Isolationsprüfungen

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ANWENDUNGSBERICHT
Isolationsprüfungen
Sie gehören zum unverzichtbaren Teil des Elektriker-Alltags und sind für die Sicherheit im
Betrieb grundlegend: Isolationsmessungen an elektrischen Geräten und Anlagen. Um
Sicherheitsrisiken auszuschließen, müssen alle Geräte und Anlagen vor der Inbetriebnahme
und anschließend in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden. Wegen dieses hohen
Stellenwertes bieten wir Ihnen hier einen praxisorientierten Überblick zum Thema Isolationsprüfung. Und das nicht zuletzt deshalb, weil manche Messergebnisse ein gewisses Maß
an Interpretation erfordern.
ür den zuständigen Fachmann im Betrieb
untergliedert sich die Aufgabe der Isolationsprüfung in zwei Bereiche: Vor dem
Anschluss und der Inbetriebnahme von neuen
oder in Stand gesetzten Anlagen muss er die Güte
der Isolation im Hinblick auf ihre Durchschlagspannungsfestigkeit messen und prüfen. Geht das
Gerät bzw. die Anlage nach bestandener Prüfung
in Betrieb, so muss die elektrische Sicherheit in
regelmäßigen Wartungsintervallen durch Messung
und Prüfung des Isolationswiderstandes bestätigt
werden. Weil sich diese beiden Messaufgaben in
wichtigen Punkten unterscheiden, lohnt es sich,
ihre technischen Merkmale kurz zu rekapitulieren.
F
Durchschlagspannungsfestigkeit
Im Allgemeinen ist hier nur von „Spannungsfestigkeit“ die Rede. Gemeint ist damit die Prüfung der Isolation auf ihre Fähigkeit, einer Prüfspannung während einer bestimmten Dauer
standzuhalten, ohne dass es zu einem Durchschlag kommt. Die Güte der Isolation soll eine
Funkenstrecke verhindern, aus der sich Gesundheitsgefahren, Brände und Produktionsstillstände
ergeben können. Diese Prüfung bestätigt auch,
dass der Aufbau eines Gerätes die in den Normen
und Vorschriften geforderten Schlagweiten, Luftstrecken und Kriechstrecken einhält.
Bei der Prüfspannung handelt es sich um eine
Überspannung, deren Höhe meist in kV in Datenblättern festgelegt ist. Tritt bei der Prüfung wegen
unzureichender Isolation ein Durchschlag auf, so
kann dies unter Umständen zu erheblichen Schäden am Prüfling führen, je nachdem, wie hoch die
abgegebene Leistung des Messgerätes ist. Mit der
Prüfspannung werden also realistische Extremsituationen des Anlagenbetriebs, wie Blitzschlag in
eine Freileitung oder Induktionsspannungen durch
Fehler auf dem Übertragungsweg, simuliert und
ihre möglichen Auswirkungen vorweg genommen,
sodass rechtzeitig konstruktive Gegenmaßnahmen
ergriffen werden können. Damit trägt die Prüfung
der Durchschlagspannungsfestigkeit wesentlich
zur grundsätzlichen Betriebssicherheit von elektrischen Geräten und Anlagen bei. Vergleichbare
Prüfverfahren, bei denen eine Beschädigung des
Prüflings im Interesse der Sicherheit von Mensch
und Betrieb in Kauf genommen wird, sind auch in
vielen anderen Bereichen Standard. Ein Beispiel
dafür liefern Kesseldruckproben.
•
Vor Inbetriebnahme, alle aktiven Leiter untereinander verbunden und mit angeschlossenen
Verbrauchern, ist der Isolationswiderstand des
Gesamtsystems gegenüber Erde zu prüfen.
vorgenommen, man kann aber auch mit
Gleichspannung arbeiten.
• Tritt ein Durchschlag auf, kann das zu umfangreichen Beschädigungen führen.
Isolationswiderstand
Ganz anders die Prüfung des Isolationswiderstandes: Dieser Messvorgang ist normalerweise
zerstörungsfrei, denn es wird nur eine geringe
Spannung an das Gerät oder die Anlage angelegt
und der Widerstand der Isolation ermittelt. Dieser
Widerstand ist ein Maß für die Güte der Isolation
zwischen spannungsführenden Teilen und zeigt,
wie groß die Gefahr der Bildung von Kriechstrecken ist. Erforderlich ist die regelmäßige Messung
des Isolationswiderstands deshalb, weil die Wirkung von Isolationswerkstoffen durch Beschädigung, Beanspruchung und Alterung im Verlauf der
Betriebsdauer beeinträchtigt werden kann. Die
Messung eignet sich vor allem dazu, solche
Alterserscheinungen an Isolationen rechtzeitig
aufzuspüren. Entsprechend gehört die Prüfung des
Isolationswiderstandes in den Rahmen der vorbeugenden Wartung.
Prinzipieller Prüfablauf
Zunächst muss der Prüfling von allen Anschlüssen
abgetrennt und spannungsfrei sein. Dann wird er
an die DC-Prüfspannung gelegt, und der Widerstand wird an den entsprechenden Punkten
gemessen. Bei der Prüfung der Isolation gegenüber Erde empfiehlt es sich, den Pluspol der Prüfspannung auf Erde zu legen, um bei mehreren
Prüfungen hintereinander Probleme durch eine
negative Vorspannung der Erde zu vermeiden.
Mindestwerte für die Messung des Isolationswiderstandes in elektrischen Anlagen schreibt die
Norm EN61557-2 fest. Die Werte richten sich
nach der Nennspannung der Anlage. Als Mindestwiderstand werden ≥1 000 Ω pro V Prüfspannung
gefordert:
Nennspannung
Prüfspannung
Mindestisolationswiderstand
<50 V
250 VDC
0,25 MΩ
50...500 V
500 VDC
0,5 MΩ
>500 V
1 000 VDC
1,0 MΩ
Praxis-Tipps:
Wenn sich im Prüfling empfindliche elektronische Bauteile befinden, müssen die Phasenund der Neutralleiter gut miteinander verbunden sein.
• Die Messungen können auch über geringere
Strecken als 100 m vorgenommen werden.
Der geforderte Widerstandswert ist dann umgekehrt proportional zur Verringerung der
Strecke, d. h. auf 50 m (Hälfte der Strecke)
muss der doppelte Widerstandswert gemessen
werden:
RIsol 50 m = 2 x RIsol 100 m
•
•
Bei industriell oder gewerblich genutzten Anlagen sind diese Messungen in regelmäßigen
Abständen zu wiederholen.
Elektrische Anlagen
Umlaufende Maschinen
Die Norm EN61557-2 bzw. die europäische Niederspannungsrichtlinie schreibt vor, dass der Isolationswiderstand einer abgeschalteten und spannungsfreien elektrischen Anlage über eine Strecke
von 100 m wie folgt gemessen werden muss:
• Vor Inbetriebnahme und bei abgetrennten
Verbrauchern ist die Messung zwischen jedem
„aktiven“ Leiter (Phasenleitern und Neutralleiter) durchzuführen, um sicherzustellen,
dass kein Leiter beim Einbau Beschädigungen
erlitten hat.
Der Wicklungswiderstand von Motoren/Antrieben
kann gegenüber Erde oder zwischen den Wicklungen gemessen werden.
Praxis-Tipps:
Ohne Prüfung der Durchschlagspannungsfestigkeit darf keine neue oder in Stand
gesetzte Anlage in Betrieb genommen werden.
• Die Prüfung wird meist mit Wechselspannung
•
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06105/401-234
Alternativ kann man auch den Isolationswiderstand des gesamten Motors gegenüber Erde
messen.
06105/401-100
ANWENDUNGSBERICHT
•
Feuchtigkeit wirkt sich vor allem bei verschmutzten Oberflächen negativ auf die gemessene Güte der isolierenden Oberflächen aus.
Isolationsmessungen sollten nicht bei Temperaturen unterhalb des Taupunktes stattfinden.
Praxis-Tipp:
Für die Isolationsprüfung von Niederspannungsantrieben und -motoren (<1 000 V) werden üblicherweise Prüfspannungen von 500 oder 100 VDC
benutzt. Bei Mittelspannungsmotoren (≥1 000 V)
beträgt die Prüfspannung meistens 2 500 oder
5 000 VDC.
Telekommunikationsanlagen
Bei neu verlegten Leitungen werden die Messungen mit 250 oder 500 V durchgeführt, bei der
Prüfung oder Störungssuche an bestehenden Leitungen werden 50 oder 100 V Prüfspannung
benutzt. Die Messung erfolgt immer zwischen der
Doppelader und der auf Erde gelegten Schirmung
oder zwischen metallischer Schirmung und Erde.
An neuen, nicht gefüllten Leitungen mit weniger
als 2 km Länge muss ein Mindestwiderstand von
1 000 MΩ vorhanden sein (für Leitungen mit
mehr als 2 km Länge gelten 2 000 MΩ/km). Bei
gefüllten Leitungen betragen die Mindestwerte
750 MΩ bzw. 1 500 MΩ.
Praxis-Tipp:
•
Im Betrieb der Anlage sind geringere Werte
als bei Neu-Inbetriebnahme zulässig, die gemessenen Werte müssen jedoch wenigstens die
Hälfte der geforderten Mindestwerte für neue
Leitungen betragen.
Elektrogeräte und -motoren
Wegen der Vielzahl unterschiedlicher Elektrogeräte gibt es hier entsprechend viele Normen.
Am häufigsten wird eine Prüfspannung von 500 V
verlangt. Sie gilt außer für Haushaltselektrogeräte
z. B. für:
• Elektromaschinen (EN 60204-1)
• Schalttafeln (EN 60439-1)
• Beleuchtungskörper (EN 60598-1)
Praxis-Tipp:
•
Auch wenn sich die Mindestwerte für den
Isolationswiderstand von Norm zu Norm
unterscheiden, gilt nahezu immer, dass der
Richtwert von 1 000 Ω pro V nicht unterschritten werden sollte.
Umgebungseinflüsse auf die Messung
Sowohl Temperatur als auch Feuchtigkeit beeinflussen Isolationsmessungen:
• Bei Wartungsarbeiten sollte man beispielsweise die Messungen an Motoren stets unter
gleichen Temperaturbedingungen vornehmen.
Wo das nicht geht, muss man die gemessenen
Werte mit Hilfe einer R/t-Kurve auf eine Bezugstemperatur korrigieren. Die IEEE Norm 43
(für umlaufende Maschinen) schlägt als Korrekturfaktor vor, pro 10 K Temperatursteigerung jeweils durch zwei zu teilen.
•
Es empfiehlt sich, bei Isolationsmessungen
immer auch ein Thermometer dabei zu haben.
Wenn man die Veränderung des Isolationswiderstandes über der Zeit erfasst, gewinnt man ergänzend zum Absolutwert sinnvolle Zusatzinformationen. Dazu errechnet man den sogenannten Polarisationsindex (PI), indem man z. B.
den Messwert nach 10 Minuten durch den Wert
nach einer Minute teilt. Es gilt:
PI < 1 = gefährlich!
PI < 2 = bedenklich
PI < 4 = gut
PI > 4 = hervorragend
Zur Interpretation der Messwerte
Schäden an der Isolation lassen sich auch an typischen Veränderungen der Messwerte während
einer bestimmten Zeitspanne erkennen. Um Fehlern auf die Spur zu kommen, kann man zwei
Phänomene nutzen, die sich während einer Messung abspielen.
Entsprechend berechnet man für neuere Isolierstoffe die sogenannte „Dielectric Absorption Ratio“ (DAR). Hier wird der Wert nach 1 Minute
durch den Wert nach 30 Sekunden geteilt. Es gilt:
DAR < 1,25 = ungenügend
DAR < 1,6 = gut
DAR > 1,6 = hervorragend
Veränderung von Strömen und Widerstand
Praxis-Tipps:
Bei der Isolationsmessung fließt Strom ab, der
sich aus einem kapazitiven Strom (IK), dem dielektrischen Absorptionsstrom (IA) und dem eigentlichen Leckstrom (IL) zusammen setzt. Der kapazitive Strom fällt sehr schnell ab und verschwindet
praktisch nach Sekunden. Der dielektrische
Absorptionsstrom fällt langsamer ab. Er bewirkt
eine Umorientierung der dielektrischen Moleküle
im Isolierwerkstoff, was mehr Zeit erfordert. Der
Leckstrom ist dagegen eine Größe, die kontinuierlich über die Isolation abfließt.
Die Messung des Isolationswiderstandes über
der Zeit eignet sich besonders gut zur vorbeugenden Wartung umlaufender Maschinen.
• Die Temperatur spielt dabei nur eine geringe
Rolle, weil zeitlich relativ dicht beieinander
liegende Messungen verglichen werden.
• Der Koeffizient PI ersetzt nicht die Mindestwertangaben in Normen oder Vorschriften von
Motorenbauern! Er liefert eine Zusatzinformation über das Alterungsverhalten der Isolation.
•
Bei guter Isolierung:
Zur Messung sehr hoher
ist IL gering und die Messung wird stark von IK
und IA beeinflusst. Folge: Je mehr der Stromabfluss über der Zeit sinkt, desto höher steigt der
Isolationswiderstand im Verlauf der Messung
(Kurve A in der Grafik). Die Messkurve steigt also
steil an. Bei alten Isolierwerkstoffen kann dieser
Prozess 10...15 Minuten dauern. Neue Werkstoffe,
wie Epoxydharz/Glimmer oder Polyesterharz/Glimmer, liefern schon nach 2...3 Minuten eine stabile
Messung.
Isolationswiderstände
Bei Isolationen mit über 1 GΩ Widerstand
können Oberflächenkriechströme (durch
Feuchtigkeit und Staub) die Messung verfälschen. Um wirklich nur die „quer“ von einem
Leiter zum anderen abfließenden Leckströme
zu erfassen, verwendet man eine sogenannte Guard-Schaltung:
Bei schlechter Isolierung:
ist IL hoch und die Messung wird nur verhältnismäßig schwach durch IK und IA beeinflusst.
Folge: Der Stromabfluss sinkt nur geringfügig, die
Kurve der Messung zeigt daher einen flachen Verlauf (Kurve D in der Grafik). Typische Ursachen
sind gealterte Werkstoffe, Risse, Schmutz und
Feuchtigkeit.
Dabei wird ein Kontaktpunkt zwischen den
Leitern „+“ und „-“ mit der Guard-Klemme
des Isolationsprüfers verbunden. Alle eventuellen (Kriech-) Ströme, die vom Kontaktpunkt zur Guard-Klemme abfließen, gehen
nicht in das Messergebnis ein.
Praxis-Tipp:
•
Wichtig ist die Wahl eines geeigneten
Kontaktpunktes für die Guard-Schaltung.
Dieser Punkt darf nichts mit der Isolierwirkung zu tun haben, die eigentlich geprüft
werden soll.
Angebote & Beratung zur Messtechnik: RS Kompetenz Team unter 06105/401-800
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