GESAMTSANIERUNG GYMNASIUM, 3800 INTERLAKEN Gesamtsanierung Gymnasium, Interlaken Ausgangslage Die von Hans Andres entworfene Schulanlage wurde zwischen 1967 und 1971 erbaut. Die Anlage, als Campus konzipiert, umfasst verschiedene Unterrichtsbauten. Im Zentrum steht das viergeschossige Gymnasium mit dem angegliederten Annex-/Aulagebäude. Im Gegenwinkel liegen die Turnhalle sowie das Mittengrabenschulhaus. Letzteres wird durch das Gymnasium und das ostwärts gelegene Berufsschulzentrum (BZI) gemeinsam genutzt. Peripher des Campus liegen zudem die Sportanlage, ein Abwartshaus, gedeckte Veloabstellplätze und ein Parkplatz. Die Gesamtanlage ist im Bauinventar aufgeführt und als erhaltenswert eingestuft. Alle Gebäude waren in einem schlechten Zustand und zum Teil mit Altlasten wie PCB und Asbest belastet. Die Gebäudehüllen, die Haustechnik, die Tragkonstruktion und der Brandschutz genügten den heutigen Normen und Anforderungen nicht mehr. Die Gebäude waren nicht rollstuhlgängig erschlossen, zudem hatte sich der Raumbedarf der Schulen aufgrund neuer Unterrichtsformen verändert. Vom Amt für Grundstücke und Gebäude des Kantons Bern wurde nach einem öffentlichen Auswahlverfahren unter Architekturbüros im Jahr 2009 dem Generalplanerteam, unter Federführung der brügger architekten ag Thun, der Auftrag für die Planung der Sanierung der gesamten Anlage erteilt. Bauliche Massnahmen & Struktur Ausgenommen vom Abwartshaus wurde bei allen Gebäuden die Hülle inklusive Dach und Fenster komplett rückgebaut. Vor dem Rückbau wurden die Altlasten fachgerecht saniert. Im Erdgeschoss des Hauptgebäudes wurde die bestehende Küche durch eine vollständig Bauherrschaft Amt für Grundstücke und Gebäude des Kantons Bern Reiterstrasse 11 3011 Bern Architektur brügger architekten ag Scheibenstrasse 6 3600 Thun Bauingenieur B+S AG Weltpoststrasse 5 Postfach 313 3000 Bern 15 Telefon 031 356 80 80 Fax 031 356 80 81 [email protected] www.bs-ing.ch Gebäudeschadstoffe: Diagnose / Sanierungsplanung / Raumluft­ messungen hpb consulting ag Thunstrasse 95 3006 Bern Telefon 031 350 15 20 [email protected] www.hpbconsulting.ch Elektroingenieur varrin & müller Ingenieurbüro für Gebäudetechnik AG Panoramastrasse 1 3602 Thun Telefon 033 227 28 00 www.varrin-muller.ch 42 BAUEN HEUTE 11 – 12 | 2016 GESAMTSANIERUNG GYMNASIUM, 3800 INTERLAKEN Ausgeführte Arbeit: Audio-/Video- & Lichtanlage Ausgeführte Arbeit: Photovoltaikanlage Bluemax Event Technics elentec GmbH Seidenfadenstrasse 39 3800 Unterseen Telefon 033 821 07 40 [email protected] Brennerstrasse 16 3550 Langnau i.E. Telefon 034 408 10 00 Fax 034 408 10 09 [email protected] Ausgeführte Arbeiten: Herstellung & Einrichtung der Küche und Buffet Ausgeführte Arbeiten: Heizungs-, Sanitäranlagen, Gas- & Fernwärmeanschluss Schmocker AG Zumkehr AG Interlaken Dammweg 15 3800 Interlaken Telefon 033 828 38 48 [email protected] Sendlistrasse 4C, PF 393 3800 Interlaken Telefon 033 822 26 06 Fax 033 823 20 02 [email protected] asbestsanieren Wir garantieren Ihnen einen einwandfreien Sanierungsablauf von der Beratung, Planung, Entfernung bis zur Entsorgung und Kontrolle unter strikter Einhaltung der SUVA-Richtlinien. 47_Menz_Ins_Asbest_184x29.indd 1 neue Aufbereitungsküche ersetzt. Der neue Free-Flowbereich wurde zur Mensa ausgerichtet. Damit ist der Eingangsbereich des Hauptgebäudes funktional entflochten worden. Der Raumbedarf der Küche wurde um ein Rasterfeld nach Süden vergrössert und die Treppe ins Untergeschoss in das Volumen integriert. Die neue Fassade bleibt aber deutlich hinter der Flucht der Aulafassade, dadurch wird der Zwischenbau weiterhin als solcher wahrgenommen. Die windmühlenartige Raumstruktur in den Obergeschossen wurde beibehalten. Im Annex-/Aulagebäude wurde für den Lifteinbau im Treppenbereich die bestehende Treppenanlage ersetzt. Die Bühne inklusive Bühnentechnik der Aula ist komplett erneuert und auf den heutigen Stand der Technik gebracht worden. In der Aula hat das Wandmosaik von Werner Fehlmann seinen Platz gefunden, welches vormals im Erdgeschoss vom Hauptgebäude zu sehen war. Die Grundstruktur des Annexgebäudes mit der zweibündigen Anordnung der Unterrichtszimmer und der zentralen Pausenhalle wurde beibehalten. Im Korridorbereich des Obergeschosses wurde das bestehende, tiefer liegende Flachdach abgebrochen und auf dem gleichen höher liegenden Niveau der angrenzenden Dachflächen über den Unterrichtsräumen neu erstellt. Dadurch konnten die Leitungsführung und die Abdichtung des Flachdachs vereinfacht, die Gebäudehüllzahl reduziert und ein räumlicher Mehrwert im Korridorbereich geschaffen werden. Die Halle wird mit den beiden Sammlungsräumen verdichtet, der optische Bezug nach aussen bleibt aber erhalten. Die Fachräume Biologie und Chemie sind im Obergeschoss organisiert. Auch im Mittengrabenschulhaus wurde die innenräumliche Grundstruktur weitergeführt. MENZ AG Dipl. Malermeister Zuchwilstrasse 6, Postfach 4542 Luterbach Telefon 032 637 59 59 Telefax 032 637 59 58 E-Mail [email protected] www.menz.ch 10:44:45an Uhr Im Untergeschoss wurde der6.9.2010 Lichtschacht der Nordfassade aufgebrochen, damit die Unterrichts- und Arbeitsräume mit ausreichend Tageslicht versorgt sind. Durch die Nutzungsverdichtung im Erdgeschoss ist die Pausenhalle über zwei seitlich angeordnete Zugänge erschlossen. Die Zugänge werden als gedeckte, in das Volumen eingezogene Vorbereiche über die Gebäudeecke definiert. Ab dem Windfang sind das Ober- und Untergeschoss direkt über die internen Treppen erschlossen. Die grosse Halle im EG ist durch einen neu eingebauten Raumkörper (Sammlung Physik) gegliedert. Das neu geschaffene Oblicht führt zusätzlich Tageslicht bis ins Erdgeschoss. Im Obergeschoss wurden die Bühne im Saal abgebrochen und die Technik erneuert. Mit der neuen Wandverkleidung und der neuen abgehängten Decke wird eine gute Raumakustik geschaffen. Damit der Schulbetrieb während BAUEN HEUTE 11 – 12 | 2016 43 GESAMTSANIERUNG GYMNASIUM, 3800 INTERLAKEN der Bauphase sichergestellt werden konnte, wurde ein zweigeschossiges Schulprovisorium mit 12 Raumeinheiten erstellt. Statik & Sicherheit Alle Gebäude haben eine äusserst flexible Primärstruktur, der Raster variiert zwischen 3,30 m im Mittengraben und 4,10 m im Hauptgebäude. Das übergeordnete, bestehende Tragwerk ist ein Stützen-Träger-System, konstruiert mit HEA-Stützen und IPE-Trägern. Ein Holoribblech mit Überbeton bildet die Ge- 44 BAUEN HEUTE 11 – 12 | 2016 schossdecken ab EG. Die Untergeschosse sind allesamt in Stahlbeton ausgeführt. Die Erdbebensicherheit in den bestehenden Gebäuden wurde mit je vier vertikalen Stahlverbänden ertüchtigt. Das Hauptgebäude mit Aula und Annex sind mit einer Sprinkleranlage mit Vollschutz ausgerüstet. Im Hauptgebäude wird die Trennung der beiden Treppenanlagen mit zwei brandfallgesteuerten Schiebetüren pro Geschoss erreicht. Die Fluchtwege aus den Obergeschossen führen somit getrennt über beide Treppenanlagen bis ins Erdgeschoss und über die Brandfallvorhangkorridore direkt ins Freie. Damit entfiel die unschöne, provisorische Fluchttreppe auf der Südseite. Im Mittengrabenschulhaus konnte mit dem Versetzen der Treppe und dem Verschieben der Zugänge in die Gebäudeecke erreicht werden, dass aus dem Obergeschoss über die Treppen direkt ins Freie geflüchtet werden kann. Da die gesamte Anlage in einem Hochwassergebiet liegt, mussten alle Lichtschächte erhöht und gegen Hochwasser geschützt werden. GESAMTSANIERUNG GYMNASIUM, 3800 INTERLAKEN Architektur & Umgebung Der das Areal prägende Ausdruck der Fassaden mit Bandfenstern und der Fassadenverkleidung aus hellen Eternitplatten wird weitergeführt. Die Offenheit und Wirkung der Fassade auf allen vier Gebäudeseiten bleibt trotz energetischer Sanierung erhalten. Das sich in alle Richtungen ausdehnende und Durchblicke gewährende Innere des Hauptgebäudes wird horizontal und vertikal durch die versetzten Treppenläufe und die aussteifenden Wandscheiben gegliedert. Die Art des Einsatzes von Stahl und Glas, die gewählte Materialität und die Eingriffe in die Gebäudestruktur erzeugen mit der Spannung zwischen Körperhaftigkeit und Transparenz eine spannende, abwechslungsreiche Atmosphäre für den Schulbetrieb. Die Korridore sind Bindeglied von Räumen mit unterschiedlichsten Nutzungen und Stimmungen. Cafeteria-, Aufenthalts-, Schul- und Fachräume sowie Aula werden durch die einheitliche Materialwahl in den Erschliessungsbereichen verbunden. Die Bodenbeläge aus bestehenden, aufgefrischten Kunststeinplatten als auch die Wand- und Schrankverkleidungen aus Eiche erfüllen gleichzeitig die spezifischen Anforderungen bezüglich Nutzbarkeit und der gewünschten Robustheit eines Schulhauses. Die Wände sind mit Tapeten belegt und in neutralem Weiss gehalten, damit sie das mit dem Tageslicht wandelnde Farbspiel der Umgebung aufnehmen und durch Oberlichtverglasungen über den Türfronten bis in die Korridore weitergeben können. Dadurch ergeben sich Ein-, Aus- und Durchblicke, wie sie in einem Schulhaus nicht üblich sind. Der neue Boden in den Unterrichtsräumen besteht aus einem erdigen, flächig wirkenden Linoleum. Die Forderung der Systemtrennung ist mit den bestehenden Stahlskelettbauten bereits weitgehend gegeben und umgesetzt. Die im Stahlskelettbau eingesetzten Wände sind durchwegs als Leichtbauwände gebaut und können innerhalb des Rasters jederzeit versetzt werden. Durch den Einbau der neuen Liftanlagen sind die Gebäude über alle Geschosse rollstuhlgängig erschlossen. Die Schwellenausbildung, die Zugänge und die Öffnungen sind rollstuhlgängig und behindertengerecht ausgebildet. In jedem Gebäude befindet sich eine spezielle, behindertengerecht ausgebaute Nasszelle. Das viergeschossige Haupthaus bildet zusammen mit dem Annex und Aula, dem Mittengrabenschulhaus und dem Turnhallentrakt einen zentral gelegenen, hofartigen Raum. Dieser wird als zentraler Aufenthaltsraum und Drehscheibe im Unterrichtsalltag genutzt. Ein grosszügiger Hartplatz dient als Ankunftsort und Pausenplatz mit Sitzmöglichkeiten. Die Ankunftswege auf diese zent­rale Drehscheibe werden mit begleitenden Baumreihen stärker akzentuiert. Die Aufenthaltsqualität in Mensanähe wird durch angrenzende neue Hartflächen und Vergrösserung des Naturgartenbereichs bereichert. Der bestehende Teich wurde saniert. Die freistehenden Gebäude werden von grosszügigen Grünflächen mit älterem Gehölzebestand umgeben. Grasbänder schaffen Distanz zwischen den Unterrichtsräumen und dem zentralen Pausenhof. Durch den Rückbau peripherer Hartflächen in Grünflächen wurden zusätzliche Spiel- und Liegewiesen dazu gewonnen. Energie, Haustechnik, Umwelt und Ökologie Die Gesamterneuerung wurde nach MINERGIE-ECO-Standard für Umbauten umgesetzt. Die Gebäudehüllen der oberirdischen Geschosse entsprechen dem MINERGIE-P-Sanierungsstandard. Die Brüstungen bestehen aus vorfabrizierten und hochwärmegedämmten Holzelementen, welche mit hinterlüfteten Eternitplatten verkleidet und somit vor Witterungseinflüssen geschützt sind. Die eingesetzten Holzmetall-Fenster sind unterhaltsarm, haben eine 3-fach-Isolierverglasung und entsprechen dem neusten Standard. Die Wärmeversorgung für die Beheizung und die Warmwasseraufbereitung der Gebäude (Hauptgebäude, Mittengrabenschulhaus, Annex / Aula, Turnhalle, Abwarthaus) wird über die bestehende Fernleitung AVARI sichergestellt. Das Mittengrabenschulhaus wurde neu mit einer direkten Zuleitung ab der Zentrale im Hauptgebäude erschlossen. Die gesamte Haustechnikinstallation und Erschliessung wurde komplett neu ausgeführt. Die Steigzonen für die Installationen sind vor allem in den Schrankfronten der Unterrichtsräume geführt. Im Hautgebäude werden zudem die bestehenden Zonen bei der Treppenanlage weiterverwendet. Leitungen und Kanäle für haustechnische Installationen sind horizontal in abgehängten Decken unterhalb der Geschossdecken angebracht. Damit wird gewährleistet, dass die Zugänglichkeit für Service, Unterhalt, Anpassung und Rückbau jederzeit möglich bleibt. Die Technikzentralen befinden sich in den Untergeschossen respektive auf den Dächern (Lüftungsanlagen). Alle Räume sind gemäss MINERGIE-Standard mit einer kontrollierten Raumlüftung versehen, welche jederzeit eine optimale Raumluftqualität garantiert. Die Zuluft wird über Quellluftauslässe in den entsprechenden Räumen eingebracht, die Abluftfassung erfolgt im Deckenbereich. Auf den Dächern von Hauptgebäude, Annex und Aula wurde eine Photovoltaikanlage realisiert, welche eine Jahresleistung von 120 kWA erzielen wird. brügger architekten ag, 3600 Thun BAUEN HEUTE 11 – 12 | 2016 45