Maximale Stellkraft durch Mikroverzahnung - kgk

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Vor der Serie
Stellantriebe
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05/2006
Piezomotor
Maximale Stellkraft
durch Mikroverzahnung
Neue Generation von intelligenten Stellantrieben
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Eine große Zukunft wird dem Kürzel mit den drei Buchstaben PAD voraus gesagt. Die Rede ist von einem neuen getriebelosen Bauprinzip,
das hoch untersetzten elektromagnetischen Motoren Konkurrenz machen wird – und auch noch sensorische Fähigkeiten besitzt.
von Dr. Barbara Stumpp
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Resonant betriebene Piezomotoren sind vor allem für einen begrenzten
Einsatzbereich geeignet, da bei der reibschlüssigen Arbeitsweise nur wenig Kraft
übertragen werden kann. Andererseits
aber punktet Piezokeramik mit hoher Auflösung bis in den Subnanometer-Bereich,
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hohen Stellkräften, hoher Dynamik und
besitzt sensorische Fähigkeiten gegenüber
mechanischer Belastung. Und exakt diese
Vorteile nutzt der neue getriebelose PAD
(Piezo Actuator Drive), der in Zusammenarbeit von Siemens und der TU München
entwickelt wurde.
PAD (Piezo Actuator Drive)
an einer Motorbremse.
„PAD bringt viele Eigenschaften mit, die
sich normalerweise nur durch erheblichen, zusätzlichen Aufwand erreichen
lassen“, betont Dr. Andreas Kappel von
Siemens Corporate Technology. Und er
führt weiter aus: „Ein Positionssensor, ein
Getriebe oder eine Motorbremse sind
überflüssig, ebenso ein zusätzlicher Drehmomentsensor, da mit den Piezoaktoren
die Motorkräfte detektiert werden können."
„Die Idee ist von Siemens, aber sie funktioniert nur mit der Mikroverzahnung, die
bei uns für den PAD entwickelt wurde“,
bringt es Prof. Tim Lüth von der TU München auf den Punkt. „Damit können die
Stellantriebe
hohen Andruckkräfte der Piezokeramik
voll ausgenutzt und in ein sehr hohes
Drehmoment umgesetzt werden." Die
Mikroverzahnung ist aufgrund der Zahnform extrem robust. Die geringen Reibungsverluste und die gleichmäßige Lastverteilung schützen das Getriebe weitgehend vor Verschleiß, die drehmomentübertragenden Teilen erfahren keine
Scherkräfte und schlagartige Ausfälle
durch Überlast sind keine Bedrohung.
Die geringen Längenänderungen der
Piezoaktoren erfordern eine sehr feine Verzahnung. Zuerst wurden die Zähne mittels
Laserablation direkt aus dem gehärteten
Stahl herausgearbeitet. Der Prozess ist
zwar präzise, aber auch zeitaufwändig
und deshalb zu teuer. „Dank der TUM sind
wir jetzt in der Lage die Mikroverzahnung
mittels Profilräumen herzustellen“, berichtet Dr. Kappel. Das Profilräumen in ungehärtetem Stahl dauert nur wenige Sekunden, daran schließt sich das Härten an.
Die Technik des Profilräumens gibt es
seit etwa fünf Jahren. Die Werkzeuge sind
zwar aufwändig herzustellen, aber so lassen sich hohe Stückzahlen trotzdem kostengünstig herstellen. Erforscht wird momentan an der TU München die Standzeiten dieser Werkzeuge und die Ausweitung
der Herstellung auf andere Materialien. Da
gegenwärtig ein Patentverfahren läuft ist
momentan nur so viel zu erfahren: Die mit
Profilräumen erzeugten Komponenten besitzen eine bessere Oberflächenqualität als
die mittels Laserablation gewonnenen.
Welche Einsatzmöglichkeiten für PADs
Größenvergleich: PAD offen in einer Hand.
hat man nun im Fokus? Den Beteigten zufolge sind sie als Antriebe für Bestückungsautomaten im Gespräch, die Leiterplatten
mit elektronischen Bauelementen versehen. „Sie eignen sich als Antrieb für
elektromechanische Feststellbremsen, als
Schiebedachantrieb oder als Fensterheber
mit Klemmschutz, als haptische Drehsteller, als Sitzversteller und als Klappenversteller für Luftströmungen," gibt Dr. Kappel Auskunft.
Einig ist man sich bei Siemens und an
der TU München darin, dass als Einsatzgebiet auch die Robotik im weitesten Sinne in
Frage kommt. Ein wichtiger Bereich ist
hier die Medizintechnik. „Da keine elektromagnetischen Felder im Spiel sind, kann
man das System auch in MagnetresonanzTomographen einsetzen“, führt Prof. Tim
Vor der Serie
05/2006
Lüth aus. „Da ist wenig Platz und entsprechende Geräte könnten in der Röhre eingebaut und von außen geführt werden."
Dank der sensorischen Fähigkeiten wäre der Antrieb auch für den Einsatz in Prothesen geeignet. Außerdem könnte er die
direkte räumliche Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter fördern, denn
die sensorischen Fähigkeiten des Antriebs
sorgen dafür, dass bei einer Kollision der
Roboter in Millisekunden anhalten kann.
Von ihren Eigenschaften her stehen
PADs im Wettbewerb zu elektromagnetischen Antrieben. „Wir möchten die
elektromagnetische Antriebstechnik nicht
ersetzen, sondern in Teilbereichen sinnvoll
ergänzen“, so Dr. Andreas Kappel. Damit
der PAD zur Alternative der elektromagnetischen Konkurrenz werden kann, muss er
aber billiger werden und Hauptkostenverursacher sind die Piezostacks, die etwa 50
Prozent der Kosten ausmachen. Und hier
ist noch viel Entwicklungsarbeit nötig.
„Mit der Markteinführung im großen Stil
ist vor 2010 nicht zu rechnen“, ist sich Dr.
Kappel sicher.
Webguide
http://w4.siemens.de/ct
Siemens Corporate Technology
www.mimed.mw.tum.de
Institut für Micro Technology and
Medical Device Technology der TU München
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ap0482
Technik im Detail
Statisches Wirkprinzip
Zahnzahl der Welle, typischerweise 1:312. Die
Ansteuerfrequenz kann bis zu mehreren 100
Hz betragen und erzeugt dann Drehzahlen bis
120 U/min. Das Drehmoment ist unabhängig
von der Drehgeschwindigkeit und erreicht 7
Nm. Wegen seines statischen Wirkprinzips ist
ein PAD skalierbar. Der Antrieb kann
beispielsweise bei gegebener Leistung
durch Anpassen von Wellendurchmesser und Übersetzung auf höhere Drehmomente bei niedriger Drehzahl und
umgekehrt ausgelegt werden. Außerdem ist der Antrieb wegen der Mikroverzahnung fast frei von Schlupf und
Spiel und er besitzt eine hohe Klemmkraft ohne Leistungsaufnahme. Ferner können
die Ladungssignale der Piezoaktoren für Regel- und Kontrollaufgaben verwendet werden.
Der Prototyp ist 750 g schwer, 9x9x3 cm3
groß und wird bei maximal 6 A und 8 bis 42 V
betrieben.
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Der PAD besteht aus einer drehbar gelagerten
Welle, die von einem Antriebsring mit einer
innenliegenden Mikroverzahnung umgeben
ist. Die Innenfläche des Rings wird durch den
Hub der beiden um 90° versetzten Piezoaktorenpaare auf die Welle gedrückt. Der Innendurchmesser des Antriebsrings und der
Außendurchmesser der Welle unterscheiden
sich, bei einer Mikroverzahnung von mehreren
hundert Zähnen, durch einen bis wenige Zähne. Durch phasenversetzte, sinusförmige Ansteuerung der Piezoaktoren wird der Antriebsring kreisförmig verschoben, wobei die Welle
auf der Innenfläche des Antriebsrings abrollt.
Die Drehzahl resultiert aus Ansteuerfrequenz
und dem Verhältnis von Zahndifferenz zu
Schemadarstellung der
PAD-Bauweise.
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