Arbeiten // Basel 09 Arbeiten // Basel PROJEK T 09 09 Basel Holz kratzt an den Wolken Das Hochhaus Aquila bei Basel ist eine Ansammlung von Superlativen: Die Fassadenkonstruktion besteht aus 900 Holzbauelementen und damit aus fast 140 m³ Holz. D er am Ostrand von Basel gelegene Vorort Pratteln verändert sein Gesicht. Die ehemals industriell geprägte, viertgrößte Gemeinde des Kantons Baselland hat sich in den vergangenen 20 Jahren zu einem wichtigen Dienstleistungsstandort entwickelt. Das neue städtische Selbstverständnis findet jetzt auch seine Entsprechung in einer Umgestaltung des Zentrums. Anstelle eines Gebäudes aus den 50er-Jahren mit Restaurant und 14 Wohnungen wird derzeit am Bahnhofsplatz ein Hochhaus fertiggestellt. Mit insgesamt 20 Geschossen ist das neue Hochhaus „Aquila“ – der Name ist das italienische Wort für Adler und nimmt damit Bezug auf das Wappentier der Gemeinde – ein weithin sichtbares Zeichen für das neue Selbstbewusstsein. Nicht nur optisch ist den Basler Architekten Christ & Gantenbein mit dem Hochhaus ein großer Wurf gelungen. Mit einem Mix aus Geschäften, Büros und Wohnungen wird der mit einem Investitionsvolumen von rund 50 Millionen CHF erstellte Neubau das urbane Leben im Bahnhofsviertel ergänzen und bereichern. Im Erdgeschoss des im Minergie-Standard zertifizierten Gebäudes stehen Shopping und Lifestyle im Fokus. Das Aquila gliedert sich in einen zentralen, 66 m hohen Turm mit rhombenförmigem Grundriss, der von dreigeschossigen Flügelbauten seitlich flankiert wird. Sie sind für Büros reserviert. Auf mehr als 2600 m2 gibt es dort flexible Büro- oder Praxisflächen, die zwischen 98 und 880 m2 variieren und genügend Platz für 80 komfortable Arbeitsplätze auf jeder Etage bieten. Die darüberliegenden Geschosse sind der Wohnnutzung vorbehalten. Insgesamt werden hier 76 Mietwohnungen mit Größen zwischen 70 und 150 m2 realisiert. Während sich in den unteren Etagen jeweils drei Wohnungen mit 3 ½ Zimmern und zwei Wohnungen mit 2 ½ Zimmern befinden, sind in den beiden oberen Etagen jeweils drei größere Wohneinheiten vorgesehen. Vorteil Hybridbauweise FERMACELL/ARMIN BESMER Die Architekten haben das Objekt in sogenannter Hybridbauweise umgesetzt, die sich besonders für Großobjekte mehr und mehr durchsetzt. Dabei werden die Vorzüge von Massiv- und Holzbauweise gezielt genutzt: So bietet das Stahlbetonskelett speziell beim mehrgeschossigen Bauen klare Vorteile bei der Statik. Dafür warten die Holzbauwände mit sehr guten energetischen Eigenschaften auf. Sie sind in der Regel wesentlich 46 mikado edition 2016 www.mikado-online.de schlanker als massive Wandbauteile. Beplankungen etwa mit Fermacell Gipsfaser-Platten sorgen für hohe Stabilität bei gleichzeitig hohem Brandschutz. Die Vorproduktion unter idealen Bedingungen in der Werkstatt mit anschließender Montage auf der Baustelle verkürzt im Vergleich zu Massivbaustoffen die Bauzeiten merklich, denn lange Trocknungszeiten entfallen. Als weiteres wichtiges Argument für die Hybridbauweise kommt die Reduzierung des Eigengewichtes des Gebäudes hinzu. Mit einer nichttragenden, nichtaussteifenden vorgehängten Fassadenkonstruktion in Holzbauweise können mehrere Tonnen Eigengewicht eingespart werden, was sich bei einem Gebäude von der Größenordnung des Aquila bei der Bemessung der Fundamente und Stabilisierung stark bemerkbar macht. ▸ Mit dem 66 Meter hohen, rhombenförmigen Turm und insgesamt 20 Geschossen ist das neue Hochhaus Aquila deutlich höher als die Umgebungsbauten 47 09 GRUNDRISS, 7. OBERGESCHOSS Herausforderung Brandschutz Projekte dieser Größenordnung sind eine besondere Herausforderung für den baulichen, konstruktiven Brandschutz. Gemäß VKF (Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen) sind in der Schweiz Hochhäuser, als solche gelten Bauten mit einer Gesamthöhe von mehr als 30 Metern, mit brandabschnittsbildenden Wänden und Decken mit Feuerwiderstand EI 90 (nbb = nicht brennbare Materialien) zu erstellen. In jedem Geschoss muss ein umfassender und mit der Geschossdecke verbundener, mit Feuerwiderstand EI 90 (nbb) ausgeführter Schutzstreifen von 0,9 m Höhe oder eine 1,5 m breite, vorspringende Auskragung gleichen Feuerwiderstandes vorhanden sein. Bei Sprinklervollschutz sind diese Maßnahmen hinfällig. Beim Bauvorhaben Aquila war eine Außenhülle aus nichttragenden, nichtaussteifenden Brüstungselementen in Holzrahmenbauweise geplant. Sie sollten von außen mittels einer bekleideten Stahlkonstruktion an die Massivbauteile aus Stahlbeton angeschlossen und abschließend mit einer hinterlüfteten Fassade aus 3,3 mm dicken, verzinkten Stahlblechen bekleidet werden. Aufgrund der brandschutztechnischen Vorgaben für das Bauvorhaben sollten die Holzbauelemente sowie die Übergangsbereiche zu den angrenzenden Stahlkonstruktionen mit einer mehrlagigen Beplankung aus Gipsfaser-Platten so ausgeführt werden, dass sie den Anforderungen an eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung der Klasse K290 bei einseitiger Brandbeanspruchung nach DIN EN 13501-2:2002-12 in Verbindung mit der DIN EN 14135:2004-11 entsprechen. Da die Feuerwiderstandsklasse K290 jedoch nicht geregelt ist, wurde in Abstimmung zwischen Architekten, Gebäudeversicherern, Sicherheitsingenieuren sowie der Fermacell GmbH Schweiz eine objektspezifische Ausnahmebewilligung erteilt. Basis ist eine gutachterliche, objektspezifische Stellungnahme für die Brüstungselemente. Diese wurde von der MFPA Leipzig als reines Kapselgutachten K290 gemäß DIN EN 13501-2 erstellt und bietet damit keine Angaben zum Feuerwiderstand durch das Gesamtbauteil. Ziel der darin beschriebenen Maßnahmen ist, im Geschossübergang den Einbrand vom unteren Geschoss in die Konstruktion für die Dauer von 90 Minuten zu verhindern sowie das frühzeitige Herabfallen von Fassadenteilen auszuschließen. SCHNIT T Arbeiten // Basel Entsprechend dem Gutachten kapselten die Handwerker die Stirnseiten der Elemente sowie die Metallpfosten jeweils mit einer dreilagigen Beplankung aus Gipsfaser-Platten d = 18 mm ein. Die Befestigung der ersten und zweiten Lage erfolgte direkt in der Unterkonstruktion mit Abständen von ≤ 300 mm vertikal und ≤ 625 mm horizontal (erste Plattenlage) bzw. ≤ 150 mm vertikal und ≤ 625 mm horizontal (zweite Plattenlage). Die dritte Plattenlage befestigten die Handwerker in den beiden darunterliegenden Lagen, nach dem Prinzip „Platte in Platten“ (Befestigungsabstand in Reihen ≤ 400 mm im Abstand von ≤ 150 mm). Die Fugen der äußeren Lage konnten alternativ entweder als Stoß- oder als Klebefuge ausgeführt werden. Ein besonderer Schwerpunkt des Gutachtens war die Ausführung von Fugen und Plattenstößen. Die einzelnen Plattenlagen mussten mit einem vertikalen und horizontalen Versatz der Stoßfugen von jeweils ≥ 200 mm ausgeführt werden. Kreuzfugen waren nicht zulässig. Sofern konstruktiv machbar, sollten die Handwerker die Bekleidungslagen in den Eckbereichen außerdem stufenartig versetzt ausführen. Für die brandschutztechnischen Anschlüsse an bestehende Massivbauteile wurden Lösungen mit Dehnfugen aus Brandschutzkitt vorgegeben. Die Elementflächen erhielten eine Bekleidung mit 3 × 12,5 mm Gipsfaser-Platten, die Dämmung im Wandhohlraum erfolgte mit 140 mm Steinwolle (Schmelzpunkt ≥ 1000 °C). STECK BR IEF PROJEK T: Neubau Hochhaus Aquila in Basel BAUHERR: Balintra AG, eine Immobiliengesellschaft des Immobilienfonds UBS (CH) Property Fund – Swiss Mixed „Sima“ c/o UBS Fund Management (Switzerland) AG ı CH-4052 Basel BAUWEISE: Hybridbauweise BAUZEIT: 2013 bis 2015 BAUKOST EN: 50 Mio. CHF ARCHIT EK T UR: Christ & Gantenbein CH-4056 Basel ı www.christgantenbein.com STAT IK: Schnetzer Puskas Ingenieure CH-4010 Basel ı www.schnetzerpuskas.com HOL ZBAU UND STAT IK FA SSADE: Holzbautechnik Burch AG CH-6060 Sarnen/Luzern ı www.holzbautechnik.ch Rita Jacobs, Düsseldorf ▪ STAUBSCHUTZSYSTEM +49(0)21173714699 Machen Sie es richtig. Beginnen Sie jeden Auftrag mit ZipWall . ® Aufbau in wenigen Minuten – Weiterempfehlungen über Jahre ZEICHNUNGEN: CHRIST & GANTENBEIN Q 48 mikado edition 2016 Keine Leitern, kein Klebeband, kein Schaden Q Besuchen Sie zipwall.com und sehen Sie, wie einfach es geht. www.mikado-online.de 49