Baumeister-gerecht Der auf dem eigenen Werkhof errichtete Neubau schafft mit seiner ausdrucksstarken Betonarchitektur einen neuen Ort in einer rauen Umgebung und gibt dem Unternehmen schon von Weitem einen markanten Auftritt. Redaktion: Manuel Pestalozzi Fotos: Future Documentation/EO Das Gebäude fasst die bisher an verschiede- schwebende Baukörper thematisiert aber auch Stirnseiten sind in Ortbeton monolithisch mit nen Standorten gelegenen Büroräume zentral das urtümliche Motiv des Bauens, vom Tragen beiden Deckenplatten verbunden und stei- zusammen. Mit dem gezielten Eingriff wurde und von Lasten. Eine grundlegende Absicht war fen die Konstruktion aus. Damit sind sämt- die unentschiedene räumliche Situation auf es denn auch von Beginn weg, dass das Trag- liche umfassenden Wände und Decken sta- dem Areal geklärt und der Auftritt des Unter- werk eine entscheidende Rolle spielt und den tisch notwendige Bauteile und untrennbar zu nehmens gegen die Kantonsstrasse neu arti- Raumkörper formt. einem Skelett verbunden. Der schlanke Kern kuliert. Die Stellung des vom Boden abgeho- beherbergt alle dienenden Räume wie Archive, benen Baukörpers schafft einen Hofraum, der Struktur erzeugt Raum dem Werkhofgelände einen klaren räumlichen Der auf zwei massiven Pylonen lagernde «Kno- per in eine überaus grosszügige offene Halle Schwerpunkt gibt, ohne die Weite des Areals chen», der Ortbetonkern, trägt eine Serie von mit Empfang, Administration und dem gros- gegen das landwirtschaftlich genutzte Feld im vorfabrizierten, 140 cm hohen Deckenträgern. sen Sitzungstisch auf der einen und der Zellen- Westen zu unterbrechen. Der auf zwei massi- Fertigteildecken überspannen das Traggerüst struktur der Büros auf der gegenüberliegenden ven Pylonen ruhende Baukörper ist als Brü- und wurden mit einem Überbeton zu einer Seite. Alle Trennwände sind in Kalksandstein ckenbauwerk mit der minimalen notwendi- massiven Decke vergossen. An den U-förmi- aufgemauert und können bei Bedarf entfernt gen Erdberührung konzipiert. Dies erlaubt das gen Aussenwand-Elementen der Längssei- oder versetzt werden. Die Leitungsführungen grosszügige Rangieren von Fahrzeugen. Der ten hängt schliesslich die Ortbetondecke. Die folgen dem architektonischen Konzept: Sämt- 48 | Werkhof L. Gasser & Co. AG bei Zürich Küche und Toiletten und unterteilt den Baukör- fassaden a+t 2011 Raum mit einem Material in zwei Oberflächen- lichst wenig Wärmebrücken zu schaffen, wur- qualitäten. Das Rohe – in Spannung gesetzt den die Fassaden-Elemente mittels L-Profi- zum Glatten – wird zum eigentlichen Motor len auf die Bodenplatte aufgestellt sowie an des Ausdrucks. Akzentuiert mit einer leicht der Deckenkonstruktion aufgehängt. Bei einer transparenten, weis­sen Lasur wird das Unprä- Standardkonstruktion würden in der Gebäude- zise des Abdrucks von abgenutzten groben höhe fünf Konsolen zum Einsatz kommen, hier Schaltafeln der Ortbetonwände zu einer Meta- hingegen waren es nur zwei Reihen. Die Alumi- pher für die Schönheit des Gebrauchs und die nium-Unterkonstruktion setzt sich zusammen Handschrift des Machens. Massive Betonge- aus Kantkonsolen und horizontalen L-Profilen. simse fassen die Fassade aus doppelwandi- Darauf wird jede Fassadenplatte mit vier punk- gen Terracottaplatten, welche dem Gebäude tuellen Klammern montiert: die beiden unte- einen robusten keramischen Panzer verleiht. ren dienen als Auflager, die beiden oberen wir- Feine Haut ken gegen Windsog. Da die Platten komplett eigensteif sind, ist keine Mittelunterstützung Die leichte Welle der Keramikprofile zeigt der über 180 cm hohen Elemente erforder- sich erst von Nahem und gibt der Fassade ein lich. Obwohl die Unterkonstruktion nicht mehr fein spürbares vertikales Muster, das sich im sichtbar ist, bildet sie sozusagen das Funda- Tagesverlauf bei Streiflicht für kurze Zeit dra- ment der Fassade und garantiert die Präzision matisiert. Die zwei verwendeten Grautöne, die und damit das unverwechselbares Gesicht der aufgrund von Brennprozessen mit unterschied- Keramikverkleidung. n lich hohen Temperaturen entstehen, erzeugen ein ausdrucksvolles Farbspiel. Sämtliche Leibungselemente wurden mit demselben Terracottaprofil ausgeführt, um die Wellenstruktur optisch nicht zu unterbrechen, wobei die Ausbildung der versteckten Rollladenschienen besonderes Augenmerk verlangte. In Bauherrschaft: den Gebäudekanten wurde die herkömmli- L. Gasser & Co. AG, Zürich liche Erschliessungen mit Wasser, Luft und che Eckausbildung auf Gehrung vermieden, Energie werden vom nördlichen, als Technik- zugunsten von einem offenen Aneinanderstos- Architektur: zentrale ausgestatteten Pfeiler in das zentrale sen der Elemente, was die Lesbarkeit der Teile Käferstein & Meister, Dipl. Architekten ETH Nervensystem entlang dem inneren Rückgrat markant erhöht. Die offene Stirn der Platten, BSA SIA, Zürich geführt und von dort aus in Querrichtung in die welche ihre eigentümliche Porosität enthüllt, Büroräume und die Halle verteilt. zeichnet sich an den Fenstersturzdetails über- Baumeisterarbeiten: raschend ornamental ab. L. Gasser & Co. AG, Zürich Der Rohbau erzählt die Geschichte des Bau- Delikat konstruiert Haustechnikkonzept und Systemlieferant: unternehmens und spielt mit seinen alltäg- Die Herausforderung für die Unterkonstruk- Gasser Passivhaustechnik, Laupen/ZH lichen Materialien. Beton wird in seinen ver- tion der Fassade bestand darin, an den Aussen- schiedenen Erscheinungsformen verwendet, wänden aus dünnwandigen Betonfertigtei- Fassadenplaner und Systemlieferant: roh an Ort gegossen und schalungsglatt indus- len und einer 32 cm dicken Wärmedämmung Gasser Fassadentechnik AG, St. Gallen triell vorfabriziert. Zusammengefügt zu einem eine Terracotta-Fassade aus stehenden Ele- Ganzen prägen die beiden Herstellungswei- menten zu befestigen. Um die Belastungen Fassadenbauer: sen das Erscheinungsbild und umfassen den der Fertigteilwände zu minimieren und mög- Burkhardt Gebäudehülle AG, Maienfeld/GR Die Handschrift des Machens 2011 a+ t fassaden Werkhof L. Gasser & Co. AG bei Zürich | 49