Das Ethikkomitee der SLK-Kliniken Heilbronn 104

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Ethik
Ein Modell für andere Krankenhäuser?
Das Ethikkomitee der SLK-Kliniken Heilbronn
K
rankenhäuser, die ein gut funktionierendes Klinisches Ethikkomitee (KEK) besitzen, möchten diese
Institution längst nicht mehr missen, unabhängig
davon, ob Zertifizierungsanforderungen die Schaffung
ethischer Strukturen fordern oder nicht. Das KEK der SLKKliniken Heilbronn GmbH konnte bei seiner Gründung
und für die wichtige initiale Arbeitsphase bereits von
vielfältigen Erfahrungen anderer Kliniken profitieren, die
uns dankenswerterweise zur Verfügung gestellt wurden.
Doch nicht nur Krankenhäuser, welche ein KEK gründen
wollen, auch bestehende KEKs leben vom ständigen Erfahrungsaustausch mit anderen Kliniken. So hoffen wir, dass
nun auch andere Kliniken von unseren Erfahrungen profitieren können. Wir berichten daher über die Gründungsphase des KEKs, die differenzierten ethischen Strukturen,
welche sich im Laufe der Zeit entwickelt haben, über deren
Verankerung in der Gesamtorganisation des Klinikums,
wie auch über unsere Erfahrungen mit einigen bereits
abgeschlossenen Projekten.
Ausgangssituation
Die SLK-Kliniken Heilbronn GmbH verfügt mit ihren
GàOG 4UBOEPSUFO àCFS DJSDB #FUUFO %FS HSڕUF
Standort, das Klinikum am Gesundbrunnen, verfügt mit
'BDIBCUFJMVOHFO àCFS #FUUFO VOE JTU -FIS
krankenhaus der Universität Heidelberg. Zum Zeitpunkt
der Gründung unseres KEKs gehörte die Klinik Löwenstein noch nicht zu den SLK-Kliniken. Die Klinik verfügt
aber über ein eigenes KEK, zu dem intensive Kontakte
bestehen.
Die besondere Klinikstruktur zur Zeit der Gründung
des KEKs verlangte eine Konzeption, die den folgenden
Punkten Rechnung trug:
FJO ,&, GàS EFO ,MJOJLWFSCVOE NJU TFJOFO EBNBMT WJFS
Standorten;
2. eine feste institutionelle Verankerung im Klinikverbund
mit Satzung, klarer Aufgabenstellung und Beauftragung durch die Klinikleitung;
3. kein „elitäres“ Gremium, sondern eine möglichst breite
Basis unter Einbeziehung des gesamten, mit den Patienten arbeitenden Klinikpersonals.
8JF JN 'PMHFOEFO HF[FJHU XFSEFO LBOO TUFMMU OBDI
unseren Erfahrungen ein Klinikverbund über mehrere
Standorte bei entsprechender Organisationsstruktur keinen Hinderungsgrund für ein gut funktionierendes klinikübergreifendes KEK dar.
Planungsphase
Inspiriert durch eine öffentliche Podiumsdiskussion im
Juni 2002 zum Thema „Medizinisch-theologische Aspekte
JN'JOBMTUBEJVNiNJUEFN#JTDIPGEFS%JÚ[FTF3PUUFOCVSH
Stuttgart und Ärzten des SLK-Klinikums Heilbronn, bildete
sich ein ethischer Arbeitskreis aus sensibilisierten KlinikNJUBSCFJUFSOXFMDIFTJDIJO'PMHFNPOBUMJDIUSBGFOVOEFT
sich zur Aufgabe machten, in den SLK-Kliniken standort-
104
übergreifend ein KEK zu gründen. Es wurde von Anfang an
Wert darauf gelegt, dass dem ethischen Arbeitskreis Vertreter von allen mit Patienten arbeitenden Berufsgruppen
angehörten.
Im Mai 2003 wurde eine weitere Veranstaltung mit Prof.
Dr. Vollmann2 zum Thema „Klinische Ethikberatung an den
SLK-Kliniken Heilbronn – Notwendigkeit und Perspektiven“ durchgeführt, welche für die weitere Planung wertWPMMF *NQVMTF MJFGFSUF 4FIS XJDIUJH XBS TDIMJF•MJDI EJF
extern stattfindende zweitägige Arbeitstagung im Oktober
2003, wo der Arbeitskreis sich genügend Zeit nehmen
konnte, um die letzten notwenigen Schritte zur KEKGründung zu erarbeiten. In verschiedenen Arbeitsgruppen
wurde dort unter anderem die Struktur des KEKs, ein
,PO[FQU GàS FUIJTDIF 'BMMCFTQSFDIVOHFO EJF 4BU[VOH
'PSNFO EFS ½GGFOUMJDILFJUTBSCFJU XJF BVDI 'MZFS GàS EJF
Stationen und für Patienten und Angehörige erarbeitet.
Ebenso wurden auf dieser Tagung bereits die ersten
Projekte des KEK geplant. Gedacht wurde hier an die
Schaffung von Sterbezimmern auf 3 Normalstationen,
wo sich die Angehörigen in Ruhe von ihren Sterbenden
verabschieden und abseits vom hektischen Stationsalltag
betreut werden können. In gleicher Weise sollte in einer
anderen Klinik ein Aufbahrungsraum für bereits Verstorbene geschaffen werden, um sich auch von ihnen in
8àSEF WFSBCTDIJFEFO [V LÚOOFO 4DIMJF•MJDI TPMMUF BVDI
möglichst umgehend eine Leitlinie zum „Verzicht auf
Reanimation“ erarbeitet werden.
Es war uns dabei wichtig, den Klinikmitarbeitern durch
möglichst schnell sichtbare Ergebnisse erkennbar werden
zu lassen, dass das KEK tatsächlich etwas bewirken kann
und nicht etwa lediglich aus Zertifizierungsgründen von
der Geschäftsführung ins Leben gerufen wurde. Diese von
Anfang an effektive Arbeit des KEKs dürfte auch entscheidend zu seiner schnellen Akzeptanz beigetragen und
seine weitere Entwicklung geprägt haben. Die offizielle
,POTUJUVJFSVOHEFT,&,TFSGPMHUFTDIMJF•MJDIJN.ÊS[
durch die Geschäftsführung.
Strukturen und Konzeption
Besonders in der Anfangsphase der Etablierung eines
KEKs gibt es zahlreiche Probleme zu bewältigen. Von
HSP•FN7PSUFJMIBUTJDICFJVOTFSXJFTFOEBTT8FSUEBSBVG
gelegt wurde, die Geschäftsführung gut zu informieren
und aktiv in den Implementierungsprozess einzubinden.
Vielleicht trug dieses gesuchte Miteinander auch zu der
wohlwollenden Begleitung und Unterstützung der Geschäftsführung bei, welche wir immer erfahren durften.
"VGEJFTF8FJTFMJF•TJDI[VNFJOFOEFS*NQMFNFOUJFSVOHTprozess deutlich beschleunigen, zum anderen wurden
4 -,TUFIUGàS4UBEU-BOELSFJT,MJOJLFO
2 Prof. Vollmann war damals noch Professor für Ethik in der Medizin an
der Universität Erlangen/Nürnberg. Er stand uns auch nach der Veranstaltung weiterhin beim Aufbau des KEKs als Begleiter zur Verfügung.
ÄBW 02t
Korrespondenzanschrift
SLK-Klinikum
am Gesundbrunnen
Klinisches Ethikkomitee
Am Gesundbrunnen 20–26
74078 Heilbronn
Telefon
(0 71 31) 49-40 81
(Adriano Paoli)
(0 71 31) 49-25 04
(Dr. Urs Riemann)
E-Mail: ethikkomitee@
slk-kliniken.de
51
Ethik
auch notwendige strukturelle Voraussetzungen durch die
Unterstützung der Krankenhausleitung ermöglicht, wie
EVSDI FJOFO FJHFOFO 'JOBO[FUBU EFS #FSFJUTUFMMVOH WPO
3ÊVNMJDILFJUFO EFS &SNÚHMJDIVOH WPO 'PSUCJMEVOH VOE
neuerdings der Bereitstellung einer Sachbearbeiterin,
wenn auch noch mit nur einem Beschäftigungsumfang
WPO1SP[FOU
Wichtig war uns ebenfalls das Vorherrschen von
„flachen Hierarchien“. Es wurde daher bewusst auf die
#FSVGVOH WPO 'àISVOHTTQJU[FO WPO ÊS[UMJDIFS QGMFHFrischer oder Verwaltungsseite ins KEK verzichtet. Dadurch
wurde nicht nur offene Kommunikation gefördert, sondern
gleichzeitig ein besseres Gefühl für das, was an der Basis
und im Alltag gebraucht wird. Dies ist denn auch die
Voraussetzung dafür, dass wirklich wichtige ethische
Probleme erkannt und effektiv angegangen werden können. Als Ethik im Klinikalltag wird von uns „gutes Handeln“
am und ums Patientenbett im Sinne sittlich-moralischer
Normensetzung verstanden.
Das „Drei-Säulen-Modell“
Abbildung 1:
Drei-Säulen-Modell
des Klinischen
Ethikkomitees
52
Mithilfe eines „Drei-Säulen-Modells“, in dem die verschiedenen Aufgaben des KEKs auch strukturell ihren
festen Platz zugewiesen bekommen, wurde versucht, den
ethischen Anforderungen einer Klinik Rechnung zu tragen
"CCJMEVOH
%JF4ÊVMFVNGBTTUEJFFUIJTDIF#FSBUVOHTtätigkeit des KEKs, die 2. Säule steht für die gesamte inhaltliche Arbeit und umfasst die Projekt- und thematischen
Arbeitsgruppen wie die Erarbeitung von ethischen Leitlinien, die 3. Säule umfasst den Aufgabenbereich „eigene
'PSUCJMEVOHVOE'PSUCJMEVOHWPO.JUBSCFJUFSOiTPXJFEJF
„ethische Bewusstseinsbildung in der Klinik und in der
½GGFOUMJDILFJUi
"MT v 4ÊVMFi LÚOOUF NBO EJF 1BUJFOUFOGàSTQSFDIFS
benennen, welche aber nach ihrer Gründung durch das
KEK eine eigene und unabhängige Institution bilden, die
aber im ständigen Austausch mit dem KEK steht.
Das KEK selbst bildet in diesem „Modell ethischer
Entscheidungsfindung“ die eigentliche Beschluss- und
Repräsentationsinstanz.
ÄBW 02t
KEK – das Entscheidungsgremium
Das eigentliche KEK besteht aus maximal 22 stimmberechtigten Mitgliedern aus allen vier Standorten, wobei das Maximum bisher nie ausgeschöpft wurde. Es ist
interdisziplinär und interprofessionell besetzt. Entsprechend setzt sich das KEK vor allem aus Mitarbeitern der
#FSFJDIF v1GMFHFi v4FFMTPSHFi v4P[JBMEJFOTUi v1TZDIPMPgischer Dienst“ und den Ärzten zusammen, wobei es sich
bei den Ärzten überwiegend um Oberärzte handelt. Aus
den Reihen der Letzteren wurden bisher auch immer die
7PSTJU[FOEFO HFXÊIMU XPNJU XJS HVUF &SGBISVOHFO
gemacht haben. Daneben gehören dem KEK derzeit noch
folgende beratende Mitglieder ohne Stimmrecht an: ein
'BDIBOXBMUGàS.FEJ[JOSFDIUFJOF1BUJFOUFOGàSTQSFDIFSJO
und drei Chefärzte.
Um dem Klinikverbund mit seinen damals vier Standorten Rechnung zu tragen, erfolgt die Rekrutierung der
,&,.JUHMJFEFS BOUFJMNʕJH FOUTQSFDIFOE EFS KFXFJMJHFO
Bettenzahl der Kliniken. Ebenso wird versucht, anhand
eines in der Satzung festgelegten Schlüssels, nicht nur die
verschiedenen Professionen, sondern möglichst auch viele
Abteilungen bei der Auswahl der Mitglieder zu berücksichtigen.
&T IBU TJDI HF[FJHU EBTT JO EFS HSP•FO "O[BIM WPO
KEK-Mitgliedern jedoch auch die Gefahr liegt, dass sich
OJDIU KFEFS HMFJDIFSNB•FO BO %JTLVTTJPOFO CFUFJMJHFO
kann. Auch die Besprechung von Projekten verlangt bei
EJFTFS (SڕF FJOF HVUF .PEFSBUJPO VOE FJOF TUSBGGF -FJUVOH &JOF TPMDIF (SڕF JTU BVDI OVS NÚHMJDI XFOO EJF
wesentliche Arbeit nicht im KEK selbst, sondern in Arbeitsund Projektgruppen geschieht, worauf wir von Anfang an
Wert gelegt haben. In den KEK-Sitzungen werden deren
(Zwischen-)Ergebnisse vorgestellt und diskutiert und
danach entweder zur weiteren Bearbeitung in die Arbeitsgruppen zurückgegeben oder im KEK verabschiedet. Der
Vorteil dieses Modells liegt auch darin, dass diesen Arbeitsgruppen nie nur KEK-Mitglieder angehören, sondern immer auch Mitarbeiter aus Abteilungen, die unmittelbar von
dem jeweiligen Thema betroffen sind. Zusätzlich werden
auch gezielt weitere Klinikmitarbeiter zur Mitarbeit einHFMBEFO%JFTIBUEFOHSP•FO7PSUFJMEBTTEBEVSDIOJDIU
nur die Chancen für eine spätere Akzeptanz der Beschlüsse erhöht werden, sondern gleichzeitig auch das
ethische Gesamtbewusstsein in der Klinik gefördert wird.
Dadurch, dass jeder zur Mitarbeit eingeladen wird und
mitarbeiten kann, wird das KEK auch nicht als „elitäres“
Gremium betrachtet.
Die ethische Beratung (1. Säule)
Die Beratungstätigkeit des KEKs wird durch das
&UIJTDIF,POTJMEFSFUIJTDIFO'BMMCFTQSFDIVOHBVG4UBUJPO
und durch die Ethikvisite auf der medizinischen Intensivstation geleistet.
Das ethische Konsil
,FOO[FJDIOFOE GàS EJF FUIJTDIF 'BMMCFTQSFDIVOH BVG
Station ist die Beteiligung aller Berufsgruppen, die mit
dem Patienten befasst sind. Ziel ist ein möglichst weitreichender Konsens über das weitere Vorgehen, welcher
sich vor allem an den Prinzipien der Autonomie, des
Wohls und Nicht-Schadens, jeweils natürlich aus der
Ethik
Sicht des Patienten, zu orientieren hat. Um in einem zeitlich akzeptablen Rahmen dieses Ziel erreichen zu können,
CFEBSGFTFJOFSTZTUFNBUJTDIWPSHFIFOEFOVOEFSGBISFOFO
.PEFSBUJPO /BDI 4BNNFMO BMMFS OPUXFOEJHFO 'BLUFO
und Informationen werden zunächst Handlungsalternativen aufgelistet, welche sodann mittels den ethischen
Prinzipien nach dem Vorbild der von Beauchamp und
Childress entwickelten angewandten Medizinethik3 abgewogen werden.
Das ethische Konsil wird von eigens dafür geschulten
Moderatoren auf der jeweils anfordernden Station geleitet.
Der Moderator selbst gehört nie dem dortigen Behandlungsteam an. Im Regelfall wird ein ethisches Konsil von
zwei Moderatoren durchgeführt. Dies ist auch deswegen
empfehlenswert, damit, auch bei geringer Inanspruchnahme von Ethischen Konsilen, jeder Moderator „in
Übung“ bleibt, Erfahrungen sammeln kann und eine
gewisse Routine entwickelt. Letzteres ist insbesondere
für neu ausgebildete Moderatoren wichtig. Bevor diese
BMMFJO FJOF 'BMMCFTQSFDIVOH àCFSOFINFO LÚOOFO CFEBSG
es der Übung und Erfahrung, ansonsten würde sich diese
Institution selbst in ihrer Akzeptanz und ihrem Bestehen
gefährden.
Die vom ethischen Konsil gefassten Beschlüsse haben
Empfehlungscharakter und sind für den behandelten Arzt
nicht zwingend bindend. Unsere bisherigen Konsile
zeigten jedoch bei allen Beteiligten, auch bei den Angehörigen, immer eine hohe Zufriedenheit mit dem erreichten Konsens, sodass es immer gelang, auch mögliche
vorherige Befürchtungen zu zerstreuen. Bisher wurden die
Empfehlungen immer vom zuständigen Arzt mitgetragen
und auch umgesetzt. Trotzdem ist es uns bisher nicht
gelungen, mit diesem Angebot alle Klinikbereiche zu erreichen. Es erweist sich noch immer als schwierig, bestehende Befürchtungen nicht nur auszuräumen, sondern
auch die Chancen, die ein ethisches Konsil für eine gute
und patientengerechte Therapieentscheidung beinhaltet,
zu vermitteln. So stellt gerade das Ethische Konsil eine
gute Hilfestellung bei schwierigen Entscheidungsfindungen wie Therapiezieländerung oder Therapielimitierung dar und bietet darüber hinaus die Möglichkeit,
GàS EJFTF HSP•F 7FSBOUXPSUVOH EJF FYQMJ[JU OJDIU CFJ
den Angehörigen liegen bleiben darf, einen breiten Grundkonsens zu finden.
Eine gute Chance, auch bisher nicht erreichte Bereiche
zur Beantragung ethischer Konsile zu gewinnen, bietet sich
im Rahmen der Moderatorenfortbildung an.
Moderatorenausbildung
'àS FJOF FSGPMHSFJDIF %VSDIGàISVOH WPO &UIJTDIFO
Konsilen und deren Akzeptanz bedarf es eines entspreDIFOE [VHFTDIOJUUFOFO "VT VOE 'PSUCJMEVOHTLPO[FQUT
Inhalte der Ausbildung sind die Vermittlung von ethischen
und rechtlichen Grundkenntnissen und der Erwerb von
Kompetenzen in der Gesprächsmoderation. Die letzte
Moderatorenausbildung wurde bei uns von Prof. Marckmann (Tübingen) nach dem Curriculum „Ethikberatung
im Krankenhaus“ in der Akademie für Ethik in der Medizin
e. V. (AEM) durchgeführt.
Die ausgebildeten Moderatoren treffen sich vier Mal
JN+BIS[VFJOFS[XFJTUàOEJHFO'PSUCJMEVOHBVGEFSKFXFJMT
FJOF HFNFJOTBNF 'BMMCFTQSFDIVOH NJU 3PMMFOBVGUFJMVOH
stattfindet und sich daraus ergebende Einzelfragen be-
TQSPDIFO XFSEFO ;VS7PSTUFMMVOH FJOFT 'BMMFT CJUUFO XJS
auch Klinikbereiche, in welchen wir bisher keine Ethischen
,POTJMFEVSDIHFGàISUIBCFO%JF'ÊMMFXFSEFOEBOOKFXFJMT
von einem dort tätigen Arzt und einer Pflegekraft vorHFTUFMMU %JFTF GàS EJF 'PSUCJMEVOH OPUXFOEJHFO 'BMM
vorstellungen, bieten somit auch eine gute Chance und
Gelegenheit, die Art der Durchführung ethischer Konsile
auch Mitarbeitern von bisher noch nicht erreichten KlinikCFSFJDIFO BO FJOFN TFMCTU FJOHFCSBDIUFO 'BMM FYFNQMBrisch vorzuführen und so künftig vielleicht auch von dort
angefordert zu werden.
Die Ethikvisite
Seit circa einem Jahr haben wir auf der medizinischen
Intensivstation eine Ethikvisite installiert. Einmal in der
Woche wird hier, im Rahmen einer etwas veränderten
0CFSBS[UWJTJUF KFEFS 1BUJFOU VOUFS FUIJTDIFO 'SBHF
stellungen einer Standortbestimmung unterworfen.
Dabei nehme ich (AP), als Vertreter des KEK mit entsprechender Ausbildung in ethischen und rechtlichen
'SBHFO EJF "VGHBCF XBS BOIBOE FJOFS $IFDLMJTUF EBGàS
Sorge zu tragen, dass die entsprechenden Informationen
eingeholt werden, notwenige Therapieziel- und Therapieänderungen besprochen werden und der für die Ethikvisiten geplante Ablauf vor und im Patientenzimmer
eingehalten wird. Die Ethikvisite hat so vor allem präventiven Charakter und hat insbesondere den Patientenwillen und dessen Übereinstimmung mit dem Therapieziel und der Therapieplanung im Blick. Durch die Beteiligung der jeweils zuständigen Pflegeperson bei der
Patientenbesprechung werden so gleichzeitig Therapieentscheidungen für alle transparent und mitgetragen,
was sich wiederum positiv auf das Behandlungsteam und
das Verhältnis Arzt – Pflege auswirkt. Gleichzeitig wird
EVSDI EJF SFHFMNʕJH TUBUUGJOEFOEF &UIJLWJTJUF BVDI EBT
ethische Bewusstsein auf der Station gefördert, was
wiederum die ganzheitliche Wahrnehmung der Patienten
fördert und der Zufriedenheit von Patienten, Angehörigen
und dem Behandlungsteam dient.
3 Beauchamp und Childress 2009. Eine sehr gute Auseinandersetzung
NJUEJFTFO1SJO[JQJFOCJFUFU3BVQSJDI
*O EFO 4-,,MJOJLFO XFSEFO KÊISMJDI DJSDB FUIJTDIF 'BMMCFTQSFchungen durchgeführt.
ÄBW 02t
53
Ethik
Themenbezogene Arbeits- und Projektgruppen
und Leitlinienarbeit (2. Säule)
Dieser Aufgabenbereich gilt der Bearbeitung vorgefundener ethisch problematischer Situationen wie auch
einfach der generellen Verbesserung bisheriger Standards,
welche den Patienten zugutekommen. Es gehört zu den
wesentlichen Aufgaben des KEKs, über die Einzelberatung
hinaus bei der Verbesserung von Strukturen und Arbeitsabläufen mitzuarbeiten, damit ethisches Handeln durch
sie gefördert und nicht behindert wird und so auch die
nötigen Voraussetzungen und Bedingungen für neue
ethische Projekte geschaffen werden.
Bisher gab es Arbeits- und Projektgruppen zu folgenden Themen:
– Sterbekultur (Umgang mit Sterbenden und Verstorbenen) sowie die Einrichtung von Sterbe- und Abschiedszimmern
– Palliative Care, woraus sich die Einrichtung einer Palliativstation in der Klinik für Hämatologie und Onkologie
gründet und in einer anderen Klinik eine konsiliare
Palliativversorgung geschaffen wurde
o 6NHBOH NJU GSFJIFJUTFOU[JFIFOEFO .B•OBINFO BVG
Intensiv- und Normalstationen wie auch Klärung der
Bedingungen zur Einrichtung (vorläufiger) Betreuungen
– Verzicht auf Wiederbelebung/Therapiezieländerung/
Therapiebegrenzung
– Interkulturelle Belange (wie Umgang mit sprachlichen,
kulturellen und spirituellen Verschiedenheiten)
– Perinatalzentrum mit seinen Problemen bei RisikoTDIXBOHFSTDIBGUVOE'SàIHFCVSUMJDILFJU
– Verbesserung der Arzt-Patienten-Kommunikation (Studie der Medizinischen Kliniken Heilbronn in Kooperation
NJU EFS ,MJOJL GàS 1TZDIPTPNBUJL VOE "MMHFNFJOF ,MJnische Medizin der Uni Heidelberg)
o ½GGFOUMJDIFFUIJTDIF7FSBOTUBMUVOHFO
– Patientenverfügungen/PV-Initiative (siehe unten)
– Patientenfürsprecher (siehe rechts)
/ÊIFS FJOHFIFO XFSEF JDI JN 'PMHFOEFO BVG EJF 1BUJFOtenverfügungsinitiative, welche im Sommer dieses Jahres
mit ihrer Arbeit beginnen wird, und auf die Gruppe der
1BUJFOUFOGàSTQSFDIFSBMTv4ÊVMFi
PV-Initiative
Kurz nach der Arbeitsaufnahme des KEKs wurde ein
Konzept entwickelt, wonach jeder Patient schon bei der
Patientenaufnahme nach dem Vorliegen einer Patientenverfügung befragt und das Ergebnis im Patientenstammblatt festgehalten wird, um im Notfall oder bei
Verschlechterung des Allgemeinzustands im Sinne der
Patientenautonomie handeln zu können. Sofern keine
Patientenverfügung vorhanden ist, wird dem Patienten ein Informationsblatt darüber ausgehändigt, auf
welchem ihm auf Wunsch auch Beratung zu Vorsorgeverfügungen und vorsorgenden Vollmachten im Gesundheitsbereich angeboten wurde. Nach einer 3-monatigen
Pilotphase, die von Patienten sehr positiv bewertet wurde,
konnte nach Zustimmung durch die Klinikleitung die
4JFIFIJFS[V4DIFGGPME
54
ÄBW 02t
S PVUJOFNʕJHF "CGSBHF BVG 7PSIBOEFOTFJO FJOFS 1BUJFOtenverfügung an allen Standorten des Klinikums eingeführt werden.
Aufgrund der zunehmenden Nachfrage und der Bedeutung von Vorsorgeverfügungen für den Gesundheitsbereich wurde im letzten Jahr damit begonnen, eine Patientenverfügungs-Initiative ins Leben zu rufen, die auch
BV•FSIBMC EFS ,MJOJL OJFEFSTDIXFMMJH #FSBUVOHTBOHFCPUF
nach dem Konzept der „Esslinger Initiative“ und der „Vorsorgeinitiative Tuttlingen“ (VIT) anbieten soll. In Zusammenarbeit mit bestehenden Einrichtungen, Vereinen und
Verbänden wurde ein entsprechendes Beratungskonzept
erarbeitet. Nach diesem Konzept werden die schon bisher
in der Beratung Tätigen zusammen mit entsprechend
ausgebildeten Ehrenamtlichen sich in der neu gegründeUFO*OJUJBUJWFv4FMCTU#FTUJNNFOi[VTBNNFOTDIMJF•FOVOE
im Sommer dieses Jahres ihre Beratungstätigkeit aufnehmen. Ergänzt werden wird diese Arbeit durch öffentliche
Veranstaltungen der Initiative zum Thema und die Auslage
WPO 'MZFSO JO (FTVOEIFJUT 1GMFHF VOE "MUFOFJOSJDItungen, sowie auch etwa in Arztpraxen, Apotheken, Kirchen, Behörden, usw. Hiermit beginnt gleichzeitig eine
neue Ära des KEKs, welches vermehrt über die Klinik hinaus
tätig wird und sich mit anderen Einrichtungen vernetzt.
Dies führt nicht zuletzt auch dazu, dass das KEK, innerhalb
XJFBV•FSIBMCEFS,MJOJL[VOFINFOEVOECFTTFSXBISHFnommen wird und so auch die Effektivität seiner Arbeit
erhöhen kann.
Ethische Bewusstseinsbildung und Fortbildung
(3. Säule)
Eine wichtige Institution für die ethische Bewusstseinsbildung stellt das „Offene Ethikforum“ dar. Dieses war
CFTPOEFST[V#FHJOOEFT,&,TWPOHSP•FS#FEFVUVOHVOE
EJFOUFEFN,&,[VNFJOFOBMT½GGFOUMJDILFJUTPSHBOJOOFShalb des Klinikums, zum anderen als ein erweitertes Beratungsgremium für alle interessierten Klinikmitarbeiter, die
sich so möglichst früh an Prozessen beteiligen und für
thematische Arbeitsgruppen gewonnen werden konnten.
Das „Offene Ethikforum“ wollte damit auch die Transparenz
der KEK-Arbeit fördern und somit die Akzeptanz der Beschlüsse bei den Klinikmitarbeitern erleichtern.
Zunehmend bieten wir in diesem Rahmen aber
BVDI FUIJTDIF (SP•WFSBOTUBMUVOHFO JO 'PSN WPO UIFNBUJTDIFO ÚGGFOUMJDIFO 7PSUSÊHFO PEFS &UIJLTZNQPTJFO BO
Ethik
VOE MBEFO EB[V BVDI *OUFSFTTFOUFO BV•FSIBMC EFS ,MJOJL
wie niedergelassene Ärzte, Mitarbeiter von Alten-, Pflegeheimen und von Betreuungseinrichtungen, gezielt ein.
Die Themen hierfür kommen in der Regel von den Projektgruppen.
Im Herbst jeden Jahres wird ein zweitägiges externes
'PSUCJMEVOHTTFNJOBSGàSEJF.JUHMJFEFSEFT,&,TVOETFJOFS
Arbeitsgruppen durchgeführt. Neben den Vorträgen exterOFS'BDISFGFSFOUFOXJSEEJF;FJUIJFSBVDIHFOàU[UVNJO
den bestehenden Arbeitsgruppen an laufenden Projekten
weiter zu arbeiten. Ebenso wird auf diesem Seminar die
Jahres- und Projektplanung für das kommende Jahr festgelegt. Gerade für die sehr motivierten KEK-Mitarbeiter
bietet so ein Seminar die Möglichkeit, das eigene Mandat
zu festigen, eine Bestätigung der eigenen, häufig zusätzlichen, ethischen Arbeit rückgemeldet zu bekommen und
Perspektiven aufzuzeigen.
Patientenfürsprecher („4. Säule“)
Die vom KEK initiierte und in Zusammenarbeit mit
der Geschäftsführung aufgebaute Institution der Patientenfürsprecher arbeitet nach ihrer offiziellen Einsetzung
als unabhängige Institution neben dem KEK. Die externen
und ehrenamtlichen Patientenfürsprecher sind auch
gegenüber dem Klinikum weitgehend unabhängig,
wenngleich sie auch in das Beschwerdemanagement
der Klinik integriert sind. Ihre Hauptaufgabe besteht
darin, Anregungen und Beschwerden von Patienten zu
prüfen und gegenüber dem Krankenhaus zu vertreten.
Neben der Vermittlung bei Kommunikationsproblemen
mit Mitpatienten, Pflegepersonen und Ärzten sind
Patientenfürsprecher auch präventiv tätig, indem sie
auf mögliche Mängel, zum Beispiel innerhalb organisatorischer Strukturen, frühzeitig aufmerksam machen.
Insgesamt konnten für alle Standorte des Klinikums
ehrenamtliche Patientenfürsprecher gewonnen werden,
die im wöchentlichen Turnus ihre Aufgaben wahrnehmen
und damit einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung
der Patientenzufriedenheit im Klinikum und mithin für
das Beschwerdemanagement insgesamt leisten. Eine
Vertreterin der Patientenfürsprecher wurde als Mitglied in das KEK aufgenommen. Ebenso wurde ein jährliches Treffen des KEKs mit den Patientenfürsprechern
vereinbart. Durch diesen strukturell gesicherten Aus-
tausch bekommt das KEK frühzeitig Kenntnis von Unzulänglichkeiten und kann, sofern diese in seinen Aufgabenbereich fallen, frühzeitig über Verbesserungsmöglichkeiten nachdenken.
Fazit
Der vorliegende Erfahrungsbericht macht deutlich,
dass ein hohes Engagement der KEK-Mitglieder und eine
gute Einbindung der Klinikleitung Voraussetzungen für
eine erfolgreiche Etablierung eines KEKs darstellen.
Darüber hinaus hat sich als besonders wichtig erwiesen:
o 7FSNFJEVOHEFS#JMEVOHFJOFTvFMJUÊSFOi;JSLFMT'ÚSEFrung der Akzeptanz durch Einbeziehung vieler Klinikmitarbeiter in Projektgruppen (KEK-Mitgliedschaft ist
keine Voraussetzung!)
– Ausgewogenheit der unterschiedlichen Professionen
im KEK
o ;VTJDIFSVOH FJOFT FJHFOTUÊOEJHFO 'JOBO[FUBUT EVSDI
die Klinikleitung
– Dienstzeitenvereinbarung: Die Arbeit im KEK, den ArCFJUTHSVQQFOVOEEJFKÊISMJDIF[XFJUÊHJHF'PSUCJMEVOH
sind Dienstzeiten.
– Entwicklung einer Satzung und deren Verabschiedung
durch die Geschäftsführung
– Schnell vorzeigbare sichtbare Ergebnisse
o ,FJOF 7FSOBDIMÊTTJHVOH FJOFS v4ÊVMFw &UIJTDIF 'BMM
besprechungen, Arbeits- und Projektgruppen, wie
EJF 'ÚSEFSVOH EFT FUIJTDIFO #FXVTTUTFJOT TPMMUFO JO
gleicher Weise Beachtung finden.
Adriano Paoli
Stellvertretender Vorsitzender des Klinischen Ethikkomitees
der SLK-Kliniken Heilbronn GmbH
Norbert Scheffold
Medizinische Klinik I, Klinikum Memmingen, Memmingen
(früherer Vorsitzender des Klinischen Ethikkomitees
der SLK-Kliniken Heilbronn GmbH)
Urs Riemann
Vorsitzender des Klinischen Ethikkomitees
der SLK-Kliniken Heilbronn GmbH
Literatur
Steinkamp, N., Gordijn, B.:
Ethik in Klinik und
Pflegeeinrichtungen:
ein Arbeitshandbuch.
,ÚMO-VDIUFSIBOE
Beauchamp, T. L., Childress,
+'1SJODJQMFTPG
Biomedical Ethics. New York:
0YGPSE6OJWFSTJUZ1SFTT
3BVQSJDI04UFHFS')STH
Prinzipienethik in der
#JPNFEJ[JO'SBOLGVSU
$BNQVT7FSMBH
Scheffold, N.: u. a. Konzept
zur Therapiebegrenzung
in der Intensivmedizin.
In: Intensivmedizin und
/PUGBMMNFEJ[JOo
http://www.springerlink.com/
DPOUFOUOMOI
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ÄBW 02t
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