Jahresbericht 2014 Februar 2015 Inhalt Seite Vorwort........................................................................................................................................................01 Vorstand / Mitarbeiterinnen...................................................................................................................03 Sprechzeiten bei Wildrose.......................................................................................................................04 1. Wir über uns.........................................................................................................................................05 2. Beratung................................................................................................................................................07 Wie sind die Klientinnen zu Wildrose gekommen?...........................................................................07 Cyber-Mobbing – eine neue Form der Gewalt...................................................................................08 Selbsthilfearbeit seit vielen Jahren – ein Rückblick..........................................................................11 Statistik 2013 Hilfesuchende Personen bei sexueller Gewalt - Beratung....................................................................................................................................................12 - Beratungsgespräche bei sexueller Gewalt.......................................................................................13 - Altersstruktur der Indexklientinnen...................................................................................................14 3. Prävention – Information – Fortbildung...................................................................................15 Statistik 2014 - Prävention............................................................................................................................................ 29 - Information......................................................................................................................................... 30 - Fortbildung...............................................................................................................................................31 4. Öffentlichkeitsarbeit..................................................................................................................... 32 5. Zusammenarbeit mit anderen Institutionen / Qualitätssicherung............................... 39 6. Recht.................................................................................................................................................... 42 Schlusswort.................................................................................................................................................45 01 Vorwort Im November 2014 wurde der Gynäkologe Dr. Denis Mukwege aus der Republik Kongo mit dem Sacharow-Preis für Menschenrechte des Europaparlaments ausgezeichnet. Mukwege operiert seit Jahren Frauen, die Opfer von Vergewaltigung wurden und deren Geschlechtsorgane oft völlig zerstört wurden. Denis Mukwege setzt als Arzt alles daran, den Opfern von Vergewaltigungen zu helfen, sagte Parlamentspräsident Martin Schulz „Anstatt wegzusehen sind Sie zu einem furchtlosen Mann geworden, der das Leid zahlloser Frauen und Mädchen gelindert hat“ Für dieses nicht ungefährliche, aber sehr mutige Engagement wurde Mukwege nun mit dem Sacharow-Preis für Menschenrechte gewürdigt. Respekt vor diesem Mann. Nicht wegsehen – helfen! Nicht schweigen – darüber reden! Noch immer ist sexuelle Gewalt auch in unserer Gesellschaft ein Tabu. Jeden Tag werden z.B. in Deutschland 40 Kinder Opfer sexuellen Missbrauchs (HAZ, 20.12.14). Die meisten dieser Fälle finden im sozialen Umfeld statt und werden totgeschwiegen. Im Dezember 2014 fand in Berlin vor dem Berliner Landgericht ein Prozess gegen einen Vater wegen tausendfachen Missbrauchs an seinen drei Kindern statt. Drei Kinder, 3713 Übergriffe, so Spiegel online am 15.12.14. Jahrelang blieb sein dunkles Geheimnis unentdeckt. Jetzt hat der 42jährige gestanden, seine beiden Töchter und seinen Sohn tausendfach missbraucht zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Tatzeitraum von 14 Jahren aus. Und keiner hat etwas bemerkt? Kennzeichnend für dieses „Totschweigen“ des Themas in unserer Gesellschaft ist auch der Leitartikel von Michael Heun in der HAZ vom 20.12.14, in dem er u.a. anführt, dass in den Medien nun ausführlich darüber diskutiert wird, wer wann wen im Fall des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy informiert bzw. Informationen weitergegeben hat. Kein Wort, nicht eins, über die Opfer, die Opfer der kinderpornografischen Bilder geworden sind, die Herr Edathy sich – und ganz sicher nicht nur er – im Internet herunter geladen hat. Die Einsichtsfähigkeit des unrechten Tuns scheint hier zu fehlen. Beschämend. Nicht wegsehen – helfen! Nicht schweigen – darüber reden! Allein in Niedersachsen wurden 2013 (die Zahlen von 2014 liegen noch nicht vor) laut der Kriminalstatistik des Landeskriminalamtes Niedersachsen 4.332 Personen Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Unter diesen Straftaten bildet der sexuelle Missbrauch von Kindern ein Opferschwerpunkt. 286 Kinder bis zum sechsten Lebensjahr wurden Opfer sexuellen Missbrauch, 191 weibliche, 95 männliche, 1.329 im Alter von 6 – 14 Jahren, 1038 weibliche, 291 männliche Opfer. 02 2014 wandten sich 288 Personen hilfesuchend an unseren Verein, 1.057 Beratungsgespräche wurden geführt, 174 Präventionsveranstaltungen durchgeführt. soll Ihnen einen Einblick in die Arbeit von Der Jahresbericht 2014 des Vereins zum Thema der sexuellen Gewalt und in unsere Präventionsarbeit in der Stadt und dem Landkreis Hildesheim geben. Opfer von sexueller Gewalt empfinden häufig große Scham und trauen sich nicht, über ihre Gefühle zu sprechen. bietet den Betroffenen wichtige Hilfen an und möchte sie mit ihren Problemen nicht allein lassen. Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt e.V. mit seinen drei Dies leistet der Verein Dipl.-Sozialpädagoginnen für Beratung und Prävention sowie einer Honorarkraft für zwei begleitete Selbsthilfegruppen. diese Arbeit jedoch nicht leisten. Deshalb Ohne finanzielle Zuwendungen könnte gilt unser Dank all denen, die unsere Arbeit durch ihre finanzielle und persönliche Unterstützung möglich gemacht haben bzw. machen. Wir danken dem Land Niedersachsen, dem Landkreis Hildesheim, der Stadt Hildesheim für finanzielle Zuwendungen, jedem einzelnen Spender sowie allen Sponsoren für ihre Hilfe. Wir danken der Staatsanwaltschaft Hildesheim, den Amtsgerichten Hildesheim, Hannover, Elze, Lehrte für die Bußgeldzuweisungen. Wir bedanken uns bei unseren Mitgliedern, die uns durch ihren Mitgliedsbeitrag unterstützen. Wir danken der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung, die immer wieder in ihrer Zeitung auf hinweist. Der Verein e.V. wird auch 2015 allen von sexueller Gewalt Betroffenen, die sich an uns wenden, deren Angehörigen oder erzieherischen Fachkräften, vor allem aber Kindern, die Beratung und Hilfe zukommen lassen, die sie benötigen und die wir leisten können. Bitte, helfen auch Sie uns weiter dabei. Wir sind auf Ihre Hilfe dringend angewiesen Ursula Pfahl Vorsitzende 03 Vorstand Ursula Pfahl Vorsitzende Christiane Rumph Stellvertretende Vorsitzende Elke Diekenbrock-Nikelsky Schatzmeisterin Annette Mikulski Schriftführerin Mitarbeiterinnen (alle Mitarbeiterinnen sind Teilzeitkräfte oder geringfügig Beschäftigte) Annette Pagel Dipl. Sozialpädagogin Ehe- Familien- und Lebensberaterin Systemische Familienberaterin Louise Conradi Dipl. Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin Mo Meyer-Hermann Dipl. Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin Gestalttherapeutin Christiane Bögershausen Psychotherapeutin (n.HPG) (als Honorarkraft für zwei Frauen-Selbsthilfegruppen) Andrea Schaper Büroangestellte Ferjal Heinemann Reinigungskraft 04 05 1. Wir über uns Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt e.V. befindet sich im Stadtzentrum von Hildesheim, direkt bei der Andreaskirche, Andreasplatz 5. Die Beratungsstelle ist durch mehrere Busverbindungen und über verkehrssichere Fahrradwege gut erreichbar. Seit der Gründung des Vereins im Jahr 2002 bietet einen geschützten Raum für betroffene Frauen, Kinder, Jugendliche, und Frauen mit Behinderung und / oder Migrationshintergrund, deren Angehörige und ihnen nahe stehenden Personen an, um erlittene sexuelle Gewalt und deren Auswirkungen anzusprechen und zu verarbeiten. Ziel der Arbeit von ist es, sexuelle Gewalt zu verhindern, eine möglichst frühzeitige Intervention zum Schutz Betroffener anzubieten und/oder Hilfestellung bei der Verarbeitung und Bewältigung erlittener sexueller Gewalterfahrungen zu geben. Beraten werden Kinder, Jugendliche und Frauen die sich von sexualisierter Gewalt bedroht fühlen, bzw. von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Auch Eltern, Familienangehörige und andere unterstützende Personen, Helferinnen können sich mit ihren Fragen und Unsicherheiten an uns wenden. Unser Beratungsangebot ist kostenlos. berät: persönlich telefonisch online auf Wunsch anonym Die Beratung ist parteilich für die Betroffenen. Sie dient dem unbedingten Opferschutz, ist kostenlos und absolut vertraulich. 06 1. Wir über uns Telefonische Erreichbarkeit: Montag-Donnerstag 09.00 – 14.00 Uhr Freitag 09.00 – 13.00 Uh Die Beratungsgespräche werden telefonisch oder persönlich in den Sprechzeiten vereinbart. Sie dauern in der Regel bis zu einer Stunde und können auch fortlaufend, z. B. einmal wöchentlich, wahrgenommen werden. Nachrichten auf dem Anrufbeantworter werden zeitnah bearbeitet. Neben der Beratung für Einzelne bieten wir umfangreiche und vielfältige Präventionsveranstaltungen an. Dazu gehören Vorträge in unterschiedlichsten Einrichtungen, Unterrichtsbesuche an Schulen, Elternabende in Kindergärten oder in anderen Institutionen. Unter Tatverdacht stehende Personen erhalten keine Beratung. Unter der Leitung eines ehrenamtlich arbeitenden Vorstandes besteht das Team von derzeit aus drei hauptamtlichen Beraterinnen mit beraterischen und psychotherapeutischen Qualifikationen, sowie einer auf Honorarbasis tätigen Psychotherapeutin (n. HPG) für zwei FrauenSelbsthilfegruppen. 07 2. Beratung Mit sexueller Gewalt bezeichnet man alle sexuell motivierten Handlungen, die gegen den Willen einer Person oder unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses vorgenommen werden, von der Belästigung und Nötigung bis zur Vergewaltigung. Sexuelle Gewalt findet häufig im sozialen Umfeld statt. Die Opfer, besonders betroffene Kinder, leiden sehr stark unter seelischen und körperlichen Folgen, manchmal ein Leben lang. Die psychosoziale Beratung durch dient im ersten Schritt der Überwindung der Sprachlosigkeit, die sexualisierte Gewalt häufig auslöst. Darüber hinaus bietet psychosoziale Beratung die Möglichkeit: über das Geschehene und über Gefühle zu sprechen einer Entlastung und Stabilisierung der Betroffenen sich Ressourcen bewusst zu machen einer Stärkung des Selbstbewusstseins weitere notwendige Schritte zur Stabilisierung/Heilung – unterstützt und begleitet durch die Beraterinnen – herauszufinden und zu realisieren. Im Jahr 2014 kam es bei insgesamt zu 1057 Beratungsgesprächen mit 288 Personen, inklusive telefonischer und E-mail Beratung. Wie sind die Klientinnen zu gekommen? Seit Bestehen der Beratungsstelle macht sich der Verein durch Öffentlichkeitsarbeit innerhalb der Stadt, des Landkreises Hildesheim und auch darüber hinaus, bekannt. Es besteht die Möglichkeit, sich umfangreich über das Angebot der Beratungsstelle durch Einsicht der Homepage www.wildrose-hildesheim.de zu informieren. Aber auch das Auslegen unserer Flyer bei ÄrztInnen, in Schulen, in den Jugendämtern etc., Anzeigen in der Tagespresse, Informationsveranstaltungen usw. führten dazu, auf die Arbeit von aufmerksam zu machen, so dass von sexualisierter Gewalt Betroffene die Beratungsstelle kennen, und somit eine Anlaufstelle haben. Weiterhin werden Klientinnen innerhalb des Netzwerkes an delegiert. Auch persönliche Empfehlungen durch Menschen, die bei in Beratung waren oder sind, machen auf unsere Arbeit aufmerksam, und führen zu einer Kontaktaufnahme. Betroffene Frauen und junge Erwachsene nahmen in der Regel persönlich, telefonisch oder per Email Kontakt zu auf. Für Kinder und Jugendliche vereinbarten Eltern, insbesondere Mütter oder andere Erziehungsverantwortliche, ein erstes Beratungsgespräch. 08 Cyber-Mobbing – eine neue Form der Gewalt Die neue Form der Gewalt trifft laut aktueller Umfrage des Bundesamtes für Sicherheit und Informationstechnik nicht nur Jugendliche sondern auch Erwachsene. „12 Prozent der Nutzer/-innen, die in mindestens einem Sozialen Netzwerk aktiv sind, waren in diesem Zusammenhang bereits Opfer von Mobbing und sexueller Belästigung. Dabei handelt es sich vorwiegend um weibliche Nutzer zwischen 14 und 39 Jahren.“ (BSI: Cyber-Mobbing ist kein Kinderspiel https: www.bsi.bund.de) „Cyber-Mobbing ist deshalb ein ernstzunehmendes Problem, weil es die Betroffenen oft rund um die Uhr, sieben Tage die Woche verfolgt“, sagt Prof. Dr. Wolf Hammann, Vorsitzender der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes und Landespolizeipräsident von Baden-Württemberg. Vor allem Schülerinnen und Schüler sind von Cyber-Mobbing häufig betroffen, denn junge Menschen bewegen sich gerne in sozialen Netzwerken. Die Täter(innen) nutzen Internet- und Mobiltelefondienste zum Bloßstellen und Schikanieren ihrer Opfer – sie werden mit Anrufen, SMS, MMS oder Emails tyrannisiert. „Das Internet scheint die Hemmschwelle für Mobbingaktivitäten zu senken. Viele Kinder und Jugendliche trauen sich in der scheinbar anonymen virtuellen Welt eher, eigene Angriffe gegen andere zu vollziehen. Dabei gibt es einen fließenden Übergang von „Spaß“ oder „Neckereien“ zur Gewaltausübung im Sinne von Mobbing. Da das Internet nichts vergisst, also selbst gelöschte Inhalte immer wieder auftauchen können, ist es möglich, dass das Opfer selbst nach Beendigung des Konfliktes mit dem/der Täter(-in) immer wieder mit den Veröffentlichungen konfrontiert wird.“ (www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/gefahren-im-internet/cybermobbing.html) Um sich vor Cyber-Mobbing zu schützen, sollen: Jugendliche/Erwachsene möglichst wenig Daten von sich im Internet preisgeben. In Profilen von Sozialen Netzwerken niemals die vollständige Adresse oder Handynummer angegeben werden. Jugendliche/Erwachsene möglichst wenig Bilder und Videos von sich selbst ins eigene Profil stellen. 09 Jugendliche/Erwachsene beim Anlegen des Profils die Sicherheitseinstellungen für den privaten Bereich beachten. Jugendliche/Erwachsene den Privatbereich nicht für jedermann freigeben. Jede Freundschaftsanfrage soll gut geprüft werden. Nur Personen, die sie auch aus dem realen Leben kennen, sollte der Privatbereich zugänglich gemacht werden. Was kann man tun, wenn man im Internet gemobbt wird (www.polizei-beratung.de): Beleidigende oder sogar bedrohliche E-Mails dürfen nicht toleriert werden. Kinder und Jugendliche sollen aber nicht direkt auf solche E-Mails oder SMS antworten, sondern Eltern und andere Vertrauenspersonen einbeziehen. Bei Schülern sollte auch die Schule informiert werden. Beweismaterial unbedingt aufbewahren. Das heißt die verbreiteten Bilder und beleidigenden E-Mails und SMS sollten gespeichert werden. Wenden Sie sich in schwerwiegenden Fällen sofort an die Polizei und erstatten Sie Anzeige. Bilder und Videos, die ohne Erlaubnis des darin Gezeigten veröffentlicht werden, sollen immer wieder gelöscht werden. Die Löschung kann über den Netzwerk-Betreiber vorgenommen werden. Auch so genannte Fake-Profile (die andere im Namen des Betroffenen erstellt haben) können so ebenfalls aus dem Netzwerk entfernt werden. Jedoch ist je nach Netzwerkbetreiber die Voraussetzung für das Löschen von Daten, Bildern oder ganzen Profilen unterschiedlich. Cyber-Mobbing ist keinesfalls ein Problem welches sich auf das Privatleben beschränkt. Immer häufiger wird auch die Schule zum Schauplatz von Cyber-Mobbing. Auf den Internet-Seiten von www.klicksafe.de finden sich wichtige Informationen, was man als Lehrer/-in gegen Cyber-Mobbing tun kann. Es ist sinnvoll, den Schüler/-innen im Vorhinein zu vermitteln, welche Folgen ein bloßstellendes Bild oder eine Video-Montage im Internet anrichten können, oder welche Empfindung ver letzende oder bedrohliche Nachrichten bei Betroffenen auslösen können. Es sind also präven tive Maßnahmen gefragt, mit denen sich das ganze Kollegium und die ganze Schule auseinandersetzen sollte. Der/die Lehrer/-in in der Klasse kann mögliche Hinweise auf problematische Konflikte erkennen durch die Verschlechterung des Klassenklima, wenn sich die Schüler/-innen einander unfreundlich begegnen, kann diese Entwicklung von Mobbing begleitet sein, 10 Zerbrochene Freundschaften: Vor allem bei Mädchen passiert es immer wieder, dass ehemals beste Freundinnen zu Opfern bzw. Täterinnen von Mobbing-Attacken werden, da sie viele intime Geheimnisse voneinander kennen und diese dann gegeneinander verwenden. Auf Schulveranstaltungen: Gerade bei der Zimmeraufteilung auf Klassenfahrten oder Ausflü gen/Sportfesten wird sichtbar, wie gut einzelne Schüler/-innen in die Klassengemeinschaft ein gebunden sind. Die ganze Schule braucht eine einheitliche Definition von Cyber-Mobbing. Junge Leute und ihre Eltern sollten über die Verantwortung der Schüler/-innen im Internet und auch über die Sank tionen bei Missbrauch aufgeklärt werden. Ein gemeinsamer Verhaltenskodex (Schulordnung) ist zu erstellen und dieser sollte immer wieder aktualisiert werden. Eine Kultur des respektvollen Umgangs soll gepflegt werden. Es ist sinnvoll, einen Anti-Mobbing-Beauftragten zu berufen, oder falls dieser schon existiert, sein Aufgabengebiet um Cyber-Mobbing zu erweitern. Hilfe von außen suchen: Präventionsbeauftragte der Polizei können sehr eindringlich über mögliche Konsequenzen des Cyber-Mobbings berichten. Integrieren Sie Cyber-Mobbing als Problemthematik in Ihren Unterricht Weiterbildung für Lehrende zu Konfliktthemen, die positive Nutzung der Neuen Medien fördern. Soweit in Fällen von Cyber-Mobbing sexuelle Belästigungen/Beleidigungen auftreten, bietet hierzu den Opfern Fachberatung an. 11 Selbsthilfearbeit seit vielen Jahren – ein Rückblick In den zurückliegenden fast 10 Jahren sind ein ganzes Bündel von Facetten der Belastungen, die als Folgen von sexualisierter Gewalt auftreten können in den Jahresberichten angesprochen worden und haben die Wichtigkeit der Selbsthilfearbeit ausgedrückt. Nachstehend habe ich einen kleinen Überblick zusammengefasst: - zum Einfluss von sexualisierter Gewalt im Kindesalter auf das spätere Sozialverhalten - Austausch auf Augenhöhe in der Gruppe mit ebenso Betroffenen führt zu Stärkung und Stabilisierung - Schuld und Scham der Betroffenen selbst als verdrehte Sichtweise erkennen und an die für die Taten Verantwortlichen zurückgeben - eigene und partner(in)bezogene Sexualität als elementares Bedürfnis und als Energiequelle erkennen - kreative Methoden einsetzen wie schreiben oder malen, um Zugang zu den eigenen Ressourcen zu finden - Selbsthilfe als Ordnung der eigenen Lebenserfahrungen. Über all diesen Themen steht das Motto „ALLE FRAUEN VERFÜGEN ÜBER SELBSTHEILUNGSKRÄFTE“ und in dem lebhaften Austausch an den Gruppenabenden ist dieser Satz immer wieder für die Frauen lebendig geworden. In den verschiedenen biografischen Berichten und Gedichten, die aus den beiden Selbsthilfegruppen Eingang in die Jahresberichte gefunden haben, wird deutlich, dass viele der genannten Ängste und psychischen Belastungen übereinstimmen und damit für die teilnehmenden Frauen hör- und sichtbar die Vereinzelung in ihrem Leid aufhören kann. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass oft neben einer fundierten Psychotherapie auch ein Austausch in der Gruppe zwischen „Expertinnen in eigener Sache“ stabilisierend wirkt. Der Schwerpunkt der Gruppenarbeit liegt auf Selbsthilfe im Sinn einer Gesprächsgemeinschaft, die durch vergleichendes Austragen von Erfahrungen und Einstellungen die einzelne Frau zur Sachverständigen macht und somit zum Gewinnen von Selbstvertrauen und damit zur Stärkung der eigenen Handlungsmöglichkeiten beiträgt. Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit ist Transparenz, damit die Frauen sich jederzeit zuordnen und wahrnehmen können und keine Entscheidung über den eigenen Kopf gefällt wird. Die Transparenz bezieht sich sowohl auf organisatorische Abläufe der Anmeldung, der Struktur des einzelnen Gruppenabends als auch auf die Schweigepflicht gegenüber Dritten und auf Offenheit in der Gruppe. Diese Erfahrungen kann den Frauen die Möglichkeit eröffnen, auch in ihrem privaten Lebensbereich Transparenz und Offenheit einzufordern. Verschiedene Techniken wie Übungen zur Entspannung, Sensibilisierung, Atmung, Achtsamkeit und Visualisierung, Nähe und Distanz sowie das Erstellen eines Ressourcenteams können dazu beitragen, sich zukünftigen Situationen zu stellen und anders als gewohnt – einfach besser zu bewältigen. Christiane Bögershausen Soziologin und Psychotherapeutin 29. Januar 2015 12 Statistik 2014 Hilfesuchende Personen bei sexueller Gewalt 1. Beratung Stadt Hildesheim Landkreis Hildesheim Auswärtige Personengruppen weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich Direkt Betroffene 92 (95)* 1 (5) 78 (70) 3 (2) 15 (15) - (-) Direkt Betroffene mit Behinderung 4 (5) - (-) 3 (4) - (-) - (-) - (-) Direkt Betroffene mit Migrationshintergrund 6 (15) - (-) 2 (3) - (-) 2 (1) - (-) 102 (115) 1 (5) 83 (77) 3 (2) 17 (16) - (-) 41 (47) 7 (8) 21 (28) 8 (5) 3 (10) 2 (-) 143 (162) 8 (13) 104 (105) 11 (7) 20 (26) 2 (-) Gesamt Hilfestellung / Beratung für Angehörige / Dritte Fachkräfte Gesamt Hilfesuchende insgesamt Personenzahl insgesamt: 288 (313), *Zahlen ( ) aus 2013 288 (313) 13 2. Beratungsgespräche bei sexueller Gewalt Stadt Hildesheim Personengruppen Landkreis Hildesheim Auswärtige weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich 424 (489)* - (11) 273 (237) 6 (5) 41 (58) - (1) Direkt Betroffene mit Behinderung 36 (11) - (-) 49 (54) - (-) - (-) - (-) Direkt Betroffene mit Migrationshintergrund 103 (73) - (-) 12 (23) - (-) 3 (1) - (-) 563(573) - (11) 334 (314) 6 (5) 44 (59) - (1) 53 (100) 11 (15) 24 (65) 14 (7) 3 (11) 5 (1) 616 (673) 11 (26) 358 (379) 20 (12) 47 (70) 5 (2) Direkt Betroffene Gesamt Hilfestellung / Beratung für Angehörige / Dritte Fachkräfte Gesamt Beratungsgespräche insgesamt Beratungsgespräche insgesamt:1057 (1162) (Dauer der Beratungsgespräche: 1 Std.) *Zahlen ( ) aus 2013 1057 (1162) 14 3. Altersstruktur der Indexklientinnen Stadt Hildesheim Landkreis Hildesheim Auswärtige weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich 0 – 6 Jahre 9 (10)* 4 (6) 7 (10) 3 (5) - (3) - (2) 7 – 13 Jahre 11 (21) 5 (3) 14 (11) 4 (3) 1 (3) - (1) 14 – 18 Jahre 24 (20) - (1) 26 (26) 1 (2) 3 (2) - (1) 19 – 27 Jahre 24 (20) - (3) 14 (7) - (1) 4 (-) - (-) über 27 Jahre 59 (62) - (3) 39 (33) 1 (-) 12 (14) - (-) Alter der Fachkräfte und Angehörigen nicht erfasst. *Zahlen ( ) aus 2013 Anzahl der Sprechzeiten 2014 im Landkreis Hildesheim: Die Sprechzeiten dauern jeweils mindestens 2 Stunden. *Zahlen ( ) aus 2013 Sprechzeiten Alfeld: Sprechzeiten Bockenem: Sprechzeiten Elze: Sprechzeiten Sarstedt: 18 (20) Std. 21 (8) Std. 20 (20) Std. 11 (9) Std. 15 3. Prävention - Information - Fortbildung Um langfristig eine Wirkung zu erzielen, setzt Prävention von sexualisierter Gewalt in unserer Arbeit sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen pädagogischen Fachkräften und Erziehungsberechtigten an. Dazu bieten wir unterschiedliche Präventionsprojekte in Kindergärten und Schulen an. Ziel unserer präventiven Arbeit ist die Stärkung des Selbstbewusstseins und des Selbstwertgefühls. Sie dient der Bewusstwerdung eigener Rechte und Grenzen sowie der Autonomie und des Selbstbestimmungsrechts. Prävention erfordert auch, dass die erziehenden Erwachsenen die Verantwortung für den Schutz des Kindes übernehmen. Kein Kind kann sich selbst schützen! Nachhaltig wirksam kann Prävention nur dann sein, wenn sie als Erziehungshaltung der Erziehenden gegenüber dem Kind verstanden wird. Im Jahr 2014 wurden insgesamt 221 Präventions-, Informations- und Fortbildungsveranstaltungen in Stadt und Landkreis Hildesheim durchgeführt, mit denen insgesamt 1881 Persoerreicht wurden. nen von Einzelprojekte: Vorschulprojekt „Dich kenn ich nicht. Nein! Mit Dir geh ich nicht!“ In vielen Kindergärten und Kindertagesstätten der Stadt Hildesheim und dem Landkreis Hildesheim ist das Projekt „Dich kenn ich nicht. Nein! Mit dir geh ich nicht“ von ein fester Bestandteil in der thematischen Planung für das letzte Kindergartenjahr der Vorschulkinder Im Jahr 2014 konnten 402 Kindergartenkinder innerhalb von 128 Veranstaltungen – das Projekt ist dreitägig konzipiert – mit diesem Projekt erreicht werden. Dieses Präventionsprojekt wird auf Anfrage von den Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle durchgeführt. Vor allen Präventionsveranstaltungen wurde jeweils ein Elterninformationsabend durchgeführt. Innerhalb des Präventionsprojekts für Vorschulkinder geht es primär darum, das Selbstbewusstsein und die Autonomie der Kinder zu stärken. Es zielt darauf ab, den Mädchen und Jungen einen sicheren Umgang mit dem Körper, ihren Gefühlen und Bedürfnissen zu ermöglichen und sie dazu zu befähigen, selber Grenzen zu setzen, aber auch die anderer zu respektieren. Denn: 16 „Brave“, gehorsame, fügsame Mädchen und Jungen Kinder und Jugendliche mit geringem Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein Kinder und Jugendliche, die sich nicht abgrenzen können Kinder und Jugendliche, die gelernt haben, nur dass zu tun, was Erwachsene von ihnen verlangen Kinder und Jugendliche, denen Widerspruch nicht gestattet ist Kinder und Jugendliche, die nicht gelernt haben für sich selbst einzutreten Kinder und Jugendliche, die ihren Gefühlen nicht (mehr) trauen Sie alle sind „bequeme“ Opfer! 17 Die Schwerpunkte der inhaltlichen Arbeit mit den Kindern umfassen folgende verschiedene Themenbereiche: Wer ist ein Fremder? Nein sagen! Nicht nur bei Fremden! Hör auf dein Gefühl! Mein Körper gehört mir! Wo kann ich mir Hilfe holen? Dies wird mit Hilfe unterschiedlicher Medien und Methoden alters entsprechend erarbeitet. Foto: WILDROSE Foto: WILDROSE 18 Nein sagen! Nicht nur bei Fremden! Und wer ist eigentlich ein Fremder? Anschaulich wird den Kindern vermittelt, auch nicht mit dem netten Nachbarn, dem Freund der großen Schwester… Die meisten Täter kommen aus dem familiären Umfeld und dem sozialen Nahraum von den Betroffenen. Während der Elterninformationsabende werden von den Mitarbeiterinnen von folgende Informationsblätter verteilt, die gerne auch zum Gespräch miteinander anregen sollen: Tipps für Eltern, wie sie ihre Kinder auf Gefahren aufmerksam machen und wie sie ihnen mehr Sicherheit geben können, wenn sie allein unterwegs sind: 1. Aufklären und Informieren Klären sie Ihr Kind über mögliche Gefahren im Umgang mit fremden Menschen auf. Je nach Alter und Verständnis bezüglich Sexualität sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, dass es seinem Gefühl über „das will ich“, „das ist mir angenehm“ und „das will ich überhaupt nicht“, „das ist mir unangenehm“ trauen soll. Ihr Kind muss wissen: Es darf und muss „Nein“ sagen können! 2. Wege erkunden Erkunden sie mit Ihrem Kind zusammen den Schulweg. Der Schulweg sollte niemals durch einsame Gegenden führen, wenn auch bewohnte Strecken in Frage kommen. Der Schulweg sollte möglichst immer entlang derselben Route führen. Das erleichtert gegebenenfalls die Suche. Beziehen Sie auch für Notfälle Umwege und Alternativwege mit ein. 19 3. Rettungsinseln Machen Sie „Rettungsinseln“ ausfindig. Das sind Notrufsäulen, Geschäfte, Gaststätten. Hier kann ein Kind Hilfe im Notfall finden. Gehen sie ruhig mal mit Ihrem Kind in diese Geschäfte hinein und sprechen Sie mit Verkäuferinnen, Wirten etc. über den Anlass. So ist die Hemmschwelle für Ihr Kind später niedriger. 4. Möglichst nicht allein Wenn möglich, begleiten Sie Ihr Kind in die Schule. Oder organisieren Sie, dass mehrere Kinder aus der Gegend einen Treffpunkt vereinbaren, von dem aus sie zusammen zur Schule gehen. Der gemeinsame Heimweg ergibt sich daraus. 5. Persönliche Daten sind für andere tabu Keinen Fremden geht an, wie Ihr Kind heißt und wo es wohnt. So kann niemand z. B. vor Ihrer Wohnung auflauern. Auch sollte Ihr Kind wissen, dass es am Telefon keine Daten preisgeben darf. 6. Freunde und Nachbarn kennen lernen Lernen sie Schulfreunde und Nachbarskinder kennen. So können Sie besser einschätzen, mit wem Ihr Kind Umgang hat. Ein Fremder, der versucht, mit Ihrem Kind oder einem anderen Kontakt aufzunehmen, wird als solcher erkannt. 7. Gegenwehr Ihr Kind muss lernen, sich wehren zu dürfen. Wenn es in eine unangenehme Situation gerät, bei der es angegriffen wird, ist Um-Sich-Schlagen als Gegenwehr durchaus erlaubt. 8. Dem Kind glauben! – Grundsätzlich ausschlaggebend bei der Einschätzung / Bestimmung von Grenzüberschreitungen ist das Erleben des Kindes! Sagen Sie Ihrem Kind – und tun Sie das dann auch – dass Sie ihm glauben, was es Ihnen berichtet. Gefährliche und unangenehme Situationen werden Ihr Kind mit Sicherheit nicht zu bewusstem Lügen treiben 20 Einige Tipps für den Umgang mit Mädchen und Jungen Genießen Sie mit Ihren Kindern liebevolle Zärtlichkeiten, aber achten Sie genau dar auf, ob, wie und wann sie das möchten. Respektieren Sie auch kleinste Zeichen von Gegenwehr oder Unwillen. Unterstützen Sie Ihr Kind, auch bei anderen Menschen Berührungen, die es nicht mag, zurückzuweisen. Ergreifen Sie Partei für Ihre Tochter oder Ihren Sohn, auch wenn sie sich damit den Unmut von Großeltern, Verwandten oder Bekannten einhandeln. Die Sicherheit Ihres Kindes hat Vorrang und ein klärendes Gespräch mit den Verwandten kann Ihre Haltung verständlich machen. Es ist schwer für Kinder, sich gegen Erwachsene durchzusetzen, sie brauchen dabei unsere Unterstützung. Beteiligen sie Ihre Kinder an Entscheidungen der Familie, besonders wenn es die Kinder selbst angeht. Nehmen sie ihre Meinung ernst, akzeptieren Sie auch mal ein „Nein“ oder ein „Ich will nicht“. Nutzen sie eine ruhige Stunde, um mit dem Mädchen oder Jungen über ihre/seine Erlebnisse, Gefühle, Sorgen oder Freuden zu sprechen. Ermutigen Sie sie/ihn, mit an deren Vertrauenspersonen zu reden, wenn sie/er Ihnen bestimmte Dinge nicht erzäh len will. Hören Sie genau hin, was das Kind Ihnen erzählt, fragen Sie bei Unklarheiten nach. Lassen Sie dem Mädchen oder Jungen ihre/seine Wahrnehmung und Einschätzung von Situationen und Gefühlen. Bestärken sie das Kind, sich nichts einreden zu lassen, was ihr/ihm widerstrebt. Oft ist es schwierig für Erwachsene, mit Kindern offen über Sexualität zu sprechen, aber Mädchen und Jungen brauchen eine Sprache für sexuelle Vorgänge und Körperteile. Vielleicht fällt der Einstieg in dieses Thema leichter, wenn Sie gemeinsam mit dem Kind ein Bilderbuch anschauen und daraus vorlesen. 21 Erzählen Sie dem Kind, dass es gute und schlechte Geheimnisse gibt: Gute Geheimnis se machen Freude und sind spannend, z. B. wenn man nicht weiß, welches Geschenk es zu Weihnachten gibt. Schlechte Geheimnisse dagegen machen Kummer und be drücken. Bestärken Sie das Mädchen oder den Jungen, solche Geheimnisse zu erzäh len, auch wenn es ein Erwachsener verboten hat. Ermutigen Sie Ihre Tochter oder Ihren Sohn, die eigenen Gefühle auszudrücken, egal ob dies nun angeblich zu einem Mädchen oder Jungen passt oder nicht. Freuen Sie sich, wenn Ihre Tochter selbstbewusst und eigenwillig ist, auch wenn Ihr Nachbar sagt, sie sei kein richtiges Mädchen, sondern ein Wildfang. Fördern Sie diese Eigenschaften. Lassen sie Ihren Sohn auch Gefühle wie Angst, Schwäche und Hilflosigkeit ausleben und darüber sprechen. Quelle: Gisela Braun. Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AHS) Landesstelle NRW e.V.: Gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen. Ein Ratgeber für Mütter und Väter. 10. Auflage 2008, S. 34-35 22 „Mit mir nicht“ – Ferienpassaktion 2014 Wie auch in den Jahren zuvor, erfreut sich das Präventionsprojekt im Rahmen der Ferienpassaktion immer wieder großer Beliebtheit. 2014 konnte das Projekt wieder in der Stadt Hildesheim, zweimal direkt in der Beratungsstelle, und einmal im Landkreis im JUZ11 in Nordstemmen angeboten werden. Die Plätze für Mädchen im Alter von 8 – 10 Jahren waren schnell vergeben. Mit viel Freude und Spaß fanden die Mädchen in den Gruppen zueinander und erarbeiteten gemeinsam grundlegende Bereiche. Folgende Module standen im Focus: Was mag ich an mir? Wie setze ich Grenzen? Wie sage ich nein? Wo hole ich mir Hilfe? Die mitwirkenden Mädchen konnten auch diesmal zwischen unterschiedlichen Materialien und Methoden wählen. Besonderen Spaß entwickelten die Teilnehmerinnen bei den Gruppenaufgaben. Sie waren schnell in der Lage die Aufgaben gemeinsam umzusetzen und ließen jeder Teilnehmerin Raum, um sich individuell einbringen zu können. Mit einer guten Portion Selbststärkung und einer Mappe mit allen erarbeiteten Materialien verabschiedeten sich die Mädchen am letzten Tag mit einigen Tränen, herzlichen Umarmungen und dem Austausch der eigenen Telefonnummern voneinander. Die Ferienpassaktionen werden auch 2015 stattfinden. 23 „Selbstbewusst – ich bin dabei!“ angewandt Das Projekt bei betroffenen Mädchen Dieses Angebot konnte 2014 in der Beratungsstelle mit zwei Mädchen durchgeführt werden. Beide Mädchen hatten Missbrauch durch nahestehende Männer erfahren. Durch die Grenzübergriffe waren die Mädchen in ihrem Selbstbewusstsein/Selbstwertgefühl empfindlich gestört. Bei beiden Mädchen lief noch ein Ermittlungsverfahren – so konnte von beiden zunächst keine Gesprächstherapie in Anspruch genommen werden. Das Angebot „Selbstbewusst – ich bin dabei“ wirkte stabilisierend auf die Psyche der Mädchen. In acht Stunden, die 14 tägig vereinbart waren, hat das gemeinsame Tun – kreatives Gestalten, Basteln und Spielen – die Mädchen angeregt, wieder ihre persönlichen Stärken zu entdecken, wichtige Grundlagen für das Selbstbewusstsein. Beide Mädchen erzählten am Ende des Projektes, dass ihre diffusen Ängste, und die massiven Schamgefühle (die sich nach dem Missbrauch eingestellt hatten), im Alltag geringer geworden seien, aufgrund des stabilisierenden Angebotes. 24 Informationsveranstaltungen von Im Jahr 2014 führte 47 Informationsveranstaltungen in Stadt und Landkreis Hildesheim durch. Insgesamt besuchten 918 Kinder und Jugendliche, Eltern und andere Interessierte sowie Pädagogische Fachkräfte diese Veranstaltungen. Z. B. ging es in einem angefragten Themenelternabend zum Bereich „Sexuelle Übergriffe unter Kindern“ um die Fragen Kindliche Sexualität – Was ist normal? Wo fangen Grenzüberschreitungen an? Innerhalb dieses Gesprächsrahmens bot die Mitarbeiterin von Fachwissen zu folgenden Bereichen an: gleichzeitig Definition: Was wird als sexueller Übergriff unter Kindern bezeichnet? Bandbreite der Übergriffshandlungen Signale, bei denen pädagogisch einzugreifen ist Umgang mit sexuellen Übergriffen unter Kindern Doktorspiele Anhand von Beispielen konnten eigene Erkenntnisstände und Einstellungen überprüft werden. Zur Wahrscheinlichkeit des Vorkommens von sexuellen Übergriffen gilt folgende Faustregel: Überall wo entweder rigide gegen kindliche sexuelle Aktivitäten vorgegangen wird oder wo man die Kinder im sexuellen Bereich sich selbst überlässt und auf pädagogische Begleitung (und Kontrolle!) verzichtet, steigt das Risiko.“ Quelle: Strohhalm e.V. Fachstelle zur Prävention von sexuellem Missbrauch an Mädchen und Jungen 25 Im Rahmen des so genannten Patronatstags, einem „Präventionstag“ der Elisabeth-vonRantzau-Schule, an dem alle SchülerInnen teilnehmen, beteiligte sich auf Anfrage mit einer weiteren Informationsveranstaltung am Markt der Möglichkeiten. Zur Kurzdarstellung der geplanten Informationsveranstaltungen im Februar 2014 wurde folgender Text für die Schüler/innen der Elisabeth-von-Rantzau-Schule veröffentlicht: „Sexualisierte Gewalt / Sexueller Missbrauch“ Hilfen und Handlungsstrategien Informationsveranstaltung zur Arbeit von , Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt e.V. Nach einer Einführung in das Thema „Sexualisierte Gewalt“, wird Frau Meyer-Hermann, Mite.V., einen Einblick in die Arbeitsweise der Beratungsstelle arbeiterin des Vereins geben. Gerne können Fragen gestellt werden.“ Insgesamt besuchten 63 SchülerInnen und 8 Lehrkräfte die Veranstaltungen und waren sehr interessiert an der Thematik. Die Schulleitung bestätigte eine nachhaltige Wirkung auf die Schülerschaft und ist sehr interessiert daran, dass diese Veranstaltung auch im nächsten Jahr wieder in der Elisabethvon-Rantzau-Schule von angeboten wird. 26 Informationsveranstaltung für die Teilnehmer/-innen des Beratungslehrer/-innen - Ausbildungskurses Hildesheim - Hameln Im Juni 2014 hat eine Gruppe von Beratungslehrer/-innen in Ausbildung aus dem Landkreis Hildesheim die Beratungsstelle besucht. Den zukünftigen Beratungslehrer/-innen war es ein besonderes Anliegen, zum sensiblen Bereich sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen, fachgerechte Informationen von einer Fachberaterin zu erhalten. Fragen, die diskutiert und beantwortet wurden, waren u.a.: Welche präventiven Elemente sind sinnvoll, die man als BeratungslehrerIn in den Grundschulen, bzw. den weiterführenden Schulen einbauen kann? Gibt es dabei Unterstützung für den präventiven Bereich von der Beratungsstelle ? Wie sieht das im konkreten Fall aus? Was sind mögliche Verhaltensauffälligkeiten von Kindern, die sexuellen Missbrauch erleiden? Wie ist vorzugehen, wenn sich Verdachtsmomente ergeben? Wann und in welcher Weise unterstützt die Beratungsstelle Beratungslehrer/-innen bei Verdacht? die Was sollte man als BeratungslehrerIn auf keinen Fall im Verdachtsfall fragen oder tun? Am Ende der Informationsveranstaltung bedankten sich die angehenden Beratungslehrerinnen und -lehrer sehr herzlich für die umfassenden Informationen. 27 Präventions- und Informationsangebote von Frauen mit Behinderung im Jahr 2014 für Die Anfrage nach Präventionsveranstaltungen und Informationsangeboten kam von Mitarbeiterinnen eines Stadtteilbüros der Diakonischen Werke Himmelsthür (DWH) in Hildesheim. Ziel der Mitarbeiterinnen war es, eine Aufklärung der Frauen mit Behinderung zu erreichen: Insbesondere ging es um die Beantwortung folgender Fragen: Was sind sexuelle Übergriffe, bzw. sexuelle Gewalttaten? Wer sind mögliche Übergreifer, bzw. Täter? Wie sehen die Strategien der Übergreifer, bzw. Täter aus? Wie kann man sich gegen sexuelle Übergriffe/Gewalt wehren? und Wo kann man im Falle des Falles Hilfe erhalten? Sowohl die präventiven, als auch die informativen Veranstaltungen fanden in der Beratungsstelle statt, damit die Frauen mit Behinderung nicht nur eine der Beraterinnen kennen lernen konnten, erhielten sie auch einen Eindruck von den Räumlichkeiten der Beratungsstelle. Viele Frauen mit Behinderung, die durch das Stadtteilbüro in Hildesheim betreut werden, besuchten unsere Informationsabende. Sie beteiligten sich lebhaft bei den Ausführungen der o.g. Fragestellungen. Die präventiven Maßnahmen nutzten einige Frauen mit Behinderung sehr intensiv. Sie kamen hochmotiviert und übten sich im Erkennen von eigenen Grenzen und konnten am Ende der Maßnahme themenbezogen deutlicher „Nein!“ sagen. 28 Besuch der türkischen Frauengruppe aus Hildesheim Am 13.02.2014 besuchte die türkische Frauengruppe vom SV Türk Gücü e.V., Hildesheim, unter der Leitung von Frau Nevin Sahin die Beratungsstelle . Die Gruppe bestand aus 13 Teilnehmerinnen, die alle ein großes Interesse an der Arbeit der Beratungsstelle hatten. Kaum Platz genommen, begann auch schon eine lebhafte Fragerunde. Inhalt war zum Beispiel: Wie nehme ich Kontakt mit der Beratungsstelle auf? Anzahl der Mitarbeiterinnen, gibt es auch Mitarbeiter? Welche Kosten entstehen bei der Beratung? Gibt es Dolmetscher? Es folgten noch viele weitere interessante Fragen. Die Kommunikation zwischen der Mitarbeiterin von und den einzelnen Teilnehmerinnen gestaltete sich auf die Art, dass Frau Sahin als Dolmetscherin fungierte und selbst kompliziertere Inhalte kompetent ins Türkische übersetzte. Im Laufe des Gesprächs fanden die Frauen den Mut, auch von eigenen Gewalterlebnissen zu berichten. Es entstanden sehr intensive Gespräche, die von einen großen Verständnis und Mitgefühl durch die Gruppe getragen wurde. Die Frauen erklärten sich generell bereit, in ihren jeweiligen Wirkungskreisen auch als Multiplikatoren die erlangten Informationen weiter zu geben und besonders auf Frauen zu achten. Nachdem sich die Gruppe mit ausreichend Material, wie zu Beispiel den mehrsprachigen Flyer, versorgt hatte, endete die Veranstaltung mit viel Dank und Anerkennung für die Arbeit der Beratungsstelle . 29 Statistik 2014 Prävention – Information – Fortbildung Prävention Stadt Hildesheim Landkreis Hildesheim Außerhalb des Landkreises Anzahl der Veranstaltungen Personengruppen weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich Kindergartenkinder 69 (21*) 45 (34) 158 (113) 130 (103) - (-) - (-) 128 (99) Kinder und Jugendliche 34 (278) 12 (256) 120 (86) 93 (69) - (-) - (-) 17 (51) Eltern/ und andere Interessierte 28 (50) 11 (10) 87 (128) 14 (18) - (-) - (-) 11 (17) Pädagogische Fachkräfte 32 (41) - (4) 128 (29) 2 (1) - (-) - (-) 18 (22) 163 (390) 68 (304) 493 (356) 239 (191) gesamt Gesamt *Zahlen ( ) aus 2013 231 (694) 732 (547) - (-) 174 (189) 30 Statistik 2014 Prävention – Information – Fortbildung Information Stadt Hildesheim Personengruppen Landkreis Hildesheim Außerhalb des Landkreises Anzahl der Veranstaltungen weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich Kinder und Jugendliche - (47) - (38) 100 (-) 100 (-) - (-) - (-) 1 (3) Eltern und andere Interessierte 182 (164) 62 (21) 121 (131) 44 (55) - (33) - (6) 20 (19) Pädagogische *Zahlen ( ) aus 2013 238 (141) Fachkräfte 37 (20) 28 (12) 6 (11) - (-) - (-) 26 (18) 420 (352) 99 (79) 249 (143) 150 (66) - (33) - (6) Gesamt Gesamt *Zahlen ( ) aus 2013 519 (431) 399 (209) - (39) 47 (40) 31 Statistik 2014 Prävention – Information – Fortbildung Fortbildungsprojekte für pädagogische Fachkräfte wurden 2014 nicht angefragt und daher auch nicht durchgeführt. Prävention – Informationen – Fortbildung: Personen insgesamt: 1881 (1920) Veranstaltungen insgesamt: 221 (229) 32 4. Öffentlichkeitsarbeit Der Verein ist bemüht, sich in der Öffentlichkeit in Stadt und Landkreis Hildesheim bekannt zu machen. Dazu nutzen wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel und Wege, seien es öffentliche Veranstaltungen, Aktionen, Auslegen von Flyern, Zeitungsanzeigen, Vorträge etc. Laut und leise gegen Gewalt an Frauen Hildesheimer Aktionen zum Internationalen Aktionstag „Nein zu Gewalt an Frauen“ „Gewalt gegen Frauen Kommt nicht in die Tüte“ Brötchentütenaktion 2014 Auch in diesem Jahr wurden vom Aktionsbündnis zum 25.November – der internationale Gedenktag „Gegen Gewalt an Frauen“ insgesamt 25 000 Brötchentüten an Bäckereien, Schlachter, Kioske und Lebensmittelläden in Stadt und Landkreis Hildesheim verteilt. Zudem wurden wieder 500, mit jeweils einem Brötchen, gefüllte Tüten direkt an Passanten in der Hildesheimer Fußgängerzone verteilt. Unterstützt wurde die Aktion durch den Einsatz der Trommlergruppe der Anne-Frank-Schule. Das Aktionsbündnis möchte mit dieser Aktion ganz gezielt das Tabuthema „Gewalt gegen Frauen“ in den öffentlichen Fokus rücken. Gewalt und insbesonders sexuelle Gewalt zerstört die Stabilität der betroffenen Frauen und hat oft gravierende lebenslange Auswirkungen. Den Akteurinnen des Aktionsbündnisses ist es ein besonderes Anliegen, zeitnah Hilfen und Unterstützungen anzubieten und somit die Gewaltabläufe zu unterbrechen. 33 Das Hildesheimer Aktionsbündnis „Gewalt gegen Frauen kommt nicht in die Tüte!“, dem angehört, hat in diesem Jahr eine besondere Fotoaktion gestartet. Das Bündnis lud "Mit Weitblick" zu verschiedenen Anlässen alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Hildesheim dazu ein, mit einem Selbstportrait "Weitblick" gegen Gewalt an Frauen zu zeigen. Foto: Cluster-Sozialagentur In der Zeit vom 18. November 2014 bis 08. Dezember 2014 wurden die aussagekräftigsten Bilder in einer Ausstellung im Hildesheimer Rathaus präsentiert. war dabei. 34 Justiz hautnah erleben Im Rahmen des „Tag der offenen Tür" des Justizzentrums Hildesheim sowie Verkehrssicherheitstag der Verkehrswacht Hildesheim am 24. Mai 2014 – in Kooperation mit dem parallelen „Tag der offenen Tür" der JVA für Frauen - Abt. Hildesheim, präsentierte sich mit einem Informationstisch. Gleichzeitig war es möglich sich über die Arbeitsinhalte der Beratungsstelle an einem Hörbaum zu informieren, der im Eingangsbereich aufgebaut war. Rechtsanwältin C. Stelzer M. Meyer-Hermann Foto: WILDROSE Ziel der Veranstaltung war es, den BesucherInnen Einblicke in die Arbeit der Justiz und ihrer Kooperationspartner zu bieten und so zu mehr Transparenz und einem besseren Verständnis beizutragen. Gleichzeitig war es möglich, sich über die Arbeitsinhalte der Beratungsstelle „Hörbaum“ zu informieren, der im Eingangsbereich aufgebaut war. an einem 35 Spendenübergabe der Grundschule Borsumer Kaspel an die Beratungsstelle Zum 11.November, dem Martinstag, überreichte der Rektor der Grundschule Borsum im Rahmen der Martinsfeier den Erlös der diesjährigen Spendenaktion, die unter dem Motto „ Teilen wie Sankt Martin“ stand, an die Vorsitzende U. Pfahl. Die Mitarbeiterin von Präventionsarbeit informiert. , Frau Conradi, hatte zuvor die Grundschüler über Inhalte der Die Spendenaktion erbrachte den Erlös von insgesamt 615,- €. An dieser Stelle vielen Dank, an alle, die mit einer Spende unterstützt haben. Foto: Grundschule Borsum 36 Markt der Möglichkeiten an der HAWK Hildesheim Der Markt der Möglichkeiten fand am 19.Juni in den Räumen der alten Bibliothek, Brühl 20, statt. In der Zeit von 10:00 –13:00 Uhr hatten die Besucher die Möglichkeit, an den unterschiedlichen Ständen mit den dortigen Mitarbeitern Kontakt aufzunehmen. Der diesjährige Termin zeigte sich als sinnvoll gewählt, da bereits am frühen Vormittag die Räumlichkeiten von zahlreichen Studenten und anderen Besuchern gut besucht waren. zu dem Thema Wie immer bestand ein reges Interesse an der Arbeit der Beratungsstelle sexuelle Gewalt. Zahlreiche studentische Besucher nutzten die Möglichkeit zu einem informativen Austausch über die Arbeitsinhalte der Beratungsstelle. Die Nachfrage nach Interviews für die eigene Studienarbeit, wie auch die Bereitschaft für Praktika standen oft im Mittelpunkt. Die Studenten zeigten ebenfalls ein besonders großes Interesse an der Präventionsarbeit in den Kindergärten und Schulen. Im Rahmen dieser Gespräche betonten sie häufig, wie wichtig und sinnvoll sie den Einsatz in diesen Arbeitsfeldern einschätzen. Foto: WILDROSE 37 Lernfest 2014 Dieses Jahr fand das Hildesheimer Lernfest, veranstaltet durch die Agentur Hauptvogel und Dittrich, unter dem Motto „Gesund Leben, erfolgreich Lernen, nachhaltig Helfen“ statt. Mit zahlreichen Ausstellern aus den Bereichen Prävention, Selbsthilfe, Kultur, Vorsorge und Sport startete das Lernfest am 27. September um 10:00 Uhr auf der Freifläche vor dem Medicinum, Helios Klinikum Hildesheim. beteiligte sich mit einem Informationsstand. Die mitgebrachten Flyer, Mutmachkarten und die Fühlbox sprachen die Besucher an. Selbst in diesem lebhaften Umfeld fanden Betroffene einen Rahmen zum Austausch mit der Mitarbeiterin. Wiederholt zeigt es sich, dass betroffene Frauen den Weg zum Gespräch suchen und auf Hilfe angewiesen sind. Diese, wie auch andere Formen der Öffentlichkeitsarbeit, finden immer wieder einen großen Zuspruch. An dieser Stelle einen besonderen Dank an Frau Stoffregen vom Paritätischen für die Bereitstellung der Standfläche. Foto: WILDROSE 38 Präventionstag des Präventionsrates der Stadt Hildesheim Der Präventionstag fand am Samstag, den 14.06.2014 ab 13:00 Uhr rund um die Andreaskirche & -passage statt. waren zahlreiche Vertreter aus unterschiedlichen sozialen Neben der Beratungsstelle Bereichen mit ihren Ständen vertreten und boten den Besuchern einen inhaltlichen Einblick in ihre Präventionsangebote. Die angebotenen Aktionen gestalteten sich vielfältig und boten fachgebundene Information zu den einzelnen Ausstellern. bot an ihrem Stand reichliche Informationen für erwachsene BesuDie Beratungsstelle cher an. Neben Flyern, Karten und Broschüren bestand die Möglichkeit zum Mitmachen an einem Quiz. Die Aufgabe bestand darin, die in eine vorgegebene Situation, für sich infrage kommende jeweilige Reaktion oder Antwort zum Thema Abgrenzung zu benennen. Diese Aufgabe schaffte einen regen Austausch unter den Teilnehmern. Für die jüngeren Besucher stand eine Fühlbox mit unterschiedlichen Gegenständen zur Verfügung. Nach dem Ertasten und Erkennen durften sich die Kinder mit einer Süßigkeit belohnen. Zudem wurde, so ortsnah, also direkt vor der Haustür der Beratungsstelle, für Interessierte Besucher eine Begehung der Räumlichkeiten der Beratungsstelle angeboten . Foto: Präventionsrat Stadt Hildesheim 39 5. Zusammenarbeit mit anderen Institutionen / Qualitätssicherung Eine gut funktionierende Vernetzung bzw. Zusammenarbeit mit anderen Institutionen zum Schutz und zur Unterstützung von Betroffenen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. kooperierte 2014 mit allen für Hilfesuchende bedeutsamen Institutionen in der Stadt Hildesheim und im Landkreis Hildesheim. Konkret bedeutete dieses, dass nach Absprache mit den Ratsuchenden Kontakt zu weiterführenden Hilfseinrichtungen aufgenommen, Klientinnen dorthin verwiesen wurden und bei Bedarf begleitetet worden sind. Ebenso vermittelten andere Institutionen . Betroffene an Netzwerkkontakte und Kooperation fanden 2014 mit folgenden Fachdiensten und Ämtern statt: Jugendämter der Stadt und des Landkreises Hildesheim, Familienbüro der Stadt Hildesheim, Ameos Klinik Hildesheim, Weisser Ring e. V., AWO Trialog, Psychosozialer Dienst des Landkreises Hildesheim, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt und des Landkreises Hildesheim, Frauenhaus Hildesheim, BISS Hildesheim, Sozialdienst Katholischer Frauen, Opferhilfebüro Hildesheim, Integrationslotsin der Stadt Hildesheim, Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen e. V., Institutionen der ambulanten und stationären Jugendhilfe, Kindertagesstätten in freier und kommunaler Trägerschaft, Stationäre und ambulante Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, Polizeidienststellen Stadt und Landkreis Hildesheim, 40 Beirat Stiftung Opferhilfe, RechtsanwältInnen, Caritasverband für die Diözese Hildesheim e.V. Ein effektiv gestaltetes Netzwerk beinhaltet auch einen kontinuierlichen kollegialen Fachaustausch mit anderen Institutionen und die Mitarbeit in Arbeitskreisen Die Mitarbeiterinnen und der Vorstand der Beratungsstelle in folgenden Arbeitsgruppen mit: arbeiteten 2014 AG Opferschutz, Präventionsrat der Stadt Hildesheim, Arbeitskreis nach § 78 KJHG, Hilfe zur Erziehung, Landkreis Hildesheim, Berufsgruppe gegen sexuelle Gewalt, Stadt und Landkreis Hildesheim, Frauenbündnis gegen Gewalt an Frauen, Jugendhilfeausschuss im Landkreis Hildesheim, Stiftung Opferhilfe, Arbeitskreis Prävention, Arbeitskreis Kinderschutz Netzwerk Frühe Hilfen, Landkreis Hildesheim, Netzwerk Migration und psychosoziale Versorgung in Hildesheim, Arbeitskreis Runder Tisch Andreasplatz Hildesheim, Beirat des Paritätischen Hildesheim-Alfeld Darüber hinaus verwiesen 2014 folgende Institutionen / Fachkräfte : von sexualisierter Gewalt Betroffene an Jugendämter der Stadt und des Landkreises Hildesheim ÄrztInnen PsychotherapeutInnen Ambulante Jugendhilfeeinrichtungen Stationäre Jugendhilfeeinrichtungen Institutionen der Sozialpädagogischen Familienhilfe Ambulante und stationäre Betreuungseinrichtungen für Erwachsene Kindertagesstätten Allgemeinbildende Schulen Berufsbildende Schulen Frauenhaus Hildesheim Opferhilfebüro Hildesheim Polizeidienststellen RechtsanwältInnen 41 Weiterhin nahmen die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle an folgenden vernetzten, öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen teil: Brötchentütenaktion zum Aktionstag „Gegen Gewalt an Frauen“ in Hildesheim „Tag der offenen Tür" des Justizzentrums Hildesheim Lernfest Ferienpassaktionen Präventionstag der Stadt Hildesheim Markt der Möglichkeiten, HAWK Qualitätssicherung Zur Abstimmung interner Arbeitsabläufe fanden auch im Jahr 2013 regelmäßig wöchentliche Teamsitzungen statt. Zudem fand einmal monatlich eine Teamsitzung mit der Vorstandsvorsitzenden statt. Die Qualität des fachlichen Standards wird durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Arbeitskonzepte, durch interne Fallberatungen sowie externe Supervision sichergestellt. Die kontinuierliche Reflektion und Auswertung der vielfältigen Aktivitäten dienten der konzeptionellen Weiterentwicklung der inhaltlichen Arbeit. Darüber hinaus nahmen die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle zur Qualitätssicherung ihrer Arbeit an folgenden Fortbildungen teil: Fortbildung (5 Module) Traumatherapie/-beratung mit TRIMB Weiterbildung „Systemische Beratung“, Systemisches-Zentrum Campus, Berlin Interkultureller Workshop „Kultur, Migration und Gesundheit“ , Der Paritätische Hildesheim-Alfeld Jahrestagung der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen: „Mädchen sind anders Junx auch – Gender im Jugendschutz“, Hannover 42 6. Recht Vergewaltigung – Strafrecht soll reformiert werden Ein Mann vollzog gegen den Widerstand seiner Ehefrau Analsex mit ihr. Die Frau zeigte ihn an. Das Landgericht Essen verurteilt ihn 2011 wegen Vergewaltigung, der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil 2012 wieder auf, das bloße „Nein“ der Ehefrau reiche für eine Verurteilung nicht aus. Der geltende § 177 StGB fordert für eine Vergewaltigung, dass der Täter das Opfer zum Geschlechtsverkehr zwingt, indem er Gewalt anwendet oder das Opfer massiv bedroht (mit Gefahr für Leib und Leben) oder wenn er eine schutzlose Lage ausnutzt. Im obigen Fall habe sich die Frau nicht in einer schutzlosen Lage befunden, sie hätte um Hilfe rufen oder sich energischer wehren können (!). Hierzu gibt es jetzt eine Diskussion unter Juristen, das Strafrecht müsse reformiert werden. Eine Gruppe ist der Auffassung, jeder kann über seinen Körper frei selbst bestimmten. Ein „Nein“ sei ein „Nein“, wer es ignoriert, werde bestraft. Eine andere Gruppe erhebt den Einwand, eine solche Ausweitung der Strafnorm lasse sich in der Praxis nicht mehr handhaben. Wo genau soll die Grenze zu ziehen sein zwischen einem ernst gemeinten „Nein“ oder dem möglicherweise halb ernst gemeinten „Nein“. Eine solche Regelung würde der „Komplexität menschlichen Zusammenlebens nicht mehr gerecht“. Besonders heikel sind die Beweisprobleme, physische Gewalt hinterlässt belegbare Spuren, ein „Nein“ ist physisch ohne Spuren. Bei einer „Nein“- Regelung würden sich noch häufiger als jetzt bei Gericht zwei Aussagen unbeweisbar gegenüberstehen. Auch im politischen Raum geht die Diskussion um eine praktikable Strafrechtsänderung quer durch alle Parteien. Der Bundesminister der Justiz Heiko Maas hat verlauten lassen: „Ob es zu einer Gesetzesänderung hinsichtlich der Strafbarkeit nicht einvernehmlicher sexueller Handlungen kommt, ist noch Gegenstand der Prüfung“. Mann darf gespannt sein. Quelle: „Die Zeit“ Nr. 41, Oktober 2014 43 Rechtliche Grundlagen für unsere Beratungsarbeit Das Strafrecht gründet letztlich im Artikel 1 des Grundgesetzes Abschnitt 1-3, der Bundesrepublik Deutschland, in dem u.a. steht, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. In unserem Beratungsalltag haben wir mit Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu tun, die im 13. Abschnitt des Strafgesetzbuches zu finden sind. Daraus werden im Folgenden einige Paragraphen kurz vorgestellt. Bei Kindesmissbrauch findet der § 176 und die folgenden Paragraphen Anwendung. Unter Kindesmissbrauch werden alle sexuellen Handlungen verstanden, die an einem Kind (unter 14 Jahren) vorgenommen werden, oder die der Täter von einem Kind vornehmen lässt. Für Menschen mit Behinderung wird meistens der § 179 Absatz 1-7 Sexueller Missbrauch von widerstandsunfähigen Personen herangezogen. In diesem Paragraphen, Absatz 1 heißt es, dass, wer eine Person, die wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung … oder körperlich zum Widerstand unfähig ist, dadurch missbraucht, dass er unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit Handlungen an ihr vornimmt, oder an sich vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren bestraft. Bei Jugendlichen (ab dem 14. Lebensjahr) und erwachsenen Frauen trifft häufig der § 177 Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung zu. Dabei werden von den Jugendlichen oder den Frauen stichhaltige Beweise erwartet, dass die sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung (Absatz 1) unter Gewalt erfolgte, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben oder unter Ausnutzung einer Lage, in der die Jugendliche oder die erwachsene Frau der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert war. Bei Jugendlichen unter 16 Jahren kann auch je nach Tatgestaltung der § 174 Anwendung finden, dieser Paragraph untersagt sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen. Da die Ratsuchenden viele persönliche und sogar intime Einzelheiten berichten, unterliegen die Beraterinnen der beruflichen Schweigepflicht, die im Paragraph 203 StGB geregelt ist. „Die berufliche Schweigepflicht soll ausschließlich die unrechtmäßige Weitergabe von zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnissen verhindern, die Mitarbeiterinnen im Rahmen ihrer Berufsausübung erfahren haben. Es handelt sich um eine Strafvorschrift, die das persönliche schutzwürdige Interesse Einzelner am persönlichen Lebensbereich sowie das Vertrauensverhältnis zwischen der Beraterin und der Betroffenen sichern soll. Geschützt wird aber auch das Vertrauen der Allgemeinheit darauf, dass die in § 203 StGB genannten Berufe die anvertrauten Geheimnisse bewahren.“ (aus: “Rechtsinformation Datenschutz in Frauenunterstützungseinrichtungen“, Hrsg: Frauenhauskoordinierung e.V., Berlin) 44 45 Schlusswort An dieser Stelle möchten wir uns von ganzem Herzen bei allen Menschen, denen wir im Jahr 2014 begegnet sind, für die gemeinsame Zeit bedanken. Wir freuen uns sehr, dass für viele eine Adresse geworden ist, an die sie sich wenden, wenn sie Hilfe brauchen rund um das Thema Missbrauch und sexualisierte Gewalt. 46