Wissenschaft Kühl- und Heiztechnik Kaltluftabfall · thermische Behaglichkeit · offenes Treppenhaus · Glasfassade · Wärmepumpe Das „Effizienzhaus Plus“ in Berlin hat zwei Etagen verbunden mit einem offenen, nur zum Teil beheizten Treppenhaus, obwohl es auf einer Seite vollkommen verglast ist. Das Gebäude wird mit einer Wärmepumpe mit Fußbodenheizung beheizt. Im Winter entsteht ein starker Kaltluftabfall, der sich bis in den Wohnraum erstreckt. Der gemessene Volumenstrom stimmt gut überein mit früheren Ergebnissen aus den 1970er Jahren. Die Wärmedämmung moderner Glasfassaden ist nicht gut genug, dass Kaltluftabfall zu vernachlässigen ist. Das wirkt sich nachteilig auf die thermische Behaglichkeit der Nutzer und die Leistungszahl der Wärmepumpe aus. Cold air down flow in the stairwell of the “efficiency house plus” in Berlin Cold air down draft · thermal comfort · open staircase · glass facade · heat pump The „efficiency house plus” in Berlin has two floors connected with an inside widely open stairwell. The stairwell is heated only partly, although completely glassed on one side. The building is heated with a heat pump by under-floor heating. In winter a strong cold air down flow appears extending into the living room. The air flow rate of the cold air was measured. It concurs with earlier results from the 1970s. The heat insulation of modern glass facades is not good enough for neglecting cold air down flow. It disadvantageously affects the thermal comfort of the users and the coefficient of performance of the heat pump. Kaltluftabfall in einem Treppenhaus Einleitung Um zu beweisen, dass man den Energiebedarf von Gebäuden und Fahrzeugen durch geschickte Kombination minimieren und damit die „Energieeffizienz“ erhöhen kann, wurde dieses Gebäude im Auftrag des Bundesministers für Verkehr, Bau und Städteentwicklung in Berlin gebaut [1]. Mit viel Solartechnik, guter Wärmedämmung und effizienter Haustechnik soll mehr Exergie produziert als verbraucht werden, inklusive der Energie für Elektrofahrzeuge der Bewohner. Hier soll über einen Teilaspekt, eine Kaltluftströmung im Winter aus dem verglasten Treppenhaus des Gebäudes, berichtet werden. Das „Effizienzhaus“ hat zwei Etagen, die mit einem innen liegenden, weitgehend offenen Treppenhaus verbunden sind, das nur zum Teil beheizt wird, obwohl das Treppenhaus auf einer Seite vollkommen verglast ist und ungefähr genau so viel Glasfläche hat wie die Räume in jeder Etage. Das Gebäude wird mit einer Fußbodenheizung und einer Wärmepumpe beheizt. Das Problem ist, dass im Winter ein großer Luftstrom aus dem Treppenhaus in den Wohnraum im Erdgeschoss strömt, selbst wenn in beiden Geschossen geheizt wird, um so mehr allerdings, wenn die Heizung im Obergeschoss ausgeschaltet wird und die Türen geöffnet sind, was die Nutzer wünschten. Eine messtechnische Untersuchung sollte die Ursache für diese Strömung klären [2]. Der gemessene Luftvolumenstrom der Kaltluftströmung stimmt gut überein mit den Ergebnissen einer früheren Arbeit von Bernd Kriegel [3]. Bei fehlender Heizung im Obergeschoss addiert sich zu dem Volumenstrom eine weitere Strömung, die zur Beheizung des Obergeschosses beiträgt. Weil oft angenommen wird, dass die Wärmedämmung moderner Glasfassaden so gut ist, dass kein Kaltluftabfall mehr auftritt, werden frühere Erfahrungen missachtet. Das wirkt sich nachteilig auf die thermische Behaglichkeit der Nutzer und die Leistungszahl der Wärmepumpe aus. Das „Effizienzhaus Plus“ Das Gebäude wird in einer Broschüre des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung [1] ausführlich beschrieben. Die allgemeine Beschreibung wird hier deshalb nicht wiederholt. Abb. 1 zeigt die Westfassade, die vollkommen verglast ist. Der Wärmedurchgangskoeffizient wird mit 0,5 bzw. 0,7 W/ (m²*K) für das Glas bzw. Glas mit Profilen angegeben. Hinter einem 4,12 m breiten Streifen der Glasfassade, rechts in Abb. 1, liegt das Treppenhaus. 1 Autoren Prof. a. D. Dr.-Ing. Klaus Fitzner (l.) Gesellschafter der Klimakonzept Ingenieurgesellschaft, Berlin Dipl.-Ing. Florian Bräuer (r.) Lehrbeauftragter an der Beuth Hochschule für Technik, Berlin 28 KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 04 2015 Westfassade des „Effizienzhauses Plus“ im Winter am 27.1.2014 www.ki-portal.de Wissenschaft Kühl- und Heiztechnik Abb. 2 zeigt den Grundriss des Erdgeschosses. Die untere Tür rechts im Grundriss in Abb. 2 ist die Eingangstür im Treppenhaus. Ein kurzer Flur (2,26 m lang) führt von dort zum Wohnbereich ohne eine weitere Abtrennung. Die Treppe führt auf der Wohnraumseite vom Flur nach oben, zunächst zu einem Podest (0,80 m x 2,80 m) in halber Höhe und dann nach Richtungsänderung weiter nach oben. Der Flur (3, 4) unten im Treppenhaus geht ohne Tür in den Wohnraum über. Der Flur oben im Treppenhaus hat auch keine Tür zum weiterführenden Flur. Die Zimmer oben haben zwar Türen, sie sollen auf Wunsch der Nutzer aber geöffnet bleiben. Im Bereich der Stufen ist die Treppe zum Wohnraum hin durch einen u-förmigen Wandabschnitt über die gesamte Höhe abgeschlossen (a im Grundriss Abb. 2). Das ist die einzige Abtrennung zwischen Treppenhaus und Wohnraum. Im Bereich des Treppenpodestes (0,80 m breit) sind der Wohnraum und der Flur darüber mit Glasbrüstungen versehen, sonst aber über die gesamte Höhe zum Treppenhaus hin offen. Im Treppenkern liegt eine dichte Wand über die gesamte Höhe. Die Treppe ist eine Stahlkonstruktion mit geschlossenen Stufen. Die Glasscheiben der Treppenbrüstung haben unten und auf beiden Seiten einen umlaufenden Luftspalt, ungefähr 3 cm breit. Zwischen dem Handlauf oben und der Decke des Wohnraums befindet sich ein etwa 6 cm breiter Spalt. Das Treppenhaus hat eine lichte Höhe von 5,60 m. Neben der Glasfassade auf 2 b c a 7 6 5 3 4 2 Effizienzhaus, Grundriss EG der Westseite befindet sich auf der Südseite im Treppenhaus ein Fensterstreifen von unten bis oben mit einer lichten Breite von 0,84 m. Strömung im Treppenhaus Die Strömung im Treppenhaus ist nicht zweidimensional darstellbar. Grob vereinfacht kann man aber sagen, dass die Luft an den kalten Glasflächen der Westfassade im Treppenhaus nach unten strömt und sich auf der Wohnraumseite nach oben bewegt (Abb. 3). Dieses einfache Bild gilt für die fassadennahen Bereiche und für den Teil des Treppenhauses auf der Wohnraumseite, der wie ein Auftriebsschacht wirkt (Abb. 3, 4 und 5). Wenn im OG nicht geheizt wird, bewegt sich neben der Abwärtsströmung an der Fassade auch kalte Luft von oben in Bodennähe über den Flur zur Treppe auf der Fassadenseite und strömt über die Treppenstufen nach unten (Abb. 6), aber nur bis zum Treppenpodest. Es strömt erfreulicherweise keine kalte Luft vom Treppenpodest durch den schmalen Spalt in der Brüstung am Podest in den Wohnraum. Durch die gesamte Öffnung vom Wohnraum zum Treppenpodest (Abb. 4) und im Treppenhaus auf der 3 4 5 Auftriebsströmung im Treppenhaus Blick vom Flur unten nach oben auf der Wohnraumseite Strömung vom Wohnraum nach oben ins Treppenhaus über der Brüstung am Treppenpodest Auftriebsströmung über der Treppe auf der Wohnraumseite (OG) www.ki-portal.de KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 04 2015 29 Wissenschaft Kühl- und Heiztechnik 6 7 Abwärtsströmung im Treppenhaus auf der Fassadenseite Strömung im Flur zum Wohnraum in Bodennähe Wohnraumseite (Abb. 3 und 4) strömt die Luft nach oben. Dieses Strömungsbild stellt sich bis auf die erwähnte Abwärtsströmung auf der Treppe bei beheiztem und unbeheiztem Obergeschoss ein. Strömung vom Flur in den Wohnraum Im unteren Bereich des Flures (vom Boden bis 1,3 m Höhe) strömt Luft in den Wohnraum (Abb. 7). In dieser stabilen Strömung lässt sich die Geschwindigkeit messen und damit der Volumenstrom gut ermitteln (Ergebnis in Tab. 1). Die Geschwindigkeit wurde mit einer Hitzdrahtsonde in verschiedenen Höhen in Flurmitte gemessen (Abb. 8). Dabei werden im Fall „EG + OG beheizt“ beide Etagen und bei „nur EG beheizt“ nur im Erdgeschoss geheizt. Bei der Kurve „nur EG beheizt“ wurde durch einen Fehler in der Leitzentrale allerdings doch geringfügig geheizt. Die Luft tritt mit einer Geschwindigkeit bis ca. 0,36 m/s in den Wohnraum ein und breitet sich radial im Raum aus, 8 so dass die Geschwindigkeit dort schnell abgebaut wird. Der Turbulenzgrad liegt im bodennahen Bereich unter 10 %. Der niedrige Turbulenzgrad mag eine Erklärung sein, dass es nur wenige Beschwerden über Zugerscheinungen gegeben hat. Die Lufttemperaturen werden im folgenden Abschnitt dargestellt. Temperaturprofile Die Temperaturprofile an 3 Messorten werden in den Abb. 9 bis 11 wiedergegeben. An der Messstelle im Wohnraum (Temperaturprofile in Abb. 9) treten keine erhöhten Geschwindigkeiten auf, weil sie 6 m vom Raumeingang entfernt liegt. In Abb. 9 sieht man die etwas erhöhte Temperatur am Boden und an der Decke, be1 Luftvolumenströme am Wohnraum­ eintritt Variante Beheizung Volumenstrom m³/h 1 EG und OG 1.121 2 nur EG Luftgeschwindigkeit am Eintritt vom Flur in den Wohnraum im EG Geschwindigkeit f (Höhe) 1,4 EG + OG beheizt Höhe über Fußboden m 1,2 nur EG beheizt 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 0,00 0,10 0,20 0,30 Geschwindigkeit m/s 30 KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 04 2015 1.470 0,40 dingt durch die Fußbodenheizung. Die Fußbodenheizung erwärmt die Decke durch Strahlung. Der Temperaturverlauf insgesamt ist verhältnismäßig gleichmäßig (± 0,4 K). Die Profile sind ähnlich und lediglich um 2 K verschoben. Die Verschiebung des Temperaturniveaus erklärt sich durch eine Anhebung der Solltemperatur für den Fall Heizung „nur EG“. Sie wurde vorgenommen, um die Differenz zur Außentemperatur zu erhöhen. An den Fenstern im Wohnraum ist kein Kaltluftabfall zu beobachten. An der Messstelle am Eingang in den Wohnraum im EG zeigen sich viel größere Unterschiede im Temperaturprofil (Abb. 10) zwischen Boden und Decke als bei der Messstelle im Raum. Am Boden sind die Temperaturen um 3 bis 4 K niedriger als an der Decke. Das ist mit der Kaltluftströmung aus dem Treppenhaus zu erklären. Der Abstand zwischen beiden Profilen ist allerdings kleiner als bei der Messstelle im Raum. Die Temperaturdifferenz zwischen Boden und Decke ist mit 2,5 K kleiner als bei der Messung „EG + OG beheizt“. Das lässt sich durch zwei Einflüsse erklären. Der Volumenstrom ist größer und die Temperaturdifferenz zwischen innen und außen ist kleiner. Die Außentemperatur war wetterbedingt angestiegen, die Innentemperatur wurde deshalb angehoben. Die Temperaturdifferenz zwischen innen und außen ist von 31,4 K auf 26,5 K gefallen. Abb. 11 zeigt das Temperaturprofil am Eintritt des oberen Flurs im OG in den Flur des Treppenhauses. Die obere Kurve bei beheiztem EG + OG zeigt nur geringe Unterschiede zwischen oben und unten (ca. 0,5 K). Das hat aber bereits eine Strömung vom OG zum Treppenhaus zur Folge. Entscheidend für die zusätzliche Strömung im Treppenhaus sind die Differenwww.ki-portal.de Wissenschaft Kühl- und Heiztechnik 9 10 23 23 Temperatur °C Temperatur °C 22 nur EG beheizt 22 21 20 nur EG beheizt EG + OG beheizt 19 18 21 EG + OG beheizt 20 19 18 17 17 16 0 50 100 150 200 250 16 300 0 Höhe über Fußboden cm www.ki-portal.de 100 150 200 250 300 Höhe über Fußboden cm Vertikale Temperaturprofile im Wohnraum EG, 6 m entfernt vom Eingang in den Raum Vertikale Temperaturprofile am Eintritt des Flurs in den Wohnraum EG Vertikale Temperaturprofile am Eintritt des Flurs im OG in den Treppenhausflur 11 23 22 OG + EG beheizt 21 Temperatur °C zen zwischen den Temperaturen in der Nähe des Treppenhauses, also die Differenzen in den Abb. 10 und 11. Wenn im OG und im EG geheizt wird, sind die Differenzen zwischen den Temperaturen in der Nähe der Decke fast null. Deshalb findet kein bemerkbarer Luftaustausch zwischen den Etagen statt. Bei der Strömung im Treppenhaus nach unten kühlt sich die Luft stark ab. Die Temperaturdifferenz zwischen Boden und Decke im Erdgeschoss ist mit ungefähr 4 K verhältnismäßig groß. Das ist durch den Kaltluftabfall an der Fassade des Treppenhauses zu erklären, der sich im OG nicht auswirkt. Er hat den gemessenen Volumenstrom von 1.121 m³/h zur Folge. Wenn im OG nicht geheizt wird, ist die Temperatur an der Decke im EG ungefähr 2 K höher als an der Decke im OG. Dadurch strömt Luft im Flur entlang der Decke des EGs und von dort durchs Treppenhaus in das Obergeschoss. Diese zusätzliche Luftbewegung erhöht den Gesamtvolumenstrom im Treppenhaus und am Eingang in den Wohnbereich auf 1.470 m³/h. Der höhere Volumenstrom führt dazu, dass die Differenz am Boden zwischen oben und unten im EG sogar kleiner wird als bei der Strömung „nur EG beheizt“. Am Boden sind die Temperaturen im EG und OG gleich groß. Das ist möglicherweise damit zu erklären, dass die kalte Luft, die aus dem OG kommt, sich nicht oben im Treppenhaus mit der Auftriebströmung vermischt und nicht gemeinsam am Fenster nach unten strömt und sich dabei weiter abkühlt, sondern über den Flur und den oberen Teil der Treppe (Abb. 6) nach unten strömt und sich erst im Bereich des Treppenpodestes mit der anderen Abwärtsströmung an der Fassade vermischt. Die Übereinstimmung der Temperaturen am Boden kann aber auch zufällig sein und wurde nicht näher untersucht. 50 20 nur EG beheizt 19 18 17 16 0 50 100 150 200 250 300 Höhe über Fußboden cm Vergleich mit der Theorie Nach Bernd Kriegel [3] entsteht an kalten Raumwänden ein Kaltluftabfall, wie in Abb. 12 als Massenstrom über der Höhe der Wand dargestellt. Abb. 12 gibt den Massenstrom an, der je Meter Fassadenbreite an kalten Flächen mit verschiedenen Höhen und Oberflächentemperaturen nach unten strömt. Die Temperaturdifferenz ∆T ist die Differenz zwischen Raumluft und Scheibenoberfläche innen. Man sieht, dass der Massenstrom ungefähr proportional zur Höhe und Breite, also der Fläche der Wand anwächst, während der Einfluss der Temperaturdifferenz nur mit der 3. Wurzel einwirkt. Eine Halbierung der Temperaturdifferenz zwischen Wand und Raumluft, also eine Verbesserung der Wärmedämmung der Scheibe um den Faktor 2, reduziert den Kaltluftstrom nur um den Faktor 1,3. Deshalb können auch Wände mit vermeintlich guter Wärmedämmung sehr viel Luft in Bewegung setzen, wenn sie entsprechend groß sind. Die Massenströme lassen sich nähe- rungsweise durch die in Abb. 12 wiedergegebenen Geraden darstellen. Das Diagramm in Abb. 12 lässt sich für die Temperaturdifferenzen von 2,5 und 1,25 K durch zwei parallele Linien im gleichen Abstand extrapolieren. Die drei Fensterflächen im Treppenhaus, im EG und im OG sind mit ungefähr 28 m² fast gleich groß. Die Volumenströme für eine Wand mit einer Fläche von 28 m² sind abhängig von der Temperaturdifferenz (RaumluftScheibenoberfläche) in Tab. 2 dargestellt. Der so berechnete Volumenstrom ist um 27 % kleiner als der gemessene. Dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Die zusätzliche Wärmeleitung durch die Wände und Speichereffekte der Wand wurden nicht berücksichtigt, und es ist möglich, dass auch schon bei Beheizung des OG ein schwacher Luftstrom aus dem Obergeschoss in das Treppenhaus strömt. Außerdem kann der U-Wert der Verglasung höher sein als angenommen. Das Temperaturprofil in Abb. 11 zeigt im OG eine Differenz von oben nach unten von 0,6 K. Das bedeutet, dass auch KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 04 2015 31 Wissenschaft Kühl- und Heiztechnik bezogener Kaltluftmassenstrom kg/(hm) 12 1000 600 Kaltluftabfall an einer kalten Wand nach Kriegel [3, 4] Raumlufttemperatur 20°C 400 ∆T = 20K ∆T = 10K 200 ∆T = 5K 2,1 822 3 925 100 60 40 20 10 1 ∆T = T∞- TW T∞ Raumtemperatur TW Wandtemperatur 2 3 4 6 8 10 Wandhöhe in m bei der Beheizung beider Etagen ein Teilluftstrom über das Treppenhaus ausgetauscht wird. Vermeidung der Kaltluftströmung Die Kaltluftströmung aus dem Obergeschoss lässt sich vermeiden, wenn die Temperatur im OG gleich oder etwas höher ist als im EG. Bei klimatisierten Gebäuden werden gegen den Kaltluftabfall auch sogenannte Fensterblasanlagen verwendet, die mit erwärmter Luft der Strömung entgegenwirken. Dabei sollte die Heizleistung der Fensterblasanlage der Heizlast des Kaltluftabfalls entsprechen. Das wird in [3] näher ausgeführt. Diese Lösung lässt sich nachträglich hier nicht mehr umsetzen. Im vorliegenden Fall würde die Strömung aber auch erheblich reduziert, wenn die Heizlast des Treppenhauses durch eine ausreichende Heizung darin abgedeckt würde. Die Heizlasten von EG, OG und Treppenhaus sind ungefähr gleich groß. Die Bodenfläche des Treppenhauses ist aber viel kleiner als die der Geschosse, so dass die Heizung im Boden allein ohne erhöhte Vorlauftemperaturen nicht ausreicht. Deshalb müsste zusätzlich eine Wand- oder Profilheizung im unteren Bereich angebracht werden, wenn die Bodenfläche dafür zu klein ist. An der Oberkante des Erdgeschosses muss im Treppenhaus und im Wohnraum die gleiche Temperatur herrschen. Es bestätigt sich hier wie überall in der Raumlufttechnik, dass die Heizung möglichst da anzubringen ist, wo die Heizlast anfällt. Klimatechniker wissen, dass das auch bei Kühlung gilt: Die Kühlleistung sollte auch immer in der Nähe der Stelle eingebracht werden, wo die Kühllast an- 32 2 Kaltluftabfall an der kalten Wand (28 m²) nach Gl. F2-10 [4], s. auch Abb. 12 Temperaturdifferenz Volumenstrom Raum – Scheibe innen K in m³/h 1 642 KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 04 2015 fällt. Eine weitere klassische Möglichkeit besteht darin, das Treppenhaus durch Wände und eine Tür vom Wohnbereich vollkommen abzutrennen. Das wurde inzwischen ausgeführt. Dabei leidet allerdings die großzügige Architektur, und im unteren Teil des Treppenhauses stellt sich bei geschlossener Tür eine tiefere Temperatur ein. Beim Öffnen der Tür entsteht dann bis zum Temperaturausgleich eine störende instationäre Kaltluftströmung vom Flur im EG in den Wohnraum. Zusammenfassung Im „Effizienzhaus Plus“, 10623 Berlin, Fasanenstraße 87 a, treten im Winter Kaltluftströmungen vom offenen Treppenhaus in den Wohnbereich auf; verstärkt, wenn im Obergeschoss nicht geheizt wird, um dort eine niedrigere Lufttemperatur zu erzielen und dabei die Türen der Räume auch noch offen bleiben sollen. Die Ursache der Strömung und ihre Größenordnung wurden ermittelt. Bei niedrigen Außentemperaturen um – 8° ± 4 °C wurde die Strömung beobachtet und für zwei Fälle gemessen: am 26.01.14, bei dem oben und unten normal geheizt wurde, und am 27.01.2014, bei dem die Heizung oben weitgehend abgeschaltet war. Das Treppenhaus wird nur auf einer kleinen Fläche im Flur beheizt. Es zeigte sich, dass bei Heizung im EG und OG bereits große Luftströme durch den Kaltluftabfall an der Glasfassade im Treppenhaus auftreten. Sie entsprechen tendenziell den Erfahrungswerten für kalte Wände aus der Literatur. Bei beheiztem Obergeschoss strömen 1.121 m³/h Luft in den Wohnraum. Wenn das Obergeschoss nicht beheizt wird, erhöht sich der Kaltluftstrom auf 1.470 m³/h, und die Heizlast des Strahles, der in den Wohnraum eindringt, steigt von 785 W auf 931 W. Entsprechend muss die Heizleistung der Fußbodenheizung im EG und damit die Vorlauftemperatur zunehmen, die auch im Normalbetrieb schon verhältnismäßig hoch ist. Die Temperaturabsenkung im OG ist begrenzt, weil ohne Heizung oben die Beheizung des Obergeschosses zum großen Teil vom Erdgeschoss mit übernommen wird. Zum Vermeiden des Kaltlufteintritts in den Wohnraum wurde inzwischen das Treppenhaus vom Wohnbereich durch Tür und Wände abgetrennt. Diese Maßnahme hilft allerdings nur bei geschlossener Tür. Wird die Tür geöffnet, ist die auftretende Kaltluftströmung anfangs stärker als beim untersuchten Zustand, weil sich die Luft im unteren Teil des Treppenhauses stärker abgekühlt hat. Die richtige Lösung wäre es, das Treppenhaus so zu beheizen, dass die anfallende Heizlast dort durch eine entsprechende Heizleistung kompensiert wird. Die Heizlast sollte generell durch gute Wärmedämmung so klein wie möglich gehalten werden, was im vorliegenden ausgeführten Fall mit der großen Glasfassade nicht mehr möglich ist. Niedrigere Temperaturen in den Räumen des OG sind nur bei geschlossenen Türen möglich. Literaturverzeichnis [1] Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität, Technische Information und Details, BBSR_EffizienzhausPlus_Elektromobil_DE_Aufl2_barrierefrei.pdf [2] Fitzner, K., Bräuer, F.: Begutachtung und Bewertung der Raumluftströmung im Heizfall – Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität, BBSR – Forschungsvorhaben, Aktenzeichen SWD – 10.08.81 – 13.04 [3] Kriegel, B.: Fallströmungen vor Abkühlflächen in Gebäuden und mögliche Schutzmaßnahmen, Dissertation TU Berlin, 1973 [4] Rietschel: Raumklimatechnik, Band 2: Raumluft- und Raumkühltechnik, 2008, 16. Aufl., Herausg. K. Fitzner [5] Fitzner, K., Bräuer, F.: Kaltluftabfall im Treppenhaus beim „Effizienzhaus Plus“ in Berlin, GI 2014, 135. Jg., Heft 6, und DKV-Jahrestagung-Bericht Abt. IV.02, Düsseldorf 2014 www.ki-portal.de