Dieses prothesendynamisch optimale Design wird in einem zweiten Schritt unter ästhetischen sowie parodontalund kariesprophylaktischen Aspekten modifiziert. Diese Modifikation kann abhängig von individuellen Rahmenbedingungen, wie Mundhygieneverhalten, individueller Disposition zu Parodontitis und Karies sowie ästhetischen Ansprüchen an einen Zahnersatz zu verschiedenen Prothesendesigns führen. MERKE Es kommt bei der Planung von Teilprothesen wesentlich darauf an, für einen bestimmten Patienten mit seinen individuellen Rahmenbedingungen einen optimalen Kompromiss zu finden. Frontzahnlücken Diese Lückengebisse können zwar prinzipiell auch wie oben erläutert versorgt werden. Da Abstützung und Retention der Modellgussprothese im Frontzahnbereich fast immer unteroptimal sind, sind Alternativen zu erwägen: • Erstens muss geprüft werden, ob mit Modellgussprothesen ersetzte Frontzähne überhaupt abgestützt und retiniert werden müssen. So können in der Unterkieferfront bis zu zwei Unterkieferfrontzähne direkt aus dem Sublingualbügel herausgeführt werden, ohne dass diese abgestützt und retiniert werden müssen. Im Oberkiefer ist es zweckmäßig, diese Variante auf nur einen Frontzahn zu begrenzen. • Zweitens muss abgewogen werden, ob Frontzahnlücken nicht durch festsitzenden Zahnersatz geschlossen werden können. Praxis der Modellgussprothese Für die Darstellung der Behandlungsschritte in der Modellgussprothetik wird vereinfachend davon ausgegangen, dass die gesamte Vorbehandlung abgeschlossen ist: • Prognostisch ungünstige Zähne wurden extrahiert. • Die verbleibenden Zähne und ihr Parodont sind gesund bzw. konservierend so versorgt, dass ihre Langzeitprognose gesichert ist. • Das stomatognathe System ist funktionell gesund oder durch eine funktionelle Vorbehandlung in einen für den Patienten funktionell akzeptablen Zustand überführt worden. Studienmodelle Ziel der ersten Behandlungssitzung ist es, nach Abformung mit Alginat und Konfektionslöffel Studienmodelle zu erstellen, die durch eine provisorische Kieferrelationsbestimmung in einen Okkludator orientiert werden können. Die Betrachtung einzelner Kiefer ist auch in der Teilprothetik unzureichend und kann zu falschen Planungen von Zahnersatz führen. Nach Herstellung und Orientieren der Modelle erfolgt die Modellanalyse zunächst unter dem Aspekt, ob die Okklusion mit den geplanten Modellgussprothesen zufriedenstellend einstellbar ist. Ist das nicht der Fall, müssen Okklusionshindernisse, wie elongierte oder gekippte Zähne, soweit diagnostisch beschliffen werden, bis eine harmonische Okklusionsebene erzielt werden kann. Größere Korrekturen, die das Dentin der Zähne eröffnen, führen planerisch zur Notwendigkeit von Kronen. Es schließt sich die Entwicklung des Prothesendesigns an. Hierzu empfiehlt es sich für den Anfänger, das oben beschriebene systematische Vorgehen einzuhalten. Nach Definition der Stützelemente wird durch Vermessung der Unterschnitte an den mit Stützelementen zu versehenden Zähnen überprüft, ob diese über ausreichende Infrawölbungen verfügen, um späteren Klammern Retention zu geben. Ist dies nicht der Fall, muss versucht werden, über Veränderung der Einschubrichtung, Retention zu gewinnen. Lässt sich dies ebenfalls nicht erreichen, sollte die Überkronung der wenig retentiven Zähne vorgesehen werden oder von vornherein auf Kronen mit komplizierten Halte-Stützelemente (Doppelkronen, Geschiebe) ausgewichen werden. Patientenberatung Die Patientenberatung hat unter Berücksichtigung der verschiedenen Konstruktionsmöglichkeiten und unter Einbeziehung aller notwendigen Begleittherapien zu erfolgen. Ein spezielles Problem der Modellgussprothese ist die Einbeziehung vorhandener Restaurationen. Sind diese noch funktionstüchtig und sollen mit Klammern versehen werden, besteht bei der Präparation von Auflagekavitäten das Risiko einer Perforation, die zur Neufertigung zwingt. Darüber hinaus muss dem Patienten vermittelt werden, dass von vorhandenen Restaurationen Risiken ausgehen können (z. B. unerkannte Karies). Auflagenpräparation, Abformung, Kieferrelationsbestimmung Zur Vorbereitung des Gebisses werden zunächst die an den Modellen ermittelten Einschleifmaßnahmen zur Schaffung einer harmonischen Okklusion übertragen. Es schließt sich die Präparation der Kavitäten zur Aufnahme von Klammerauflagen an. PRAXISTIPP Auflagen von Modellgussklammern haben ausschließlich mechanische Funktion. Bei der Präparation von Auflagekavitäten stehen daher mechanische Überlegungen an vorderster Stelle. Auflagekavitäten sind nutzlos, wenn sie nicht ausreichend dimensioniert sind und keine ausreichend stabilen Auflagen ermöglichen. 145 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Praxis der Modellgussprothese 6 Teilprothetik PRAXISTIPP a 2a 3a a Bei Eck- und Frontzähnen ist eine Besonderheit zu beachten: Bei der Präparation mit dem Kugeldiamanten muss dieser möglichst exakt in der Einschubrichtung der späteren Prothese in den Zahnschmelz versenkt werden. Weicht man von der Einschubrichtung ab, ergeben sich in Bezug auf die Einschubrichtung der Prothese Unterschnitte, die nicht mit Klammerauflagen aufgefüllt werden können und damit nicht nur nutzlos, sondern auch Retentionsnischen von Plaque sind. Auflagekanal b c Abb. 6.13 Dimensionierung von Klammerauflagen. a Die Breite der Auflagekavität sollte einem Drittel der Zahnbreite entsprechen. b Auflagekanal Ansicht von bukkal. c Bonwill-Klammer im Auflagekanal, an den mit Pfeilen markierten Stellen ist auf ausreichende Dimensionierung zu achten! Auflagenmulde • Als Richtwert für die Größe einer Auflagenmulde (Abb. 6.13) gilt ein Drittel der oro-vestibulären Zahnbreite. Das entspricht etwa 2,5 mm. • Die Mulde ist allseits ausgerundet zu gestalten und sollte den Schmelzmantel des Zahnes nicht perforieren, was die Tiefe auf maximal ca. 1,5 mm limitiert. • Der Boden der Auflagemulde sollte nicht in Richtung Lücke geneigt sein, sondern rechtwinklig zur Zahnachse verlaufen oder besser zur Zahnmitte hin geneigt sein. Für die Präparation der Mulde hat sich ein Kugeldiamant mit einem Durchmesser von 2,5 mm mittlerer Körnung bewährt. Dieser wird im roten Winkelstück unter Wasserkühlung an der gewünschten Stelle des Zahnes in den Zahnschmelz zur Hälfte – also bis zu seinem größten Umfang – versenkt. Er hinterlässt automatisch eine ausgerundete Form zweckmäßiger Größe, sodass zur Fertigstellung der Auflagekavität nur noch die verbleibenden Kanten zur Okklusalfläche und zum Approximalraum gebrochen werden müssen. Abschließend wird die Kavität mit einem Gummipolierer geglättet. Zur Verbindung von oralen mit vestibulären Klammeranteilen bei Klammern in der geschlossenen Zahnreihe muss durch Präparation eines Kanals zusätzlich Platz geschaffen werden (Abb. 6.13). Dabei muss im Unterkiefer besonders vestibulär auf eine ausreichende Dimensionierung geachtet werden, da bei Klammern in der geschlossenen Zahnreihe beim Übergang der okklusalen Anteile zu den elastischen Anteilen vestibulär wegen des begrenzten Platzes zum bukkalen Höcker des Antagonisten ansonsten eine bevorzugte Bruchstelle entsteht. Für den Oberkiefer betrifft diese Überlegung den Übergang der Okklusalfäche zur Palatinalfläche. Die Präparation des Auflagekanals erfolgt mit einer diamantierten Walze des Durchmessers 1,2 mm. Sie wird im roten Winkelstück unter Wasserkühlung horizontal vollständig in die Randleisten der benachbarten Zähne versenkt und hinterlässt so einen 1,2 mm tiefen, von oral nach vestibulär verlaufenden, ausgerundeten Kanal. Nach Präparation des Kanals werden, wie oben beschrieben, die Auflagemulden in die benachbarten Zähne präpariert. Abformung Für die Abformung der Kiefer zur Herstellung von Modellgussprothesen ist Alginat, appliziert im Konfektionslöffel, unverändert das Standardmaterial. Allerdings werden zunehmend einfache und preisgünstigere monophasige Silikone angeboten, die ebenfalls im Konfektionslöffel appliziert eine Alternative zum Alginat darstellen. Löffel der ersten Wahl sind Rim-Lock-Löffel. PRAXISTIPP Im Unterkiefer ist die funktionelle Ausformung des Sublingualbereichs wichtig, da hier der Sublingualbügel sonst die Zungenbewegungen beinträchtigen könnte. Daher wird der Patient während der Abformung gebeten, die Zunge herauszustrecken und die Zungenspitze über die Oberlippe zu bewegen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 146 Kieferrelationsbestimmung Kontrolle der Passung Die Verfahren und Behelfe zur definitiven Kieferrelationsbestimmung ergeben sich aus der Zuordnungsfähigkeit der Kiefermodelle durch noch vorhandene Okklusion. Am einfachsten ist die Situation, wenn die Kieferrelation im Mund durch Okklusion eindeutig definiert ist und die okkludierenden Zähne so verteilt sind, dass Modelle der Kiefer ebenfalls eindeutig und ohne weitere Hilfsmittel zugeordnet werden können. In diesem Fall ist eine separate Kieferrelationsbestimmung nicht nur nicht erforderlich, sie ist sogar eher geeignet, Fehler zu provozieren. Mit zunehmendem Zahnverlust und/oder ungünstiger Verteilung der noch vorhandenen Zähne entsteht eine Situation, bei der die Kieferrelation zwar im Mund noch durch Okklusion eindeutig definiert ist, Modelle der Kiefer kann aber wegen fehlender okklusaler Abstützung nicht mehr eindeutig zugeordnet werden können. Dies ist z. B. bei ausschließlichen Frontzahnkontakten der Fall. In diesen Situationen müssen die Modelle mit Registrierschablonen (siehe S.176) zugeordnet werden. Aus Gründen der Passung müssen diese Registrierschablonen auf den originalen Meistermodellen angefertigt werden. Daher müssen zunächst die Meistermodelle hergestellt werden und auf diesen für einen oder für beide Kiefer Registrierschablonen hergestellt werden. Zur Registrierung der Kieferrelation muss dann eine zusätzliche Behandlungssitzung vereinbart werden. Erst nach der Registrierung der Kieferrelation können die Modelle eindeutig zugeordnet werden. • Klammerarme und Auflagen müssen den Zähnen spaltfrei anliegen. Abstehende Klammerarme sind Ausdruck eines grundsätzlichen Konstruktionsfehlers. Das Anbiegen von vermessenen Modellgussklammern widerspricht deren Konstruktionsprinzip und ist sinnlos. Gerüste mit abstehenden Klammern sind neu zu fertigen. • Große Verbinder im Oberkiefer müssen der Gaumenschleimhaut spaltfrei anliegen. Es darf jedoch keine Anämie der Schleimhaut auftreten. • Der Sublingualbügel muss ca. 0,5 mm vom Alveolarfortsatz abstehen und darf das Bewegungsspiel der Zunge nicht stören. Zur Kontrolle wird der Patient gebeten, die Zunge herauszustrecken und mit der Zungenspitze über die Oberlippe zu fahren. MERKE Bei Lückengebissen ohne Okklusion werden dieselben Verfahren angewandt wie in der Totalprothetik. Kontrolle der Okklusion Die Kontrolle der Okklusion ist erst sinnvoll, wenn die Modellgussgerüste ordnungsgemäß in situ sind. Die Okklusionskontrolle mit und ohne eingesetzte Gerüste muss identische Kontakte auf den natürlichen Zähnen ergeben. • Auflagen können Okklusion haben, dürfen die Okklusion jedoch nicht verändern. • Sind Auflagen zu hoch, können sie nur bis zu einer Stärke von ca. 1,2 mm korrigiert werden. Danach muss entschieden werden, ob Beschleifen des Antagonisten möglich ist oder die Auflagenpräparation vertieft werden muss, um ausreichend Platz für mechanisch stabile Auflagen zu schaffen. Ist Letzteres der Fall, muss neu abgeformt werden und ein neues Gerüst gegossen werden. Kieferrelationsbestimmung Gerüsteinprobe Die im Artikulator angelieferten Modellgussgerüste werden kontrolliert, ob sie der Planung entsprechen. Im Artikulator wird ferner überprüft, ob die Gerüste so gestaltet sind, dass sie die Okklusion der natürlichen Zähne nicht beeinträchtigen. Sind die Modellgussgerüste einwandfrei, erfolgt die Anprobe beim Patienten. Die Gerüste müssen durch geringen Druck auf die Sättel aufschiebbar und durch geringen Zug wieder entfernbar sein. Ein initiales, leichtes Spannungsgefühl des Patienten ist möglich, da es nicht regelhaft möglich ist, völlig passive Gerüste zu gießen. Außerdem können zwischen Abformung und Einprobe geringe Zahnwanderungen eingetreten sein. MERKE Das Spannungsgefühl bei der Gerüsteinprobe muss nach einigen Minuten vollständig verschwunden sein, sodass der Patient den Sitz der Gerüste als angenehm und spannungsfrei empfindet. Eine erneute Kieferrelationsbestimmung mit den Modellgussgerüsten ist nur sinnvoll, wenn diese bereits der Schleimhaut flächig aufliegende Prothesenbasen haben. Ist dies nicht der Fall, besteht die Gefahr der Rotation oder elastischen Verformung des Modellgussgerüstes bei der Kieferrelationsbestimmung. Zu hohe Wachsaufstellungen sind die Folge. Farbbestimmung Den Abschluss der Behandlungssitzung bildet die Farbbestimmung. Bei teilbezahnten Gebissen stehen noch natürliche Zähne zur Verfügung, deren Farbe mit Zahnfarbmustern verglichen wird (siehe S. 57). Wachseinprobe Im nächsten klinischen Arbeitsschritt werden die Prothesen mit in Wachs aufgestellten künstlichen Zähnen und in Wachs ausmodellierten Prothesenbasen geliefert. Vor Einsetzen der Prothese in den Mund des Patienten ist zunächst die Position der Zähne auf den Alveolarfortsät- 147 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Praxis der Modellgussprothese 6 Teilprothetik zen im Seitenzahnbereich zu prüfen. Sie müssen aus statischen Erwägungen auf der Kieferkammitte stehen, um Kippbewegungen der Prothese zu vermeiden. • Im Frontzahngebiet werden die Zähne nach ästhetischen Gesichtpunkten aufgestellt. Sie sollten im harmonischen Bogen mit noch vorhandenen Frontzähnen stehen. Sind keine natürlichen Frontzähne mehr vorhanden, gelten für Teilprothesen dieselben Regeln wie für die Zahnaufstellung auf Totalprothesen. • Da die Zähne wesentlich an der Unterstützung der Lippen beteiligt sind, müssen sie unter optisch-ästhetischen Gesichtspunkten in der Regel vor den Kieferkamm gestellt werden. Nach Einsetzen der Prothesen in den Mund sollten diese problemlos passen. Lässt sich eine Prothese nicht einsetzen, kann nur überschüssiges Wachs stören und muss entfernt werden. Korrekturmöglichkeiten • Sind die künstlichen Zähne außer Okklusion, sollte mit den Wachsprothesen ein neues Registrat der Kieferrelation genommen werden. Hierzu wird auf die Kauflächen eine ZnO-Eugenol-Paste aufgetragen und der Patient gebeten, langsam und ohne zu Pressen auf den eigenen Zähnen Kontakt zu suchen. Die Prothesen gehen zurück ins Labor, werden neu einartikuliert, und es erfolgt eine neue Wachsaufstellung. • Sind die künstlichen Zähne zu hoch, werden sie bei nur geringer Korrekturnotwendigkeit eingeschliffen. • Sind die künstlichen Zähne massiv zu hoch, sollten sie komplett von der Prothese entfernt werden. Die Wachssättel werden zu Wachswällen umgeformt und ein neues Registrat der Kieferrelationsbestimmung genommen. Die Modelle sind neu einzuartikulieren und die Wachsaufstellung zu wiederholen. Eingliederung • Vor der Eingliederung der Prothesen sind diese zunächst auf korrekte Gestaltung der Kunststoffanteile zu kontrollieren: – Freiendsättel müssen die Tubera maxillae umfassen und im Unterkiefer bis zum Tuberculum alveolare mandibulae reichen. – Die Ränder der Kunststoffsättel sollen rund und keinesfalls scharfkantig sein. – Die Sattelunterfläche muss glatt sein. – Vestibulär sollen die Sättel nicht breiter als die Lücken sein, um den Raum zwischen sattelangrenzendem Zahn und Sattel nicht zu verschließen und der Selbstreinigung zu entziehen. • Vor der Eingliederung sind ferner die statische und dynamische Okklusion im Artikulator zu kontrollieren. Kontrolle der Passung Nach Einsetzen der Prothesen wird die Ausdehnung der Sättel kontrolliert. Der Patient wird gebeten, die Zunge, die Wange und die Lippen extensiv zu bewegen. Da die Ausdehnung der Sättel nicht wie in der Totalprothetik durch einen Funktionsabdruck definiert und daher vom Zahntechniker mehr oder weniger frei gestaltet wurde, ist es nicht ungewöhnlich, wenn Prothesenränder mit der Muskulatur kollidieren. Die Prothesenränder sind dann soweit zu kürzen, bis die Bewegung der Muskulatur nicht mehr beeinträchtigt wird. Stößt die Muskulatur nicht mehr an die Prothesenränder an, wird die Passung der Prothesenbasen im Bereich der Sättel überprüft. Dies ist bei Freiendsätteln von entscheidender Bedeutung. Wenn bei Fingerdruck auf den distalsten Zahn eines Freiendsattels dieser deutlich einsinkt, ist zu vermuten, dass ein Spalt zwischen Prothesenbasis und Schleimhaut besteht. Zur Darstellung dieses Spaltes wird dünn fließende Silikonabformmasse auf die Prothesenbasen aufgetragen und die Prothese eingesetzt. Der korrekte Sitz der Prothese wird an den Auflagen kontrolliert und die Prothese so lange in situ belassen, bis die Abformmasse abgebunden ist. Der Patient darf während dieser Zeit nicht auf die Prothese aufbeißen! Ist die Silikonmasse nicht hauchdünn ausgepresst, kann die Prothese nicht eingegliedert werden, sondern muss unterfüttert werden. Kontrolle der Okklusion Die Kontrolle der statischen Okklusion erfolgt in identischer Methodik wie bei der Wachseinprobe (s.o.). In der Regel sind nur geringe Korrekturen der statischen Okklusion durch Einschleifen der künstlichen Zähne erforderlich. Bisher völlig unberücksichtigt blieb die Kontrolle der dynamischen Okklusion. Okklusionskonzept für die meisten mit Modellgussprothesen zu behandelnden Situationen ist die Fronteckzahnführung oder die Gruppenführung. Lediglich bei Gebissen, bei denen ein Kiefer zahnlos ist, ist die bilateral balancierte Okklusion zweckmäßig. Ersatzzähne der Prothese sind wenn möglich so einzuschleifen, dass die lateroprotrusive Führung natürlicher Zähne unverändert besteht. MERKE Der Patient wird darauf hingewiesen, dass unter der Funktion der Prothese Druckstellen auftreten können. Modellgussprothesen können Tag und Nacht getragen werden. Nur bei Auftreten von Schleimhautkomplikationen sollen die Prothesen nachts nicht getragen werden. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 148 Drahtklammer-Kunststoffprothesen Grundsätzlich sollte an Patienten nach Eingliederung von umfangreichem Zahnersatz am Folgetag ein Kontrolltermin vergeben werden. Dies ist schon allein psychologisch sinnvoll, da der Patient das Gefühl erhält, man kümmert sich um ihn und wenn es Probleme gibt, ist Behandlungszeit für ihn reserviert. Beim ersten Kontrolltermin nach Eingliederung von Modellgussprothesen wird vor allem nach Druckulzera gesucht und diese durch Beschleifen der Prothesenränder oder der Prothesenbasis entlastet. Weitere Besonderheiten der Nachsorge abnehmbaren Zahnersatzes sind dem entsprechenden Beitrag dieses Buches (siehe S. 252) zu entnehmen. Grenzen der Modellgussprothese Die Indikationsgrenzen der Modellgussprothese ergeben sich unmittelbar aus den Eigenschaften der Gussklammer: • Im Frontzahngebiet stößt die Anwendung von Gussklammern wegen ihrer Sichtbarkeit sehr schnell auf optisch-ästhetische Probleme. Hier sind die Überkronung mit metallkeramischen Kronen und einem Geschiebe oder mit Adhäsivtechnik an Zähnen befestigte Geschiebe zu nennen. • Die Gussklammer benötigt Unterschnitte an Pfeilerzähnen und Pfeilerzähne, deren klinische Kronen mechanisch belastbar sind. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, ist die Überkronung der Pfeilerzähne indiziert. Auf den Kronen werden Klammern zur Verankerung von Modellgussprothesen verwendet. Alternativ zum System Krone/Klammer kann auch auf Doppelkronen, Kronen mit Geschieben oder andere Präzisionselemente ausgewichen werden. Dies ist besonders dann nahe liegend, wenn der zu überkronende Zahn gut sichtbar ist und mit der Verwendung von Präzisionselementen zugleich ästhetische Verbesserungen erzielt werden. • Modellgussprothesen sind bei stark reduzierten Lückengebissen mit diagonal-zentrischer Stützlinie oder bei Kiefern mit nur noch einem Zahn nicht indiziert. In beiden Fällen sollten Doppelkronen oder bei devitalen Zähnen Druckknopfanker herangezogen werden. • Prothesen, die nach Resektion von Tumoren erforderlich werden, haben in der Regel ungünstige Voraussetzungen für Abstützung und Retention von Teilprothesen. Weitere Hinweise zur Befestigung von Defektprothesen sind dem entsprechenden Beitrag dieses Buches (siehe S.196ff.) zu entnehmen. Drahtklammer-Kunststoffprothesen Drahtklammer-Kunststoffprothesen sind die einfachste Form abnehmbarer Teilprothesen. Indikationen Drahtklammer-Kunststoffprothesen sind aufgrund der reduzierten mechanischen Eigenschaften von gebogenen Drahtklammern jedoch nicht für dauerhafte Funktion geeignet, sondern dienen der Interimsversorgung bis zur Eingliederung definitiven Zahnersatzes. Die Interimsversorgung erhält das Kauvermögen, die Ästhetik und sichert die Kieferrelation. Materialien • Zur Herstellung von Interimsprothesen werden federharte Drähte aus V2A-Stahl (Durchmesser 0,8–1 mm) verwendet. • Zur Herstellung gebogener Klammern mit Stützfunktion sind Halbfertigteile, z. B. sog. „Klammerkreuze“ verfügbar, deren Auflagen zugeschliffen und deren Klammerarme durch Biegen angepasst werden. • Für die Abstützung und die Retention von Interimsprothesen in der geschlossen Zahnreihe eignen sich KugelKnopf-Anker (Rusch-Anker). • Halbfertigteile sind ebenfalls sinnvoll zur Anfertigung von Sublingualbügeln. • Sättel im Unterkiefer sowie Sättel und großer Verbinder im Oberkiefer werden aus PMMA angefertigt, wobei Autopolymerisate unter der Voraussetzung zweckmäßig sind, dass keine immunologischen Reaktionen auf deren Bestandteile vorliegen. Konstruktion Die Konstruktion von Drahtklammer-Kunststoffprothesen folgt denselben Gesichtspunkten wie bei definitivem Zahnersatz: • Schaltsättel sind parodontal abzustützen. • Bei Freiendsätteln ist die sattelnahe Abstützung eine einfache und zweckmäßige Lösung. • Die Gestaltung der Verbinder unterliegt den Gesichtspunkten der Parodontalprophylaxe: Mindestabstände zum marginalen Parodont sind wie beim definitiven Zahnersatz einzuhalten. MERKE Kragenplatten, die den Sulcus gingivae abdecken, sind kontraindiziert. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Nachsorge 149