Begrüßung / Ankündigung - Christus

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Pfr. Theo Breisacher, Pfinztal-Söllingen
Predigt am Ersten Advent
02. Dezember 2007
Thema:
„Advent: Zeit des Wartens und der Erwartung
Text (in der Predigt)
Markus 31, 31 – 37
Begrüßung / Ankündigung:
Wir feiern heute den 1. Advent, den Beginn des neuen Kirchenjahres. Adventszeit ist ja eine
Zeit des Wartens: Die Geschenke gibt es erst an Weihnachten. Bis dann müssen sich die
Kinder in Geduld üben – und das ist bekanntlich oft schwer genug.
Adventszeit ist zugleich Vorbereitungszeit. Es ist noch nicht der Höhepunkt: Weihnachten,
das große Fest, steht noch aus. Aber man bereitet sich darauf vor: äußerlich die Wohnungen
und Häuser – innerlich das eigene Herz auf die Begegnung mit Gott.
Advent – eine Zeit des Wartens und der Erwartung.
Dazu eine kleine Geschichte zum Schmunzeln: Es war vor über zwanzig Jahren, als es noch
die DDR gab – und die endlosen Wartezeiten auf ein neues Auto – einen Trabi oder einen
Wartburg.
Ein steinreicher Scheich aus Saudi Arabien hatte gehört, dass es in der DDR ein
wunderbares Auto geben soll. Dieses Auto sei so begehrt, dass man mehr als zehn Jahre
darauf warten müsse. Da der Scheich begeisterter Autosammler ist, gibt er seinem
Chefsekretär Abdul den Auftrag, ein solches Auto zu bestellen.
Als die Bestellung im Trabi-Werk in Zwickau eingeht, ist man natürlich von den Socken. Ein
Scheich will einen Trabi, und dazu zahlt er auch noch in Dollar! Wahnsinn! Man beschließt
deshalb sofort, einen solchen Kunden nicht warten zu lassen und liefert sofort einen Trabi
aus der laufenden Produktion.
Als das Fahrzeug einige Wochen später in Saudi Arabien ankommt, läuft Abdul ganz
aufgeregt zu seinem Chef: „Oh edler Scheich, sie glauben es ja gar nicht. So ein Service!
Vor ein paar Wochen haben wir doch dieses sagenhafte Auto bestellt.
Und um unsere Vorfreude darauf zu steigern, liefert uns das Werk heute schon mal ein
Modell aus Pappe. Und stellen Sie sich vor: Dieses Modell fährt sogar!“ – 
Ich fürchte, da hat dieser Abdul etwas falsch verstanden. Und die Vorfreude des Scheichs
auf ein sagenhaftes Auto, das in zehn Jahren einmal ausgeliefert würde, dürfte irgendwann
einmal bitter enttäuscht werden.
Wenn wir Christen auf die Begegnung mit Gott warten, dann ist das keine leere Hoffnung.
Gott wird seine Zusagen ganz sicher erfüllen! Und selbst wenn wir manchmal sehr lange auf
Gottes Eingreifen warten müssen, dürfen wir fest darauf vertrauen: Er enttäuscht uns ganz
sicher nicht!
Um dieses Warten soll es heute Morgen gehen. Ich wünsche uns allen einen gesegneten
Gottesdienst!
Gebet am Anfang:
Herr Jesus Christus, du kommst zu uns: mitten hinein in unser Leben – in alles, was uns
freut, aber auch in das, was uns quält.
Du bist kein ferner Gott. Du kommst ganz nahe zu uns.
Du kommst in unsere Angst und du kennst unsere Sehnsucht.
Du kommst hinein in unsere Not und du schaust auch nicht weg, wenn keiner uns mehr
helfen kann.
Dafür danken wir dir!
Herr Jesus Christus, damals vor zweitausend Jahren bist du sichtbar auf diese Welt
gekommen. Du hast die Herrlichkeit bei deinem Vater verlassen, damit wir uns nicht allein
durchs Leben kämpfen müssen.
Du bist zu uns gekommen auf diese Welt, damit wir den Heimweg wieder finden zu unserem
Vater im Himmel.
Dafür preisen wir dich und singen dir zur Ehre!
Wir bitten dich: Lass uns heute und in der vor uns liegenden Adventszeit offen werden für
dich.
Lass uns deine Spuren entdecken in unserem Glück.
Lass uns aber auch deine Nähe erfahren in allem, was uns das Leben schwer macht.
Herr Jesus Christus, wir brauchen dich.
Lass uns nicht allein auf dieser armen Erde.
Lass uns nicht allein mit unserer Angst und mit unserer Sehnsucht. Herr, erbarme dich!
Gnadenspruch:
„Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingeborenen Sohn
gesandt hat in die Welt, dass wir durch ihn leben sollen.“ Ehre sei Gott in der Höhe ...
Hinführung zum Thema:
„Advent feiern, heißt warten können. Warten ist eine Kunst, die unsere ungeduldige Zeit
vergessen hat.“ – So hat es der Theologe Dietrich Bonhoeffer einmal formuliert.
Und er fährt fort: „Auf die größten, tiefsten und zartesten Dinge in der Welt müssen wir
warten, da geht’s nicht im Sturm, sondern nach den göttlichen Gesetzen des Keimens und
Wachsens und Werdens.“
(1) „Geduldiges Warten“ oder „notwendiges Warten“ möchte ich diese erste Art des Wartens
heute Morgen beschreiben. So wie eine schwangere Mutter neun lange Monate auf ihr Baby
warten muss, so ist es auch in manchen anderen Bereichen unseres Lebens: Wir müssen
warten. Und wenn wir nicht warten können, dann machen wir alles kaputt!
(2) Damit verwandt ist eine zweite Form: das „hoffnungsvolle Warten“. Man hat ein großes
Ziel vor sich – der Beginn eines tollen Urlaubs vielleicht oder sein Hochzeitsfest oder ein
supertolles Konzert oder der Einzug ins neue Haus oder was auch immer.
Das Warten fällt einem zwar schwer – vor allem, wenn es sich über Monate oder sogar Jahre
hinzieht. Aber man hat ein wunderbares Ziel vor sich. Man ist voller Erwartung und
Vorfreude. Es ist ein erfülltes, ein hoffnungsvolles Warten.
(3) Genau das Gegenteil ist das „leere Warten“ oder das „sinnlose Warten“.
Der Kabarettist und Schauspieler Dieter Hallervorden hat dazu einmal gesagt: „Die
Wartezeit, die man bei Ärzten verbringt, würde in den meisten Fällen ausreichen, um selbst
Medizin zu studieren!“ 
Sinnloses Warten: Wenn man im Stau steht und es einfach nicht weitergeht. Oder wenn
einem die Telekom eine Viertelstunde lang in der Warteschleife durch ganz Deutschland jagt
– und man am Ende so schlau ist wie vorher.
„Leeres Warten“: Dazu gehört aber auch, wenn einer überhaupt keinen Sinn mehr sieht in
seinem Leben. Die Arbeit findet er blöd, deshalb wartet er auf den Ruhestand.
Den Ruhestand findet er aber auch blöd, deshalb wartet er ... – ja auf was eigentlich?
Letztlich auf gar nichts.
(4) Eine vierte Form des Wartens möchte ich einmal mit „quälendem Warten“ bezeichnen.
Man tingelt schon seit Wochen immer wieder zum Arbeitsamt. Aber nirgends ist ein
ernsthaftes Angebot in Sicht.
Oder man hat eine lange Chemotherapie vor sich: Die Chancen stehen 50 zu 50, sagen die
Ärzte. Es bleibt nur das quälende Warten auf das Ende der Therapie – und auf die
hoffentlich dann erlösende Nachricht, dass es besser geworden ist.
(5) Schließlich noch einmal eine ganz andere Form: Das „faule Warten“. Martin Luther King
hat einmal den Satz geprägt: „Kein Problem wird gelöst, wenn wir träge darauf warten, dass
Gott sich darum kümmert.“
Damit meint er sicher nicht, dass wir Christen ohne Gott diese Welt verändern könnten.
Martin Luther King meint vielmehr, dass Gott das nicht einfach allein macht. Gott verändert
diese Welt auch durch uns Menschen. Deshalb ist das „faule Warten“ sicher nichts für einen
Christen. –
Geduldiges Warten, hoffnungsvolles Warten, sinnloses Warten, quälendes Warten
oder faules Warten: Das Thema dieses Gottesdienstes hat viele Aspekte. Und wir können
nachher in der Predigt natürlich nur einzelne davon aufgreifen.
Die Konfirmanden haben uns nachher ein kleines Theaterstück vorbereitet: Eine Szene im
Hauptbahnhof in Karlsruhe – an einem Tag als die Lokführer wieder einmal streiken.
Beobachten Sie dabei einmal, wie unterschiedlich das Warten dieser vier Personen aussieht.
–
Zunächst hören wir aber als Schriftlesung Worte aus Psalm 42. Es geht dabei um das
„quälende Warten“: ein geplagter Mensch wartet sehnlichst auf das Eingreifen Gottes in
seinem Leben.
Dieser Psalm ist wie ein doppelter Dialog gestaltet: Zunächst redet der Mensch mit Gott und
klagt ihm sein Elend. Doch dann spricht er seiner Seele in einer Art Selbstgespräch Hoffnung
zu, weil er sich an die Zusage Gottes erinnert.
Wir möchten diesen Psalm über das „quälende Warten“ deshalb in verteilten Rollen lesen:
Schriftlesung:
Breisacher:
Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir. Meine
Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass
ich Gottes Angesicht schaue?
Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: Wo ist nun
dein Gott?
Liturg:
Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?
Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichtes
Hilfe und mein Gott ist.
Breisacher:
Mein Gott, betrübt ist meine Seele in mir.
Deine Fluten rauschen daher; alle deine Wasserwogen und Wellen gehen über mich.
Ich sage zu Gott, meinem Fels: Warum hast du mich vergessen? Warum muss ich so traurig
gehen, wenn mein Feind mich drängt?
Es ist wie Mord in meinen Gebeinen, wenn mich meine Feinde schmähen und täglich zu mir
sagen: Wo ist nun dein Gott?
Liturg:
Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir?
Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichtes
Hilfe und mein Gott ist.
Breisacher:
Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn. Er wird’s wohl machen!
Halleluja!
Predigt:
Liebe Gemeinde,
so sieht „hoffnungsvolles Warten“ aus! Haben Sie die Vorfreude dieser jungen Frau
beobachtet, die auf ihren Freund wartet? Chiara hat das eben so echt gespielt, als würde der
Freund tatsächlich im nächsten Augenblick um die Ecke kommen.
Wenn man ein Ziel hat, ist das Warten zwar immer noch schmerzhaft und nervenaufreibend.
Aber es ist ein „erfülltes, ein hoffnungsvolles Warten“.
Völlig anders dagegen die Punkerin, die jeden Tag auf dem Bahnhof sitzt, aber auf gar nichts
wartet: „Hab ich’s nicht gesagt? Es hat doch alles keinen Sinn!“
Deneen hat es heute nur gespielt. Aber ich finde es tragisch und erschütternd zugleich, dass
dieser Satz vielen Jugendlichen offenbar aus dem Herzen gesprochen ist: „Es ist eh alles
Kacke!“
So unterschiedlich kann Warten sein. Wie ist es bei Ihnen, liebe Gemeinde? Haben Sie eine
Hoffnung, die Sie trägt? Haben Sie eine Perspektive für Ihr Leben, auch wenn die
Jahreszahl beim Geburtstag plötzlich mit einer sechs oder einer sieben beginnt? –
(1) Advent heißt für uns Christen ja nicht nur, dass wir auf Weihnachten warten: auf die
Geschenke oder auf ein schönes Familienfest.
In der Adventszeit blicken wir auch nicht nur auf die 2.000 Jahre zurück, als der Sohn Gottes
damals in Bethlehem sichtbar als kleines Kind auf diese Welt gekommen ist.
Adventszeit heißt für uns zugleich: Wir erwarten die große Zukunft unseres Gottes! Wir
warten darauf, dass Jesus Christus am Ende der Zeiten sichtbar auf diese Welt
zurückkommt. Wir warten darauf, dass Gott endlich die Not und das Elend auf dieser Welt
überwindet und seine neue Welt aufrichtet.
Auch das ist das Thema in vielen Adventsliedern: Der Blick nach vorne. Die Erwartung von
Gottes großer Zukunft mit dieser Welt. Unsere Hoffnung, die den Horizont von Sterben und
Tod weit übersteigt. –
Auf Todesanzeigen liest man manchmal den Satz: „Gekämpft – und doch verloren!“ Man
versteht es vielleicht als ein letztes Lob, als eine letzte Anerkennung, dass der Kranke bis
zuletzt gegen seine schwere Krankheit gekämpft hat.
Für mich klingt dieser Satz allerdings ziemlich hoffnungslos und trostlos. Denn muss das
nicht frustrierend sein für einen kranken Menschen, wenn man am Ende einer schweren
Krankheit diese Welt auch noch als Verlierer verlässt: „Gekämpft – und doch verloren!“?
Christen haben an dieser Stelle eine andere Hoffnung: Weil Jesus auferstanden ist, hat der
Tod sein grässliches Gesicht zumindest zum Teil verloren.
Vor dem Vorgang des Sterbens hat wahrscheinlich jeder Angst. Aber vor dem Tod selbst
brauchen wir uns als Christen eigentlich nicht zu fürchten, wenn wir an die Auferstehung
glauben – und an ein Leben nach dem Tod!
Am letzten Sonntag, am Ewigkeitssonntag, haben wir uns in einem Lied diese Gewissheit
gegenseitig zugesungen:
Bleib mir nah auf dieser Erde,
bleib auch, wenn mein Tag sich neigt,
wenn es nun will Abend werden
und die Nacht herniedersteigt.
Lege segnend dann die Hände
mir aufs müde, schwache Haupt,
sprich: „Mein Kind, hier geht's zu Ende;
aber dort lebt, wer hier glaubt.“ (EG 406, 5)
Auch das ist Advent, liebe Gemeinde! Die Erwartung der Ewigkeit. Zugleich die
Vorbereitung auf die Ewigkeit – auf die Begegnung mit Gott in der anderen Welt!
„Hoffnungsvolles Warten“: Auch wenn man älter wird! Sogar noch, wenn man schwer krank
ist! –
(2) Einen ganz anderen Aspekt hat das Warten in der Natur. Damit sind wir bei einem
zweiten Punkt meiner Predigt: Kein Bauer käme auf die Idee, die noch jungen
Weizenkeimlinge kräftig nach oben zu ziehen, damit sie schneller wachsen. Er würde sie
natürlich zerstören.
Und kein Gärtner käme auf die Idee, eine Knospe gewaltsam zu öffnen, um sie schneller
verkaufen zu können. Wenn er nicht die ganze Blüte zerstören will, muss er – warten.
Natürlich!
Aber genau das ist eine Fähigkeit, die man in unserer Zeit heute kaum noch lernt!
„Ich will alles – und zwar sofort!“ Liebe Gemeinde, mit diesem Satz ist aus meiner Sicht ein
wesentlicher Charakterzug unserer Zeit beschrieben. „Ich will alles – und zwar sofort!“
Eltern brauchen oft ganz schön viel Geduld und Stehvermögen, wenn der Dreijährige im
Supermarkt nicht sofort den Lolli bekommt, der so verführerisch direkt neben der Kasse
hängt.
Und wenn die Eltern später der Meinung sind, dass ihre Tochter nicht schon wieder ein
neues Handy braucht, weil das alte Design nicht mehr cool ist, dann müssen sie sehr gute
Argumente auf Lager haben.
„Wir können alles – außer Warten“: So könnte man in Anlehnung an jenen schwäbischen
Werbeslogan sicher zutreffend formulieren. Dass Warten auch sinnvoll sein kann, dass
Warten oft sogar notwendig ist, das haben viele aus den Augen verloren. –
Hören wir noch einmal Dietrich Bonhoeffer aus dem oben bereits erwähnten Text über das
Warten:
Advent feiern, heißt warten können. Warten ist eine Kunst, die unsere ungeduldige
Zeit vergessen hat. Sie will die reife Frucht brechen, wenn sie kaum den Sprössling
setzte.
Aber die gierigen Augen werden nur allzu oft betrogen, indem die scheinbar so
köstliche Frucht von innen noch grün ist. Und respektlose Hände werfen undankbar
beiseite, was ihnen so Enttäuschung brachte.
Wer nicht um die Freundschaft, um die Liebe eines anderen werben will, wartend
seine Seele aufschließt der Seele des anderen, bis sie kommt und Einzug hält, dem
bleibt der tiefste Segen eines Lebens zweier Seelen ineinander für ewig verborgen.“
Das hat Dietrich Bonhoeffer zum Thema Liebe und Freundschaft vor sechzig Jahren
geschrieben. Was würde er erst heute sagen?
Wer kann heute noch warten? Warten, bis die Liebe sich entfaltet und reif wird? Warten auf
die Ehe, um sich erst dann im Schutzraum einer festen Beziehung seinem Partner ohne
Angst und ohne Vorbehalte hinzugeben?
Viele Jugendliche gehen heute schon mit 16 oder 17 Jahren ganz selbstverständlich
miteinander ins Bett. Selbst Bravo findet ja, dass es nicht gleich in der ersten Nacht sein
muss. Aber nach vier Wochen, spätestens sechs Wochen, meint man bei Bravo oder in den
entsprechenden Fernsehsendungen, sei die Zeit endlich dafür reif!
Doch wie will sich da die Liebe zwischen zwei Menschen entfalten können, wenn sie
überhaupt keine Spannung mehr aushalten können? Wie soll man später einmal in der Ehe
das Warten lernen, wenn man es schon als Jugendliche stets ganz anders praktiziert hat?
Ich hätte Lust, einmal der Frage nachzugehen, in welchem Zusammenhang die vielen
Ehescheidungen damit stehen, dass Jugendliche – aus meiner Sicht – viel zu früh und viel
zu schnell miteinander ins Bett gehen.
Wenn man als Kind oder als Jugendlicher das Warten nicht gelernt hat, wenn jedes
Lustgefühl von klein auf sofort befriedigt wurde, wie soll man dann als Erwachsener dazu
plötzlich in der Lage sein?
„Geduldiges Warten“: Lernen wir doch wieder mehr von der Natur. Überall braucht das
Wachsen Zeit. In so vielen Bereichen muss man die Zeit der Reife abwarten. Sonst macht
man alles kaputt.
Üben wir uns doch wieder mehr darin, dass wir solche sinnvollen Spannungsbögen
aushalten. Geduldig warten – nicht nur in der Adventszeit! –
(3) Kommen wir zum Schluss noch zu einer dritten Form des Wartens, die wir vorhin schon
kurz angeschnitten haben: das „quälende Warten“, das „schmerzhafte Warten“.
Der Geschäftsmann im Anspiel oder die kranke Frau, die in Heidelberg in die Röhre muss,
sie beide haben das Warten ja als eine Qual empfunden.
Das Warten hat hier keinen tieferen Sinn: Es ist mühsam und anstrengend. Der eine würde
am liebsten ausweichen, obwohl er ganz genau weiß, dass das nichts bringen würde. Der
andere weiß von vorneherein: „Da muss ich jetzt durch!“
Da hilft es auch nichts, wenn man als Freund oder Freundin zu beschwichtigen versucht:
Nein, dieses Warten ist und bleibt nervenaufreibend. Das braucht man nicht
wegzudiskutieren.
Eines finde ich aber tröstlich: Dieses „quälende Warten“ kommt auch in der Bibel vor. Auch
in der Bibel haben Menschen die Erfahrung gemacht, dass Gott manchmal endlos lange auf
sich warten lässt.
Wir haben einen solchen Psalm ja vorhin in der Lesung gehört: „Meine Tränen sind meine
Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: Wo ist nun dein Gott?“
Gerade in den Psalmen wird kein falsches Heldentum beschrieben, als müssten wir als
Christen immer zuversichtlich und gelassen bleiben. Eine ganze Reihe von Psalmen sind
Menschen geschrieben worden, die nicht nur mit ihrem Latein am Ende waren, sondern auch
mit ihrer Kraft.
Und dennoch haben sie immer wieder ganz unten in der Tiefe die Erfahrung gemacht: Gott
hat mich dennoch nicht vergessen. Auch wenn ich mich von Gott verlassen fühlte, so war
dieser Eindruck falsch: Er hatte mich auch tief unten im Blick – schon lange bevor sich die
Situation zum Guten wendete.
Die Liederdichterin Hedwig von Redern hat das einmal so formuliert: „Vor dir
verschlossene Türen, Unmöglichkeiten, dunkle Wände – bei Gott aber sind Licht,
heilige Pläne der Liebe und des Friedens. Warte nur! Glaube, dass sich Gottes
Gedanken viel mehr mit deinen Angelegenheiten beschäftigen als du selbst.“ (Eine gute
Minute, Seite 187)
Liebe Gemeinde, wir müssen in solchen Zeiten des quälenden Wartens nicht krampfhaft
nach einem Sinn fragen.
Aber auf eines dürfen wir ganz fest vertrauen: Gottes Gedanken sind auch in solchen Zeiten
viel mehr unseren Sorgen und Angelegenheiten beschäftigt, als wir uns das vorstellen. Wir
spüren dann vielleicht nichts von seiner Macht und von seinem Frieden. Aber er ist dennoch
gar nicht weit weg von uns!
Auch dieser Aspekt spielt in der Adventszeit eine wichtige Rolle: Wir haben keinen Gott, der
uns aus der Ferne kluge Ratschläge gibt. Wir haben einen Gott, der sich nicht dafür zu
schade war, auf unsere oft so armselige Erde herabzusteigen.
Advent heißt: In Jesus Christus ist Gott selbst ganz nahe gekommen. In Jesus Christus hat
er uns sein liebesvolles und anteilnehmendes Gesicht gezeigt.
Genauso kommt er auch heute: Unsichtbar zwar, aber genauso wirklich. In unsere
Krankenzimmer. In unsere Intensivstationen. In unsere Pflegeheime. Er kommt auch noch
heute – mit seinem Trost und mit seinem Segen! Amen.
Lied nach der Predigt: 152, 1. 3. 4
Fürbitten
Liturg:
Lasst uns beten! Nach jedem Gebetsteil singen wir den Ruf: „Kyrie eleison – Herr, erbarme dich!“
Sprecher/in I:
Jesus Christus, du unser Herr und Gott! Wir danken dir, dass du als Sohn des ewigen Gottes
in diese Welt gekommen bist, um uns zu helfen und uns zu retten.
Wir danken dir, dass du ganz nahe zu uns kommst.
Auch wenn wir dich nicht sehen können, dürfen wir deine Hilfe und deinen Trost immer
wieder ganz deutlich spüren!
Wir bitten dich: Lass uns deinen Zuspruch auch in dieser Adventszeit ganz neu hören und dir
vertrauen.
Mach uns bereit, uns von dir helfen zu lassen. Und lass uns offen sein für dich – und für
deinen Auftrag an uns.
Gemeinsam rufen wir zu dir: [alle] „Kyrie eleison“
Pfr. Breisacher:
Herr Jesus Christus, wir bitten dich heute besonders für die Menschen, die gerade jetzt eine
sehr mühsame Zeit durchstehen und aushalten müssen:
Hilf, dass sie die Geduld nicht verlieren – auch wenn sie lange auf eine Besserung ihrer
Situation waren müssen.
Und schenke ihnen immer wieder ein Zeichen der Ermutigung: ein Lichtstrahl der Hoffnung
aus deiner Ewigkeit.
Wir denken heute besonders an die trauernden Angehörigen von Gertrud Giesinger und
Frieda Wurst:
Gib du ihnen Kraft für den Weg des Abschieds und lass sie immer wieder deinen Trost und
deinen Frieden spüren.
Trotz aller Traurigkeit möchten wir dir aber auch danken für allen Segen, den du den
Familien und vielen anderen durch die Verstorbenen geschenkt hast: für alle fröhlichen
Erlebnisse, für alle Fürsorge, für alle Verbundenheit über so viele Jahre.
Gemeinsam rufen wir zu dir: [alle] „Kyrie eleison“
Sprecher/in:
Wir bitten dich für die Adventszeit, die jetzt vor uns liegt:
Bewahre uns davor, dass wir vor lauter Hektik und Betriebsamkeit überhaupt nicht mehr zur
Ruhe und zum Nachdenken kommen.
Wir danken dir für alles Schöne, das wir gerade auch in der Adventszeit genießen können.
Öffne uns aber auch die Augen dafür, dass wir nur Gäste sind auf dieser Welt.
Hilf, dass wir nicht nur unser irdisches Leben im Blick haben, sondern auch bereit sind, dir
einmal zu begegnen in der anderen Welt.
Gemeinsam rufen wir zu dir: [alle] „Kyrie eleison“
Pfr. Breisacher:
Wir bitten dich für Familie Rosenkranz, für Herrn Tirtohusodo und für Herrn Kutzke:
Segne sie auf ihrem weiteren Lebensweg. Hilf, dass unsere Gemeinde und unsere
Gottesdienste auch für sie zu einer Heimat werden – zu Orten, wo sie sich wohlfühlen und
Kraft schöpfen können für den Alltag.
Gemeinsam rufen wir zu dir: [alle] „Kyrie eleison“
Pfr. Breisacher: Vater Unser ...
* Schlusslied: 16, 1. 2. 4
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