Архитектура. Дизайн Известия вузов. Инвестиции

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Архитектура. Дизайн
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Meerovich M.G., Doctor of Historical Sciences, Professor, Architecture Projection
Department, Irkutsk State Technical University, tel.: 89148866793, e-mail: [email protected]
УДК 72.01
ПЕРСПЕКТИВЫ РАЗВИТИЯ ИСТОРИЧЕСКОГО ЦЕНТРА ИРКУТСКА С
УЧЕТОМ НЕМЕЦКОГО ОПЫТА ДРЕЗДЕНА
А.В. Потапова, Б. Энгель
Идентификация исторического центра г. Иркутска с его площадями, уличными
пространствами и двориками имеет огромное значение для жителей города. На данный
момент отсутствуют научно-обоснованные методы сохранения исторической среды, что
связано с проблемами местного самоуправления исторических городов России.
Сегодняшняя ситуация в городе Иркутске очевидна. Стихийный захват площадей в
пользу новостроек еще раз обосновывает актуальность и срочность вопросов современного развития исторических городских кварталов, с обеспечением новых функциональных и
социально-экономических условий, поддерживающих уникальность исторических архитектурных сооружений и градостроительной среды в равной степени. Прежде всего, необходима четко продуманная стратегия, с инструментами для сбалансированного развития,
обновления и сохранения исторических кварталов в городах России, используя опыт других городов для Иркутска. С этой целью было проведено комплексное исследование анализ и оценка исторической среды в городе Дрездене. Методы планирования, уставы, в частности, финансирование были успешно применены в немецком городе. А при каких условиях возможно использование, перенос данного опыта на ситуацию в городе Иркутске?
Ключевые слова: градостроительный контекст, планировочная структура, градостроительный регламент, концепция регенерации.
LERNEN VON DRESDEN. PERSPEKTIVEN DER WEITERENTWICKLUNG DES
HISTORISCHEN STADTZENTRUMS IN IRKUTSK
A.V. Potapova, B. Engel
Historische Stadtzentrum mit ihren prägnanten Gebäuden, Platz- und Straßenräumen leisten einen wichtigen Beitrag für die räumliche Identität und damit der Identifikation der Bürger
mit der Stadt Die Betrachtung des historischen Stadtzentrums der Stadt Irkutsk identifiziert
wichtige Probleme der kommunalen Selbstverwaltung russischer Städte, in denen es bislang keine wissenschaftlich fundierte und in der Praxis erprobte Methoden zur Weiterentwicklung historischer Stadtquartiere gibt. Die derzeitige Situation in der Stadt Irkutsk, die offensichtlich leichtfertig den historischen Bestand zugunsten von Neubauten preisgibt, zeigt die Aktualität und Brisanz der Fragen nach einer zeitgemäßen Weiterentwicklung historischer Stadtquartiere, die neuen funktionalen und sozioökonomischen Bedingungen und die Besonderheit des Ortes, d.h.
weitgehende Berücksichtigung der historischen baulichen Strukturen gleichermaßen berücksichtigt. Sinnvoll erscheint es, bei der Erarbeitung von Anforderungsprofilen, Planungsstrategien und
-instrumenten zur ausgewogenen Weiterentwicklung zwischen Erneuerung und Bewahrung historischer Stadtquartiere in den Städten Russlands und speziell in Irkutsk auf Erfahrungen anderer
Städte zurückzugreifen. Hierzu soll im Rahmen der Forschungsarbeit eine umfangreiche Analyse
und Auswertung der Stadt Dresden im Umgang mit ihren von historischen Gebäuden geprägten
Stadtquartieren vorgenommen werden. Welche Planungsmethoden und -konzepte wie bswp.
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Rahmenpläne, Satzungen, Förderprogrammen u.a. werden hier erfolgreich angewandt und unter
welchen Voraussetzungen ist eine Übertragbarkeit auf die Situation der Stadt Irkutsk möglich?
Schlüsselworte: stadtplanung und städtebau, historisches erbe, nachhaltige weiterentwicklung, denkmalschutz, erhaltungssatzung, erneuerungskonzept.
Bedrohtes Erbe in Irkutsk
Irkutsk, eine Stadt mit heute ca. 600.000 Einwohnern, in Ostsibirien in der Nähe des Baikalsees gelegen, zeichnet sich insbesondere durch seine einzigartige Holzhausarchitektur des 17.
Jahrhunderts aus. Viele dieser Gebäude sind Denkmäler, sie besitzen einen hohen baukulturellen
und architekturhistorischen Wert und prägen in besonderer Weise die Identität der Stadt.
Abb. 1. Holzquartier 12, Straßen Stepana Razina, Irkutsk (Russland) (Quelle: D. Malko)
Heute sind viele der alten wertvollen Holzhäuser in einem sehr schlechten Zustand
und benötigen eine umfassende Erneuerung und Sanierung. Viele der Gebäude sind baufällig, eingesunken durch den schlechten Baugrund und die extremen klimatischen Bedingungen, aber auch durch jahrzehntelange Vernachlässig. Einige der Gebäude besitzen keine ausreichende Versorgung mit Wasser und Strom. Auch durch wirtschaftliche Interessen sind die
Gebäude bedroht: Anstelle der meist ein- oder zweigeschossigen Gebäude könnte man wesentlich höher bauen und die innerstädtischen Grundstücke profitabler nutzen - so die Auffassung von einigen Geschäftsleuten und politischen Vertretern in der Stadt. So entstehen
mancherorts anstelle der alten, kleinmaßstäblichen Holzhäuser – durch passiven Verfall oder
aktive Brandstiftung –Neubauten, die sich in keiner Art und Weise in den bestehenden Kontext einfügen und die räumliche Struktur und das sensible Erscheinungsbild der Innenstadt
empfindlich stören.
Aber auch neue funktionale Anforderungen bedrohen das historische Erbe. Die steigende Motorisierung – Durchgangsverkehr, zunehmender Parkdruck - belastet die Quartiere
mit Lärmemissionen, Abgasen und zunehmendem Platzanspruch. Immer mehr Geschäfte,
gastronomische und weitere Dienstleistungseinrichtungen sind in den vergangenen Jahren im
Stadtzentrum entstanden und es ist zu erwarten, dass der Bedarf weiter wächst, so dass ein
Umbau von Gebäude- und bisweilen ganzen Quartiersstrukturen erforderlich wird.
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Abb. 2. Neubebauung in der Straße Dzerzinskogo 46, Irkutsk (Russland) (Quelle: A. Potapova)
Architekten, Planer und Denkmalschützer sehen vielerorts die sich abzeichnenden Transformationsprozesse mit Sorge. Das historische Stadtzentrum mit seinen prägnanten Gebäuden,
Platz- und Straßenräumen leistet einen wichtigen Beitrag für die räumliche Identität und damit
der Identifikation der Bürger mit der Stadt. Damit bedarf die Weiterentwicklung des Stadtzentrums, die sich im Spannungsfeld zwischen „Bewahren“ und „Erneuern“ bewegen muss, besonderen Augenmerks.
Planungsstrategien für historische Stadtzentren in Russland
In den Jahren unter sowjetischem Regime wurden historische Stadtquartiere als Zeichen
bürgerlicher Kultur vernachlässigt – im Fokus standen neue Quartiere im Sinne sozialistischer
Stadtbaukultur. Bisweilen wurden historische Gebäude und Denkmäler durch sozialistische
Wahrzeichen als Repräsentanten der sowjetischen Gesellschaft ersetzt.
Heute stehen in Russland Revitalisierungsprozesse der historischen Städte erst am Anfang, die wenigsten Städte haben Konzepte für die Erhaltung und nachhaltige Weiterentwicklung
ihrer Stadtzentren erarbeitet. Ausnahmen bilden Städte wie bspw. Moskau, Sankt-Petersburg und
Tomsk, die bereits eigene Strategien für die Erhaltung ihrer historischen innerstädtischen Bereiche entwickelt und als rechtskräftige Dokumente bestätigt haben. Bei allen drei Städten spiel
einerseits der Aspekt einer notwendigen Weiterentwicklung des historischen Bestandes eine
wichtige Rolle. Denkmalschutz wird hier als etwas begriffen, was über reine Bestandswahrung
hinausgeht und andererseits wird Denkmalschutz auch im städtebaulichen Sinne und nicht nur
objektbezogen betrachtet. So stellt bspw. St. Peterburg nicht nur einzelne Architekturen, sondern
die Silhouette der Stadt und ganze Straßenzüge unter Schutz.
Auch Tomsk, Großstadt mit heute rund 522.940 Einwohnern, 3500 Kilometer östlich von
Moskau, im Westen Sibiriens gelegen, ist für seine historischen Holzhäuser bekannt und steht
vor dem Problem der Erneuerung und Erhaltung des Stadtzentrums. Auch hier sieht sich die
Stadt mit den Bedarfen nach Etablierung neuer Gebäude- und Nutzungsstrukturen in städtebaulich sensiblen Bereichen konfrontiert. Um dem zu begegnen, insbesondere, um die Sanierung
und Restaurierung von alten Gebäuden zu unterstützen, hat die Stadtverwaltung ein eigenes Förderprogramm entwickelt und ist selbst mit gutem Beispiel vorangegangen: Ganze Straßen und
Gebäude in städtischem Besitz wurden auf diese Weise denkmalgerecht erneuert. Parallel dazu
wurden vielfältige Maßnahmen zur Information und Beteiligung der Bürger ergriffen. Ansinnen
ist es, die Bedeutung und den Wert des Altbaubestandes für die Stadt gegenüber den Bürgern zu
kommunizieren und durch deren aktive Einbindung den Verfall und die hohen Leerstandsquoten
zu beseitigen. Tomsk zeigt erste gute Ergebnisse einer behutsamen Stadterneuerung, die
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Lisovskaja N. A. in ihrem Buch „Konzept zur Erhaltung der Holzhäuser“ (2005) dokumentiert
hat. Die Stadt Tomsk nimmt damit eine Vorreiterrolle unter den sibirischen Städten ein. Für
Irkutsk steht ein solcher Schritt noch aus. Zunächst müssen die Planungsverantwortlichen für die
Bedeutung der historischen Umgebung und den daraus resultierenden Verpflichtungen für die
Stadtentwicklung sensibilisiert werden. Es ist notwendig, entsprechende Anforderungen an die
Weiterentwicklung der Stadt unter Berücksichtigung der Bewahrung der besonderen Eigenart
historischen Stadtzentrums von Irkutsk zu formulieren.
Die Weiterentwicklung der russischen Städte basiert als gesetzlicher Grundlage auf dem
so genannten Städtebaulichen Kodex der Russischen Föderation. Er beschreibt die Hauptrichtungen für die Stadtentwicklung, nennt jedoch keine Details für die Entwicklung des historischen
Erbes. Daneben gibt es das Föderative Gesetz für Denkmäler des Landes von 2002, das all die
Gebäude schützt, die in der offiziellen Liste der Denkmäler eingetragen sind.
Zwar wurde 1998 das Stadtzentrum von Irkutsk von der UNESCO in eine Liste
potenzieller Anwärter auf einen UNESCO-Welterbeschutzstatus aufgenommen. Um ggf. den
Status eines Weltkulturerbes zu erlangen, hätte es seitens der Stadt jedoch weiterer
Anstrengungen bedurft, die Planungs- und Entwicklungsprozesse der Innenstadt hätten sich an
entsprechenden Reglements der UNESCO – beispielsweise in Bezug auf Einordnung von
Nutzungen, in Bezug auf die Erneuerung bzw. den Erhalt von historischen Gebäuden – halten
müssen. Es gab zu diesem Zeitpunkt jedoch in Irkutsk nicht den politischen Willen, den
Auflagen der UNESCO zu folgen.
In Irkutsk beschäftigen sich die Kollegen des Denkmalschutzes seit dem Jahr 2000 verstärkt mit der Fragestellung, wie die Erhaltung des Stadtzentrums gestaltet und einige besondere
Anforderungen an den Erhalt gesichert werden können. Daraus entstand ein Entwurf für so
genannte Schutzzonen in Irkutsk, d.h. die Festlegung von bestimmten schutzwürdigen Bereichen
mit der Festlegung hinsichtlich Bebauungsstrukturen und -typologien, Dichte, Materialität in
Anlehnung an den historischen Bestand. Die Regelungen betreffen jedoch nur Denkmäler, d.h.
es handelt sich um eine bauwerkbezogene, architektonische Betrachtung.
Was fehlt, ist eine städtebauliche Betrachtung, die ein Betrachtung in einem größeren
Zusammenhang mit Strukturen wie Ensembles, Plätzen und Quartieren vornimmt. Es fehlen
Planungsregularien für eine kontrollierte Entwicklung der Innenstädte, die eine behutsame,
nachhaltige Weiterentwicklung im Spannungsfeld zwischen notwendiger funktionaler
Erneuerung und Bewahrung sichern.
Stand der Forschung in Russland
Zwar rücken die vielfältigen und komplexten Fragen nach angemesser Erhaltung und
Weiterentwicklung historischer Stadtquartiere in jüngster Zeit verstärkt in den Fokus russischer
Fachleute, doch konzentrieren sich die Aktivitäten der Forschung in Russland bislang auf
Themen der Sanierung und der Denkmalpflege. In der russischen Fachliteratur finden sich einige wertvolle Publikationen zum Thema der Stadterneuerung und Stadterhaltung, allerdings fokussieren sie mehr auf theoretische Grundlagen, sie beschreiben Denkmäler von baukünstlerischer und architektonischer Seite, zeigen die Entwicklung auf und konstatieren den Status Quo.
Ihnen fehlen jedoch weiterführende Hinweise, zur Weiterentwicklung und Revitalisierung der
historisch bedeutsamen Stadtteile.
Eleonora Schevchenko zum Beispiel stellt den Wert historischer Bausubstanz als
räumliche Identität der Stadt heraus, die den genius loci und damit auch Anspruch und Maßstab
für die Erneuerung legt. „Es ist sehr wichtig, die bauliche Identität der Stadt erhalten und die
historische Bausubstanz mit dem Neue angemessen auf das Bestehende zu beziehen. Dafür muss
sich die neue Architektur in ihrer Formensprache, Maßstäblichkeit und Konstruktionsweise
sensibel in den städtebaulichen, landschaftlichen und kulturellen Kontext integrieren. Das Neue
sollte sich am Bestehenden orientieren“ (Zeitschrift „Zodchii“, 1 /2009, S.3-4).
Ein weiteres wichtiges Buch von Ivanow A.V mit dem Titel „Unsichtbares erhalten.
Geist des Ortes und Architekturethik (2006) erklärt die Bedeutung der historischen Umgebung
des städtebaulichen Kontextes und beschreibt Revitalisierungsmöglichkeiten für Holzhäuser in
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schlechtem Bauzustand. Wie ist es möglich das Problem öffentlich zu machen und die Bewohner
zur Revitalisierung zu ermuntern? Das Buch analysiert die in Europa üblichen Methoden Stadterneuerung mit Beispielen aus Finnland und Norwegen und präsentiert in überzeugender Weise
Vorschläge, diese Ideen auf die Stadt Baku zu übertragen.
Uschkova N.G. thematisiert 2006, in ihrem Beitrag „System von Erhaltungssatzungen mit
rationaler Nutzung von Grundstücken“, die Notwendigkeit für Entwicklung von Erhaltungssatzungen für historische Städte. Auch diese Publikation fokussiert auf den Denkmalschutzstatus,
trifft aber keinerlei Aussagen für Spielräume für mögliche Maßnahmen und Akteure.
Eine herausragende Publikation mit regionalem Bezug ist das Buch von 2008 über die
der Schutzzonen für das Irkutsker Stadtzentrum, „Irkutskgrazdanprojekt“ von den Autoren Makarov A.U, Rasputin V.V., Krasnaya N.N. et al.. Die Publikation präsentiert die wertvollen historischen Gebäudestrukturen der Stadt Irkutsk und beschreibt alle Teile des Stadtzentrums als Teil
der Schutzzonen. Es dokumentiert die Chronik der Stadtentwicklung und die Veränderungen der
Stadtstruktur im Lauf der Geschichte. Aus diesem Buch kann man möglicherweise Kriterien für
den Schutz des Stadtzentrums ableiten.
Grüne Bereiche
Holzdenkmäler
Historische Ensemble
Schutzzonen für Holzdenkmäler
Generelle Verbindungen zwischen die Zentren
Abb. 3. Tomsk, Revitalisierungsplan von der Teil „Tatarsk“ (Quelle: N. Lisovskajya, Tomsk)
Stadterneuerung in Deutschland
Auch in deutschen Städten steht man vor der Herausforderung einer zeitgemäßen Weiterentwicklung und behutsamen Stadterneuerung in historischen Stadtquartieren. Die Entwicklung
von Planungskonzepten und -gesetzen ist vor dem Hintergrund der Stadtentwicklungsgeschichte
seit dem Zweiten Weltkrieg zu betrachten. Waren die Innenstädte nach dem Krieg vielfach nach
historischem Vorbild wieder aufgebaut worden, wurden die 1960er Jahre mit der zweiten „Zerstörung“ der Innenstädte in Verbindung gebracht: „Funktionsschwächen“, wie schlechte sanitäre
Einrichtungen und schlechte Bausubstanz wurden häufig durch Flächensanierungen beseitigt. In
den 1970er Jahren kam es zu einer neuen Wertschätzung der historischen Bausubstanz setzte
sich durch. Ziel war es nun wieder, historische Stadtstrukturen zu erhalten. Besonderen Einfluss
darauf hatten das 1971 erlassene Städtebauförderungsgesetz, das Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen unterstützt, und das Europäische Denkmalschutzjahr von 1975. Im Sinne des
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Denkmalschutzes wurden Gebäude objektsaniert, d.h. stark zugebaute Innenhöfe von Gebäudeblöcken wurden blockentkernt, Gebäudeteile entfernt und beispielsweise Grünflächen und
Spielplätze angelegt. Die erhaltende Stadterneuerung wurde zum neuen Leitbild.
Das Fallbeispiel Dresden
In Irkutsk und Dresden, Städten mit vergleichbaren Einwohnergrößen und Zentrumsfunktion innerhalb ihrer Region kommt der Weiterentwicklung ihrer historischen Zentren eine besondere Rolle zu. Geprägt durch Verlust von historischer Bausubstanz – durch Krieg und Planung,
wenn auch in sehr unterschiedlichen Betroffenheit – stellt sich heute in beiden Städten die Frage,
wie einerseits historische Gebäude und Ensembles als Träger und Symbol von Stadtgeschichte
und kulturellen Werten und andererseits neue funktionale Anforderungen auf angemessene Art
und Weise bei der zukünftigen Entwicklung der Stadt berücksichtigt werden können.
Auch Dresden hat seit der Wende eine Umbruchszeit mit starken politischen und
sozioökonomischen Veränderungen durchlaufen, wenngleich diese in Irkutsk ungleich stärker
sind und in der sibirischen Stadt bis zum heutigen Tag andauern. Heute gibt es in Dresden verschiedene Strategien und Planungsinstrumente, die historische Bausubstanz sichern und helfen,
die Stadtquartiere in ihrer Eigenart, die nur aus dem historischen Kontext heruas, ihrem Entstehungskonzept zu begreifen ist, weiterzuentwickeln. Dies beginnt bei übergeordneten
Planungskonzepten, wie dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept und dem Planungsleitbild
Innenstadt und umfasst Rahmenplanungen und Satzungen für einzelne Quartiere. All diese
Strategien sind von der Verwaltung, mit der Politik und unter Beteiligung der Bürgerschaft
entwickelt und beschlossen worden.
Ziel und Inhalt der Forschungsarbeit
Ziel der Forschungsarbeit ist es, eine Analyse verschiedener Quartiere mit historischer
Bausubtanz Dresden durchführen, um in Auswertung und Anlehnung daran Hilfestellung bei der
Erarbeitung von Methoden, Strategien und Instrumente für die historischen Stadtviertel von
Irkutsk geben zu können.
Ein genauer Blick auf die Innere Neustadt in Dresden könnte lohnend sein. Das Gebiet
der Inneren Neustadt ist als rechtselbischer, strukturell erhaltener Teil der Dresdner Altstadt von
wesentlicher Bedeutung für die Identität der Stadt Dresden und gilt als herausragendes Zeugnis
europäischer Stadtbaukunst. Städtebauliche Planungen verschiedener Epochen (Hausmann,
Klengel, Thormeyer u.a.) nahmen den jeweiligen Charakter auf und prägen das Gebiet noch
heute. Die einzelnen Teilbereiche: Altendresden, Grünring, Königsufer, Regierungsviertel und
Jägerhof-Areal werden durch die unterschiedlichen Bautypologien geprägt; von Straßenzügen
barocker Bürgerhausbebauung in geschlossener Bauweise bis hin zur klassizistischen
Gartenstadt in offener Bauweise. Im Zweiten Weltkrieg wurden vor allem Teile der Elbuferbebauung und der der östlichen Bereich der Inneren Neustadt zerstört. Die Wiederaufbauplanungen
orientierten sich an den städtebaulichen Leitbildern der Nachkriegsmoderne, hier der Schaffung
verbesserter Bedingungen für die wachsende Mobilität, die durch Licht, Luft und Sonne verbesserten Wohnbedingungen sowie seriell vorgefertigtes Wochen. Seit den 70er Jahren wurden parallel Quartiersplanungen für die historische Substanz erarbeitet und partiell Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Dennoch ist insgesamt zu resümieren, dass die bauliche Bestandspflege abseits zentraler Achsen kontinuierlich vernachlässigt und die erhaltene Bausbustanz vielerorts
dem Verfall preisgegeben wurde.
Nach der Wiedervereinigung wurde der Wunsch nach Sicherung und Erhalt der wertvollen Kulturdenkmale und Ensemble von Planungsverantwortlichen, Bürgerschaft und Politik gleichermaßen formuliert. Als rechtlich-instrumentelle Unterstützung der Substanzsicherung diente
ab 1993 die Aufnahme und Mittelverwendung des Förderprogramms Städtebaulicher
Denkmalschutz. Mit Hilfe dieses Programmes wurden neben der Wiederherstellung von
historischen Fassaden und Gebäuden stadtprägende Grünanlagen, Plätze und Straßen
umgestaltet. Fachlich untersetzt wurden die Zielstellungen durch den weitreichenden
Denkmalschutz in Bezug auf Einzelobjekte aber auch Sachgesamtheiten sowie die
Erhaltungssatzung, die dem Erhalt oder Wiederherstellung des historischen Stadtbildes dient.
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Hierbei stehen insbesondere der Erhalt der historisch wertvollen Bausubstanz, die Verbesserung
des Wohn- und Geschäftsumfeldes durch Gestaltung der Straßen und Plätze sowie Aufwertung
von Grünflächen, die Rekonstruktion der Sicht- und Straßenachsen, die funktionale Vernetzung
der einzelnen Teilbereiche und die Wiederherstellung der städtebaulichen Maßstäblichkeit im
Fokus.
Abb. 4. Historische Situation Innere Neustadt (Quelle: Stadtplanungsamt, Dresden)
Abb.5. Wiederaufbauplanung 1969 für die Innere Neustadt (Quelle: Stadtplanungsamt, Dresden)
Abb. 6. Blick auf die Innere Neustadt 2010 (Quelle: Stadtplanungsamt, Dresden)
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Abb. 7: Rahmenplan 715.1 für die Innere Neustadt (Quelle: Stadtplanungsamt, Dresden)
Aber auch weitere Gebiete mit unterschiedlichen geschichtlichen Hintergründen, anderen
städtebaulicher Strukturen und Problemen der Weiterentwicklung wie bspw. die Äußere
Neustadt, die Stadtteile Blasewitz, Striesen o.a. sollen vertiefend untersucht werden, um die
daraus generierten Erkenntnisse für Irkutsk nutzen zu können. Anhand der sorgfältigen Analyse
der durchlaufenen Entwicklungen dieser Quartiere sollen die verschiedenen Planungsstrategien
und -instrumente auf ihre Wirksamkeit und eine mögliche Übertragbarkeit auf die Situation in
Irkutsk überprüft werden.
Welche Strategien sind in Irkutsk erforderlich, um ein harmonisches Nebeneinander von
Alt und Neu – bezogen auf Gebäudenutzung und -gestalt – zu ermöglichen und auf diese Weise
dauerhaft, d.h. nachhaltig die Erhaltung historischer Identität und kultureller Werte zu sichern?
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Ю. Макаров. Главный архитектор ОАО «Иркутскгражданпроект» – В. В. Распутин Руководитель проекта, начальник НИПРМ – Красная Н. Н., архитекторы – Прокудин А. Н.,
Калинина И. В., Ладейщикова Е. Р., Басина Л. В.; консультант – архитектор Шаров С. А.,
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Ичери Шехер, Баку)» Университет Эразма Роттердамского, Роттердам, Нидерланды, градостроитель, магистр городского менеджмента и развития (Университет Эразма Роттердамского, Роттердам, Нидерланды), заместитель главного редактора журнала «Архитектурный вестник» Журнал Вестник
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Informationen zu den Autoren
Potapova A.V., Magister der Architektur, Promotionsstudentin der Architektur Fakultät
ISTU, der stellvertretende Direktor Winter University of Urban-planning and design, der Staatlichen Technischen Universität Irkutsk, Irkutsk, Russland, e-mail: [email protected]
Barbara Engel Dr.-Ing., Architektin und Stadtplanerin Mitglied der Architektenkammer
Berlin, Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung, Mitglied Les Ateliers d’Urbanisme de Cergy-Pontoise, Landeshauptstadt Dresden, Stadtplanungsamt, Abteilungsleiterin Stadtplanung Innenstadt, Dresden, Deutschland, e-mail: barbara.engel @ dresden.de
Информация об авторах
Потапова Анастасия Васильевна, магистр архитектуры, аспирант кафедры «Архитектурное проектирование», заместитель директора Международного Байкальского
Зимнего Градостроительного Университета, Иркутский государственный технический
университет, г. Иркутск, Россия, e-mail: [email protected]
Энгель Барбара, доктор, член немецкой академии градостроительства и ландшафтной архитектуры, член палаты архитекторов Берлина. Начальник отдела городского
департамента градостроительства, Дрезден, Германия, e-mail: [email protected]
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