Daid Fray Academy of St Martin in the Fields

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© Ida Sumiyo
Daid Fray
© Chris Christodoulou
Academy of St Martin in the Fields
Stück
David Fray
LEITUNG UND KLAVIER
Seit einigen Jahren zählt der französische
Pianist David Fray zu den Top-Stars der
jüngeren Generation. „Klavierspiel auf
höchstem Niveau“, urteilt The Guardian,
und Spiegel Online lobt seinen „singenden,
tastenden und dennoch erzählerisch auftrumpfenden Klavierstil“ und bescheinigt
ihm, „den aufregendsten Bach seit Jahrzehnten“ zu spielen. Tatsächlich gilt Frays
Liebe vor allem den großen deutschen
Komponisten: Bach, Mozart, Schubert,
Haydn, Brahms und Schumann.
Anfang 2010 erhielt David Fray den
begehrten französischen Musikpreis Les
Victoires de la musique classique als
„Instrumentalist des Jahres“. In dieser Kategorie hatte ihn 2009 auch die Deutsche
Phono-Akademie mit einem ECHO Klassik geehrt. Bereits im Vorjahr hatte er einen
ECHO für seine aufsehenerregende Bach/
Boulez-CD in der Kategorie „Solistische
Einspielung Klavier – 20./21. Jahrhundert“
erhalten. Für dieses Album kürte ihn das
renommierte BBC Music Magazine außerdem zum „Newcomer of the Year“. Weitere
Auszeichnungen sind unter anderem:
Diploma of Outstanding Merit des internationalen Hamamatsu-Klavierwettbewerbs
in Japan, Nachwuchssolist des Jahres der
Commission des Radios Francophones in
Montréal sowie Nachwuchskünstler des
Jahres in Frankreich (2004).
David Fray, der sich als Sohn einer
Deutsch-Lehrerin und eines Kant-undHegel-Forschers ausdrücklich zu seiner
deutschen „Prägung“ bekennt, 1981 in
Tarbes (einer Kleinstadt in den Pyrenäen)
geboren, begann im Alter von vier Jahren
mit dem Klavierspiel und begeisterte sich
schon als Jugendlicher für Bachs Passionen
und Klavierwerke. Doch einen „persönlichen Zugang“ fand er erst nach Beendigung seines Studiums am renommierten
Pariser Conservatoire bei Jacques Rouvier:
„Von da an war mir klar, dass Bach mich
mein Leben lang begleiten wird.“
Bereits für drei Alben hat David Fray
Werke von Johann Sebastian Bach aufgenommen. Für seine zweite Bach-Aufnahme hat er Klavierkonzerte eingespielt, bei
der er die Deutsche Kammerphilharmonie
Bremen vom Klavier aus leitet – auch filmisch dokumentiert in der DVD „Swing,
Sing and Think“ von Bruno Monsaingeon.
Bei seiner intensiven Beschäftigung mit
dem deutschen Repertoire ist David Fray
mittlerweile bei Schubert angekommen:
„Eine Reise in die Innerlichkeit, eine Welt
der musikalischen Poesie,“ so Fono Forum
über Frays Album mit Impromptus und
Moments musicaux. Auch bei seiner Aufnahme der beiden Mozart-Klavierkonzerte
Nr. 22 und 25 in den Abbey Road Studios
wurde er filmisch von Bruno Monsaingeon
begleitet.
David Fray sieht sein Vorbild vor allem
in Wilhelm Kempff, dessen „perfekte
Kombination aus strukturellem Denken
und purer Poesie“ ihn beeindruckt. Genau diese Balance aus „Kopf und Bauch“
zeichnet auch David Frays Klavierspiel
aus.
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Academy of St Martin in the Fields
Die Academy of St Martin in the
Fields ist bekannt für ihren glanzvollen
und edlen Klang, den sie einer außergewöhnlichen Musikalität verdankt. Von Sir
Neville Marriner 1958 aus einer Gruppe
führender Londoner Musiker gebildet, gab
die Academy im November 1959 ihr erstes
Konzert in der Kirche, der sie ihren Namen
verdankt. Ursprünglich von Sir Neville
als Konzertmeister geleitet, bleiben der
akademische Geist und die Flexibilität des
ursprünglich kleinen, dirigentenlosen Ensembles das Markenzeichen der Academy.
Diese Tradition hält sich bis heute unter der
Leitung des Violinvirtuosen Joshua Bell
als Music Director. Gemeinsam widmen
sie sich dem symphonischen Repertoire
als „Kammermusik im großen Maßstab“.
Joshua Bell hat seinen Vertrag als Music
Director kürzlich um weitere drei Jahre bis
zum Sommer 2017 verlängert.
Zu den Höhepunkten dieser Saison gehören Londoner Konzerte und internationale
Tourneen mit dem Pianisten Jeremy Denk,
dem Klarinettisten Martin Fröst und der
Geigerin Julia Fischer. Murray Perahia,
Erster Gastdirigent, begleitet das Orchester
im August und September auf Tournee
in Europa und auf einer umfassenden
Asientournee im November. Joshua Bell
unternimmt diese Saison vier Tourneen
mit der Academy, nach Südamerika, in den
Mittleren Osten sowie durch Europa.
Zusätzlich zu den Konzerten der Academy widmen sich die Ensemblemitglieder
in ihrem Educationprogramm Outward
Sound jungen Musikern und Musikinteressierten aller Altersgruppen. Dieses
Jahr werden Workshops für Schulkinder
ebenso angeboten wie professionelle Ausbildungspartnerschaften und lebenslange
Weiterbildungsmodelle, die Möglichkeiten für jedermann schaffen, mit dem
Orchester in Verbindung zu stehen und
Musik zu schaffen.
Mit über 500 Aufnahmen ist die Academy das Kammerorchester mit den
meisten Aufnahmen weltweit. Seine erste
Goldene Schallplatte erhielt das Orchester
für seine 1969 entstandene Aufnahme von
Vivaldis Vier Jahreszeiten. Die Aufnahme
desselben Werks mit Joshua Bell erreichte
2007 den ersten Platz in den Billboard
Klassikcharts. Allein die von der Academy
eingespielte Filmmusik zu Amadeus erhielt
13 Goldene Schallplatten, und der ebenfalls
von der Academy aufgenommene Soundtrack zu Der Englische Patient wurde mit
dem Academy Award© in der Kategorie
„Beste Musik“ ausgezeichnet. Im März
2013 brachten das Orchester und Joshua
Bell unter dessen Leitung ihre erste Aufnahme bei Sony Classical heraus – Beethovens
Vierte und Siebte Symphonie. Im September 2014 erscheinen die Einspielungen von
Bachs Violinkonzerten mit Joshua Bell.
Orchestermitglieder ??????????
1. Violine: Zsolt-Tihamer Visontay, Robert Salter, Helen Paterson, Fiona Brett, Simon Lewis, Clare Hayes
2. Violine: Martin Burgess, Jennifer Godson, Mark Butler, Anna Blackmur, Raja Halder
Viola: Robert Smissen, Helen Kamminga, Rebecca Jones, Alexandros Koustas
Violoncello: Timothy Walden, John Heley, William Schofield Kontrabass: Lynda Houghton
Flöte: Tom Hancox Oboe: Daniel Finney, Lauren Weavers Fagott: Lawrence O’Donnell, Graham Hobbs
Horn: Timothy Brown, Michael Murray
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Sonntag
01. Februar 2015
20 Uhr
Meistersingerhalle
7. Meisterkonzert
R
O
Igor Strawinsky
1882–1971
Concerto en Ré
„Basler Concerto” (1946)
Vivace – Moderato – Con moto – Moderato
Arioso. Andantino
Rondo. Allegro
Academy
of St Martin
in the Fields
Johann Sebastian Bach
1685–1750
David Fray
Leitung und Klavier
Konzert für Klavier und Orchester
Nr. 1 d-Moll BWV 1052
Allegro
Adagio
Allegro
Sehr geehrte Konzertbesucher,
wir bitten Sie Mobiltelefone und Uhren
mit Signalfunktion vor dem Konzert
auszuschalten. Bild- und/oder Tonaufnahmen jeglicher Art sind den Besuchern
grundsätzlich nicht gestattet.
Vielen Dank.
Pause
G
R
A
M
M
Johann Sebastian Bach
Konzert f-Moll für Klavier, Streicher und Basso continuo
BWV 1056
[ohne Satzbezeichnung]
Largo
Presto
Igor Strawinsky
Apollon musagète (1927/28, rev. 1947)
Ballett in zwei Bildern für Streichorchester
Premier Tableau (prologue)
Naissance d’Apollon
Second Tableau
Variation d’Apollon (Apollon et les Muses)
Pas d’Action. Apollon et les trois Muses: Calliope, Polymnie et Terpsichore
Variation de Calliope (l’Alexandrin) – Variation de Polymnie
Variation de Terpsichore – Variation d’Apollon
Pas des deux. Apollon et Terpsichore
Coda (Apollon et les Muses)
Apothéose
Das nächste Meisterkonzert: Dienstag, 24. Februar 2015 - 20 Uhr
Waseda Symphony Orchestra Tokyo | Kiyotaka Teraoka Leitung
Kazuhiro Mizuide Posaune | N.N. Taikotrommler Leitung
Igor Strawinsky
CONCERTO EN RÉ „BASLER CONCERTO”
Entstehung: 1946
Dem Basler Kammerorchester und
seinem Leiter Paul Sacher gewidmet.
Der Titel „Basler Concerto” bezieht sich
auf den Auftraggeber Paul Sacher, der
nicht allein Dirigent des Basler Kammerorchester war, sondern der größte Musikmäzen des 20. Jahrhunderts. Seine Ehe mit
der Pharma-Erbin Maja Hoffmann-Stehlin
hatte ihn zum Milliardär gemacht. Und
weil er nach seinen eigenen Worten wusste,
dass ihm das viele Geld „nur geliehen ist“,
gründete er die Paul-Sacher-Stiftung. Mit
ihr unterstützte er begabte junge Komponisten – neben Schweizer Komponisten
auch Bartók, Hindemith, Honegger,
Strauss, Britten und Strawinsky. Letzterer
war für ihn, wie er seinem Biographen Jürg
Erni anvertraute, „der größte Komponist
unserer Zeit“. Als Sacher 1945 bei ihm das
„Concerto en Ré“ in Auftrag gab, es war
der erste Kompositionsauftrag aus Europa
nach Kriegsende, erklärte der Komponist:
„Lassen Sie mich die gewünschte Länge
des Stückes wissen. Wenn diese bei zehn
bis zwölf Minuten liegt, so kann ich den
Auftrag annehmen.“ Das Basler Kammerorchester spielte am 27. Januar 1947 die
Uraufführung des zum 20. Geburtstag des
Ensembles komponierten Werkes.
Seine kurze Werkeinführung hat Strawinsky sie wie seine Musik auch, als Parodie geschrieben: Es heißt darin, „dass das
Werk für ein Streichorchester komponiert
ist (eben, man wird es sogleich sehen);
dass es drei Sätze hat (eben – man wird es
in ihren Programmen in aller Form lesen);
dass es zum wenigsten atonal ist (aber eben
– glauben Sie nicht, dass das Publikum
vielleicht das Vergnügen daran haben wird,
dies selber zu entdecken?”)
„Was immer mich fasziniert und was
immer ich liebe, möchte ich mir zu eigen
machen“, bekannte Igor Strawinsky.
Diese kompositorische Inbesitznahme
ist mit dem Begriff Neoklassizismus nur
sehr vage getroffen, weil er den neuschöpferischen Impuls nicht zu fassen vermag.
„Am Ursprung jeder schöpferischen
Tätigkeit steht“, so erläuterte der Komponist, „eine Art von Appetit, der den
Vorgeschmack des Entdeckens erweckt.
Dieser Vorgeschmack des schöpferischen
Aktes begleitet die Eingebung jenes Unbekannten, das man zwar schon in sich
hat, aber noch nicht greifen kann, und
das erst klare Gestalt annimmt durch die
Mitwirkung einer wachsamen Technik.“
Vielleicht trifft es die Rede von „Musik
über Musik“ besser, um Strawinskys
Komponieren zu charakterisieren.
Sein „Concerto en Ré“ bildet seine
Auseinandersetzung mit dem Concerto
für Streicher und Basso continuo, wie
es im italienischern Barock komponiert
wurde. In diesen „Concerti a quattro“
oder „Concerti ripieni“ ist dem Ensemble
kein Solist gegenübergestellt, sondern der
Wechsel zwischen Tutti und Solo als der
zwischen homophonen und polyphonen
Partien gestaltet. Das Orchester ist in
einzelne Concertino-Gruppen aufgeteilt.
Sehr rhythmisch geprägte Ecksätze
umschließen das fast schwelgerische
Arioso.
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Johann Sebastian Bach
KONZERT FÜR KLAVIER UND ORCHESTER NR. 1 D-MOLL BWV 1052
Obwohl Bach 1723 als Thomaskantor
und Director musices nach Leipzig berufen wurde und vor allem Sakralmusik zu
komponieren hatte, übernahm er 1729 auch
noch die Leitung des 1701 von Telemann
gegründeten Collegium Musicum, das er
mit einigen Unterbrechungen bis 1741
leitete. Für die im „Zimmermannischen
Caffee-Hauß“ einmal wöchentlich veranstalteten Konzerte hatte er auch eigene
Werke zu komponieren. Doch ließen ihm
seine Pflichten als Thomaskantor kaum
Zeit dazu. Darum ging er, der sich in Leipzig auch als Virtuose am Tasteninstrument
zeigen wollte, in seinen Clavierkonzerten
vorwiegend auf ältere eigene Violin- oder
Oboenkonzerte zurück, deren Solopart er
für das Tasteninstrument arrangierte. Seltener bearbeitete er auch Konzerte anderer
Komponisten. Wenn Bach Konzerte, die für
ein Melodieinstrument komponiert sind, zu
Klavierkonzerten umarbeitete, dann waren
Modifikationen nötig. Der unterschiedliche
Tonumfang etwa von Violine und Cembalo
zwang ihn dazu, die Tonart der Vorlage für
die Bearbeitung zu transponieren. Auch
musste die linke Hand des Pianisten einbezogen werden. Entweder gab er ihr den
Bass und beteiligte den Orchesterbass nur
in den Tuttipassagen oder er behielt den
Orchesterbass bei und komponierte für die
linke Hand eine neue Stimme hinzu.
Unter der Bezeichnung „Clavier” waren
zu Bachs Zeit verschiedene Tasteninstrumente zusammengefasst. Sie benannte
das ein- oder zweimanualige Cembalo,
aber auch das vor allem für häusliches
Musizieren verwendete Clavichord sowie
ausnahmsweise schon das moderne Hammerklavier. Bach war der erste Komponist,
der das Tasteninstrument, das bisher im
Konzert den begleitenden Generalbass
übernommen hatte, zum Soloinstrument
erhoben hat. Den Anfang dazu machte der
Cembalopart in seinem fünften Brandenburgischen Konzert.
Für Bachs unfangreichstes Cembalokonzert, das Konzert in d-Moll BWV 1052,
nimmt die Forschung unterschiedliche
Fassungen an: Als Urfassung gilt ein ver-
Entstehung: zwischen 1720 und 1738
Während Strawinsky Vivaldi als einen
langweiligen Menschen bezeichnete,
der ein- und dasselbe Konzert sechshundertmal hintereinander komponiert
habe, schätzte Bach den venezianischen
Komponisten sehr. Im Unterschied zu
Händel ist Bach nie in Italien gewesen,
sondern hat die italienischen Solo- und
Ensemblekonzerte vor allem Vivaldis,
aber auch die Albinonis, Torellis und
Marcellos während seiner Amtszeit am
Hof des Herzogs von Sachsen-Weimar
(1708–1717) und als Hofkapellmeister
in Köthen (1717–1723) an Abschriften
studiert. Weder die „Brandenburgischen
Konzerte“ noch das „Italienische Konzert“ wären ohne diese Auseinandersetzung entstanden. Bach folgt in allen
seinen Konzerten der dreisätzigen Anlage
des italienischen Concertos mit der Satzfolge schnell – langsam – schnell, wobei
in den Ecksätzen Orchester-Ritornelle
mit Soloabschnitten abwechseln, während die Mittelsätze nach dem Vorbild
der italienischen Dacapo-Arie komponiert sind.
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Johann Sebastian Bach
Igor Strawinsky
KONZERT F-MOLL FÜR KLAVIER, STREICHER UND B.C. BWV 1056
schollenes Violinkonzert, das Bach vor
1720 nach dem Vorbild Vivaldis komponiert
hat. Möglicherweise hat er es für sein im
September 1725 in der Dresdner Sophienkirche gegebenes Konzert mit der Dresdner
Hofkapelle zu einem Orgelkonzert bearbeitet. Sicher hat er die Sätze mit obligater
Orgel statt Violine in zwei seiner Kantaten
eingebaut und das Werk schließlich zu dem
Konzert für Cembalo und Streicher umgestaltet, als das es heute bekannt ist. Zunächst
beauftragte er Carl Philipp Emanuel mit
der Klaviertranskription, die er dann Ende
der 1730er Jahre selbst herstellte. Darüber
hinaus hat er für das Konzert eigene Solokadenzen geschrieben.
Alle drei Sätze hat Bach in Kirchenkantaten wieder verwendet: Während er
den ersten und den als Passacaglia komponierten zweiten Satz als Einleitungssinfonia und ersten Chor der Kantate „Wir
müssen durch viel Trübsal“ (BWV 146)
von 1726 zugrunde legte und zu dem Adagio vier Singstimmen hineinkomponiert
hat, diente ihm der dritte Satz zwei Jahre
später als Sinfonia zur Kantate „Ich habe
meine Zuversicht“ (BWV 188).
Während die übrigen Clavierkonzerte
Bachs nach seinem Tod in Vergessenheit
gerieten, erfreute sich das d-Moll-Konzert auch im 19. Jahrhundert großer
Beliebtheit. Mendelssohn-Bartholdy hat
es oft gespielt und Schumann nannte es
„hochberühmt“.
APOLLON MUSAGÈTE
Entstehung: zwischen 1927 und 1928
1926 erhielt Strawinsky von der Mäzenin
Elizabeth Sprague Coolidge den Auftrag,
für ein Festival, bei dem ausschließlich
zeitgenössische Musik zur Aufführung
kommen sollte, ein Ballett von einer halben
Stunde zu komponieren. Weitere Vorgaben
machte sie ihm nicht. Strawinsky entschied
sich dazu, einen Plan zu verwirklichen, der
ihn seit langem reizte: Er wollte, so schreibt
er in seinen „Erinnerungen“ („Chroniques
de ma vie“), eine Tanzszene über einen Stoff
aus der griechischen Götterwelt komponieren, deren Choreographie sich streng an
die Formen des klassischen Balletts halten
sollte. Als Thema wählte er den „Apollon
Musagète“, den Gott, der die Musen in den
Künsten unterwies. „Ihre Zahl beschränkte
ich auf drei: Kalliope, Polyhymnia und
Terpsichore, weil sie am vollkommensten
die Kunst der Choreographie verkörpern.
Kalliope, die von Apoll Wachstafel und
Schreibgriffel erhält, stellt die Dichtkunst
dar und ihre rhythmischen Gesetze. Polyhymnia, die den Finger an die Lippen hält,
beherrscht die Kunst der Gebärde. ‚Die
sprechenden Finger’, so sagt Cassiodor,
Das f-Moll-Konzert BWV 1056 ist
Bachs kürzestes Clavierkonzert. Die
Bachforschung geht, weil der Solopart der
Ecksätze Spuren der Doppelgriff-Technik
aufweist, davon aus, dass es sich um die
Bearbeitung seines heute verschollenen
Konzerts g-Moll für Violine, Streicher
und Basso continuo handelt, das – unter
Zuhilfenahme des Cembalokonzerts
– rekonstruiert wurde. Im As-Dur-Largo
griff Bach auf die Eingangssinfonia der
Kantate „Ich steh’ mit einem Fuß im Grabe“ (BWV 156) von 1729 zurück, deren
Melodie von der Oboe gespielt wird.
11
Igor Strawinsky
APOLLON MUSAGÈTE
‚das beredte Schweigen, die erzählenden
Gesten gelten als Erfindung der Muse Polyhymnia; sie lehrte die Menschen, dass sie
auch ohne Sprache ihr Wollen ausdrücken
können.’ Terpsichore endlich vereint den
Rhythmus der Dichtkunst mit der Beredsamkeit der Geste, sie offenbart der Welt den
Tanz, und so nimmt sie unter den Musen den
Ehrenplatz neben dem Musenführer ein.“
Im Unterschied zu seinen vor allem
von der russischen Folklore inspirierten
frühen Balletten, die Strawinsky für Sergej
Diaghilews „Ballets Russes“ komponierte,
orientierte er sich in „Apollon musagète“ an
Jean Baptiste Lully, dem Hofkomponisten
Ludwig XIV. Strawinsky eröffnet sein
Ballett mit einem im Stil der französischen
Barockouvertüre komponierten „Prolog“:
Zwei Largo-Abschnitte mit den typischen
doppelt punktierten Rhythmen rahmen
einen Allegro-Mittelteil ein. Das in dem
die Geburt Apolls schildernden Prolog exponierte Material komponiert er im zweiten
Bild des Balletts aus, das aus einer Folge stilisierter Tänze des 17. Jahrhunderts gestaltet
ist. Zu Beginn des zweiten Bildes erklingt
eine Variation des Prologs. Ihm folgt ein
„Pas d’Action“, in dem die Verteilung der
Gaben an die Musen musikalisch dargestellt
wird. In den drei folgenden Sätzen entfalten
die drei Musen zunächst je für sich ihre
Künste, und in der vierten Variation fasst
Apoll ihre Künste in einem Tanz zusammen.
Im „Pas de deux“ weist er Terpsichore den
Ehrenplatz zu und vereinigt in der Coda alle
vier zu einem Gruppentanz. Die Apothéose,
in der Apoll die Musen zum Parnass führt,
geht auf den Prolog zurück.
Während seiner Arbeit am Ballett beschäftigte sich Strawinsky nicht allein
mit der französischen Musik des 17. Jahrhunderts, sondern auch mit der Verskunst,
die Nicolas Boileau (1636–1711) 1674 in
seiner „L’art poétique“ auf Regeln brachte. Die wesentlichen Motive des Balletts
erfand Strawinsky auf der Basis dieser
Versmaßes. Der „Variation de Calliope“
stellte er als Devise sogar einen Alexandriner voran.
„Que toujours dans vos vers
le sens coupant les mots,
Suspende l’hemistiche
et marque le repos`”
Im Unterschied zu seinen bisherigen
Balletten, komponierte Strawinsky seinen
„Apollon musagète“ nur für Streichorchester. Für ihn liegt die „Hauptaufgabe der
Streichinstrumente, ihrer italienischen
Herkunft entsprechend“, in der „Pflege
des Gesanges, der Melodie.“ Die Reduktion des Orchesters passt darüber hinaus
zu Strawinskys Absicht, im „Apollon
musagète“ ein „ballet blanc“ zu komponieren, was er in „Jeu de cartes“ (1937),
„Orpheus“ (1947) und „Agon“ (1957)
weiterentwickelt hat.
Die Uraufführung fand in Washington,
D.C. im April 1928 in der Choreographie
Adolph Bolms statt. In Europa wurde das
Ballett mit George Balanchines Choreografie erstmals am 28. Juni 1928 im
Théâtre Sarah Bernhardt in Paris durch
die Ballets russes aufgeführt.
DR. SEBASTIAN URMONEIT
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