Reißleine ziehen: jetzt RWEB-Vertrag kündigen

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Greenpeace Köln, Arndtstr. 12, 50676 Köln
SPD-Fraktion
z.H. Martin Börschel
Rathaus, Spanischer Bau
Rathausplatz 1
50667 Köln
Fossil Free Köln
Nina Emmerich
Greenpeace Köln
Tim Petzoldt
Reißleine ziehen: jetzt RWEB-Vertrag kündigen
und RWE-Aktien veräußern
Köln, 06.06.2016
Sehr geehrter Herr Börschel,
als gewähltes Ratsmitglied und Mitglied im Finanzausschuss ist es Ihre Aufgabe,
verantwortungsvoll mit den öffentlichen Geldern umzugehen. Sie entscheiden über
sinnvolle und nachhaltige Investitionen der kommunalen Gelder und müssen
finanzielle Risiken minimieren. Zu dieser Verantwortung, die Sie tragen, passt es nicht,
an RWE-Aktien festzuhalten. Bis zum 15.07.2016 können Sie handeln!
RWE-Aktien sind spekulative Anlagen
Viele Kommunen in NRW haben in der Vergangenheit RWE-Aktien gekauft, um die
jährlichen Dividenden zu erhalten. Die RWE-Dividendenausschüttungen haben sich seit
2008 von 4,50 € auf 0 € für 2015 verringert. Seit achteinhalb Jahren ist die KonzernEntwicklung negativ und es zeichnet sich ab, dass es auch in den nächsten Jahren
keine Dividende geben wird. Aufgrund der langfristigen Verträge werden sich die
aktuellen niedrigen Strommarktpreise erst in den kommenden Jahren im operativen
Geschäft und damit in der Bilanz des wankenden Riesen niederschlagen.
Der Aktienkurs von RWE stieg bis 2008 auf einen Wert von 100€. Aktuell liegt der RWEAktienkurs bei ca. 12€. Wenn Sie die Hoffnung hegen, dass der Aktienkurs von RWE
wieder steigt, worauf begründen Sie Ihre Hoffnung?
Die RWE AG ist nicht mehr im EURO STOXX 50 und droht 2016 auch aus dem DAX 30
herauszufallen. In den letzten 15 Jahren haben sich die Bewertungen von RWE durch
die großen Rating-Agenturen Standard & Poor's und Moody's nicht verbessert, sondern
immer weiter verschlechtert. Aktuell wird RWEs Kreditwürdigkeit bei der RatingAgentur Moody's auf „Baa3“ eingestuft, und bei Standard & Poor's auf „BBB“ mit
negativen Ausblick1. Es ist zu befürchten, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis
die RWE-Aktie als „spekulative Anlage“ eingestuft wird.
Werden Sie handlungsfähig: Kündigen Sie den Schachtelvertrag mit der
1
http://www.rwe.com/web/cms/de/1775774/rwe/investor-relations/anleihen/kreditrating/ , vom 14.05.2016
RWE-Beteiligungsgesellschaft mbH (RWEB)
Die Stadt Köln ist nicht direkt im Besitz der RWE-Aktien, sondern hat sie in die RWEBeteiligungsgesellschaft mbH (RWEB) eingebracht. Von diesem Vertrag können Sie
aber nicht jederzeit zurücktreten, sondern nur einmal im Jahr – in der Regel zum 30.03.
eines Jahres. Auf Grund der besonderen Lage von RWE, wurde die Frist zur Kündigung
in diesem Jahr auf den 15.07.2016 verlängert. Diese Möglichkeit müssen Sie nutzen.
Sie sind nur politisch handlungsfähig, wenn Sie von diesem Gesellschaftervertrag
zurücktreten. Nur wenn Sie im direkten Besitz der RWE-Aktien sind, können Sie
politisch darüber entscheiden, zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Kurs die Stadt
Köln die Aktie verkaufen soll.
Ihre RWE-Aktie: 100% Kohle und Atom
RWE hat sich in diesem Jahr in zwei Unternehmen aufgespalten: ein neues
Unternehmen mit dem Namen „RWE International“ und die „alte“ RWE AG. Das
bedeutet, dass die Stadt Köln als Inhaberin von Aktien des alten RWE-Konzerns
zukünftig Anteile an einem Unternehmen hält, welches seinen Strom ausschließlich in
Atom- und Kohlekraftwerken produziert.
Dass die RWE AG weiterhin an der Braunkohle festhalten will, zeigen die Aussagen
vom Vorsitzenden des Vorstandes, Herrn Matthias Hartung. Demnach will RWE bis
mindestens 2050 die Braunkohle-Tagebaue weiterbetreiben. RWE plant sogar noch ein
neues Braunkohlekraftwerk in Niederaußem für mindestens 1,5 Mrd. €. Es kann nicht
sein, dass ein reiner Atom- und Kohlekonzern mit Investitionen aus öffentlichen
Geldern gestützt wird. Dies ist finanzpolitisch hochriskant und klimapolitisch
unverantwortbar!
Was Sie wissen sollten
Über die US-Tochtergesellschaft „RWE Trading Americas Inc.“ ist RWE an dem KohleUnternehmen Blackhawk Mining LLC finanziell beteiligt. Blackhawk Mining betreibt in
den USA das extrem umwelt- und gesundheitsschädliche Mountain Top RemovalVerfahren zur Kohleförderung und sieht sich in den USA tausenden von Umweltklagen
und Schadensersatzklagen von gesundheitlich Geschädigten gegenüber. Aus diesem
Grund werden Investitionen in Blackhawk Mining als „Paria-Investition“ 2 eingestuft. So
bezeichnen Anleger Unternehmen, von denen man aus ethischen Gründen besser die
Finger lässt. Eine Reihe Großbanken wie die Bank of America, die Schweizer UBS oder
Frankreichs BNP Paribas haben erklärt, sich aus der Finanzierung des MTR-Abbaus
zurückzuziehen.
Der Kohleausstieg ist besiegelt: die Beschlüsse der UN-Klimakonferenz
Im Dezember 2015 hat sich die Weltgemeinschaft auf dem UN-Klimagipfel darauf
geeinigt, die globale Temperaturerhöhung auf deutlich unter 2 Grad zu beschränken
und eine Temperaturerhöhung von nicht mehr als 1,5 Grad anzustreben. Auf dieses
verschärfte Klimaschutzziel hat man sich geeinigt, weil die Klimaforscher im letzten
IPCC-Bericht dargelegt haben, dass der Klimawandel schneller kommen und
drastischer ausfallen wird, als bisher angenommen.
2
ZEIT, Das ist der Gipfel, 17.03.2016, http://www.zeit.de/2016/13/rwe-usa-kohle-minen-sprengung-bergbau
Fazit: RWE-Aktien sind schlecht für’s Klima und den Haushalt
In Verantwortung gegenüber dem kommunalen Vermögen der Bürgerinnen und Bürger
unserer Stadt fordern wir Sie auf: ziehen Sie die Reißleine!
1) Beschließen Sie umgehend – jetzt, im Juni 2016 – im Finanzausschuss und im
Stadtrat den Ausstieg aus der RWE-Beteiligungsgesellschaft mbH und werden
Sie politisch handlungsfähig. Halten Sie den Kündigungstermin 15.07.2016 ein!
2) Veranlassen Sie den Verkauf aller RWE-Aktien.
Setzen Sie ein klima- und energiepolitisches Zeichen:
3) Re-investieren Sie das freigewordene Kapital in Klimaschutz-Maßnahmen und in
den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Ihrer Stadt.
4) Setzen Sie sich für nachhaltige, soziale und ökologische Kriterien für die
kommunalen Investitionen ein. Sorgen Sie so dafür, dass zukünftig kein Geld
mehr an die 200 größten Kohle-, Öl- und Gas-Unternehmen fließt bzw. ziehen Sie
unsere kommunalen Gelder aus diesen Unternehmen innerhalb der nächsten
fünf Jahre ab.
Sehr geehrter Herr Börschel, Ihre Aufgabe als gewähltes Ratsmitglied ist es nicht ein
Unternehmen mit verfehlter Firmenpolitik und unbelehrbarem Management zu retten.
Ihre Aufgabe ist es, unsere öffentlichen Gelder vor Risiken zu schützen und im Sinne
des Allgemeinwohls einzusetzen!
Mit freundlichen Grüßen
Fossil Free Köln
Greenpeace Köln
Die Kohlenstoffblase: Unter der Kohlenstoffblase versteht man die Spekulationsblase,
die sich aus der Unvereinbarkeit der in Paris vereinbarten 2 Grad-Grenze mit der Investition
in solche Unternehmen ergibt, die fossile Brennstoffe Kohle, Erdöl und Erdgas fördern und
verbrennen.
Da bei einer globalen Erwärmung von zwei Grad unumkehrbare Kipppunkte drohen, gilt
dieser Wert in der internationalen Staatengemeinschaft als nicht verhandelbar. Bei einem
weiterhin ungebremsten globalen Treibhausgas-Ausstoß wird dieser Wert bereits Ende der
2020er Jahre überschritten sein.
Um das zu verhindern, müssen mindestens 80% der fossilen Reserven im Boden bleiben.
Dadurch droht eine deutliche Wertminderung für zahlreiche Unternehmen der fossilen
Energiewirtschaft, da sie die Förderrechte in ihren Bilanzen als Vermögenswert eingestellt
haben. Die Überbewertung dieser fossilen Energiereserven wird mit Verweis auf das
Carbon Tracker & Grantham Institute auf 27 Billionen US-Dollar geschätzt. Bei der
Kohlenstoffblase könnte es sich somit um die größte Spekulationsblase der bisherigen
Geschichte handeln. Allein sieben der zehn größten Unternehmen der Welt sind im Bereich
Erdöl und -gas tätig und sind damit von massiven Wertverlusten durch die Kohlenstoffblase
direkt betroffen – ebenso wie Investitionen in RWE.
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