Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft e.V. Arbeitskreis für veterinärmedizinische Infektionsdiagnostik (AVID) Vorstand: Schliephake (Stendal), Gaede (Stendal), Kühn (Leipzig), Schirrmeier (Insel Riems) und Böttcher (Vorsitzender, München) Seroprävalenz von caninem Herpesvirus und Canine Minute Virus: Wie gefährdet sind Zuchthunde in Deutschland? Jill Manteufel, Uwe Truyen Institut für Tierhygiene und Öffentliches Veterinärwesen; An den Tierkliniken 1; 04103 Leipzig Tel : 0341/97 38 165, Fax: 0341 / 97 38 198, [email protected] 1. Fragestellung: Zwei Virusinfektionen sind im Zusammenhang mit Welpensterblichkeit und Fruchtbarkeitsstörungen beim Hund von besonderer Bedeutung: das canine Herpesvirus Typ 1 (CHV1) und das Canine Minute Virus (CnMV, taxonomisch caninen Parvovirus Typ 1). Das klinische Erkrankungsbild beider Viren ähnelt sich. Bei erwachsenen Tieren verläuft die Infektion meist unauffällig ohne das Auftreten klinischer Symptome. Die Auswirkungen einer Infektion während der Trächtigkeit sind variabel und abhängig vom Trächtigkeitsstadium. Bei beiden Viren kann es zu Fruchtresorptionen, Aborten und/ oder der Geburt lebensschwacher Welpen führen. Die Infektion von Welpen den ersten drei Lebenswochen ist im Falle von CHV-1 klinisch geprägt durch Durchfall, Wimmern, Apathie und Saugunlust. Die Mortalität ist hoch. Die klinischen Symptome einer CnMVInfektion sind Dyspnoe, Saugunlust, Erbrechen und/oder Durchfall. Als deutliches Unterscheidungsmerkmal zur klassischen Parvovirose des Hundes, bei der pathologisch vor allem die Darmkrypten nekrotische Läsionen aufweisen, sind bei einer Infektion mit CnMV die Krypten bis auf einzelne nekrotische Zellen nahezu unverändert. In Frankreich, Belgien und England sind die Seroprävalenzen für CHV-1 in den letzten Jahren auf bis zu 80% angestiegen, aber für Deutschland gibt es nur wenige aktuelle Daten über die Verbreitung von CHV-1. König et al. konnte 2004 bei 18,81 % der untersuchten Seren Antikörper gegen CHV-1 nachweisen. Für CnMV wurde jetzt zum ersten Mal Daten über die Verbreitung und Bedeutung in Deutschland erhoben. 2. Methode: Zwischen Juli 2004 und Oktober 2005 wurden 429 Serumproben gesammelt. Die Bestimmung der Seroprävalenz von CHV-1 erfolgt im Serumneutralisationstest (SNT) mit Madin Darby Canine Kidney (MDCK)-Zellen ohne den Zusatz von Komplement. CnMV-spezifische Antikörper wurden mittels indirekter Immunofluoreszenz (IFT) auf zuvor mit CnMV infizierten Walter Reed Canine Zellen (WRCC) nachgewiesen. Des Weiteren wurden 37 Abstriche, 34 Spermaproben, 16 Kotproben und 37 verstorbene Welpen aus 14 Würfen mittels PCR und Virusisolierung auf CHV-1 und CnMV direkt untersucht. 3. Ergebnisse: 27,7 % (119/429) aller Serumproben hatten neutralisierende Antikörper gegen CHV-1. Die Seroprävalenz für CnMV beträgt 5,6 % (24/429) in dieser Studie. Die statistische Auswertung ergab nur für das Geschlecht einen signifikanten Einfluss auf den Serostatus von CHV-1. Alter, Zwingergröße, Anzahl Ausstellungsbesuche und Rasse spielten in dieser Studie keine Rolle für die Seroprävalenz von CHV-1. Die Untersuchung der Abstriche, Sperma-, Kot- und Organproben von verstorbenen Welpen mittels PCR und zum Teil Virusisolierung auf CnMV und CHV-1 verlief in allen Fällen mit negativem Ergebnis. 4. Schlussfolgerung: In Fällen von Welpensterblichkeit (n = 14), waren diese in weit weniger Fällen als vermutet CHV-1 oder CnMV bedingt. Insgesamt scheint CnMV in Deutschland weit weniger verbreitet zu sein als in anderen Ländern der Welt. Die Seroprävalenzrate ist nicht gleichzusetzen mit der Häufigkeit CHV-1-bedingter klinischer Erkrankungen beziehungsweise Welpensterblichkeit. Der in der Praxis geäußerte Verdacht einer CHV-1-Infektion konnte im Rahmen dieser Studie in keinem Fall labordiagnostisch bestätigt werden. Der Anteil bakteriell und nichtinfektiös bedingter Welpensterblichkeit ist wahrscheinlich von weitaus größerer Bedeutung.