6/2013 –7– Architektur Vorbewittert wetterfest – Holzbau in ehrwürdigem Gewand Nicht selten begegnen uns als Lesern von Holzfachzeitschriften, Planern der Architektur und Technikern oder Bauleitern im Hochbau bereits in Ausschreibungsphasen die Begriffe „vorbewittert“ und „Holz“ in einem Satz. Gleichmäßig vorbewitterte Fassaden in Holzverschalung sind keine Seltenheit und bieten optische Gleichmäßigkeit, die die Natur nicht immer einzuhalten gedenkt. Autorin: Sandra Starick Die Zentrale der luxemburgischen Pfadfinderorganisation FNEL interpretiert das Thema Vorbewitterung und Holzbau auf ihre ganz eigene Weise. Massiv und roh, fast ungehobelt wirkt die raue Hülle des Gebäudes bei der ersten Betrachtung. Rötlich schimmernd ist die Fassadengestaltung; von weitem selbst für den Fachmann nicht auf den ersten Blick erkennbar. Erst bei näherem Hinsehen wird klar, die Vorbewitterung hat bei diesem Pfadfinderquartier nichts mit dem Holz zu tun. Cortenstahl – jener rostrote, quasi allzeit wetterfeste Baustoff hüllt das Herzstück der FNEL wie eine Rüstung und gibt erst auf den zweiten Blick, beim Betreten des Objekts selbst, die Fähigkeit des Holzbaus von Heute preis. Wo Auffälligkeit und Dominanz das Außen beherrscht, wirkt die Innenraumgestaltung freundlich und zurückhaltend. Zwei zweigeschossige Baukörper mit zueinander versetzten, leicht geneigten und extensiv begrünten Pultdächern werden durch einen eingeschossigen Gebäudeteil verbunden, der im Erdgeschoss einen Teil des Foyers, Sanitärräume und Küche beherbergt und dessen Flachdach dem Obergeschoss als Terrasse dient. Ein Aufzug macht das Gebäude barrierefrei zugäng- lich und dient außerdem zum Transport der Waren, die im kleinen hausinternen Laden verkauft werden. Die neue Zentrale bietet neben Verwaltungsbereich, Besprechungsräumen, Bibliothek, Shop und einem Mehrzweckraum für 250 Besucher diverse Lagerräume, die die derzeit 25 Pfadfindergruppen in Luxemburg für sämtliches Material ihrer Aktivitäten benötigen. Ebenfalls befindet sich eine kleine Wohnung für ehrenamtliche Mitarbeiter im Gebäude. Vom Süden her erschließt sich das Gebäude über ein weitläufiges Foyer. Der Eingang ist durch einen vorgesetzten Erker betont. Neben dem Eingangsbereich liegen die Büroräume, die unmittelbar auch an die Garage angrenzen. Architektur –8– Im hinteren Teil des Gebäudes liegt der große Mehrzweckraum, der über eine Terrasse auch ins Freie führt. Dieser Raum erstreckt sich über zwei Etagen und kann für Großveranstaltungen genutzt werden. Im oberen Teil des Hauses befinden sich noch kleinere Konferenz- und Besprechungsräume, die alle über eine zentrale Treppe erschlossen werden. Im oberen Teil liegt auch die Einliegerwohnung. Diese hat wie die Grundriss Erdgeschoss Grundriss Obergeschoss 6/2013 Besprechungsräume eine Dachterrasse im Bereich der Fuge, die die beiden Gebäudeteile trennt, erhalten. Somit sind diese beiden Bereiche klar voneinander räumlich und funktionell getrennt. Die Fenster in den Büround Besprechungsräumen sind wie kleine Schaufenster vor die Fassade gesetzt und wesentliche Gestaltungselemente der Fassade. Sie laden ein zum Verweilen und bieten einen attraktiven Blick in die Land- Architektur – 10 – schaft. Durch die dunkelgraue Farbgebung setzen sich diese deutlich von der rostbraunen Fassade ab. Konstruiert in Holzbauweise mit Wand-, Decken- und Dachelementen von Lignotrend, der Dämmung, sowie den dreifachverglasten Fenstern erreicht das Objekt neben den hervorragenden energetischen Werten eine effektive Schallabsorption, die dem Bauherren besonders am Herzen lag. Hierfür wählten die Architekten heisbourgh strotz archi- 6/2013 tectes das hauseigene Akustikprofil von Lignotrend, um den Geräuschpegel zu minimieren. Für die Untersicht sämtlicher Deckenflächen wurden geschlitzte Holzelemente mit dahinterliegenden schallabsorbierenden Holzfaserplatten – dem eigentlichen Akustikprofil – verbaut. Weiterhin wurde übergreifend Augenmerk auf das natürliche Erscheinungsbild von Holz im Innern des Gebäudes gelegt. So wurden die Sichtlagen im Bereich der Böden, Decken und Teilen der Wandflächen Architektur in natürlich gewachsener Weißtanne ausgeführt, bei der lediglich die Aststellen entfernt wurden und somit ein schlichtes und dennoch edles Erscheinungsbild gegeben ist. Für den Aufbau der Holztafelwände wurden Elemente aus Massivholz mit einseitiger Sichtseite aus Echtholz verwendet. Diese Bauteile werden insbesondere als statisch tragende Wandbauteile einge- – 12 – setzt. Bereits im Werk von Lignotrend werden sie als fertig verbaubare Brettsperrholz-Kastenelemente vormontiert und ermöglichen einen reibungslosen Ablauf in der Endmontage vor Ort. Weiterhin bewahren die Bauteile bezüglich ihrer Qualität und Tragfähigkeit das optimale Maß an massivem Holz und sparen gleichzeitig im Querschnitt sinnvoll Ma- terial ein. Die Hohlräume in den Brettlagen ermöglichen zudem eine flexible Installationsführung, die in Gebäuden mit Verwaltungs- oder Versammlungsaktivität besondere Wichtigkeit erfährt. Hinter der Fassadengestaltung aus Stahl verbergen sich Dämmständer mit eingeblasener Zellulose Dämmung. Die Ständer wurden stehend auf die Wände geschraubt und an 6/2013 der Vorderseite mit 15 Millimeter starken, diffusionsoffenen und feuchtebeständig verleimten Holzfaserplatten verschlossen. Weiterhin wurde darauf eine Folie als Windsperre aufgebracht und die Cortenstahl-Platten im Anschluss in eine von den Dämmständern getragene Unterkonstruktion eingehängt. 쐽 Details: Bauherr und Projekt: Zentralstelle des FNEL, Fédération Nationale des Eclaireurs et Eclaireuses du Luxemburg (Verband Luxemburgischer Pfadfinder) Fertigstellung: November 2012 Planung: Architekten: hsa – heisbourg strotz architectes sàrl, Luxemburg Holzbau: Prefalux, Luxemburg Produkte: Außenwände: LIGNO Fux 6, Dämmständer U*psi F mit Zellulose-Dämmung und Cortenstahl-Verkleidung, Innenwände LIGNO Fux 6 Decken: Brettsperrholz-Rippenelemente LIGNO Rippe Q3 sowie Rippe Q3 BV teilweise mit Akustikprofil; Dach: Brettsperrholz-Kastenelemente LIGNO Block Q3 teilweise mit Akustikprofil Raumakustik: Akustikpaneele LIGNO Akustik light in Weißtanne Lageplan