Baubiologische Architektur Nachhaltige Ökologie und Architektur Traditionelle Ökologie in nachhaltiger Architektur Planungsziel war es, die seit Jahrhunderten in der Region des Altmühltals übliche Architektur unter Berücksichtigung nachhaltiger Gesichtspunkte neu zu beleben. Bereits bei der Planung wurde großer Wert auf die Verwendung natürlicher und unbehandelter Baustoffe gelegt. Das Gebäude wurde vor allem durch den Bauherrn selbst und durch die Autoren verwirklicht. Zimmereibetriebs entstand der Wunsch, in unmittelbarer Umgebung ein Wohnhaus zu erstellen. Abbildung 2 zeigt einen Auszug des Lageplans mit Angaben zum gewählten Standort. Dieser zeichnet sich sowohl durch seine örtliche Nähe zu den Geschäftsräumen der Zimmerei, als auch durch seine nicht direkt einsehbare Lage aus. Architekturkonzept Abb. 1: Außenansicht Süd-Osten Abb. 2: Gesamtüberblick – Lageplan mit Angabe zum Standort des Neubaus Standort Der Bauherr Michael Schneider ist Besitzer einer Zimmerei, die ihre Betriebsgebäude in den nur mehr teilweise genutzten Gebäuden der elterlichen Landwirtschaft untergebracht hat. Bisher bewohnte der Bauherr eine Zwei-Zimmer-Kammer, welche kurz nach Firmengründung in der ursprünglichen Stallung untergebracht wurde und sowohl das Büro, als auch die Privatwohnung darstellte. Nach positiver Entwicklung des Der Baukörper sollte so gestaltet werden, dass er sich möglichst unauffällig in die Umgebung einfügt und typische Architekturelemente der in dieser Region üblichen Jurahäuser aufgreift. Zugleich sollten baubiologische und ökologische Kriterien berücksichtigt werden. Das Jurahaus besticht durch seine einfache Architektur. Üblich sind rechteckige Baukörper mit flach geneigten Dächern ohne Dachüberstände, welche auf Kniestöcken von ca. 1,50 m Höhe aufgesetzt sind. Im Grundriss üblich ist ein mittiger Flur, welcher den Wohnbereich von den Wirtschaftsräumen abtrennt, jedoch für beide Nutzungen den Ausgang ins Freie bildet. Außerdem wird zu Lagerzwecken ein Erdkeller verwendet. Im Obergeschoss waren ursprünglich Schlafräume als auch Bergeräume untergebracht. Die Fassaden von Jurahäusern wurden üblicherweise nur farblich oder mit geringen Putzabsetzungen gestaltet. Einfache Trauf- und Ortganggesimse waren üblich. Gurtgesimse oder Lisenen waren meist nur farblich abgesetzt. Wohnung + Gesundheit 3/09 - Nr. 130 Baubiologische Architektur Abb. 4: Grundriss Erdgeschoss – Einteilung Abb. 3: Fassadengestaltung im Detail Umsetzung Abbildung 3 zeigt einen Ausschnitt der fertigen Fassadengestaltung. Gut zu erkennen ist der kompakte Baukörper ohne Dachüberstand. Die Fassade wurde im Gegensatz zu einem typischen Jurahaus nicht mit Farbe gestrichen, sondern mit unbehandelten Lärchebrettern verkleidet. Die „Füllbretter“ zwischen den waagerechten Gurten und den senkrechten Lisenen wurden aus ungehobelten, ca. 10 cm schmalen Lärchebrettern hergestellt. Die Gurte, Lisenen und Gesimse bestehen aus gehobelten Abb. 5: Innenansicht – EG Flur Wohnung + Gesundheit 3/09 - Nr. 130 Fichtebrettern. Die Gesimse an der Dachtraufe und am Ortgang kragen um ca. 5 cm aus den Wänden hervor und bilden den Anschluss zur Dachhaut. Die Fenster wurden aus unbehandeltem Eichenholz gefertigt. Abbildung 4 zeigt den ErdgeschossGrundriss. Zu erkennen ist darauf der mittige Flur mit den seitlichen Eingängen links zum Wohnbereich mit Küche, Esszimmer und Wohnzimmer und rechts zum Wirtschaftsbereich mit Büro und Wirtschaftsraum. Vom Wirtschaftsraum kann auch der kleine Kellerraum erreicht werden. Die Treppe im mittigen Flur führt ins Obergeschoss. Details und Baustoffe Um möglichst ökologisch und nachhaltig zu bauen, wurden sämtliche Details neu entwickelt. So wurde u.a. der Einsatz von Stahl und Stahlbeton auf ein Minimum reduziert. Die meisten der natürlichen Baustoffe – u.a. das gesamte Bauholz – stammen aus der Region. Auch alle Oberflächen wurden mit natürlichen Materialien ausgeführt. Die Tragstruktur besteht im Wesentlichen aus unbehandeltem Fichtenholz. Über einen Lastverteilungsrost werden die Lasten auf Stahlbetonpfähle verteilt, die wiederum auf einer Stahlbetonplatte aufsitzen. Das natürliche Gelände kann auf diese Weise unter dem Haus weiterlaufen, der Eingriff in die Natur wurde dadurch minimiert. Die gesamte Wärmedämmung besteht aus eingeblasener Zellulose (zwischen den Holzständern, Sparren und Balken) und Hanf (in der Installationsebene). Auf die Installationsebenen der Außenwände wurden Lehmbauplatten mit integrierten Wandheizungsrohren geschraubt. Diese wurden anschließend mit Lehmputz verputzt und mit Kalkfarbe gestrichen. Besonderer Wert wurde auf eine gute ist die Schalldämmung der Innenwände gelegt. Die Innenwände bestehen aus Holzständern mit beidseitig geputzten Lehmplatten. Als Füllmaterial wurde statt einer üblichen Dämmung eine Mischung aus Holz-Hackgut und gelöschtem Kalk verwendet. Dadurch wird dem Holz-Hackgut die Feuchte entzogen und einem Befall von Schädlingen vorgebeugt. Die Holzböden wurden mit Kernseifenwasser behandelt. Alle anderen Holzoberflächen blieben unbehandelt. Im Flur des Erdgeschosses wurde ein Stampflehmboden mit Lehm aus einer Ziegelei der Umgebung eingebracht. Die Feuchträume und der Küchenbereich erhielten Juraböden (Kalksteinplatten) aus einem nahe gelegenen Steinbruch. Die Wandflächen in Feuchträumen wurden in Tadelakt ausgeführt, ein verdichteter Kalkputz. Baustoffe verwendet als Holz und Holzwerkstoffe - Grundkonstruktion (tragend und nichttragend) - Aussteifungsebenen - Schalldämmung in den Zwischenwänden - Bodenbeläge - Türen und Fenster - Dämmung in den Außenwänden, im Boden des EG und im Dach - Wandoberflächen - Boden im Flur (Stampflehm) - Ausfachung der Fachwerkwände - Dämmung der Installationsebene - Bodenbelag in Küche, WC, Bad - Schüttung in den Böden - Umrandung der Eingangstür - Dachziegel (Hauptdach) - Gewölbe im Flur zwischen Deckenbalken - Verbindungsmittel - Trägerrost - Fundamente - Wände des Installationskellers Zellulose Lehm Hanf Natürliche Steine Ziegel Stahl Beton Gesamtgewicht [to] Kubatur [m³] 88 2,9 50 4,2 1) 48,0 24 0 2) 0,7 13,0 15 0,5 1,0 3) 0 11,0 6 0 5,0 0,7 0 30,0 12 0 154,6 196,2 69,2 Summe Verwendete Baustoffe Je 1 kg erzeugtes Holz werden 1,44 kg CO2 aus der Luft entnommen und 1 kg an O2 wieder abgegeben. 1) Lehmprodukte wurden jedoch alle ohne zusätzliche Hilfsmittel luftgetrocknet. Nachhaltigkeit und Ökobilanz Ziel war es, nachhaltig und ökologisch zu bauen. Wesentlicher Bestandteil für ökologische Nachhaltigkeit ist der Klimaschutz und die Nutzung nachwachsender Rohstoffe. In Tabelle 1 sind alle vorrangig verwendeten Baustoffe aufgeführt. Die CO2-Bilanz wurde vor allem dadurch positiv beeinflusst, indem ein sehr großer Anteil nachwachsender Rohstoffen verwendet wurdem das heißt, im Gebäude wurde ein hohes Maß an CO2 gebunden. Insgesamt wurden ca. 154 Tonnen Baustoffe verwendet, wobei der Beton aufgrund seines hohen Eigengewichtes trotz des geringen Volumenanteils einen großen Masseanteil einnimmt. Der Anteil nicht ökologischer Baustoffe beträgt lediglich 7 Volumen-%. Durch die Wahl überwiegend nachwachsender und ökologischer Baustoffe konnten ca. 70 Tonnen CO2 gebunden werden. Der überwiegende Teil der Baustoffe Stammt aus der Region. Dies minimiert die Transportaufwendungen 3) Anteil an gebundenem CO2 [to] 64,0 1) Lehm bindet kein CO2. Die verwendeten Für Hanf wurden die Ansätze von Holz übernommen. 2) und trägt somit zusätzlich zu einer positiven CO2 Bilanz bei. Haustechnik Geheizt wird das Gebäude mit einem Kachelofen im Wohnbereich und einer Nah-Wärmeleitung zur bestehenden Hackschnitzel-Heizung auf dem elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Heizleitungen wurden überwiegend mit Kupferrohren, die Wasserleitungen mit Edelstahlrohren ausgeführt. Der Primärenergieverbrauch wurde mit 45 kWh je Quadratmeter beheizter Fläche im Jahr berechnet. Um gesundheitsschädlichen Hausstaub zu minimieren, wurde eine zentrale Staubsaugeranlage eingebaut. Das Regenwasser wird zentral in einem Rückhaltebehälter gespeichert. Markus Tischner Malermeister Baubiologische Beratungsstelle IBN 93339 Riedenburg Tel. 09442-906089 www.malermeister-tischner.de Markus Tischner Geboren 1972. Selbständiger Malermeister seit 1998. Seit 2006 Konzentration auf Verarbeitung ökologischer und natürlicher Baustoffe. 2009 Eröffnung einer Baubiologischen Beratungsstelle IBN in Riedenburg im Altmühltal. Enge Kooperation mit Dipl.-Ing. (FH) Josef Schneider (Entwurf und Planung, Schneider Bauingenieure GmbH) und Zimmermeister Michael Schneider (hier Bauherr und ausführende Firma, Zimmerei Schneider) Wohnung + Gesundheit 3/09 - Nr. 130