100 PRAXISMANAGEMENT G E FA H R E N Q U E L L E H E R P E S Unsere Interviewpartnerin bei Merial – Dr. Karin Rebel, Technical Service Kleintiere stellungen, Geburt oder andere Erkrankungen - kommt es häufig zur Reaktivierung des Virus und damit verbunden zu einer Ansteckung anderer Hunde in einer Zucht. Das Herpesvirus des Hundes wurde erstmals Mitte der 60er-Jahre im Zusammenhang mit schweren Erkrankungen von neugeborenen Welpen („infektiöses Welpensterben“) in den USA entdeckt. Von großer Bedeutung ist das Herpesvirus vor allem bei Erkrankungen in Hundezuchten, in denen es zu erheblichen Verlusten unter neugeborenen Welpen führt. Das Herpesvirus ist weltweit verbreitet. Untersuchungen in Europa weisen eine Seroprävalenz zwischen 40% und 80% nach. In Deutschland sind 20%-40% der Zuchthunde infiziert. Welpensterben kann natürlich viele andere infektiöse Ursachen haben, das canine Herpesvirus (CHV-1) ist jedoch als Ursache für das infektiöse Welpensterben belegt und anerkannt. Merial gelang es, mit Eurican® Herpes 205 einen Impfstoff für die Hündin zum Schutz ihrer Welpen vor einer Erkrankung zu entwickeln, der jetzt auch für den deutschen Markt angeboten wird. Der normale Hundebesitzer empfindet die HerpesInfektionslage sicher nicht als dramatisch. Er hat in der Regel ganz andere Sorgen: Beim typischen Familienoder Begleithund ist eine Trächtigkeit nicht immer erwünscht. Für den Hundezüchter jedoch sieht dies jedoch anders aus. Dort bedeutet eine hohe Welpensterblichkeit in seiner Zucht neben der emotionalen Belastung vor allem einen herben finanziellen Verlust. Dies kann sich dramatisch auswirken, denn in Herpesinfizierten Zuchten kann die Welpensterblichkeit bis zu 80% betragen. Die Übertragung des Herpesvirus erfolgt oronasal, transplazentar oder venerisch. Die Infektion beim erwachsenen Tier geht häufig nur mit milder klinischer Symptomatik einher, wie z. B. Schnupfensymptome. Gefährlich wird das Herpesvirus jedoch für die trächtige Hündin, genauer gesagt für deren Früchte, denn die Infektion kann dort, je nach Trächtigkeitsstadium, zu Früh- oder Totgeburten führen und Ursache für zukünftige Fruchtbarkeitsstörungen der Hündin sein. Herpesinfizierte Hunde wirken klinisch gesund, bleiben aber Virusträger, denn die Herpesviren halten sich lebenslang im infizierten Tier und führen zu einer Latenz in den Ganglien. Die gesund wirkende Hündin kann serologisch negativ sein. Erst bei Stress - z. B. durch Aus- Zur Infektion der Welpen kann es nicht nur während der Trächtigkeit, sondern auch während des Geburtsvorganges kommen aufgrund von direkten Viruskontakt der Neugeborenen mit Virusmaterial aus Herpesbläschen in der Vaginalschleimhaut. Aber auch nach der Geburt besteht für die Welpen eine Infektionsgefahr durch die infizierte Mutterhündin. Entscheidend für den Krankheitsverlauf bei Neugeborenen ist der Zeitpunkt der Infektion. Je jünger die Welpen sind, desto dramatischer sind die Folgen: Die bei Geburt infizierten Tiere sterben meist 2 - 5 Tagen nach Auftreten erster klinischer Symptome wie z. B. Durchfall und Erbrechen. Begünstigt wird eine Erkrankung gerade der Neugeborenen durch ihre mangelnde Fähigkeit zur Thermoregulation. Die Körpertemperatur in der ersten Lebenswoche liegt zwischen 35° und 37°C. Dieser Temperaturbereich bietet ideale Bedingungen für eine Virusreplikation des caninen Herpeserregers. Eine Infektion über zwei Wochen alter Welpen führt in der Regel zu milden oft respiratorischen Symptomen, aber die Tiere bleiben natürlich lebenslang Virusträger und stellen eine Ansteckungsquelle für andere Tiere dar. Der Nachweis einer Herpes-Infektion ist nicht ganz einfach, da Antikörper nur für ein paar Monate nach- Niere eines neugeborenen Welpen mit CHV-1 typischen hämorrhagischen Veränderungen veterinär spiegel 2/2003 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ZUCHTHUNDE PERMANENT GEFÄHRDET 101 Canines Herpesvirus unter dem Elektronenmikroskop weisbar sind. Eine nachgewiesene Seronegativität ist deshalb keinesfalls beruhigend. Ein eindeutigerer Nachweis einer Herpesinfektion stellt die Virusisolierung aus Gewebeproben (z. B. Vaginalschleimhaut) dar. Diese kann z. B. auch bei gestorbenen Welpen durchgeführt werden, und gibt einen Hinweis auf die Ursachen bei Auftreten von Welpensterben in einer Zucht. Gerade Zuchthunde sind also permanent gefährdet, da sie viel Kontakt zu anderen Hunden haben. Ansteckungsquellen, die das Virus unbemerkt in die Zucht einschleppen können, existieren überall: auf Ausstellungen, bei Zuchtprüfungen und beim Deckakt durch fremde Rüden. EINE SICHERE PRÄVENTION Welpen sind zuverlässig in der ersten Lebenstagen vor einer Erkrankung geschützt, wenn sie „Antikörper“ über die Muttermilch aufnehmen. Dies macht sich der Muttertierimpfstoff Eurican® Herpes 205, Fa. Merial zunutze. Das Impfschema sieht hier zwei Impfungen während jeder Trächtigkeit vor. Die erste Impfung kann ab dem ersten Tag der Läufigkeit bis zum zehnten Tag nach dem Deckdatum erfolgen. Die zweite Impfung wird 1-2 Wochen vor dem erwarteten Geburtstermin durchgeführt. Der Impfstoff ist in Frankreich schon seit Mitte letzten Jahres auf dem Markt und hat sich dort bewährt. Das neue Merial-Präparat ist eine inaktivierte SubunitVakzine. Verwendet wird nur ein spezielles Glykoprotein des Herpesvirus. Die daraus resultierende gute Verträglichkeit wurde in einer Feldstudie an über 180 trächtigen Hündinnen unterschiedlichster Rassen bestätigt. Heinz Neumann veterinär spiegel 2/2003 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. PRAXISMANAGEMENT