718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -1- Das Elektroenzephalogramm Unterlagen zu den Laborübungen in Biomedical Sensor Systems 718.019 Basierend auf ein Skriptum von Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr.techn. Alois Schlögl Erweitert und überarbeitet von Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Gernot R. Müller-Putz Letzte Überarbeitung am 18. Mai 2017 SS 2017 Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Gernot R. Müller-Putz e-mail: [email protected] 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -2- Einleitung Das Elektroenzephalogramm (EEG) ist eine nicht-invasive Methode um die (elektrische) Aktivität des Gehirns zu messen. Das EEG kann bei vollem Bewusstsein der Versuchsperson und beinahe in jeder Lebenslage aufgezeichnet werden. Im Vergleich zu anderen Techniken zur Bestimmung von Hirnaktivität ist der Geräteaufwand zur EEG-Messung relative gering. Das EEG bietet eine hohe Zeitauflösung, welche von bildgebenden Verfahren üblicherweise nicht erreicht werden kann. Die gemessenen elektrischen Signale haben aber leider eine sehr kleine Amplitude. Daher können viele verschiedene Einflüsse Störungen verursachen, welche durchaus in der Größenordnung des EEG’s liegen können. Kurz gesagt, das Signal-Rausch-Verhältnis ist sehr klein. Wichtige Anwendungsgebiete in denen das EEG Verwendung findet sind: (i) Schlafanalyse und Epilepsieuntersuchungen. In der Therapie (ii) wird man in Zukunft das EEG für ein nicht-invasives Brain-Computer Interface verwenden können um behinderten Personen einen zusätzlichen Kommunikationskanal zu ermöglichen. Möglicherweise kann es auch für Biofeedback z.B. in der Schmerztherapie verwendet werden. In der Forschung (iii) wird das EEG naturgemäß in den Neurowissenschaften wie z.B. (Experimentelle) Psychologie, Kognitionswissenschaften und der Neurophysiologie sowie in der Pharmakologie verwendet. In der klinischen Routine (iv) wird es zur Überwachung von Patienten in der Intensivstation oder zur Überwachung der Narkosetiefe (Anästhesie) verwendet. Ziel dieser Übung ist es, die Technik hinter der EEG-Messung kennenzulernen. 1. Die Entstehung des Elektroenzephalogramms Das EEG entsteht durch die elektrische Aktivität der 10 10-1012 Nervenzellen (Neuronen) im menschlichen Gehirn (ca. 1.2-1.4 kg). Die Neuronen erzeugen und übertragen Aktionspotentiale (Spikes) welche bis zu 70 mV groß sind und ca. 1 ms dauern. Die durchschnittliche Feuerrate kann von 1 bis 1000 Spikes pro Sekunde variieren. Diese Spikes erzeugen sogenannte postsynaptische Potentiale (PSP), welche in exzitatorische postsynaptische Potentiale (EPSP) und inhibitorischen postsynaptische Potentiale (IPSP) unterschieden werden können. Diese PSP’s erzeugen Summenpotentiale welche an der Cortexoberfläche gemessen werden können. Solche Aufzeichnungen werden Elektrocorticogramm (ECoG) genannt. Das Elektroenzepaphalogramm 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -3- (EEG) ist die nicht-invasive Methode, zur Messung dieser sehr kleinen (~10-50 µV) Potentiale an der Kopfhaut (Skalp). Das EEG misst also die Summe der postsynaptischen Potentiale an der Kopfhaut. Es wird angenommen, dass der Hauptanteile des EEG’s in der Oberfläche des Neocortex (0.25 m², durchschnittlich etwa 3 mm dick) entstehen. Diese enthält ca. 70000 Neuronen/mm³ (Graue Masse). Die Neuronen sind über sogenannten Synapsen miteinander verbunden, die durchschnittliche Anzahl der Synapsen pro Neuron wird mit 7000 geschätzt. Um Verbindung zwischen Neuronen über größere Distanzen zu ermöglichen, gibt es Nervenfasern (mit einer Dichte von bis zu 4 km/mm³), welche hauptsächlich in der „Weißen Masse“ des Gehirns zu finden sind. Das EEG-Signal setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen, wobei die bekannteste Einteilungen häufig zwischen: (i) Evozierte Potentiale und (ii) ‚Spontanes’ EEG unterscheidet. Evozierte Potentiale, kurz EP’s genannt, sind Potentialschwankungen welche synchron zu einem Stimulus auftreten. Eine Mittelung über viele Versuche minimiert die zufälligen, nicht phasenbezogenen Komponenten. Nur Komponenten mit fester Phasenbeziehung zum Stimulus bleiben nach der Mittelung übrig. Daher nennt man EP’s auch phasen-fixierte Phänomene (engl.: „PhaseLocked“). Dagegen hat das spontanen EEG keine feste Phasenbeziehung zum Stimulus. Das spontane EEG kann sich zwar auch mit einem Stimulus ändern (z.B. Änderung der Amplitude des AlphaRhythmus bei Augen auf und zu), eine Mittelung über viele Versuche würde jedoch 0 ergeben, da die Phase des Alpha-Rhythmus zufällig, also nicht phase-locked, ist. [1-4]. 2. Instrumentierung, Elektrodenanordnung und Filterung: Zur Messung des EEG’s werden üblicherweise Differenzverstärker mit extra Masseelektrode (engl.: Ground) verwendet. Differenzverstäker messen die Differenzspannung zwischen einer Messelektrode und einer Referenzelektrode (siehe c) Referenz). Die extra Masselektrode ist notwendig um die Gleichtaktverstärkung zu minimieren (siehe Artefakte und Störquellen). Diese ist von der Referenzelektrode unabhängig und darf auch nicht mit ihr verbunden werden. Die Masselektrode wird z.B. an der Stirn oder hinter dem Ohr, am sog. Mastoid, montiert. EEG(Mess)Elektroden werden entsprechend dem internationalen 10–20 System positioniert 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -4- (Abbildung 1). Elektroden bestehen häufig aus Sintermaterial (typisch: Silber/Silberchlorid Ag/AgCl-Elektroden). Für den Kontakt zwischen Elektrode und Haut werden Elektroden mit Kollodium geklebt („Elektrodenkleber“) oder mit Elektrodenpaste gefüllt. Für Vielfachableitungen sind Elektrodenhauben zur Positionierung vorteilhaft. Auch Gold (Alu) – Elektroden, mit leitfähiger Paste (EC2, Grass Instr.), werden verwendet. Abbildung 1: Das internationale 10-20 System in Seitenansicht (Bild A) und Ansicht von oben (Bild B). A … Ohrlappen, F … frontal, C … zentral, P … parietal, O … okzipital, T … temporal Im international standardisierten 10-20 System sind 21 Elektrodenpositionen definiert [10]. Die Positionen werden wie folgt bestimmt: (i) die Distanz der Referenzpunkte: Nasion (N, Nasenwurzel, Augenhöhe) Inion (I, Sporn am Hinterkopf) über den Vertex gehend wird bestimmt; (ii) die Distanz zwischen den beiden Präaurikulären Punkten (Prä1, Prä2) wieder über den Vertex gehend wird bestimmt. Die Elektrodenpositionen werden dann in 10% bzw 20% dieser Abstände ermittelt (siehe Abbildung 1). Daher stammt auch der Name „10-20 System“. Heutzutage werden oft wesentlich mehr Elektroden verwendet. In Anlehnung an das 10-20-System [10] spricht man vom 10-10-System [11] und dem 5%-System [12]. Moderen EEG-Systeme messen mit bis zu 256 Elektroden. a) Referenz Es gibt verschieden Methoden um die Referenz (Bezugspunkt mit 0-Potential) zu bilden. Die 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -5- einfachste Möglichkeit ist, eine Elektrode als Referenzelektrode anzunehmen. (i) Üblicherweise wird dazu die Elektrode A1 verwendet. Dadurch kann es aber zu Unsymmetrien kommen. (ii) Daher verwendet man auch den Mittelwert von A1 und A2. Dazu kann man die beiden Elektroden über zwei gleiche Widerstände (ca. 5kOhm) verbinden (Achtung! Nicht Kurzschließen) und den Mittelpunkt als Referenz verwenden. Eine dritte Methode ist die bipolare Elektrodenanordnung. (iii) Dabei wird das EEG von jeweils zwei benachbarten Elektroden abgeleitet. In jüngerer Zeit werden auch verschiedene rechnerische Verfahren zur Ermittelung des Referenzpunktes angewandt. (iv) Eine symmetrische Referenz (wie in (ii)) erhält man wenn man das Potential (A2+A1)/2 von allen übrigen Elektroden subtrahiert. (v) Bipolare Ableitungen können ebenfalls auf rechnerische Art von monopolaren Ableitungen ermittelt werden. (vi) Die Common Average Reference (CAR) Methode beruht auf der Berechnung des gemeinsamen (globalen) Mittelwertes aller Elektroden und der anschließenden Subtraktion dieses Mittelwerts von jeder Elektrode. (vii) “Local Average Reference” oder Laplace-Ableitung beruhen auf der Subtraktion des Mittelwertes der 4 (small Laplacian) oder 8 (Large Laplacian) benachbarten Elektroden. b) Filter Bei EEG-Aufzeichnungen sind auch immer die Filtereinstellungen des Verstärkers zu beachten. Üblicherweise wird das gemessene EEG in seinem Frequenzbereich beschnitten. Es werden also sowohl hohe als auch tiefe Frequenzen entfernt. Es bleibt nur noch ein Frequenzband bestehen (Bandpassfilterung). Ein Bandpassfilter kann aus zwei Filtern aufgebaut werden. Der Tiefpassfilter (obere Grenzfrequenz des Bandpasses) ist notwendig um Aliasing-Effekte (siehe Artefakte) zur vermeiden. Daher ist die Grenzfrequenz des Tiefpassfilters jedenfalls niedriger als die NyquistFrequenz (halbe Abtastrate) zu wählen. Den Hochpassfilter verwendet man zur Unterdrückung von langsamen Potentialschwanken bzw. einer Drift der Nulllinie. Solche Potentialschwankungen können durch Elektrodenartefakte verursacht werden. Dieses Hochpassfilter wird häufig durch die Zeitkonstante τ des Filters charakterisiert. Aus der Beziehung eines Hochpassfilters 1. Ordnung kann man den Zusammenhang zwischen der Zeitkonstante τ und der Grenzfrequenz fg herleiten (Herleitung als Übung). Der Zusammenhang lautet: fg fg bzw. 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -6- Ein weiterer positiver Effekt dieser Bandpassfilterung des EEG’s ist, das die Bandbreite des thermischen Rauchens (Widerstandsrauschen der Elektroden und Verstärkerrauschen) begrenzt wird (siehe Elektrodenrauschen). 3. Artefakte und Störquellen: Grundsätzlich kann man zwischen „technischen“ und „biologischen“ Störungen unterscheiden. Technische Störungen entstehen durch die Elektronik und durch äußere Einflüsse. Dazu zählen: Elektromagnetische Felder (z.B. 50 Hz), das Verstärkerrauschen, Aliasing, und das Quantisierungsrauschen des AD-Konverters (siehe auch Abbildung 2). Elektrodenartefakte (z.B. durch Bewegung der Elektrode) können u.a. zur Sättigung des Eingangsverstärkers bzw. zu einem „Overflow“ im ADC führen. Biologische Artefakte entstehen durch andere elektrische Aktivität im Organismus, wie z.B.: Elektrocculogramm (EOG), Elektromyogramm (EMG), Elektrokardiogramm (EKG) [8] sowie Bewegungs-, Atmungs- und Pulseartefakte, sowie Schweiß können Elektrodenartefakte verursachen. Bei EP-Messungen (und nur dort) stellt das spontane EEG ebenfalls eine Störung dar, da es die evozierten Potentiale überlagert [6]. EEG and noise spectra 1 10 0 10 1/2] Amplitude [µV/Hz EEG (0.5-30Hz) -1 10 Amplifier Noise (0.5-30Hz) Impedance noise R=10kOhm -2 10 Impedance noise R=4.7kOhm Quantization noise -3 10 0 10 20 30 40 frequency f [Hz] 50 60 Abbildung 2: Typische Spektraldichte eines EEG’s und verschiedener Rauschquellen. Das Filter des Verstärkers war auf 0.5 –30 Hz eingestellt. 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -7- c) Technische Störungen Elektrodenrauschen: Eine wesentliche Störquelle stellt das thermische Rauschen der Elektroden dar. Messungen (GEDDES, 1972) haben die theoretischen Überlegungen bestätigt, daß der Effektivwert des Rauschens von der Elektrodenimpedanz, der Signalbandbreite und der Temperatur nach folgender Gesetzmäßigkeit abhängt: U si 4kT * RQ * B (3) wobei k = 1.3807e-23 J/K die Boltzmannkonstante, T die absolute Temperatur, RQ der Widerstand der Signalquelle und B die Bandbreite des Signales ist. Beispiel 1: Messung von Hirnstammpotentialen Bandbreite B = 3 kHz Die Elektrodentemperatur T kann mit der Körpertemperatur angenommen werden. T=37 °C = 310 K U Noise 4 *1.3807 *1023 J / K * 310K * 3000Hz * 2000 0.32Veff Da zwei Signalquellen am Eingang des Referenzelektrode) anliegen, ist dieser Wert mit Differenzverstärkers (4) (Messelektrode und 2 zu multiplizieren. Neben dem thermischen Rauschen (oder Widerstandsrauschen) können Elektroden auch andere Störungen verursachen. Mechanische Einflüsse auf die Elektrode, z.B. durch Bewegung, können die Übergangskapazität verändern, wodurch es zu Stromflüssen kommt. Diese Stromflüsse verursachen sprunghafte Spannungsänderungen, welche zur Übersteuerung des Verstärkers oder des nachfolgenden ADC führen können. Das aufgezeichnete Signal entspricht dann dem oberen und unteren Sättigungswert. Eine weitere Störquelle kann Schweiß sein, welcher das Elektrolyt (Ionengehalt in der Elektrodenpaste) verändert. Dadurch kann es zu „Drift“ der Nulllinie kommen. Diese Drift verändert einerseits das Spektrum, kann aber auch zur Übersteuerung führen. Verstärkerrauschen: Aufgrund der thermischen Bewegung der Ladungsträger in den Bauelementen hat jeder Verstärker ein Eigenrauschen, das die gemessenen und verstärkten Signale überlagert. Dieses 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -8- Eigenrauschen hängt, im wesentlichen vom Rauschen der ersten Verstärkungsstufe und der Bandbreite des Verstärkers ab. Quantisierungsrauschen: Der Quantisierungsfehler wird durch den Messbereich und durch die Bit-Tiefe des Analog-DigitalKonverters (ADC) bestimmt. Da langsame Elektrodenartefakte, Mittelwertverschiebungen und Gleichtaktaussteuerungen auch größere Potentialschwankungen verursachen können, ist es oft sinnvoll den Messbereich größer zu wählen. Auch muss hier nicht der RMS des Signals sondern der Spitze-Spitze Wert berücksichtigt werden. Ein 12 bit ADC liefert bei einem Messbereich von 4 mV ein LSB von ca. 1 µV. Bei einem 16 Bit ADC kann entweder der Wertebereich erhöht werden oder das Quantisierungsrauschen verkleinert werden. Der Effektivwert des Quantisierungsrauschen beträgt USt=LSB/12 (5) Störungen durch elektrische Felder: Die Störung des EEGs durch elektrische Felder kann durch eine kapazitive Kopplung zwischen Störquelle und Mensch dargestellt werden. Wie aus dem Schaltbild zu ersehen ist, wird die dadurch entstehende Störspannung USt durch folgende Parameter bestimmt: UNetz Spannung des Netzes (230 V) RC Kopplungsimpedanz (C = 100 pF) RE Erdungswiderstand (10 k) USt Störspannung C UNetz RE Die Störspannung berechnet sich nach der Formel USt 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor U St -9- U Netz 1 RC RE U Netz * RE RC U Netz * RE * * C Ust=7*10-3 V = 7 mV Diese Störamplitude würde jede Messung unmöglich machen. Da die Störspannung bei gleicher Elektrodenimpedanz jedoch auf allen Ableitungen gleich groß ist, kann sie bei Verwendung von Differenzverstärkern mit Hilfe der Gleichtaktunterdrückung weitgehend eliminiert werden. Die heutige Verstärkertechnologie erlaubt ohne optisch getrennte Eingangsstufen eine Gleichtaktunterdrückung (Common Mode Rejection Ratio, CMRR) von mind. 80 dB (10 4), wodurch sich die Störamplitude auf reduzieren lässt. Ust=7*10-3 * 10-4V = 0,7 µV (6) Die Störamplitude läßt sich durch Verringerung der Kopplungsimpedanz mit Hilfe abgeschirmter Kabel noch weiter reduzieren. Eine wesentlich günstigere Situation bietet sich durch die Verwendung von Isolationsverstärkern, die durch die optische Trennung auch für die Patientensicherheit eine optimale Lösung darstellen. Hier unterscheidet man zwischen einer “Common Mode Rejection Radio“(CMRR) und “Isolation Mode Rejection Ratio“ (IMRR). Die “Patientenerde“ hat hier nicht die Funktion als Erde, sondern als Bezugselektrode, wodurch keine Gleichtaktspannung UCM auftritt. Die Störspannungsunter-drückung gegenüber der Geräteerde wird damit allein durch das IMRR bestimmt. Dieses erreicht Werte von über 120 dB bei 50 Hz, sodass kapazitive Kopplungen keine Rolle spielen. Für höhere Frequenzen, etwa 30 bzw. 90 kHz, wie von Leuchtstoffröhren hervorgerufen, wird das CMRR und IMRR wesentlich schlechter. Bei Isolationsverstärkern kann man bei einer Störfrequenz von 30 kHz jedoch immer noch mit einer Störunterdrückung (IMRR) von 90 dB rechnen. Störungen durch magnetische Felder: Bei magnetischen Wechselfeldern wird in der Ableitschleife durch das Magnetfeld B eine Spannung mit der Amplitude: USt = *B*A (7) 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -10- USt Störspannung ω Kreisfrequenz des Magnetfeldes B magnet. Flußdichte A Fläche der Ableitschleife induziert. Diese Störung kann nicht durch Differenzschaltung unterdrückt werden. Nur durch verdrillen der Leitungen kann die Ableitschleife und damit die Störspannung reduziert werden. Die Empfehlung für EEG-Ableitungen sieht eine maximale magnetische Flußdichte von B = 200 nTss (50 Hz) vor. Bei einer Ableitschleife von A = 1 dm2 (10-2 m2 ) resultiert daraus eine Störspannung von USt = 0.63 µVSS Aliasing: Durch das Abtasten werden Frequenzkomponenten welche größer als die Nyquist-Frequenz (halbe Abtastrate) sind, in den Frequenzbereich von 0 bis Fs/2 gefaltet (tauchen dort auf). Dies nennt man den Aliasing-Effekt. Um diesen Aliasing-Effekt zu vermeiden, ist ein analoges Tiefpass-Filter notwendig, welches Frequenzen über der Nyquist-Frequenz schon vor der Digitalisierung ausreichend unterdrückt. Nach der Digitalisierung kann nicht mehr zwischen der korrekten und der gefalteten Frequenzkomponente unterschieden werden. Dieses Tiefpassfilter nennt daher man auch Anti-Aliasing Filter. Sättigungseffekt: Jeder Verstärker und A/D-Konverter hat einen begrenzten Eingangsbereich. Es kann unter bestimmten Umständen auch zu einem Überschreiten dieser Grenzen kommen. Häufig wird dies durch langsame Potentialschwankungen und sehr niedrigen Frequenzanteilen (<1Hz) verursacht (z.B. Schweiß und Elektrodenartefakte). Abhilfe kann die Wahl einer kleineren Zeitkonstante (höhere Grenzfrequenz) bieten. Da bei einem ADC der Dynamikbereich immer begrenzt ist, kann man Sättigungseffekte jedoch nie ganz ausschließen. d) Biologische Störungen Biologische Störungen wie EOG, EKG und EMG sind schwer zu verhindern. Teilweise kann man der Versuchsperson sagen, dass Sie nach Möglichkeit Schlucken, Zähne knirschen u.ä vermeiden soll. Ebenso hilft eine entspannte Nackenmuskulatur, EMG-Artefakte zu minimieren. Da das EMG einen großen Frequenzbereich überstreicht (0-5000Hz) und oft eine vergleichsweise große Amplitude 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -11- hat, kann es das EEG sehr stark stören. Das EEG ist in diesem Fall nicht rekonstruierbar. In diesem Fall ist es am besten, diese Signalsegmente von der weiteren Analyse auszuschließen (siehe Abbildung 3, [5-8]). EOG- und EKG-Artefakte können unter bestimmten Voraussetzungen (Aufzeichnung des EOG- bzw. EKG-Kanales) mittels rechnerischer Verfahren korrigiert werden. Der EKG-Artefakt hat eine sehr geringe Leistung und wird daher oft vernachlässigt. EOG-Korrektur ist nicht trivial, da aber EOG-Artefakte visuell leicht identifizierbar sind, werden Segmente mit EOGKontamination oft von der weiteren Analyse ausgeschlossen. Abbildung 3: Verschiedene Artefakte in einem Schlaf-EEG. Es ist EEG (#1-7), EOG (#8-#9), EMG (#10-#11), EKG (#12), Atmung (#13-15) und Sauerstoffsättigung (#16) dargestellt. Die hochfrequenten Anteile im EEG (rechts) sind Muskelartefarte, begleitet von Sättigungsartefakten (flat line Overflow) welche durch die (mechanische) Bewegung der Elektroden verursacht wurde. Die erste Störung nach der Mitte sind durch Augenbewegungen (EOG-Artefakte, siehe auch EOG-Kanäle) verursacht. e) Maßnahmen zur Vermeidung von Artefakten In einigen wenigen Fällen gibt es rechnerische Verfahren um Artefakte zu korrigieren bzw. minimieren. Diese sind jedoch nicht immer einsetzbar und können das korrekte Signal auch nicht vollständig wiederherstellen. Daher ist es wichtig, Artefakte und Störungen nach Möglichkeit zu vermeiden. Im folgenden ist eine Reihe von Möglichkeiten angeführt: 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -12- Notch-Filter zur Entfernung der 50 Hz Störungen Masseelektrode verwenden um Gleichtaktverstärkung zu minimieren Niedrige Elektrodenimpedanz um Elektrodenrauschen zu reduzieren Abschirmung von Elektromagnetischen Felder Hochpassfilter um Mittelwertschwankungen z.B. durch Schweiß zu minimieren Tiefpassfilter um die Bandbreite des Widerstandsrauschens zu minimieren. Elektroden nicht mechanisch belasten Angenehme Raumtemperatur wählen um Schwitzen und Zittern zu vermeiden Versuchsperson sollte entspannt sein um Muskelartefakte zu vermeiden. Verstärker mit kleinem Eingangsstrom (hoher Innenwiderstand) Mittelungsverfahren Mittelung zur Verringerung der Störanteile: Die Trennung der stochastischen EEG-Anteile und Störungen von den Evozierten Potentialen wird in allen zu diesem Zweck gebauten und vertriebenen Geräten durch die additive Mittelung nacheinander reizsynchron aufgenommener Signale realisiert. Durch die additive Mittelung, auch “averaging“ genannt, werden gegenüber dem Stimuluszeitpunkt zufällig auftretende Störungen auf den Wert 1 N unterdrückt, wobei N die Anzahl der Mittelungen ist. Bei der Stimulationssteuerung kann es jedoch vorkommen, daß die steuernde Uhr synchron mit der Netzfrequenz läuft. Damit weicht das Mittelungsverhalten der Netzstörung stark vom 1 N- Gesetz ab. Dieser Fall muss gesondert untersucht werden. Das Signalrauschverhältnis (SNR) in Dezibel [dB] ist durch folgende Formel gegeben: SNR [dB] = 20*log10 (US/UN) = 10 *log10 (US²/UN²) = 10 *log10 (PS/PN) (8) Durch Mittelung über N Wiederholungen kann der Rauschanteil um den Faktor N (im Leistungsbereich) bzw √N (im Amplitudenbereich) verringert werden. SNR [dB] = 20*log10 (√N * US/UN) = 10 *log10 (N*US²/UN²) = 10 *log10 (N*PS/PN) Beispiel 2: (9) 718.019 Biomedical Sensor Systems Labor -13- geg.: N = 400, Leistung Signal 100 µV2, Signal-Rausch-Verhältnis SNR = 20 dB ges.: Leistung und Amplitude des ursprünglichen Rauschens ? aus: 20 = 10*log10(400*100µV²/Noise) 2 = log10(400*100µV²/Noise) 10^2 = 400*100µV²/Noise Noise = 400µV² NoiseAmplitude = 20 µV Beispiel 3: geg.: N = 4000, Signalleistung 25 µV², Signal-Rausch-Verhältnis SNR = 30 dB ges.: Leistung bzw. Amplitude des ursprünglichen Rauschens ? aus: 30 = 10*log10(4000*25µV²/Noise) 3 = log10(4000*25µV²/Noise) 10^3 = 4000*25µV²/Noise Noise = 100µV² NoiseAmplitude = 10 µV, 4. 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