Ligament Balancing Weichteilmanagement in der Knieendoprothetik Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH LEO A. WHITESIDE Ligament Balancing Weichteilmanagement in der Knieendoprothetik Mit 193 Abbildungen LEO A. WHITESIDE, M.D. Missouri Bone and Joint Center Biomechanical Research Laboratory 14825 Sugarwood Trail St. Louis, MO 63014 USA ISBN 978-3-642-62247-2 Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Ligament Balancing – Weichteilmanagement in der Knieendoprothetikk / Hrsg.: Leo A. Whiteside Berlin ; Heidelberg ; New Yorkk ; Hongkong ; London ; Mailand ; Paris ; Tokio : Springer, 2004 ISBN 978-3-642-62247-2 ISBN 978-3-642-18689-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-18689-9 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abb A ildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfi f lmung oder der Vervielfä f ltigung auff anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung des Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlagg Berlin Heidelberg 2004 Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 2004 Softcover reprint of the hardcover 1st edition 2004 Die Widergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. In diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftun f g: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen f kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Umschlaggestaltung: typographics GmbH, Darmstadt Satzherstellung: typographics GmbH, Darmstadt Gedruckt auff säureffreiem Papier SPIN: 109 77 736 18/5141 543210 Über den Autor Leo A. Whiteside, M.D. Missouri Bone and Joint Center Biomechanical Research Laboratory 14825 Sugarwood Trail St. Louis, MO 63014 USA Dr. Leo Whiteside, ein international bekannter orthopädischer Chirurg, Entwickler und Dozent aus St. Louis, Missouri, USA ist anerkannt als eine Autorität im Bereich der Osteointegration und der zementfreien Versorgung in der Hüft- und Knieendoprothetik. In den frü f hen 80er Jahren ebnete er den Weg für f das erste erfo f lgreiche zementfreie f Knie-Endoprothesen-System, welches zudem auch erstmals mit intramedullärem Ausrichte-Instrumentarium zur Verfügung stand. Drei komplette Hüft-, zwei Knie-Endoprothesen-Systeme und ein unikondyläres y Kniesystem tragen seine Handschrift f als Entwickler. In den vergangenen 10 Jahren hat Dr. Wh W iteside seine Bestrebungen auf die Weiterentwicklung der Ligament Balancierungstechniken bei der Knieendoprothetik fokussiert. Die Entwicklung von definierten Vorgehensweisen beim Weichteilmanagement bei Primär- und Revisionseingriffen f ist das Ergebnis ausgiebiger Versuche und klinischer Datenerfassung f bezüglich dieser Thematik. Als Direktor des Missouri Bone and Joint Center und dem angeschlossenen Forschungslabor hat Dr. Whiteside ca. 200 themenverwandte wissenschaftliche Artikel und Buchkapitel, sowie auch eigene Publikationen veröffent f licht. Er gehört ebenfa f lls zahlreichen f lichen Beiräten verorthopädischen Vereinigungen und wissenschaft schiedenster Journale und Organisationen an. Vorwort Das Ligament Balancing ist ein integraler Bestandteil der Knieendoprothetik und bleibt auch Jahre nach der Standardisierung von Ausrichtungsinstrumenten und Implantaten ein anregendes und kontrovers diskutiertes Thema. Bandspannungsgefü f hrte Instrumente erleichtern dem Chirurgen zwar die Resektion der Knochenoberfläche, erfordern jedoch Kompromisse bei der Ausrichtung, die zu Schwierigkeiten anderer Art wie erhöhten Abrieb und patellaren Gleitproblemen führen können. Die Prämisse dieses Buches ist, dass das Kniegelenkk über seinen gesamten Bewegungsumfang f korf hren benötigt, die einerseits prärekt ausgerichtet und ausbalanciert werden sollte. Hierzu werden Verfa zise, andererseits aber auch rasch und einfac f h durchfü f hrbar sind. Die Grundprinzipien der Ausrichtung und Ligamentfunktionen sollten dem Chirurgen bereits vor dem Betreten des OPs im Detail bekannt sein. Ziel des vorliegenden Buches ist es, ihm ein vollständiges Bild von den Zusammenhängen zwischen den Referenzpunkten für die Ausrichtung und den Ligamentparameter zu vermitteln und Methoden aufzuzeigen, f wie sich durch Deformität f und Ligamentkontraktu k r bedingte Fehlfun f ktionen beheben lassen. Es wird empfo f hlen, das Buch ganz zu lesen, um ein klares Verständnis für die Prinzipien der Ausrichtung und des Weichteilmanagements zu gewinnen. Die einzelnen Kapitel können jedoch auch gesondert gelesen und als Leitfaden bei der Planung von Operationen und im OP verwendet werden. Das Buch war ursprünglich als chirurgische Anleitung gedacht, die den Operateuren des Missouri Bone and Joint Center bei der Planung von Eingriffen und der praktischen Durchführung im OP helfen sollte. Wegen des starken Interesses an einem Handbuch für orthopädische Chirurgen im Bereich Gelenkchirurgie wurde die englische Ausgabe als Taschenbuch veröffentlicht. Der Springer-Verlag stellte dem Werkk erfo f lgreich eine gebundene Ausgabe in italienischer Sprache zur Seite; jetzt erscheint das Handbuch auch in deutscher Sprache. Ich möchte mich herzlich bei Scott Hartsell von Smith & Nephew bedanken, der den hier beschriebenen Prozess mit ins Leben gerufen und mich lange Jahre bei der chirurgischen Ausbildung unterstützt hat, sowie bei Andreas Hesse, der einen wichtigen Beitrag zur Realisierung der deutschen Ausgabe geleistet hat. Mein Dankk geht auch an den Springer-Verlag und besonders an Thomas Günther der alle Details für f die Entstehung dieses hilfreic f hen Leitfa f dens berücksichtigt und zusammengefü f gt hat. Leo A. Whiteside Missouri Bone and Joint Center – Biomechanical Research Laboratory St. Louis im Januar 2004 Inhaltsverzeichnis Über den Herausgeber ......................................................................................................................... V Vorwort ................................................................................................................................................. VII V 1. Einleitung ....................................................................................................................................... 1 2. Patella .............................................................................................................................................. 17 3. Hinteres Kreuzband ....................................................................................................................... 3.1. Straffes f hinteres Kreuzband ................................................................................................ 3.2. Lösen des hinteren Kreuzbandes ........................................................................................ 23 24 26 4. V Varusknie ........................................................................................................................................ 4.1. Medial: Strafff in Flexion, locker in Extension .................................................................... 4.2. Medial: Straff in Extension, balanciert in Flexion .............................................................. 4.3. Medial: Straff in Flexion und Extension ............................................................................. 4.4. Straffe Popliteussehne ......................................................................................................... 4.5. Kompensatorisches laterales Release – nur in Extension .................................................. 4.6. Kompensatorisches laterales Release – in Flexion und Extension .................................... 4.7. Gefa f hren des Varusknies ..................................................................................................... 33 43 46 49 53 55 57 59 5. Valgusknie ....................................................................................................................................... 5.1. Lateral: Strafff in Flexion und Extension ............................................................................. 5.2. Lateral: Straff in Extension, balanciert in Flexion .............................................................. 5.3. Lateral: Straff in Flexion, balanciert in Extension .............................................................. 5.4. Defektes hinteres Kreuzband .............................................................................................. 5.5. Gefa f hren des Valgusknies .................................................................................................... 5.5.1. Release der Strukturen nur in Extension, in einem Knie, das in Flexion und in Extension strafff ist .................................................. 5.5.2. Erhaltung des lateralen Seitenbandes – durch Distanzhalter geführtes Schneiden des Flexionsraumes ......................................... 5.5.3. Defe f kte laterale Femurkondy dyle als Referenz f ffür Femurknochenresektion....................... 65 71 77 80 83 85 85 88 91 6. Flexionskontraktur ......................................................................................................................... 99 6.1. Va V rusknie mit Flexionskontraktur ...................................................................................... 101 6.2. Gefa f hren bei Flexionskontraktur ........................................................................................ 107 7. Genu recurvatum ........................................................................................................................... 113 8. Zusammenfassung f ......................................................................................................................... 117 1. Einleitung Obwohl das Knie über Jahrzehnte hinweg intensiv untersucht wurde, stellt es nach wie vor ein herausforderndes und gleichzeitig frustrierendes Gelenk für f den Operateur dar. Seine komplizierten Ligamente und komplexen Gelenkflächen interagieren auff eine sch hwer zu beschreibende Art und Weise. Dennoch gehört es zu den Aufgaben des Operateurs, das geschädigte und arthrotische Knie zur Wiederherstellung seiner nahezu normalen Leistung zu reparieren oder zu rekonstruieren. Im Rahmen dieses Szenarios müssen Entscheidungen getroffen f und Anpassungen mit ausreichender Genauigkeit häufig f unter Druck und den im Operationssaal aufer f legten zeitlichen Valenzen vorgenommen werden. Zum besseren Verständnis und effektiven Behandlung des Kniegelenkes wurden in diesem Handbuch Geometrie und Kinematikk vereinfac f ht wiedergegeben. Durch sie sind Richtlinien für Resektion und Ausrichtung zur Gelenkflächen-Positionierung festge f legt, damit Ligamente über den normalen Bewegungsumfang balanciert werden können. Zudem werden einfach durchführbare Stabilitätstests beschrieben, sowie f das sichere Release Richtlinien für von Ligamenten zur schnellen und wirksamen Durchführung eines Ligament-Balancing ohne Destabilisierung des Kniegelenkes. Die untere Extremität wird häufig zweidimensional veranschaulicht, wobei Hüfte, Knie und oberes Sprunggelenkk in einer Ebene liegen mit senkrecht stehender epikondyl y ärer Achse und einer sich medial nach unten neigenden Gelenklinie. Abb. 1. – Die Zentren von Hüfte, Knie und oberem Sprunggelenk liegen nahezu in einer geraden Linie – der mechanischen Achse der unteren Extremität. – Die mechanische Achse des Femurs verläuft f geradlinig mit der mechanischen Achse der unteren Extremität. – Die Längsachse des Femurs (auch als anatomische Achse bezeichnet) ist bei ca. 5° V gusstellung mit der meVal chanischen Achse der unteren Extremität abgeglichen. – Die Längsachse der Tibia verläuft geradlinig mit der mechanischen Achse der unteren Extremität. – Die Patellagrube verläuft f geradlinig mit der mechanischen Achse der Extremität und senkrecht zu der epikondyl y ären Achse. 2 Ligament Balancing Bei dreidimensionaler Darstellung durchläuft f die untere Extremität über den kompletten Bewegungsumfan f g eine Ebene, während Femurkopf, f mechanische Achse des Femurs, Patellagrube, Fossa intercondy dylaris femoris, patellarer Gelenkkamm, Tibia und oberes Sprunggelenk in dieser Ebene bleiben. Die Achse, durch welche die Tibia bei Flexion und Extension rotiert, verläuft f senkrecht zu dieser medianen AP-Ebene und nähert sich der transepikondylären y Linie bzw. der epikondyylären Achse. Die Patella wird durch die Patellagrube geführt, die auch in der AP-Ebene liegt. Abb. 2. Betrachtet man Flexion und Extension dreidimensional, so wird die mechanische Achse der unteren Extremität zu einer Ebene. Die Zentren von Hüfte, Knie und oberem Sprunggelenk bleiben über den Bewegungsf g hinweg in dieser umfan Ebene. Die Patellagrube (AP-Achse des Femurs) verläuft koplanar (parallel) mit dieser Ebene, damit sie problemlos durch die Grube läuft, in etwa vergleichbar mit einem Seil, das glatt durch einen gut abgeglichenen Flaschenzug gefü f hrt wird. Die epikondyläre Achse steht senkrecht zu der AP-Ebene. Die Tibia schwingt durch diese Achse, wobei sie über den Bewegungsumfan f g hinweg in der AP-Ebene bleibt. dyläre Achse des Femurs über den Beim normalen Knie bleibt die epikondy Bewegungsumfang f hinweg senkrecht zu der AP-Achse der unteren Extref det sich die Tibia nahezu senkrecht zum Boden und mität. Dadurch befin die Hüfte f nimmt fun f ktionsmäßig ihre vorteilhafteste f Position ein. Die Gelenkflächen zwischen Femur und Tibia sind nach unten in Richtung der medialen Seite auf alle belastbaren Oberflächen geneigt. Dadurch werden sie in allen Flexionsstellungen gering°ig in Varusstellung zu der Funktionsebene gebracht. Die Längsachse des Femurs dient als anatomischer Referenzpunkt für die Ausrichtung der distalen Femurschnitte senkrecht zu der mechanischen Achse und der AP-Ebene. Resektion der distalen Femuroberflächen bei einem Valguswinkel von 5° zu der Längsachse des Femurs bringt die Gelenkfläche in Streckstellung senkrecht zu der AP-Ebene. Durch Schneiden der oberen tibialen Oberfläche senkrecht zu der Längsachse der Tibia wird auch die tibiale Gelenkfläche auf ähnliche Weise senkrecht zu der AP-Ebene bei Extension positioniert. Einleitung Die AP-Achse dient als anatomische Landmarke für die Femurresektion in Flexion. Die AP-Achse kann durch Markierung der Seitenkante des hinteren Kreuzbandes (PCL) und den tiefsten f Teil der Patellagrube konstruiert werden. Eine zwischen diesen beiden Punkten gezogene Linie liegt in der AP-Ebene und verläuft durch das Zentrum des Femurkopfes und von dort entlang der tibialen Längsachse. 3 Abb. 3. In Streck c ung neigt sich die Gelenkfläche medial um ca. 3°. – Die Tibiaresektion erfolgt senkrecht zu der Längsachse der Tibia und der mechanischen Achse der unteren Extremität. Die Resektionsoberfläche befindet sich um 3° in Valgusstellung zu der Gelenkfläche. – Die Femurresektion erfolgt senkrecht zu der mechanischen Achse und um 5° in V lgusstellung zu der LängsVa achse des Femurs. Die Resektionsoberfläche befindet sich um ca. 3° in Varusstellungg zu der Gelenkfläche. – Diese bei den femora f len und tibialen Oberflächenresektionen auftretenden 3°-„Fehler“ werden somit kompensiert und ergeben Oberflächenresektionen k , die parallel zueinander und senkrecht zu der mechanischen Achse der unteren Extremität verlaufen. f Abb. 4. Bei 90° gebeugtem Knie verlaufen die Gelenkflächenresektionen parallel zu der epikondylären Achse und senkrecht zu der APAchse des Femurs. Der Femurhals ist um ca. 15° zu der epikondylären Achse antevertiert, d. h. nach vorne geneigt. Wenn sich das Knie in funktioneller Beugungsstelf det (beim Treplung befin pensteigen oder beim Aufstehen aus dem Sitzen), bleiben die Positionen des Femurhalses und der epikondyl y ären Achse unverändert, d. h. beim normalen Knie verläuft die Tibia vertikal. 4 Ligament Balancing Die laterale Gastrocnemius-Sehne und der posterolateralen Kapselbereich, das laterale Kollateralband und der Popliteussehnenkomplex setzen in der Nähe der femoralen Kondy dyle an und dienen als Stabilisatoren der lateralen Seite über den kompletten Bewegungsumfang hinweg. Die seitliche posteriore Kapsel und das iliotibiale Band (Tractus iliotibialis) setzen weiter entfernt f von der epikondy dylären Achse an und dienen nur in Streckstellung als wirksame laterale Stabilisatoren. Abb. 5. Bei gebeugtem Knie und aus anteriorer Sicht tragen die tiefen f und oberflächlichen Fasern der medialen Kollateralbänder zur StabiliK sation der medialen Seite bei. Das laterale Kollateralband und die Popliteussehne stabilisieren hingegen die laterale Seite, während das hintere Kreuzband als sekundäre Varus- und Valgus-stabilisieV rende Struktur k dient. Das Pes anserinus und das iliotibiale Band verlaufen parallel zum Gelenk und tragen in Beugungsstellung nicht zur medialen oder lateralen Stabilität bei. Abb. 6. Die lateral a e Ansicht des Kniegelenkes zeigt die wichtigen Strukturen, die bei gestrecktem Knie zur lateralen statischen Stabilisation beitragen. Die laterale Gastrocnemius-Sehne (und die postero-laterale Kante der Kapsel), das laterale Kollateralband, die seitliche posteriore Kapsel, die Popliteussehne und das iliotibiale Band kreuzen das Gelenk nahezu senkrecht zu seiner Oberfläche und dienen in Streckstellung des Kniegelenkes zur Stabilisation. Einleitung 5 Abb. 7. In der seitlichen Ansicht vom Knie sind die wichtigen Strukturen zu sehen, die bei 90° gebeugtem Knie lateral zur statischen Stabilität beitragen. Als die einzigen Strukturen, k die zur wirksamen lateralen Stabilisation des in dieser Position gebeugten Kniegelenkes beitragen, gelten die laterale Gastrocnemius-Sehne, die Kante der postero-lateralen Kapsel, das laterale Kollateralband und die Popliteussehne. Das iliotibiale Band (Tractus iliotibialis) verläuft f parallel zu der Gelenkfläche, und die postero-laterale Kapsel ist schlaff. f Auf der medialen Seite setzt das mediale Kollateralband (d. h. die anterioren und posterioren Anteile dieses Bandes) an der Epikondy dyle an und ist über den komp k letten Bewegungsumfang f wirksam. Der epikon k dy dyläre Ansatz ist ausreichend breitfächrig, damit in Flexion und Extension ein merklicher Funktionsunterschied zwischen den anterioren und posterioren Anteilen dieses Ligaments erkennbar wird. Die nur in Streckungg straffe posteromediale Kapsel ist in einiger Entfernung f von der epikondy dylären Achse befestigt. f Das hintere Kreuzb z and d setzt etwas distall und posterior zu der epikon k dy dylären Achse an und erschlafft f fo f lglich bei voller Extension und spannt sich in Flexion. Abb. 8. In der medialen Ansicht dient das mediale Kollateralband (tief und oberflächlich) als der primäre mediale Stabilisator, der in Extension gespannt ist. Die anterioren Faserzüge erschlaffen bei voller Extension, während die posterioren Faserzüge (das postero-medial schräg verlaufende Band; Lig. popliteum obliquum) aufg f rund ihrer Position in der medialen femora f len Kondyle in Extension differenzie f ll gestrafft sind. Die postero-laterale Kapsel ist auch gespannt. Zusätzliche aktive mediale Stabilität wird von den medialen Kniegelenkesehnen durch den Pes anserinus und die Sehne des M. semimembranosus geboten. 6 Ligament Balancing Abb. 9. Von der medialen Seite her und bei gebeugtem Knie betrachtet sind die medialen stabilisierenden Strukturen das tiefe und oberflächliche mediale Kollateralband. Die anterioren Fasern des medialen Kollateralbandes sind stramm, während die posterioren Fasern aufgrund ihrer Anheftun f g weiter posterior am Femur relativ lax sind. Die posteriore Kapsel ist in Flexion schlafff und nicht wirksam. Die Sehne des M. semimembranosus und des Pes anserinus verlaufen parallel zu dem Gelenkk und können in Flexion nicht zur Bereitstellung aktiver Stabilität beitragen. Kenntnis dieser Information ermöglicht dem Operateur nach optimaler A stimmung der Implantate mit den Achsen des KniePositionierung und Ab gelenkes, die Stabilität des Kniegelenkes in Flexion und Extension zu beurteilen und zu straffe Strukturen zu lösen. Außerdem kann der Operateur die Straffheit intakter Ligamente durch Änderung von Position und Größe der Femurkomponente, Veränderung der Neigung der Tibiaoberflächen sowie Ab A stimmung der Dicke des tibialen Polyethy hylen Probeeinsatzes anpassen. Die AP-Stabilität kann durch Änderung der Konfiguration der Polyethy hylen Komponente verändert werden. Abb. 10. Ligamente, die in der Nähe der Epikondylen an dem Femur ansetzen, fü f hren die Tibia über ihren Bewegungsumfang und erhalten die Stabilität über den kompletten Bewegungsumfang f (Range of Motion; ROM) aufrecht. Da die Ligamente an einer bestimmten Oberfläche der Kondylen ansetzen, verhalten sich die anterioren und posterioren Anteile in Flexion anders als in Extension. Wie aus dieser AbA bildung hervorgeht, spannt sich der anteriore Anteil des medialen Kollateralbandes in Flexion, der posteriore Anteil hingegen in Extension. Einleitung 7 Arthrose ist eine degenerative Gelenkerkrankung, die sowohl Gelenkflächen, als auch Ligamente betrifft f und zur Deformität f und Verlagerung der Tibia außerhalb der Funktionsebene führt. Zur Erlangung einer optimalen Funktion des Kniegelenkes in der Beuge- und Streckstellung müssen die Gelenkflächen in ihre optimalen Positionen zurückgebracht und die Ligamente auff ihre richtigen Spannungen über den gesamten Bewegungsumfang f des Kniegelenkes hinweg angepasst werden. Bei dem arthrotischen Prozess wirkt sich eine Anzahl von Faktoren auf die Funktion der Ligamente aus. Osteophyten h f hren zur Deformation fü f und zur übermäßigen Anspannung der Ligamente. Sie können auch die f higkeit einschränken k und fo f lglich Flexionskontra k kktur und -restriktio k n Gleitfä verursachen. Wenn die Gelenkflächen kollabieren, kommen ihre Ansatzpunkte dichter zusammen, wodurch eine irreversible Verkürzung der Ligamente auftritt. Trennen sich die Gelenkflächen an der Konvexseite einer Deformität, f werden die Ligamente gewöhnlich permanent gedehnt. Alle diese Fehlfun f ktionen lassen sich durch ein gründliches Débridement des Gelenkes, Wahl der Größe und Implantate sowie durch Lösen kontrahierter Ligamente beheben. Abb. 11. Osteophyten h gelten als wichtiger Faktor k beim Ligament Balancing. Sie wirken sich einschränkend auf das tiefe f und oberflächliche mediale Kollateralband und die postero-mediale Kapsel aus. Abb. 12. Osteophyten umgeben das posteriore Kreuzband und greifen f störend in Flexion und Extension ein. Sie besiedeln auch die als Recessus subpopliteus bezeichnete hintere Ausbuchtung und d schränken k die Flexibilität auf der lateralen Seite des Kniegelenkes ein. 8 Abb. 13, 14. Wenn alle an den Epikondylen ansetzenden medialen und lateralen Stabilisatoren deformiert f sind (entweder gedehnt oder kontrahiert), wirkt sich die f auf den komDeformität pletten Bewegungsumfang f aus. Aus diesen Abbildungen geht hervor, dass das laterale Kollateralband und die PopK liteussehne kontrahiert sind und dazu fü f hren, dass das Knie lateral sowohl in Flexion als auch Extension unbeweglich ist. Die anterioren und posterioren Anteile des medialen Kollateralbandes sind gedehnt, damit das Knie medial in Flexion und Exf beweglich ist. tension frei Ligament Balancing