinandergesetzt. Wie notwendig und nützlich diese Veröffentlichung gewesen ist, kann jeder beurteilen, der, wie Schreiber dieses, dauernd Gelegenheit hat, Kranke, welche einer Diätküche bedürfen, zu übernehmen, welche einer Lazarett- oder Krankenhausbehandlung entstammen. Da sieht man, daß noch vieles in dieser Beziehung im argen liegt. Es erscheint mir daher nicht zwecklos, zumal bei den herrschenden Verhältnissen, die diesbezüglichen Einrichtungen unserer Lazarettküche miztuteilen, da mir die Anforderungen von Strauss etwas hoch gestellt erscheinen, der Betrieb dadurch unnötigerweise korn- 1420 DEUTSCEI MEDIZINISO111 WOO NSRI1'!t Nr. 1 pliziert erscheint. Strauss hat drei St.andarddiäten für Magen-, zwei für Darm-, drei für Zuckerkranke, sodann die Diät für Nierenkranke, R'konva1esznteii und die allgerhcine Kost. S2it 1903 Leiter der hiesigen Milchkuranstalt. habe ich auch die Küche persönlich gelcitel . Im letzten Kriegsjahre, November. 1917 bis Novembr 1918, wurde unserer Ditküche der größte Teil der hiesigen Lazarette angeschlossen, sodaß bei voller Belegung die Nahrung für 835 Personen heizurichten war, und zwar für Personal und Mannschaften Mittag- und Abendessen, fOr die Diätkrankcn die ganze Tagesernährung. Da am Krankenhause, von Strauss nur ein Leiter war, konnte die Ernährung von einem Gesichtspunkte aus festgelegt werdep, es konnte daher von vornherein eine Reihe von feststehenden Diatformen eingerichtet werden. Anders mußte die hiesige Küche verfahren, da die Diäten von den verschiedenen Stationsärzten bestimmt wurden ; es handelte sich dabei um etwa 120 Betten für Magen- und Darmkranke, bnsoviele für Iieren-, 00 fut Zuckerkranke, zudem die einzelnen Diäten bei akuten und sonstigen Erkrankungen und ausgesprochener Rekonvalerzenten. Charakter des Leidens, sondern auch nach dem jeweiligen Standpunkte des ordinierenden Arztes ist. Ich hatte daher angeordnet, daß bis G Uhr abends die Diätzettel der verschiedenen Stationen eingeliefert sein müßten, um frühzeitig einen Ueberblick über die zu liefernden Speisen zu haben. Als Grundlage hatte ich naturgemäß auch verschiedene Standarddiäten aufgestellt, täglich in einem gewissen Turnus wechselnd, soweit dies das vorhandene Material gestattete, und zwar die allgemeine Kost - 10 Uhr dicke Suppe, mittags gebratenes Fleisch (Wurst, Fisch, Eier), Gemüse und Kartoffeln, abends wie mittags oder meistens dicke Suppe mit Käse, Hering, Wurst, Eier und Brot -, bei den einzelnen Diäten war die Diätform bereitgehalten, welche für die schweren Erkrankungsformen erforderlich war, mit Ausnahme der Nierenkranken, für welche eine mittlere Ernährung - saizarme, gewürzlose Speisen mit einmaliger Fleischgabe, im übrigen reichlich Milchsuppen - zur Verfügung stand. Für Magen- und Drmkranke waren Suppen, Breie, fein zerteilte Gemüse und haschiertes Fleisch, für Zuckerkranke die kohienhydratfrei zubereiteten Speisei-i bereit. . Auf diese Weise war es es ein Leichtes, durch Anleihen bei cien einzelnen Diätformen die vorgeschriebene Kdst herzustellen, während besonders verordnete Speisen besonders hergerichtet wurden, dazu zählte auch die Ulkusdiät und die salzfreie Kost für Nierenkranke, bei welch letzterer Milch und Milchspreiseri, Eier die Hauptsache bildeten. Am besten ersichtlich ist uner Vorgehen bei den verschiedenen Kostformen für Zuckerkranke : kohlehydratirei zubereitet waren Suppen und Gemüse, letzteres mit entsprechendem Fett, 75 g pro Kopf, gedämpft. Eiweiß, Fett und Kohlehydrate wurden f ür jeden Fall festgestellt und jedem Kranken gesondert zugeteilt. Je nach dem Schwinden der Glykosurie wurde die Ernährung schließlich allmählich auf die allgemeine Kostform übergeführt. Der Betrieb spielte sich ohne Schwierigkeitèn zur Zufriedenheit von Aerzten und Kranken ab. Bewältigt wurde die Arbeit durch die Leiterin der Küche, welche auch das Kochen besorgte, eine liulfsköchin, zwei Küchenmädchen, ein Servierfräulein, zwei Mann f ür diü Küche (die Arbeit an den großen Kessel»), von welchen einer Metzger von Beruf war, was für die Beschaffung und Zerlegung des Fleisches außerordentlich vorteilhaft war, und einem Unteroffizier, welcher die Ausgabe der Speisen den Diätzetteln entsprechend besorgte. Und nun kommt der wichtige Punkt, auf den Geh. Rat Strauss hingewiesen und den auch ich für unbedingt notwendig erachte, wenn die Küche regelrecht arbeiten soll, nämlich die Forderung, daß der leitende Aizt in der Küche und Kochkunst gründlich erfahren ist, und weiter, daß die Leiterin der Küche die Verwertung und Zubereitung des Materials vom Grunde aus versteht: Der Arzt gibt die Mischung an, die Küchenleiterin bereitet sie zu! Ob letztere eine praktisch und thortisch durchgebildete Person sein muß, wie Strauss verlangt, weiß ich nicht, ich verlange das erste und - unbedingte Folgsamkeit den gegebeuen Anordnungen gegenüber. Personen, welche, gestützt auf ihre Kochkenntnisse, alles besser wissen, sind nicht zu gebrauche. Endlich ist unerläßlich eine Person, welche in der Zu- und Verteilung der Speisen durchaus geschult ist, diese muß vor allen Dingen ein gutes Gedächtnis und guten Willen haben. Unser Servierfräulein war in dieser Beziehung eine Perle, welche mit der Sicherheit eines Feldherr» die einzelnen Positionen verteilte und keinen Mißbiauch duldete, wobei sie durch die Tischaufsicht unterstützt wurde. Die Kücheneinrichtung bestand aus zwei Dampfkochkesseln zu 400 Liter, einem Feuerungskessel zu 200 Liter, einem Kessel zu 150 Liter und einem mittleren Gasthofherd, dazu die maschinellen Einrichtungen zur Reinigung und Zerkleinerung der Materialien. Mit dieser nach meiner Auffassung im Verhältnis zu der geforderten Leistung immerhin einfachen Ausstattung hat die Küche im großen und ganzen tadellos gearbeitet und den Mannschaften täglich durchschnittlich 2700 Kalorien, den Diäten bis 3000 Kalorien, den Zuckerkranken 3500-4000 Kalorien gut bekömmlicher, schmackhafter Speisen zur Verfügung gestellt. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Hier konnte von einem festbestimmten Schema nicht die Rde sein, da die Diät bekanntlich individuell nicht nur nach dem