Gneis! - ETH Zürich

Werbung
Gneis!
Ein
S
im K chweize
onte
r
x t de Gestein
r Arc
hite
ktur
Materialsammlung
der ETH Zürich
Materialsammlung
der ETH Zürich
Gneis!
Ein Schweizer Gestein
im Kontext der Architektur
Die Broschüre Gneis! Ein Schweizer Gestein im
Kontext der Architektur ist im Zusammenhang mit
der gleichnamigen Ausstellung vom 7. Oktober
bis 6. Dezember 2016 in der Materialsammlung
der ETH Zürich erschienen.
Die Materialsammlung der ETH Zürich wird
gemeinsam getragen vom Departement
Architektur und der ETH-Bibliothek. Sie ist
Teil des Netzwerks Material-Archiv.
Inhalt
4 Einführung
10 Karte
12
14
16
18
20
22
24
26
28
30
32
34
36
38
40
Andeer
Verde Spluga
Rheinquarzit
San Bernardino
Valser
Soglio
Verzasca
Legiuna
Cresciano
Iragna
Lodrino
Calanca
Bodio Nero
Maggia
Onsernone
42 Bildnachweis
43 Bibliographie
44 Impressum
Einführung
Warum Gneis?
Neben Kalk- und Sandstein zählt Gneis zu den
wichtigsten Schweizer Naturwerksteinen. In der
Südschweiz bestehen die Alpen zu einem sehr
grossen Teil aus diesem Gestein. Zuweilen sind
ganze Dörfer daraus erbaut oder zumindest durch
Steindächer aus lokalem Gneis geschützt. Auch
wirtschaftlich gesehen ist Gneis heutzutage der
bedeutendste Naturstein der Schweiz. Von den
noch etwa 70 aktiven Steinbrüchen wird in etwa
30 Gneis abgebaut (gefolgt von 17 Steinbrüchen, in
denen Sandstein und 12, in denen Kalkstein gewonnen wird).
Abbau und Vermarktung –
ein kurzer historischer Überblick
Während Gneis schon seit Jahrtausenden lokal
Verwendung fand, ist die Geschichte seines systematischen Abbaus noch relativ jung. Erst die Errichtung des Gotthardtunnels und die Eröffnung
der gleichnamigen Bahn 1882 ermöglichten und
beförderten die kommerzielle Ausbeutung des Gesteins im grossen Stil im Tessin. Während der Bauphase wurden Steinbrüche angelegt (Abb. 1), die
nach Fertigstellung des Tunnels für den sich nun
eröffnenden grossen Absatzmarkt auf der Alpennordseite produzierten. Betrug der Transport durch
den neuen Tunnel 1883 noch rund 10’000 Tonnen
Gneis jährlich, steigerte sich die Menge bis zur
Jahrhundertwende um das Fünfzehnfache. Allein
im Tessin gab es im ausgehenden 19. Jahrhundert
rund 30 Gneissteinbrüche mit über 1000 Beschäftigten.1 Im Zuge der Konjunkturkrise zu Beginn des
20. Jahrhunderts kam es jedoch zu einem erheblichen Einbruch des Absatzmarktes. Diese Situation
besserte sich erst in den späten 1950er Jahren mit
dem Wirtschaftsaufschwung der Nachkriegszeit,
Abb. 1: Gneissteinbruch
bei Personico, Tessin (1936)
Abb. 2: Werbung eines
Steinhändlers für verschiedene Gneis- und Marmorsorten im Tessin, Schweizerische Bauzeitung (1908)
4
erreichte allerdings nie mehr die früheren Ausmasse. Durch die kontinuierliche Erschliessung neuer
Abbauorte hat sich jedoch insbesondere das Tessiner Gneissteinbruchgewerbe bis heute erhalten.
Aber auch anderen Schweizer Gneissteinbrüchen
ist es gelungen, sich auf dem Markt zu behaupten.
Mit geschicktem Marketing und erfolgreichem
Branding, insbesondere durch die Verbindung bestimmter Gesteinshandelsnamen mit ikonenhafter
Architektur, gelang es einigen Steinbruchbetreibern sogar, ihrem Gneis einen über die Schweizer
Grenzen hinaus bekannten Namen zu verleihen –
genannt seien hier vor allem Andeer und Valser, die
durch Holleins Centrum Bank in Vaduz und Zumthors Therme in Vals internationale Bekanntheit
erlangt haben.
Gneis und seine Handelsnamen
Die verschiedenen heute noch erhältlichen Gneistypen sind meist nicht als solche bekannt. Im Handel werden die Steine oft nach ihrer geographischen Herkunft bezeichnet oder zusätzlich unter
einem nicht nach geologischen Kriterien gewählten Namen vermarktet. Die ersten grossen Tessiner
Gneissteinbrüche, die beim Bau des Gotthardtunnels entstanden, vertrieben ihr Produkt zum Beispiel als Granit (Abb. 2), eine Namensgebung, die
sich vielfach bis heute erhalten hat. Die Gneise aus
Vals, Soglio und Hinterrhein werden überwiegend
als Quarzite verkauft.
Granit und Quarzit geniessen allgemein einen
höheren Bekanntheitsgrad als Gneis. Man weiss,
dass diese Gesteine sehr hart und witterungsbeständig sind – wie Gneis im Übrigen auch. Doch
während Granit und Quarzit massige Steine mit
einer gleichmässigen Optik und richtungslosen
Textur sind, unterscheidet sich Gneis mit seiner
lagig ausgeprägten Textur und Spaltbarkeit deutlich von den beiden erstgenannten, auch hinsichtlich seiner Anwendungsmöglichkeiten.
Was ist Gneis?
Gneise sind harte und hochgradig metamorphe
Gesteine, das heisst sie sind unter hohen Druckund Temperaturbedingungen aus einem bereits
existierenden Ausgangsgestein entstanden, zum
Beispiel aus Granit. Bei diesem Umwandlungsprozess bleiben die chemische Zusammensetzung des
Gesteins sowie dessen fester Aggregatzustand
erhalten, es können sich jedoch neue Minerale bilden oder bestehende umgewandelt werden. Die
meisten Gneise setzen sich, wie auch Granit, zu
einem hohen Anteil aus Quarz und Feldspat zusammen, daneben treten die Glimmer Biotit (dunkel) und Muskovit (hell) sehr häufig im Gefüge auf.
Das Farbspektrum von Gneis reicht weltweit von
Grau, Grünlich-Grau über Rötlich bis hin zu Gelblich-Grau. In der Schweiz sind grünliche bis gräuliche Varietäten anzutreffen, je nach den darin enthaltenen Mineralen.
5
Charakteristisch für Gneise ist ihre sogenannte
Schieferung, die das Gestein durchzieht und sich
meist aus helleren und dunkleren Lagen zusammensetzt (Abb. 3). Sie entsteht, wenn sich die vorhandenen Glimmerminerale während der Metamorphose senkrecht zur Druckrichtung in einer
Ebene anordnen. Dies bedeutet nicht, dass Gneise
eine streng planare Schieferung aufweisen müssen. Wenn sich die Spannungsrichtung im Zuge
des Umwandlungsprozesses verändert, können
die Glimmerschichten auch wild verfaltet werden.
Gneise entstehen entweder durch Metamorphose
aus siliziumreichen magmatischen Gesteinen (wie
beispielsweise Granit) oder aus sandig-tonigen Sedimenten (beispielsweise toniger Sandstein). Der
Glimmergehalt im Gneis ist abhängig von der chemischen Zusammensetzung des Ursprungsgesteins.
So entstehen aus Sedimenten meistens glimmerreiche Gneise von feiner Schieferung, während aus
magmatischen Gesteinen eher schwach geschieferte, homogenere Gneise hervorgehen.
Abbau und Bearbeitungsmöglichkeiten
von Gneis
Gneise werden heute durch kontrollierte Sprengung oder mit Seilsägen über und unter Tage abgebaut und anschliessend gespalten oder gesägt. Die
meisten Gneise sind entlang ihrer Schieferung relativ gut spaltbar. Die Spaltbarkeit richtet sich nach
Menge und Verteilung der Glimmerminerale – je
konzentrierter sie in planen Lagen vorliegen, desto
leichter und ebener spaltbar ist das Gestein. Sägen
kann man sowohl senkrecht als auch parallel zur
Schieferung (man spricht alternativ von ‹quer zum
Lager› beziehungsweise ‹mit dem Lager›). Dies
führt zu erheblichen optischen und konstruktiven
Unterschieden, wovon bei diversen architektonischen Anwendungen profitiert werden kann. Die
Oberflächen von Gneis können zusätzlich durch
verschiedene Techniken bearbeitet werden – durch
Politur wird zum Beispiel die Struktur des Gesteins
hervorgehoben, zudem wird es relativ dunkel (ähnlich wie durch Einwirkung von Nässe). Flammen,
Sand- oder Kugelstrahlen verbessern die Rutschfestigkeit, während die Oberfläche durch Bürsten
eine samtige Haptik erhält. Traditionelle steinmetzmässige Bearbeitungen wie Stocken oder Spitzen
werden kaum mehr angewendet, sind aber möglich und können die Oberfläche optisch, haptisch
und qualitativ verändern.
Abb. 3: Glimmerreicher
Biotit-Gneis aus der Gotthardtunnelsammlung von
Friedrich M. Stapff (1880),
Erdwissenschaftliche
Sammlungen, ETH Zürich
Abb. 4: Ponte dei Salti
mit Gneisfelsen im Vordergrund, Lavertezzo, Tessin
6
Technische Eigenschaften
Der Schweizer Gneis ist ein sehr kompaktes und
widerstandsfähiges Gestein. Seine Druckfestigkeit
(140–220 N/mm2) ist allgemein vergleichbar mit der
von Granit oder Quarzit, aber deutlich höher als
die der meisten Sand- oder Kalksteine.2 Generell
ist die Biegefestigkeit senkrecht zum Lager höher
als parallel zum Lager. Gneise sind relativ frost- und
tausalzbeständig, hochkonzentrierte Tausalzrückstände können das Gestein nach jahrelanger wiederholter Einwirkung dennoch angreifen.
Anwendungsgebiete von Gneis im Bauwesen
Von alters her wurden Gneise im Alpenraum an den
jeweiligen Orten ihres Vorkommens als Massivbausteine und für Dachplatten eingesetzt. Auch heute
noch schreibt die lokale Denkmalpflege in einzelnen Kantonen die Verwendung der traditionell eingesetzten lokalen Gesteine für Dachbedeckungen
(Beispiel Vals) sowie für die Restaurierung von alten Tunnelportalen oder Brücken vor.
Der Tessiner Gneis war in seiner Blütezeit im
ausgehenden 19. Jahrhundert das bevorzugte Material für Gehwegrandsteine, Sockelmauerwerk,
Treppenstufen und Bodenbeläge, nicht nur in der
Schweiz, sondern auch in Deutschland, England
und den Beneluxstaaten. An den meisten historischen Bauten in der Schweiz aus den Jahren zwischen ca. 1885 und 1930 (Villen oder öffentlichen
Gebäuden wie Bahnhöfen, Schulen, Museen) wird
man bei genauem Hinsehen Gneiselemente entdecken. Ganze Fassaden aus Gneis sind indes seltener.
Ab den 1950er Jahren kamen allerdings vorgehängte Steinplattenfassaden in Mode. Auch Brunnen aus
Gneis – älteren und jüngeren Datums – finden sich
zahlreich.
Noch heute kommen Schweizer Gneise im
Strassen- und Gartenbau zum Einsatz, allerdings
bei Weitem nicht mehr in dem Ausmass, wie dies
noch bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts der Fall war. Aufgrund hoher Lohnkosten,
modernster Sicherheitsstandards in den Steinbrüchen, hoher Umweltauflagen bei deren Betrieb sowie strenger gewerkschaftlicher Arbeitszeitregelungen ist der Abbau von Gneis hierzulande um
einiges teurer als im nahen und fernen Ausland.
Immer weniger Schweizer Kommunen, darunter
Basel, verfügen in ihren öffentlichen Ausschreibungen für Tiefbauten noch die Verwendung einheimischer Steine. Dies variiert von Kanton zu Kanton,
und die engen Preismargen der meisten öffentlichen Ausschreibungen in der Schweiz sind oft nur
noch durch den Import von Hartgesteinen aus
Italien, Portugal oder China einzuhalten.
7
Schweizer Gneis in der Architektur –
prominente Beispiele
Beispiele für die Verwendung von Gneis in der Architektur vor 1880 finden sich vor allem im Tessin,
einer Region, auf die sich der überwiegende Teil
des Schweizer Gneisvorkommens konzentriert (gefolgt von Graubünden und dem Wallis). Genannt
seien beispielhaft der Ponte dei Salti in Lavertezzo
im Valle Verzasca (Abb. 4), das Dorf Corippo im selben Tal mit seinen nahezu vollständig aus Gneis
erbauten Rustici,3 die Kirche San Nicola in Giornico
oder die Castelli von Bellinzona.
In den 1920er Jahren gestalteten die Gebrüder
Pfister die Fassade des Bahnhofs Enge (Abb. 5),
der seinerzeit Ausgangspunkt der Gotthardlinie
war, aus behauenen und gebrochenen MaggiaQuadern. Der historisierende, der Tessiner Tradition
entlehnte Bau war damals sehr umstritten, sein Entwurf wurde als nicht zeitgemäss empfunden.4
Livio Vacchinis Casa Rezzonico in Vogorno im
Verzascatal (1985) wurde aus Stahlbeton und Steinen errichtet, die beim Ausbaggern der Fundamente zutage traten. Zur Anwendung des lokalen Baustils gezwungen, fügte der Architekt auf parodistische Weise traditionelle Elemente hinzu. Das historisch anmutende Äussere, die gemauerte Fassade
und das Dach aus Gneis, sind folglich nur Maske.5
Abb. 5: Vorportal des Bahnhofs Enge mit Mauerwerk
aus behauenen und gebrochenen Maggia-Quadern,
Zürich (1927), Gebrüder
Pfister
Abb. 6: Der Sechseläutenplatz aus Valser Stein
im Bau, Zürich (2014), Zach
und Zünd-Architekten
8
Die von Mario Botta 1992 errichtete Kirche San
Giovanni Battista in Mogno ist innen und aussen
mit lokalem Stein verkleidet.6 Bänder aus dunkelgrauem Maggia-Gneis und weissem CristallinaMarmor wechseln sich ab – ein traditionelles, bekanntes Fassadenmuster für Sakralbauten, das bei
Botta in postmoderner Manier auf die Spitze getrieben wird.
Für einen ganz anderen Umgang mit Gneis
entschied sich zeitgleich Peter Zumthor beim Bau
der Therme in Vals.7 Der aus geometrischen Kuben
zusammengesetzte Bau wurde innen und aussen
mit Stein verkleidet, was der Anlage eine monolithische Anmutung verleiht. Bei näherem Hinsehen
sorgen allerdings die exakt gesägten und in Reihen
vermauerten Platten unterschiedlicher Stärke aus
optisch sehr heterogenem Valser Gneis für eine
reizvolle Belebung der Innen- und Aussenfassade.
So betrachtet erscheint der 2014 von Zach und
Zünd-Architekten realisierte Zürcher Sechseläutenplatz (Abb. 6) wie eine Übertragung der Zumthor’
schen Idee in die Horizontale. Hier wurden schmale,
parkettartige Platten aus Valser Stein verbaut, allerdings mit einer ausgetüftelten Untergrundkonstruktion und genau bemessenen Fugen, um den Belag
auch gegen Schwerstlasten zu sichern.
Jürg Conzett verwandelte 1999 in der Viamala
den grünen Andeer in eine Art ‹High-Tech-Material›,
indem er aus dünn gesägten Platten eine elegante,
40 Meter lange Spannbandbrücke konstruierte, den
Pùnt da Suransuns.8
1
2
3
4
5
6
7
8
Die mineralischen Rohstoffe der Schweiz 1997, S. 197.
Die mineralischen Rohstoffe der Schweiz 1997, S. 252.
Amsler et al. 1959.
Von Burg 2000, S. 236–249.
Masiero 1999, S. 96–99.
Pizzi 1998, S. 154.
Durisch 2014, S. 39–40.
Mostafavi 2006, S. 297–298.
9
Karte
der gegenwärtig abgebauten Schweizer Gneissorten
1 Andeer
2 Verde Spluga
3 Rheinquarzit
4 San Bernardino
5 Valser
6 Soglio
7 Verzasca
8 Legiuna
9 Cresciano
10 Iragna
11 Lodrino
12 Calanca
13 Bodio Nero
14 Maggia
15 Onsernone
10
5
3 4
13
14
7
8
10
11
9
1
2
6
12
15
Gneissteinbrüche 2015
Gneissteinbrüche 1915
Gneisvorkommen
11
Andeer
Andeer ist ein dunkelgrüner, mässig
bis stark geschieferter Gneis von
mittlerer Körnung mit weissen Einsprenglingen.
Zusammensetzung
Das Gestein besteht aus kleinen, glasig-grauen
Quarzkörnern mit grösseren, weissen Körnern aus
Feldspat sowie Chlorit (dunkelgrün) und dem Glimmermineral Phengit (hellgrün). Letztere bestimmen
die charakteristische Färbung des Gesteins.
Eigenschaften
Andeer ist schwerer zu bearbeiten als die Tessiner
Gneise und nur mässig spaltbar, daher wird er vorzugsweise gesägt.
Geschichte
In der Schweiz findet Andeer seit langer Zeit im
Strassen-, Bahn- und Tunnelbau, als Naturwerkstein
im Hochbau sowie im Garten- und Landschaftsbau
Verwendung. In vorindustrieller Zeit nutz te man
vielfach Bruchsteine, die im Fluss angeschwemmt
wurden. In grossem Stil wird das Gestein seit Beginn des 20. Jahrhunderts abgebaut. Die 1915 erschienene Publikation Die natürlichen Bausteine
und Dachschiefer der Schweiz hebt Andeer als einzigen Graubündner Gneis hervor, der sich bereits
«ein grösseres Absatzgebiet in der übrigen Schweiz
zu erwerben gewusst und Anlass zu einer vielversprechenden Industrie gegeben» habe. In der Umgebung von Andeer finden sich viele historisch
bedeutsame, mittlerweile jedoch stillgelegte ehemalige Steinbrüche.
Andere Bezeichnungen
Andeergranit, Rofnaporphyr, Rofnagneis, Andeerergneis, Verde Andeer
Abbauort
Andeer wird in den drei Steinbrüchen Parsagna,
Bärenburg (Crap da Sal) und Cuolmet bei der Ortschaft Andeer in Graubünden abgebaut.
Abbauende Betriebe
Battaglia Andeer Granit AG, Andeer
Toscano AG, Andeer
Anwendungsbeispiele
Bahnhof Luzern, CH, Bodenbelag
Bahnhofstrasse, Chur, CH, Bodenbelag
Centrum-Bank, Vaduz, LI, Fassadenverkleidung
und Dach (Hans Hollein, 2002)
DEZA-Gebäude, Bern, CH, Fassadenverkleidung
ETH Zürich, CH, CLA-Gebäude, Untergeschoss,
Cafeteria, Teile des Bodenbelags
Kunstmuseum Bonn, DE, Bodenbelag (Axel
Schultes, 1992)
Landtagsgebäude von Niederösterreich, St. Pölten,
AT, Fassadenverkleidung, Bodenbelag (Ernst
Hoffmann, 1997)
Österreichische Botschaft, Berlin, DE, Bodenbelag
innen und aussen (Hans Hollein, 2001)
Pùnt da Suransuns, Viamala, CH (Jürg Conzett,
1999)
12
Verde Spluga
Verde Spluga ist ein hellgrüner,
schwach geschieferter, mittelkörniger
Gneis mit weissen Einsprenglingen
und durchzogen von Adern unterschiedlicher Grösse.
Zusammensetzung
Das Gestein besteht hauptsächlich aus Quarz, die
charakteristische lindgrüne Farbe wird durch das
Glimmermineral Phengit hervorgerufen, ausserdem sind Feldspat und Epidot in geringer Menge
enthalten.
Eigenschaften
Die Gesteinsformation des Verde Spluga ist vergleichbar mit der des Andeer, sie ist jedoch quarzreicher, deutlich heller und die Glimmerplättchen
treten optisch stärker hervor. Der Stein ist nur
schwer spaltbar.
Geschichte
Andere Bezeichnungen
Splügenquarzit, Monte-Spluga-Quarzit
Abbauort
Verde Spluga wird auf der italienischen Seite des
Splügenpasses im Valle Spluga bei Isola nördlich
von Chiavenna auf 1200 m abgebaut. Seit einigen
Jahren findet die Steingewinnung untertage statt.
Abbauende Betriebe
De Giambattista Franco e F.lli S.r.l., Gordona, IT
Graniti Conrad S.r.l., Piuro, IT
Anwendungsbeispiele
Casino Innsbruck, AT, Fassadenverkleidung
Internationaler Seegerichtshof,
Hamburg, D, Fassadenverkleidung
(Alexander von Branca, 2000)
Kantonalbank, Schwyz, CH, Fassadenverkleidung
(BSS-Architekten AG, 2003)
Kantonalbank, Fribourg, CH,
Fassadenverkleidung (Mario Botta, 1982)
Kantonalbank Sankt Gallen, CH, Fassadenverkleidung (RLC-Architektur, 2007)
Früher wurde Verde Spluga nicht nur auf der italienischen, sondern auch auf der Schweizer Seite
östlich der Splügenpasshöhe auf 2100 m Höhe abgebaut. Die dort gebrochenen sogenannten ‹Splügenerplatten› sind dünnschiefriger und wurden
vor allem für Dachbedeckungen im Rheinwald
verwendet. Sie sind an der auffälligen rostroten
Flechte zu erkennen, die sich nach kurzer Zeit auf
den Platten ansiedelt.
14
Rheinquarzit
Rheinquarzit ist ein variantenreicher
grünlich-grauer Gneis mit mässiger bis
starker Schieferung, feiner bis mittlerer
Körnung, glimmerreichen Lagen und
zum Teil durchzogen von weissen
Adern und Augen.
Zusammensetzung
Das Gestein besteht hauptsächlich aus Quarz sowie aus dem grünlichen Glimmermineral Phengit,
das dem Gestein seine Farbe verleiht. Daneben
sind Muskovit (Hellglimmer), Chlorit sowie stellenweise Granat enthalten.
Eigenschaften
Andere Bezeichnungen
Hinterrhein, Hinterrheiner Quarzit, Hinterrheinquarzit, Rheinischer Quarzit, Silber Grün
Abbauort
Der Stein wird bei der Ortschaft Hinterrhein in Graubünden am Fusse des San-Bernardino-Passes abgebaut. Der alte Steinbruch Brunst befindet sich
etwa 3 km westlich von Hinterrhein.
Abbauende Betriebe
Cava Quarzite SA, Hinterrhein
De Giambattista Franco e F.lli S.r.l., Gordona, IT
Graniti Conrad S.r.l., Piuro, IT
Anwendungsbeispiel
Residenz Serletta, St. Moritz, CH, Fassadenverkleidung aus geflammten Platten
Rheinquarzit stammt aus derselben Gesteinsformation wie Valser und San Bernardino und ist sehr
gut spaltbar.
Geschichte
Bereits im 19. Jahrhundert wurde im HinterrheinGebiet Gneis als Naturwerkstein abgebaut. Noch
1969 waren drei Abbaustellen aktiv. Der heutzutage bewirtschaftete Steinbruch Brunst wurde erst in
neuerer Zeit wieder in Betrieb genommen, derzeit
ist eine neue Abbaustelle in Planung.
16
San Bernardino
San Bernardino ist ein grauer, silbrig
anmutender Gneis mit gut ausgeprägter Schieferung und feiner Körnung
sowie deutlichen weissen Augen unterschiedlicher Grösse.
Zusammensetzung
Das sehr heterogene Gestein besteht hauptsächlich
aus Quarz, Feldspat und Muskovit (Hellglimmer).
Eigenschaften
San Bernardino stammt aus derselben Gesteinsformation wie Rheinquarzit und Valser und ist sehr gut
spaltbar.
Geschichte
Im Gebiet nördlich der San-Bernardino-Passhöhe
wurden seit 1953 Steine für Bauzwecke gewonnen,
insbesondere Mauersteine und Spaltplatten. In den
1970er und 1980er Jahren ging der Abbau aufgrund
der sinkenden Nachfrage stark zurück und kam
zwischenzeitlich ganz zum Erliegen. Im Zuge der
Renaissance des inländischen Natursteins wurde
2006 die alte Abbaustelle neu eröffnet.
Andere Bezeichnungen
San-Bernardino-Gneis, San-Bernardino-Silber,
San-Bernardino-Silver, Bernhardinquarzit, Bündner Quarzit
Abbauort
San Bernardino wird in einem Steinbruch nördlich
unterhalb der San-Bernardino-Passhöhe auf 1900 m
abgebaut.
Abbauender Betrieb
Toscano AG, Andeer (Verarbeitung durch
Bärlocher Steinbruch und Steinhauerei AG,
Staad sowie Toscano AG, Andeer)
Anwendungsbeispiele
Erweiterung Gemeindehaus Meilen, CH (Horisberger Waagen-Architekten, 2015)
Kunstmuseum Chur, CH, Aussenplatz (2015)
Therme Bad Schinznach, CH, Mauer aus Steinblöcken zwischen Ruhe- und Aussenraum
(Fontana & Partner Architekten, 2011)
Wohnüberbauung Quadratscha, Samedan, CH,
Fassadenverkleidung (2010)
18
Valser
Valser ist ein variantenreicher grauer
oder grünlicher, deutlich geschieferter,
feinkörniger Gneis mit hellgrauen bis
weissen Adern sowie zum Teil grossen,
weissen Augen und glimmerreichen
Lagen.
Zusammensetzung
Das Gestein setzt sich hauptsächlich aus den Mineralen Quarz, Feldspat und Muskovit (Hellglimmer)
zusammen.
Eigenschaften
Valser weist grosse Unterschiede in seiner Ausbildung auf. Er variiert von einem Glimmerschiefer
(glimmerreich) bis hin zu einem Augengneis (quarzund feldspatreich). Varietäten mit einem höheren
Quarzanteil sind besonders widerstandsfähig. Aufgrund seiner gefalteten, nicht planar verlaufenden
Schieferung wird ein Grossteil des abgebauten
Steins gesägt, einige Varietäten eignen sich jedoch
auch gut zum Spalten auf 3–5 cm.
Geschichte
Andere Bezeichnungen
Valser Quarzit, Valsergneis, Valser Stein, Valser
Naturstein
Abbauort
Der Stein wird im Valsertal bei Vals in Graubünden
in zwei Steinbrüchen abgebaut.
Abbauende Betriebe
Truffer AG, Vals
Valser Naturstein AG, Vals
Anwendungsbeispiele
Bundesplatz, Bern, CH
(Christian Stauffenegger, Ruedi Stutz und
Stephan Mundwiler, 2004)
Capital City Academy, London, GB
(Norman Foster, 2003)
Dorfbrücke Vals, CH
(Jürg Conzett, Peter Zumthor, 2010)
Rocksresort, Laax, CH
(Domenig Architekten, 2015)
Schulhaus Apfelbaum, Zürich, CH
(Pfister Schiess Tropeano Architekten, 2006)
Sechseläutenplatz, Zürich, CH
(Zach und Zünd Architekten, 2014)
Therme Vals, CH (Peter Zumthor, 1996)
Valser Gneis wird seit Jahrhunderten lokal als Baumaterial verwendet. Früher besorgten sich die Anwohner den von ihnen benötigten Stein selbst. Ein
Steinbruch in Vals wird bereits 1915 in der Publikation Die natürlichen Bausteine und Dachschiefer der
Schweiz erwähnt, was aber kein Beleg für eine kontinuierliche und/oder kommerzielle Ausbeutung
ist. Ein systematischer Abbau erfolgte in einem
ersten Steinbruch seit 1929, in einem weiteren seit
den 1940er Jahren.
20
Soglio
Soglio ist ein hellgrauer Gneis mit
intensiver Schieferung und feiner bis
mittlerer Körnung.
Zusammensetzung
Das Gestein besteht zu über zwei Dritteln aus Quarz,
daneben finden sich silbriger Muskovit (Hellglimmer) an den Spaltflächen sowie körnige Einstreuungen aus weissem Feldspat.
Eigenschaften
Soglio lässt sich aufgrund der deutlich ausgeprägten, regelmässigen Schieferung gut und mit ebener
Fläche spalten.
Geschichte
Andere Bezeichnungen
Soglioquarzit, Sogliogranit, Monte Soglio,
Bergeller Gneis
Abbauort
Der Stein stammt aus dem Bergell (Val Bregaglia)
im Kanton Graubünden, dem Tal auf der südwestlichen Seite des Malojapasses, und wird zwischen
Promontogno und Soglio seit 2012 unter Tage gewonnen.
Abbauender Betrieb
Graniti Conrad S.r.l., Piuro, IT
Anwendungsbeispiel
Kantonale Verwaltung Gutsmatte, Liestal, CH,
Fassadenverkleidung (Otto+Partner Architektur, 1997)
Der Stein wird seit dem 19. Jahrhundert systematisch abgebaut.
22
Verzasca
Verzasca ist ein dunkelgrauer,
mässig geschieferter, mittel- bis
grobkörniger Gneis.
Zusammensetzung
Das Gestein setzt sich aus ca. 65% Feldspat und
ca. 30% Quarz zusammen sowie aus Biotit (Dunkelglimmer) und Muskovit (Hellglimmer).
Eigenschaften
Verzasca lässt sich gut auf 4–5 cm spalten.
Geschichte
Verzasca wird lokal schon seit Jahrhunderten zum
Bauen verwendet. Der systematische Abbau setzte im Jahr 1873 ein. Damals gab es zahlreiche Steinbrüche in der Gegend, die vor allem Material für
den Strassenbau in der Deutschschweiz lieferten.
Früher wurden auch hellgraue Varietäten des Verzasca abgebaut. Bis in die 1960er Jahre war der
Steinabbau ein bedeutender Wirtschaftszweig für
die Region um Brione. Heute ist nur noch ein einziger Steinbruch aktiv.
Andere Bezeichnung
Verzascagranit
Abbauort
Verzasca wird in einem Steinbruch im Osolatal,
einem Seitental des Valle Verzasca, westlich von
Brione abgebaut.
Abbauender Betrieb
Graniti Buzzini, Brione
Anwendungsbeispiele
Parlamentsgebäude, Bern, CH, zwei Spindeltreppen im Kuppelraum, Abdeckungsplatten am
Stufenunterbau aussen an der Kuppel, Plattenbelag der Durchgangshöfe (Hans Wilhelm
Auer, 1902)
Bundeshaus, Bern, CH, Bodenplatten (3×1 m) in
den Haupteingängen, Bodeneinfassung vor
dem Bundeshaus (erneuert 2016)
ETH Zürich, CH, Zentrum, Treppenstufen in mehreren Bauten
24
Legiuna
Legiuna ist ein weiss-grauer Gneis mit
sehr schwacher Schieferung, grober
Körnung und grossen weissen Augen.
Zusammensetzung
Das Gestein ist quarz- und feldspatreich und enthält viel Biotit (Dunkelglimmer).
Eigenschaften
Legiuna ist lebhaft strukturiert, hat eine Korngrösse
von 4 bis 40 mm und weist auffallend grosse Augen aus Feldspat mit einem Durchmesser von bis
zu 10 cm auf. Aufgrund seiner schwach ausgeprägten, unregelmässigen Schieferung ist der Stein nur
schlecht spaltbar, daher wird er für Platten vor allem gesägt.
Geschichte
Andere Bezeichnungen
Legiüna, Legiunagranit
Abbauort
Legiuna wird zwischen Malvaglia und Biasca im
Valle di Blenio am Ausgang des Val Pontirone
(durch das der Wildbach Lesgiüna fliesst) abgebaut.
Abbauender Betrieb
Granito Legiuna SA, Malvaglia
Anwendungsbeispiele
Bahnhof Locarno, CH, Bodenbelag
Bahnhof Lugano, CH, Bodenbelag
Bahnhof Tenero, CH, Bodenbelag
Eckhaus Weinbergstrasse/Stampfenbachstrasse/
Central, Zürich, CH, Fassadenverkleidung
und Treppenstufen (nach 1963)
Piazza Centrale, Biasca, CH, Bodenbelag
Der kommerzielle Abbau des Legiuna begann 1961.
26
Cresciano
Cresciano ist ein sehr heller Gneis mit
schwacher bis mässiger Schieferung
und mittlerer bis grober Körnung sowie
deutlich erkennbaren hellen und dunklen Glimmermineralen.
Zusammensetzung
Das Gestein besteht hauptsächlich aus weissem
Feldspat und hellem Quarz und enthält mehr Biotit
(Dunkelglimmer) als Muskovit (Hellglimmer).
Eigenschaften
Cresciano stammt aus derselben Gesteinsformation wie Bodio Nero, Iragna und Lodrino. Er ist nur
mässig spaltbar.
Geschichte
Aufgrund seiner guten bautechnischen Eigenschaften haben schon die ersten Siedler Cresciano als
Baumaterial für Unterkünfte und Sakralbauten verwendet. Im Zuge des Baus der nahegelegenen
Gotthardbahn ab 1872 setzte ein Aufschwung in
der Bewirtschaftung des Steinbruchs ein, dessen
Gestein zunächst für Bauten der Bahn und nach
Fertigstellung des Tunnels auch als Baumaterial
nördlich der Alpen Verwendung fand. In der 1915
erschienenen Publikation Die natürlichen Bausteine und Dachschiefer der Schweiz wird hervorgehoben, dass die Steinbrüche bei Osogna als einzige
im Tessin über eine Gleisverbindung mit der Bahnstation sowie über Verladestationen verfügten, so
dass auch grössere Bestellungen schnell ausgeführt werden konnten.
Andere Bezeichnung
Crescianogranit
Abbauort
Cresciano stammt aus dem Tessiner Valle Riviera
und wird in grossen Mengen südlich der Bahnstation Osogna-Cresciano am Osthangfuss des Tals
entlang der Gleise abgebaut.
Abbauende Betriebe
Graniti Maurino SA, Biasca
Ongaro Graniti SA, Cresciano
Anwendungsbeispiele
Schweizerische Lebensversicherungs- und
Rentenanstalt, General-Guisan-Quai 40, Zürich,
CH, die beiden steinernen Löwen, die den
Haupteingang flankieren (Jakob Probst, 1939)
Bundeshaus Bern, CH, Bodenbeläge und Treppen
(Hans Auer, 1902)
Castelgrande Bellinzona, CH, Bodenbelag und
Blockstufen (Aurelio Galfetti, 2000)
Lido di Locarno, CH, zweite Ausbauetappe, vorgespannte Passerellen und Podium (Moro &
Moro Architekten, 2009)
Novartis Campus Basel, CH, Bodenbelag innen
und aussen, Treppen, Verkleidungen und Sitzbänke (Yoshio Taniguchi, 2010)
28
Iragna
Iragna ist ein grauer, mässig
geschieferter Gneis von mittlerer bis
feiner Körnung mit fein verteilten
Glimmermineralen.
Zusammensetzung
Das Gestein besteht zum überwiegenden Teil aus
weissem Feldspat und Quarz sowie Biotit (Dunkelglimmer) und Muskovit (Hellglimmer).
Eigenschaften
Iragna stammt aus derselben Gesteinsformation
wie Bodio Nero, Cresciano und Lodrino. Aufgrund
der zahlreichen Abbaustellen bei Iragna und Personico gibt es verschiedene Varianten, die alle gut
spaltbar sind.
Geschichte
Aufgrund seiner guten bautechnischen Eigenschaften haben schon die ersten Siedler Iragna als Baumaterial für Unterkünfte und Sakralbauten verwendet. Eine intensive Nutzung des Gesteins setzte
mit dem Bau der nahegelegenen Gotthardbahn ab
1872 ein, zunächst für Bauten der Bahn und nach
Fertigstellung des Tunnels auch als Baumaterial
nördlich der Alpen.
Andere Bezeichnung
Iragnagranit, Silber, Personico
Abbauort
Iragna wird in mehreren Steinbrüchen zwischen
Personico und Iragna abgebaut. Vier Abbaustellen
befinden sich am nördlich Rand der Gemeinde Iragna und zählen somit noch zum Valle Riviera, weitere drei liegen 50–100 m davon entfernt auf dem
Gebiet der Gemeinde Personico und damit bereits
im Valle Leventina.
Abbauende Betriebe
Adriano Bignasca SA, Lodrino
Graniti Maurino SA, Biasca
Impresa Pervangher, Personico
Martinetti SA, Iragna
Riedil Sagl, Prosito
Anwendungsbeispiele
Bahnhof Stadelhofen, Zürich, CH, Bodenbelag
und Treppen (Santiago Calatrava, 1990)
Erlenmattpark, Basel, CH, Pflastersteine allseitig
gespalten
Flughafen Zürich-Kloten, CH, Bodenbelag
Terminal (1953)
Hauptbahnhof Zürich, CH, S-Bahn-Haltestelle,
Boden und Treppen
Stadt Basel, CH, Randsteine, Stellsteine
30
Lodrino
Lodrino ist ein grauer, mässig
geschieferter Gneis von feiner bis
mittlerer Körnung mit fein verteilten
hellen Glimmermineralen.
Zusammensetzung
Es gibt hellere und dunklere Varietäten des Gesteins, das hauptsächlich aus weissem Feldspat
und Quarz sowie Biotit (Dunkelglimmer) und Muskovit (Hellglimmer) besteht.
Eigenschaften
Lodrino stammt aus der selben Gesteinsformation
wie Bodio Nero, Cresciano und Iragna. Seine Korngrösse variiert zwischen 2 und 10 mm. Der überwiegende Teil des Vorkommens ist gut bis mässig
spaltbar.
Andere Bezeichnung
Lodrinogranit
Abbauort
Lodrino wird in zwei Steinbrüchen am Fusse des
Westhangs des Valle Riviera und des südlichen
Valle Leventina bei Lodrino abgebaut.
Abbauende Betriebe
Elio Sangiorgio SA, Lodrino
Giannini Graniti SA, Lodrino
Anwendungsbeispiele
Biologie-Hochhaus CIBA, Basel, CH, Bodenbelag
Municipio di Iragna (Raffaele Cavadini, 1995)
Restaurant auf dem Monte Generoso, CH, Fassadenverkleidung (Mario Botta, 2017)
Schweizerische Treuhandgesellschaft, Basel, CH,
Fassade
Geschichte
Schon die ersten Siedler haben Lodrino als Baumaterial für Unterkünfte und Sakralbauten verwendet. Eine intensive Nutzung des Gesteins setzte
mit dem Bau der nahegelegenen Gotthardbahn ab
1872 ein, zunächst für Bauten der Bahn und nach
Fertigstellung des Tunnels auch als Baumaterial
nördlich der Alpen. In der Gegend um Lodrino finden sich zahlreiche Spuren ehemaliger Abbaustellen des Gesteins an den Felshängen.
32
Calanca
Calanca ist ein hell- bis dunkelgrauer, mässig geschieferter Gneis
von mittlerer Körnung mit dunklen
Glimmermineralen.
Andere Bezeichnungen
Calancagranit, Calanchiner Gneis, Bündner-Gneis
Abbauort
Calanca wird noch in einem grossen Steinbruch
südlich von Arvigo im Calancatal abgebaut.
Abbauender Betrieb
Zusammensetzung
Man unterscheidet drei Varietäten des Gesteins. Je
nach Abbaustelle weist der Gneis Farb- und Körnungsunterschiede auf. Das Gestein besteht etwa
zur Hälfte aus Feldspat, die andere Hälfte setzt sich
hauptsächlich aus Quarz und Biotit (Dunkelglimmer) zusammen.
Eigenschaften
Der Stein lässt sich aufgrund seiner deutlich ausgeprägten, regelmässigen Schieferung und dem
hohen Glimmeranteil sehr gut spalten.
Geschichte
Calanca wurde früher an zahlreichen Stellen in der
Umgebung von Castaneda an dem Bergsporn gewonnen, der das Val Calanca vom Misox trennt.
Aus dem heimischen Gneis entstanden zahlreiche
Trockenmauern, Dachplatten und viele Häuser im
Calancatal. Der Abbau in Arvigo begann 1920. Ab
den 1950er Jahren wurde die Steingewinnung zunehmend industriell organisiert und ausgeweitet.
2012 musste einer der beiden Hangbrüche bei Arvigo aufgrund von Felssturzgefahr geschlossen
werden.
Alfredo Polti SA, Arvigo
Anwendungsbeispiele
Bureau International du Travail, Genf, CH
Firmensitz Alfredo Polti ‹In Cava›, Roveredo, CH
(José Stefanini, 2008)
Grimsel Hospiz, Grimselpass, CH, Mauerwerk,
Bodenplatten, Blockstufen und Fensterbänke
des Erweiterungsbaus
Palazzo Odeon, Lugano, CH, Fassadenverkleidung
mit geschliffenen Platten (2014)
Staatstheater Darmstadt, DE, Bodenbelag (Karl
Prange, 1972)
Viadukte der Rhätischen Bahn, UNESCO-Strecke:
Albulalinie zwischen Thusis und St. Moritz &
Berninalinie zwischen St. Moritz und Tirano,
CH, massive Abdeckplatten und Konsolsteine,
(2017)
34
Bodio Nero
Bodio Nero ist ein dunkelgrauer,
feinschiefriger Gneis von feiner
bis mittlerer Körnung mit kleinen,
hellen Einsprenglingen.
Zusammensetzung
Bodio Nero besteht etwa zur Hälfte aus Feldspat,
ausserdem aus ca. 20% Quarz und ca. 15% Biotit
(Dunkelglimmer), der die optische Erscheinung
des Gesteins massgeblich prägt. Charakteristisch
sind zudem fein verteilte, winzige gelbe Partikel
(Titanit).
Andere Bezeichnungen
Bodio, Bodiogranit
Abbauort
Bodio Nero stammt aus der Leventina (Valle Leventina) im Tessin und wird in einem Steinbruch nördlich von Personico bei Bodio abgebaut.
Abbauender Betrieb
Ongaro Graniti SA, Cresciano
Anwendungsbeispiele
Kantonalbank Basel, CH, Fassade
Residenza governativa Bellinzona, CH, Schalter
und Werkstücke
Rheinuferpromenade Basel, CH (2015)
Eigenschaften
Bodio Nero stammt aus derselben Gesteinsformation wie Cresciano, Iragna und Lodrino. Seine Korngrösse variiert zwischen 1 und 5 mm. Er ist aufgrund
seiner deutlich ausgeprägten Schieferung gut auf
4–6 cm spaltbar.
Geschichte
Aufgrund seiner guten bautechnischen Eigenschaften haben schon die ersten Siedler Bodio Nero als
Baumaterial für Unterkünfte und Sakralbauten verwendet. Eine intensive Nutzung des Gesteins setzte
mit dem Bau der nahegelegenen Gotthardbahn ab
1872 ein, zunächst für Bauten der Bahn und nach
Fer tigstellung des Tunnels auch als Baumaterial
nördlich der Alpen. Bodio Nero zählt zu den ersten
Plattengneisen, die ausserhalb ihres Herkunftsgebiets Verwendung fanden.
36
Maggia
Maggia ist ein dunkelgrauer, stark
geschieferter, feinkörniger Gneis mit
hellen Einsprenglingen
Zusammensetzung
Das Gestein besteht hauptsächlich aus Quarz, weissem Feldspat sowie einem hohen Anteil an Biotit
(Dunkelglimmer), der abwechselnd mit Feldspat
und Quarz eine Hell-Dunkel-Bänderung bewirkt.
Eigenschaften
Der Stein entstammt derselben geologischen Formation wie Onsernone und ist diesem optisch sehr
ähnlich. Anders als Onsernone kann Maggia allerdings gut auf 4–6 cm gespalten werden. Gespaltene Flächen sind meist dunkler als gesägte, da sie
entlang der Dunkelglimmerlagen verlaufen.
Geschichte
Der kommerzielle Abbau des Maggia begann im
Jahr 1900. Der Steinbruch entwickelte sich bis 1915
zu einem Grossbetrieb, sicherlich auch befördert
durch die 1907 eröffnete Eisenbahnlinie ins Maggiatal. Die Trasse wurde 1965 zugunsten eines Ausbaus der Strasse stillgelegt. In den 1960er Jahren
wurde im Maggiatal schweizweit die grösste Menge an Naturstein abgebaut und noch heute sind
die Abbaukapazitäten des Gesteins sehr hoch.
Andere Bezeichnungen
Maggiagneis, Maggiagranit
Abbauort
Maggia wird in Riveo im Valle Maggia zwischen
Cevio und Maggia in fünf Steinbrüchen auf beiden
Talseiten abgebaut.
Abbauende Betriebe
Bettazza Graniti SA, Cevio
Graniti Bionda SA, Cevio
Graniti Maurino SA, Biasca
Fratelli Campana SA, Riveo
Pollini Figli fu Roberto SA, Maggia
Anwendungsbeispiele
Bahnhof Enge, Zürich, CH (Otto und Werner Pfister,
1927)
Bahnhof, Bahnhofplatz und Bälliz, Thun, CH,
Bodenplatten naturgespalten (2000)
Brunnen Lago Montagna, Tessinerplatz, Zürich,
CH (Horst Bohnet, 2006)
ETH-Hönggerberg, Zürich, CH, HCI-Gebäude und
Aussenraum: Boden, Fassade, Treppe, Sitzbänke, Wasserwand (Mario Campi, 2001)
Japanische Botschaft, Bern, CH, Fassadenverkleidung (GWJ-Architekten, 1996)
San Giovanni Battista, Mogno, Tessin, CH,
Aussen- und Innenfassade, Böden, im Wechsel dunkel-hell gestreift aus Maggia und
Cristallina-Marmor (Mario Botta, 1996)
Strandbad Tiefenbrunnen, Zürich, CH, polygonaler
Plattenbelag (Josef Schütz, Willy Roos und
Otto Dürr in Zusammenarbeit mit Hans Nussbaumer, 1954)
38
Onsernone
Onsernone ist ein sehr homogener
dunkel- bis mittelgrauer Gneis
von feiner Körnung und starker
Schieferung.
Zusammensetzung
Das Gestein besteht hauptsächlich aus Quarz,
weissem Feldspat und Biotit (Dunkelglimmer). Die
Minerale Epidot und Zoisit bilden kleine hellgrüne
Partien im Gestein.
Eigenschaften
Onsernone entstammt derselben geologischen Formation wie Maggia und ist optisch kaum von diesem zu unterscheiden. Allerdings wird er anders als
letzterer hauptsächlich maschinell verarbeitet und
lässt sich trotz der ausgeprägten, regelmässigen
Schieferung nur mässig und allenfalls auf 7–8 cm
spalten, da er kompakter ist.
Geschichte
Onsernone wird erst seit den 1960er Jahren kommerziell abgebaut. Während das Tal in den ersten
20 Jahren der Steingewinnung verkehrstechnisch
relativ schlecht angebunden war, wurden die Transportwege in der Folgezeit ausgebaut, so dass sich
einer der heute noch ausgebeuteten OnsernoneSteinbrüche zum grössten in der Schweiz überhaupt entwickeln konnte.
Andere Bezeichnungen
Vergeletto, Onsernonegranit
Abbauort
Onsernone wird in einem Seitental des Onsernonetals, dem Val di Vergeletto, 6 km hinter dem Städtchen Vergeletto in mehreren Steinbrüchen am Hang
abgebaut.
Abbauende Betriebe
Candolfi SA, Vergeletto
Edgardo Pollini + figlio SA, Cavigliano
Onsergraniti SA, Tegna
Anwendungsbeispiele
Bagni di Craveggia, CH, Fussbad und Badewannen (Elena Bonardi, 2015)
Coop-Filialen, schweizweit, Bodenbelag (seit 2001)
ETH Zürich, CH, Sockel IFW-Gebäude & Haltestelle
Haldenegg, Fassadenverkleidung
Helvetia-Hochhaus (ehemals Patria-Verwaltungsgebäude), Basel, CH, Fassadenverkleidung
(Suter & Suter, 1969)
SUVA-Hauptverwaltung, Luzern, CH, Fassadenverkleidung
40
Bildnachweis
Abb. 1: Dr. Leo Wehrli, e-pics / ETH Zürich
(Dia_247-10186)
Abb. 2: Schweizerische Bauzeitung (1908), Bd. LII,
Nr. 21
Abb. 3: e-pics / ETH Zürich (GN_037_01_O)
Abb. 4: Wladyslaw, Wikimedia Commons, File:
Lavertezzo_-_Ponte_dei_Salti2.jpg
Abb. 5: gta Archiv / ETH Zürich (79_062_F_4)
Abb. 6: Roland zh, Wikimedia Commons,
File: Valser Quarzit – Sechseläutenplatz Zürich
2013-05-07 - 16-51 (Xperia Z).jpeg
Abb. S. 13–41: Scans polierter Gneisplatten im
Masstab 1:1 aus der Materialsammlung der
ETH Zürich
Abb. S. 42: e-pics / ETH Zürich (GN_110a_01_O)
Die QR-Codes auf den Seiten 12–40 verweisen
auf die entsprechenden Datensätze der Gneissorten in der Online-Datenbank des Netzwerks
www.materialarchiv.ch.
Gebänderter Gneis aus der
Gotthardtunnelsammlung
von Friedrich M. Stapff (1880),
Erdwissenschaftliche Sammlungen, ETH Zürich
42
Bibliographie
Amsler, Thomas et al.: Corippo. Bauaufnahme an
der TH Stuttgart 1959, Stuttgart 1959.
Bundesplatz. Neugestaltung Bundesplatz Bern
2004, hg. vom Bundesamt für Bauten und
Logistik u. a., Bern 2004.
Die mineralischen Rohstoffe der Schweiz, hg. von
der Schweizerischen Geotechnischen Kommission, Zürich 1997.
Durisch, Thomas (Hg.): Peter Zumthor. Bauten und
Projekte, Bd. 2: 1990–1997, Zürich 2014.
Eckardt, Peter: ‹Natursteine aus der Schweiz und
der übrigen Welt: Geschichte und Stand des
schweizerischen Natursteingewerbes›, in:
Bulletin der Vereinigung Schweiz. PetroleumGeologen und -Ingenieure, 1988, Bd. 54,
Nr. 126, S. 31–37.
Grubenmann, Ulrich / Moser, Robert (Hg.):
Die natürlichen Bausteine und Dachschiefer
der Schweiz, Zürich 1915.
Knoepfli, Adrian: ‹Ein Ausflug zur Steinwirtschaft:
Gneis und Granit›, in: Hochparterre, 2008,
Bd. 21, Nr. 4, S. 36–37.
Labhart, Toni: Steinführer Bundeshaus Bern,
Bern 2002.
Masiero, Roberto: Livio Vacchini, Barcelona 1999.
Mojon, Alex: Steinkunde Kompakt, Gwatt/Thun
2006.
Mostafavi, Mohsen: Structure as Space. Engineering
and Architecture in the Works of Jörg Conzett
and His Partners, London 2006.
Pizzi, Emilio (Hg.): Mario Botta. Das Gesamtwerk,
Bd. 3: 1990–1997, Basel/Boston/Berlin 1998.
Press, Frank u. a.: Allgemeine Geologie, Berlin/
Heidelberg 2008.
Quervain, Francis de: Die nutzbaren Gesteine der
Schweiz, 3. Aufl., Bern 1969.
Regionaler Richtplan regioViamala – Konzept
Materialabbau und -verwertung, 2013:
www. regionviamala.ch/wp-content/uploads/
06_rV_Abbau_Dep_oA_2013.pdf (abgerufen
am 9. September 2016).
Reinsch, Dietmar: Natursteinkunde. Eine Einführung für Bauingenieure, Architekten, Denkmalpfleger und Steinmetze, Stuttgart 1991.
Schwarz, Hanspeter: Die Steinbrüche in der
Schweiz. Die Entwicklung, Merkmale und Probleme des schweizerischen Natursteingewerbes
und die Frage der Versorgung des Landes mit
Natursteinen respektive Naturprodukten, untersucht aus wirtschaftsgeographischer Sicht,
Diss. Universität Zürich, 1983.
Stadler, Robert: ‹Schweizer Grüne sind beliebt:
Andeer-Granit und Vert de Salvan an bedeutenden ausländischen Bauten›, in: Schweizer
Baublatt, 1997, Bd. 108, Nr. 41, S. 2–4.
Stadler, Robert: ‹Quarzit aus dem Valsertal›, in:
Schweizer Baublatt, 1997, Bd. 108, Nr. 41,
S. 44–46.
Stadler, Robert: ‹Als der Berg herunterkam›, in:
Kunst+Stein, 2014, Nr. 2, S. 4–7.
Ulrich, Sebastian: Gesteinskunde. Ein Leitfaden für
Einsteiger und Anwender, Berlin/Heidelberg
2014.
Von Burg, Dominique: Gebrüder Pfister. Architektur für Zürich 1907–1950, Zürich 2000.
Zerbi, Stefano: Construction en pierre massive en
Suisse, Diss. EPFL, Lausanne 2011.
43
Impressum
Texte und Konzeption: Katja Burzer / Martine Vernooij
Gestaltung und Herstellung: István Scheibler
Titelgrafik: István Scheibler nach einer Figur von
Olafur Eliasson und Einar Thorsteinn
Lithographie: Pascal Schmid, b+b repro ag und
Misch Dettling, Fotolabor St. Gallen
Druck und Bindung: Druckerei Albisrieden AG
Lektorat: Eva Dewes
Fachlektorat und Karte: Donat Fulda,
Schweizerische Geotechnische Kommission
© 2016 Materialsammlung ETH Zürich
Herunterladen