10 © Schattauer 2009 Osteologie und Labor Knochenumbaumarker und ihre klinische Anwendung bei Osteoporose Ch. Meier Klinik für Endokrinologie, Diabetes und klinische Ernährung, Universitätsspital Basel, Schweiz Schlüsselwörter Keywords Osteoporose, Knochenumbaumarker, Frakturrisiko Osteoporosis, bone turnover markers, fracture risk Zusammenfassung Summary Im klinischen Alltag steht uns heute eine breite Palette von Knochenumbaumarkern zur Verfügung, die, je nach Stoffwechselvorgang den sie widerspiegeln, in Knochenformationsbzw. Knochenresorptionsmarker eingeteilt werden. Diese biochemischen Indizes können bei korrekter Anwendung und Interpretation zur diagnostischen und therapeutischen Beurteilung von metabolischen Knochenerkrankungen hilfreich sein. Basierend auf Beobachtungs- und Interventionsstudien hat sich gezeigt, dass erhöhte Spiegel von Knochenumbaumarkern, unabhängig von der Knochendichte, mit einem erhöhten Frakturrisiko vergesellschaftet sind. Zudem können Knochenmarker bei der Überwachung einer medikamentösen Behandlung hilfreich sein, um so die Wirksamkeit einer antiresorptiven bzw. knochenanabolen Behandlung sowie die Therapietreue der Patienten zu beurteilen. Im Gegensatz dazu können Knochenmarker nicht zur Diagnose einer Osteoporose herangezogen werden. Um die präanalytische und analytische Variabilität der Messresultate zu verringern, ist eine standardisierte Probenentnahme (Serum oder Urin) sowie die Bestimmung in einem für Knochenmarker spezialisierten Labor unter strenger externer Qualitätskontrolle erforderlich. Biochemical markers which specifically reflect either bone formation or bone resorption are helpful tools in the diagnostic and therapeutic assessment of metabolic bone disease. Bone turnover markers can be used to estimate fracture risk in postmenopausal women and older men, independent from BMD. The major domain for the use of bone turnover markers in clinical practice is the monitoring of antiosteoporotic therapy, treatment efficacy and patient compliance. In contrast, however, bone markers cannot be used for diagnosis of osteoporosis. Measurements of markers of turnover are subject to considerable pre-analytical and analytical variability, and this problem presents a major issue in the management of osteoporosis in the clinical setting. Hence, standardisations of serum and urine collection, as well as measurement of bone markers in specialised laboratories that participate in an external quality assurance programme are mandatory. Korrespondenzadresse Priv.-Doz. Dr. med. Christian Meier Klinik für Endokrinologie, Diabetes und klinische Ernährung Universitätsspital Basel Missionsstr. 24 CH-4055 Basel, Schweiz Fax: +41-61-264 97 96 E-Mail: [email protected] Biochemical markers of bone turnover and their clinical use Osteologie 2009; 18: 10–15 eingereicht: 6. Januar 2009 angenommen: 21. Januar 2009 Knochenumbaumarker und Knochenabbaurate Als Folge der Östrogendefizienz kann in den ersten Jahren nach der Menopause ein beschleunigter Knochenabbau beobachtet werden. Im Allgemeinen beträgt der Knochenabbau an der Wirbelsäule unmittelbar postmenopausal ca. ein Prozent pro Jahr. Bei fast einem Drittel der postmenopausalen Frauen liegt der Knochenabbau jedoch deutlich höher. Querschnittsuntersuchungen deuten darauf hin, dass ein anhaltend akzelerierter Knochenumbau, gemessen anhand biochemischer Marker des Knochenumbaus, mit einem beschleunigten Knochensubstanzverlust assoziiert ist. In longitudinalen Studien gestaltete es sich aber schwieriger, diesen Zusammenhang zu bestätigen, da der Umfang des kurzfristigen Knochensubstanzverlustes häufig innerhalb der Messungenauigkeit der Densitometrie liegt. Nur in einer Studie konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Knochenumbaurate und dem Knochenmassenverlust gezeigt werden (19). In einer Gruppe von 305 postmenopausalen Frauen, bei denen über einen Zeitraum von vier Jahren jährlich die Knochendichte am Unterarm gemessen wurde, konnte sowohl für Marker der Knochenresorption (S-CTX, U-NTX) als auch für Marker der Knochenformation (OC, PINP) gezeigt werden, dass diese mit dem Knochenabbau korrelieren. Im Speziellen zeigten Frauen mit Knochenmarkern über dem prämenopausalen Normbereich einen deutlich gesteigerten Knochenmassenverlust, der um das Vier- bis Sechsfache über dem Knochenabbau von Frauen mit geringerem Umbau lag. Der klinische Nutzen der Bestimmung der Knochenmarker zur Vorhersage des zukünftigen Knochenabbaus bei einer individuellen Patientin ist ungewiss. Dies wird durch eine Studie verdeutlicht, die den Zusammenhang zwischen Knochenmarkern und dem Knochenabbau an der Hüfte bei postmenopausa- Osteologie 1/2009 Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2017-08-19 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Ch. Meier: Knochenumbaumarker und ihre klinische Anwendung bei Osteoporose len Frauen untersucht hat (3). Höhere Werte von Knochenumbaumarkern wurden mit einem etwas schnelleren Knochenabbau an der Hüfte in Verbindung gebracht; der Vorhersagewert dieser Marker hinsichtlich des Knochenabbaus bei individuellen Frauen war jedoch begrenzt. Trotzdem ergeben sich Hinweise dafür, dass Knochenmarker Frauen mit „schnellem Abbau“ erkennen lassen und damit diejenigen Frauen identifiziert werden können, die am ehesten auf eine antiresorptive Therapie ansprechen werden (11, 32). Bei älteren Männern ist der altersabhängige Knochenmassenverlust weniger ausgeprägt als bei postmenopausalen Frauen (15, 24, 28) und der Zusammenhang zwischen Knochenumbaumarkern und der Änderung der Knochendichte unsicher (8, 25, 37). Somit ist der Beitrag von Knochenmarkern zur Vorhersage des Knochenabbaus bei älteren Männern nur von eingeschränktem klinischen Wert. Knochenumbaumarker und Frakturrisiko Mehrere epidemiologische Langzeitstudien bei postmenopausalen Frauen haben auf eine signifikante Korrelation zwischen der densitometrisch gemessenen Knochendichte und dem Risiko von Hüft-, Wirbelkörper- und Vorderarmfrakturen hingewiesen. Bis zu 50 Prozent der Patientinnen mit osteoporotischen Frakturen haben jedoch einen Knochenmineralgehaltswert über der diagnostischen Schwelle für eine Osteoporose (T-Score ≤–2,5 SD), was darauf hinweist, dass die Knochendichtemessung allein ein begrenzter Prädiktor darstellt, um Patienten mit erhöhtem Frakturrisiko zu erkennen. Es hat sich gezeigt, dass – zusätzlich zu den klinischen Risikofaktoren – ein beschleunigter Knochenumbau unabhängig von Alter und Knochenmasse mit einem erhöhten Frakturrisiko assoziiert ist. Für postmenopausale Frauen zeigten fünf prospektive Studien (EPIDOS, Rotterdam, OFELY, HOS, Malmö) eine signifikante Assoziation zwischen erhöhten Knochenresorptionsmarkern (U-CTX, S-CTX, U-DPD, TRAP5b) und dem Risiko von inzidenten Frakturen (16–18, 20, 33, 36). Patientinnen mit erhöhten Werten für diese Knochenabbaumarker (Werte über dem prämenopau- salen Referenzbereich) hatten ein zweifach erhöhtes Risiko für Hüftfrakturen sowie für vertebrale und nichtvertebrale Frakturen (Beobachtungszeit 1,8 bis 5 Jahre). Es ist wichtig zu erwähnen, dass die Vorhersage des Frakturrisikos anhand der Bestimmung der Knochenumbaumarker unabhängig von der Knochendichte ist. Dies wird bestätigt durch Arbeiten von Garnero et al., die gezeigt haben, dass Frauen mit niedrigen Knochendichtewerten (am Schenkelhals) und gleichzeitig erhöhter CTX-Ausscheidung im Urin ein signifikant erhöhtes Risiko für eine Hüftfraktur haben (relatives Risiko 4,2; 95 % KI, 1,9–9,3), wogegen das Risiko bei allein erhöhter CTX-Ausscheidung bzw. bei allein erniedrigter Knochendichte „lediglich“ um das Zwei- bis Dreifache erhöht ist (18) (씰Abb. 1). Im Gegensatz zu den Knochenresorptionsmarkern sind die Daten bezüglich der Korrelation zwischen Knochenformationsmarkern und dem Frakturrisiko widersprüchlich. In einer französischen Beobachtungsstudie konnte bei älteren postmenopausalen Frauen (EPIDOS) keine signifikante Beziehung zwischen den im Serum gemessenen Formationsmarkern Osteokalzin und knochenspezifischer alkalischer Phosphatase und dem Risiko für eine Hüftfraktur gezeigt werden. Im Gegensatz dazu wurde bei jüngeren postmenopausalen Frauen (OFELY, HOS) ein signifikanter Zusammenhang zwischen erhöhter alkalischer Phosphatase und dem Risiko für eine vertebrale bzw. nichtvertebrale Fraktur nachgewiesen. Diese widersprüchlichen Ergebnisse können u. a. durch Unterschiede in den Studienpopulationen, den Probeentnahmebedingungen sowie den unterschiedlich analysierten Frakturtypen erklärt werden (35). In einer longitudinalen Studie, in der 151 ältere Männern über 6,3 Jahre prospektiv beobachtet wurden, konnte gezeigt werden, dass erhöhte Knochenresorptionsmarker (ICTP im Serum) mit einem erhöhten Risiko für eine osteoporotische Fraktur, unabhängig von der Knochendichte, assoziiert ist (25). Für jede Erhöhung der ICTP-Konzentrationen um eine Standarddeviation steigt dabei die Gesamtfrakturwahrscheinlichkeit um 40 Prozent an. Diese Assoziation war sowohl für Hüftfrakturen als auch für Wirbelkörperfrakturen signifikant. Interessantweise war das Auftreten von Frakturen bei Männern mit niedriger Knochendichte und hohen Knochenresorptionswerten zehnmal höher als bei Männern mit einer hohen Knochendichte und niedrigeren ICTP-Werten (씰Abb. 2). Dieser Ergebnisse weisen darauf hin, dass Marker der Knochenresorption nicht nur bei postmenopausalen Frauen, sondern auch bei älteren Männern unabhängige Faktoren zur Vorhersage des Frakturrisiko darstellen. Knochenumbaumarker und Therapiemonitoring Im klinischen Alltag werden Knochenumbaumarker vorwiegend zur Überprüfung einer antiresorptiven oder knochenanabolen Behandlung zum Einsatz kommen. Diese Anwendung umfasst die Kontrolle der therapeutischen Effizienz (d. h. der Vorhersage des therapeutischen Ansprechens hinsichtlich der Änderungen der Knochendichte und der Senkung des Frakturrisikos) und der Überprüfung der Therapietreue (Compliance). Die Behandlung der Osteoporose zielt darauf ab, das Frakturrisiko zu senken bzw. Fragilitätsfrakturen zu verhindern. Wie wir aus Abb. 1 Kombination von untereinander unabhängigen Risikofaktoren zur Erfassung von Frauen mit hohem Frakturrisiko; nach (18) © Schattauer 2009 Osteologie 1/2009 Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2017-08-19 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 11 12 Ch. Meier: Knochenumbaumarker und ihre klinische Anwendung bei Osteoporose dem Alltag wissen, ist die individuelle Frakturinzidenz gering und somit bedeutet das Nichtauftreten von Frakturen während einer medikamentösen Behandlung nicht notwendigerweise, dass die Behandlung wirksam ist. Alternativ hat sich die Messung von skelettalen Surrogatmarkern (Knochendichte, Knochenumbaumarker) zur Überwachung einer Osteoporosetherapie etabliert. Dabei bleibt festzuhalten, dass Änderungen der Knochendichte unter der Behandlung nur langsam auftreten und somit signifikante therapeutische Wirkungen normalerweise erst nach mehreren Jahren der Behandlung erkennbar werden. Im Gegensatz dazu ändern sich die biochemischen Marker des Knochenumbaus viel schneller und können daher zur kurz- bzw. mittelfristigen Überprüfung der Wirksamkeit einer Osteoporosebehandlung genutzt werden. Inwieweit sich ein Therapiemonitoring mit biochemischen Umbauparametern des Knochenstoffwechsels zu prognostischen Zwecken in den Praxisalltag umsetzen lässt, ist derzeit noch nicht definitiv geklärt. Die Marker sind erst zum Teil standardisiert und es steht auch nicht überall eine externe Qualitätskontrolle zur Verfügung. Gleichzeitig gilt es beim Einsatz und dann vor allem bei der Interpretation der Resultate der biochemischen Marker, die verschiedenen Quellen der Variabilität dieser Marker zu berücksichtigen. Auf der einen Seite werden die Resultate durch die analytische Präzision beeinflusst, die bei den verschiedenen zur Verfügung stehenden Assays unterschiedlich ist – wobei die Analytik bei automatisierten Assays heute meist gut ist. Auf der anderen Seite wirken präanalytische Bedingen auf das Resultat ein. Praktisch alle biochemischen Marker des Knochenstoffwechsels zeigen eine signifikante Tagesschwankung mit den höchsten Werten in den frühen Morgenstunden und den tiefsten Werten während des Nachmittags und der Nacht. Dies bedeutet, dass die Probenentnahme am Morgen nüchtern vor zehn Uhr erfolgen sollte. Die biochemischen Marker zeigen auch eine zum Teil recht deutliche Tag-zu-Tag-Variabilität beim einzelnen Individuum; in der Regel beträgt diese Tag-zu-Tag-Variabilität 15 bis 25 Prozent für die Knochenabbaumarker und zehn bis 15 Prozent für die Knochenanbaumarker. Antiresorptive Therapie und Knochenumbaumarker In mehreren randomisierten kontrollierten Studien konnte gezeigt werden, dass die antiresorptiv wirkenden Therapeutika (Bisphosphonate, SERM und Hormonsubstitution) zu einem raschen Abfall der Knochenresorptionsmarker führen, der bereits nach einem Monat sichtbar ist und nach drei bis sechs Monaten in ein Plateau übergeht. Der Abfall der Knochenanbaumarker ist verzögert, entsprechend der physiologischen Koppelung zwischen Anbau und Abbau. Ein Plateau wird in der Regel nach sechs bis zwölf Monaten Behandlung beobachtet. Das Ausmaß der Resorptionshemmung ist nicht nur von der Dosis und der antiresorptiven Potenz des gewählten Medikaments abhängig, sondern auch vom Knochenresorptionsmarker, der gemessen wird (21, 26). Mehrere Studien weisen beispielsweise darauf hin, dass die suppressive Wirkung von Bisphosphonaten auf den Knochenumbau am ausgeprägtesten ist, wenn diese durch Telopeptide vom TypI-Kollagen (NTX, CTX) bemessen werden. Weniger starke Wirkungen konnten beobachtet werden, wenn die Pyridinoline im Urin als Resorptionsmarker genutzt werden. Dabei bleibt aber zu beachten, dass neben der Wirkung einer Behandlung auf einen Knochenresorptionsmarker auch dessen messbedingte Variabilität berücksichtigt werden muss. Als Faustregel gilt, dass Marker mit einer deutlichen Veränderung durch die Bisphosphonat-Therapie (signal) auch das größte Maß an nichtspezifischer Variabilität (noise) zeigen. Die Berechnung der jeweiligen „signal-to-noise ratio“ für die verschiedenen Marker ist in der Beurteilung, ob eine Abnahme eines Resorptionsmarkers auch einer klinisch signifikanten Veränderung entspricht oder lediglich durch die Variabilität der Messmethodik bedingt ist, hilfreich. Prädiktiver Wert bezüglich einer Knochendichteveränderung Änderungen der Knochendichte treten langsam auf und die therapeutischen Wirkungen sind normalerweise erst nach mehreren Jahren der antiresorptiven Behandlung erkennbar. Innerhalb eines Behandlungsjahres wer- den die relativ geringen Änderungen der Knochendichte (2–4 %) durch relativ hohe Präzisionsfehler (1–3 %) überdeckt, wodurch Knochendichtemessungen für die kurzfristige Bewertung der Wirksamkeit der antiresorptiven Behandlung nicht verlässlich sind (35). Wie bereits erwähnt, ändern sich Knochenmarker unter Therapie viel schneller. Tatsächlich verhält sich die Reduktion der Knochenumbaurate unter einer antiresorptiven Behandlung umgekehrt proportional zum Anstieg der Knochendichte (v. a. LWS). Mehrere Studien mit postmenopausalen Frauen, die mit einer Hormonersatztherapie behandelt wurden, haben gezeigt, dass kurzfristige Veränderungen von Knochenumbaumarkern (nach drei bis sechs Monaten) mit dem längerfristigen Anstieg der Knochendichte (nach einem Jahr bis nach drei Jahren der Behandlung) korrelieren. Ähnliche Ergebnisse wurden für Raloxifen und Bisphosphonate veröffentlicht (27). Im Gegensatz zu diesen Studien, die signifikante Korrelationen zwischen den Änderungen der Knochenmarker und der Knochendichte nach einem Jahr und nach vier Jahren berichtet haben, zeigen andere Studien widersprüchliche Zusammenhänge. Diese negativen Ergebnisse können auf den Einsatz niedrigerer Bisphosphonat-Dosen (6) oder auf kürzere Studiendauern mit nicht signifikanten Änderungen der Knochendichte (nach sechs Monaten) zurückzuführen sein (7). Prädiktiver Wert bezüglich Frakturrisikoreduktion Obwohl mehrere Interventionsstudien gezeigt haben, dass antiresorptive Medikamente die Knochendichte verbessern und dabei das Frakturrisiko senken, so weisen neuere Arbeiten darauf hin, dass die beobachtete Reduktion des Frakturrisikos nur teilweise durch die beobachteten Änderungen der Knochendichte erklärt wird. Es wird geschätzt, dass die Änderung der Knochendichte unter antiresorptiver Therapie je nach Studie nur etwa vier Prozent bis 28 Prozent der Reduktion des Risikos einer vertebralen Fraktur erklärt. Es ist daher naheliegend, dass Änderungen anderer skelettaler Determinanten, einschließlich der Knochenumbaurate während einer antiresorptiven Therapie, einen größeren Stellenwert für die Wirksamkeit ge- Osteologie 1/2009 © Schattauer 2009 Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2017-08-19 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Ch. Meier: Knochenumbaumarker und ihre klinische Anwendung bei Osteoporose gen Frakturen haben als die Änderungen der Knochendichte. Tatsächlich haben mehrere Studien bestätigt, dass ein Zusammenhang zwischen der Abnahme des Knochenumbaus und der Risikoreduktion bezüglich vertebraler und/oder nichtvertebraler Frakturen unter verschiedenen Behandlungen (Hormonersatztherapie, Raloxifen, Risedronat und Alendronat) vorliegen. Bjarnason und Mitarbeiter (5) untersuchten bei postmenopausalen Frauen den Zusammenhang zwischen Änderungen der Knochenumbaumarker und dem Risiko einer neuen Wirbelfraktur nach einer dreijährigen Behandlung mit Raloxifen. Die Reduktion der Serumspiegel für Osteokalzin und knochenspezifischer alkalischer Phosphatase nach einjähriger Behandlung war signifikant mit einer Reduktion des Auftretens von Wirbelkörperfrakturen assoziiert. Zwei nachfolgende Analysen (MORE-Studie) erweiterten und bestätigten diese Ergebnisse und zeigten, dass die Änderungen von Serum-PINP (30) und Osteokalzin (34) nach einem Jahr dazu in der Lage sind, die Reduktion des Risikos vertebraler Frakturen nach einer Behandlung von drei Jahren vorherzusagen. Kürzlich wurden zwei Studien veröffentlicht, in denen eine Abnahme von Knochenresorptionsmarkern mit dem Risiko inzidenter Frakturen bei mit Bisphosphonaten behandelten Frauen in Zusammenhang gebracht wurde (1, 13). Unter Verwendung von Daten aus den VERT-Studien (Risedronat) haben Eastell et al. (13, 14) gezeigt, dass eine Reduktion der CTX- bzw. der NTX-Ausscheidung im Urin nach drei bis sechs Monaten signifikant mit der Reduktion des Risikos vertebraler und nichtvertebraler Frakturen nach drei Jahren assoziiert ist. Diese Änderung der Knochenresorptionsmarker erklärte mehr als 50 Prozent der mit Risedronat in Zusammenhang stehenden Reduktion des Frakturrisikos. Bauer et al. (1) berichteten, dass bei Frauen, die mit Alendronat behandelt wurden, eine stärkere Abnahme des Knochenumbaus mit einem geringeren Frakturrisiko vergesellschaftet war. In ihrer Studie war jede Abnahme der Serumspiegel für die knochenspezifische alkalische Phosphatase (AP) nach einem Jahr mit einer geringeren Frakturrate (vertebrale, nichtvertebrale und Hüftfrakturen) verbunden. Weiterhin zeigten Frauen, die mit Alendronat behandelt wurden und mindestens eine 30-prozentige Re- duktion des AP-Spiegels aufwiesen, ein geringeres Risiko für nichtvertebrale Frakturen als Frauen mit Reduktionen von weniger als 30 Prozent (씰Abb. 3). Diese Daten deuten darauf hin, dass ein erhöhter Knochenumbau eine wichtige Determinante für die Frakturanfälligkeit darstellt und eine Abnahme der Knochenumbaurate bereits nach drei- bis sechsmonatiger antiresorptiver Behandlung den therapeutischen Effekt bezüglich Reduktion des Frakturrisikos voraussagen lässt. Beide Verlaufsparameter – die Knochendichte und die biochemischen Marker – sind ähnlich wie bei der Frakturrisikoevaluation als komplementär anzusehen. Knochenanabole Therapie und Knochenumbaumarker Mehrere randomisierte Studien haben gezeigt, dass die im Serum gemessenen Knochenformationsmarker (alkalische Phospha- tase, Osteokalzin, PINP) kurz nach Beginn einer Behandlung mit Teriparatid ansteigen. Etwas verzögert – bedingt durch die Koppelung der Knochenformation und Knochenresorption – werden auch die biochemischen Marker der Knochenresorption ansteigen (CTX, NTX) (22, 23). Dieser schrittweise Ablauf mit anfänglicher Stimulation der Knochenformation und nachfolgender Stimulation der Knochenresorption hat zum Konzept des „anabolen Fensters“ geführt – einem Zeitintervall, in dem die anabole Wirkung des rekombinant humanen PTH (rhPTH) zum Tragen kommt und einen signifikanten Zuwachs der Knochenmasse ermöglicht (4). Ähnlich wie auch bei antiresorptiven Medikamenten kann hier die Frage gestellt werden, ob kurzfristige Änderungen der Knochenumbaumarker unter Therapie dazu genutzt werden können, die Wirkung von rhPTH auf die Zunahme der Knochendichte oder die Reduktion des Frakturrisikos vorauszusagen. Tatsächlich haben Chen et al. gezeigt, dass bei Abb. 2 Frakturinzidenz gemäß Knochenumbaurate (S-ICTP) und Knochendichte (Schenkelhals) bei älteren Männern; nach (25) Abb. 3 Prozentuale Änderung der knochenspezifischen alkalischen Phosphatase nach einem Jahr und Hüftfrakturrisikoreduktion (log OR mit 95% KI) bei Frauen unter einer Behandlung mit Alendronat; nach (1) © Schattauer 2009 Osteologie 1/2009 Downloaded from www.osteologie-journal.de on 2017-08-19 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 13 14 Ch. Meier: Knochenumbaumarker und ihre klinische Anwendung bei Osteoporose Abb. 4 Die 1-Jahres-Änderung von (a) trabekulärer und kortikaler Knochendichte am Schenkelhals (gemäß DXA und QCT) sowie (b) trabekulärer und kortikaler Knochendichte an der Wirbelsäule (gemäß DXA und QCT) in Abhängigkeit der Veränderungen der Knochenformation (PINP) nach dreimonatiger knochenanaboler Behandlung mit PTH; nach (2) Frauen mit postmenopausaler Osteoporose frühe Änderungen der Knochenbildungsmarker (PICP, PINP) nach einer Verabreichung von Teriparatid mit dem Anstieg der Knochendichte (LWS) nach 18 Monaten assoziiert sind. Basierend auf ROC-Analysen wurde gezeigt, dass die Zunahme der Serumspiegel von PICP (nach einem Monat) und PINP (nach drei Monaten) die empfindlichsten und genauesten Prädiktoren für die Wirkung auf die Knochendichte waren (9). Diese Ergebnisse wurden in einer Studie von Bauer et al. bestätigt, in der dargelegt wird, dass die kurzfristigen Änderungen der PINP-Werte nach drei Monaten mit den größeren Anstiegen der Knochendichte an der Wirbelsäule bzw. am Schenkelhals nach einem Jahr der Behandlung mit PTH(1–84) vergesellschaftet sind (2) (씰Abb. 4). Diese Daten deuten darauf hin, dass sich eine Bestimmung von Knochenformationsmarkern (z. B. der PINPWerte im Serum) bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer knochenanabolen Behandlung als nützlich erweisen können. Daten zur Beurteilung des Zusammenhangs zwischen den Änderungen der Knochenmarker und dem Frakturrisiko unter einer knochenanabolen Therapie sind noch nicht verfügbar. Knochenumbaumarker zur Überprüfung der Therapietreue Die Therapietreue (Compliance) bei langdauernder Behandlung, wie beispielsweise der Osteoporose, ist normalerweise gering. Somit ist es eine große Herausforderung im klinischen Alltag, die Patienten zu motivieren, ihre mehrjährige Behandlung korrekt einzuhalten. Aufgrund der Tatsache, dass sich biochemische Marker des Knochenumbaus, insbesondere Marker der Knochenresorption, nach Beginn einer antiresorptiven Therapie rasch verändern, wurde postuliert, dass diese Knochenumbaumarker auch zur Überprüfung der Therapietreue herangezogen werden können. In einer Studie mit 75 postmenopausalen Frauen, die mit Raloxifen behandelt wurden, untersuchten Clowes et al. (10), ob eine Therapiekontrolle (Monitoring durch Krankenschwester oder Monitoring mittels Bestimmung von Knochenumbaumarkern) die Einhaltung und Fortdauer einer antiresorptiven Therapie verbessert. Analysen zeigten, dass sich die Compliance bei Patientinnen, bei denen die Therapietreue überwacht und auch kommuniziert wurde, kumulativ um 57 Prozent gegenüber der nicht verfolgten Gruppe steigerte. Diejenigen Frauen, denen die Veränderungen der Knochenumbaumarker (NTX) unter Therapie gezeigt wurde, unterschieden sich hinsichtlich ihrer Compliance nicht von denjenigen Frauen, die „nur“ durch eine Fachperson zur Therapieeinhaltung motiviert wurden. Trotzdem haben Ergebnisse der IMPACT-Studie bei mit Risedronat behandelten Frauen gezeigt, dass die Kenntnis der Veränderung des Knochenumbaus die langfristige Beibehaltung der Behandlung beeinflusst (12). Literatur 1. Bauer DC, Black DM, Garnero P et al. Change in bone turnover and hip, non-spine, and vertebral fracture in alendronate-treated women: the fracture intervention trial. J Bone Miner Res 2004; 19 (8): 1250–1258. 2. Bauer DC, Garnero P, Bilezikian JP et al. Short-term changes in bone turnover markers and bone mineral density response to parathyroid hormone in postmenopausal women with osteoporosis. J Clin Endocrinol Metab 2006; 91 (4): 1370–1375. 3. Bauer DC, Sklarin PM, Stone KL et al. 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