Motivation der Jugend im Blasorchester

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DIPLOMARBEIT
JUGENDREFERNTEN SEMINAR
Motivation der Jugend
im Blasorchester
vorgelegt von
Martin Liegl
Sommer 2005
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Fragenkatalog der Umfragen
3. Umfragenbeispiele
4. Analyse der Umfragen
5. Jugendarbeit einst und jetzt – daraus resultierende Veränderung der
Jugendmotivation in der Blasmusik
6. Soziale und gesellschaftliche Stellung der Jugend in der Blasmusik
7. Nachwort
1. Vorwort
Das Bild der Jugend erfuhr im gesamten 20.Jahrhundert eine gewaltige Veränderung. Speziell
das Jahr 1968 brachte zum ersten Mal den Begriff einer Jugendkultur ans Tageslicht. Von nun
an wurde die Jugend einerseits Ziel einer neuen Geisteshaltung, andererseits, besonders ab
den späten Achzigerjahren zu einem begehrten Ziel der Marktforscher und Konzernchefs. So
ziemlich alle großen Firmen zB Coca Cola, McDonalds, adidas, und wie sie alle heißen
mögen, sind erst mit dem Jugendhype so richtig marktführend geworden. Und besonders der
inzwischen eingesetzte ständige Drang nach fortwährender Jugend und Aktivität macht
zunehmend ältere Konsumenten zu Verbrauchern dieser Produkte, um sich einen Hauch von
Vitalität aufzusaugen. Das liegt zum einen daran, daß die Protagonisten selbst schon ein
wenig in die Jahre gekommen sind, andererseits durch verstärkte Adaptierung der
verschiedenen Produkte auf die Bedürfnisse der schon etwas älteren Generation.
Nun mag man sich fragen, in welchem Zusammenhang das alles mit Blasmusik stehen mag.
Sieht man sich heute die Bemühungen um die Jugend beginnend mit dem traditionellen
Musikverein bis hin zu nationalen und internationalen Verbänden an, so erkennt man schnell,
wie offensichtlich darauf angewiesen diese alle sein müssen.
Längst sind die vor- und herzeigbaren Leistungen alle im Rahmen von jugendfördernden
Projekten und Wettbewerben zu finden. Die mediale Verarbeitung der älteren Generation
verbleibt mittlerweile auf dem Niveau des alternden Vereinsmitgliedes, dem ein
Jubiläumsabzeichen für 50 Jahre Vereinszugehörigkeit angesteckt wird. Hingegen sieht man
von der Blasmusikzeitung bis zum Regionalteil einer Tageszeitung ständig lachende
Gesichter von „prima la musica“-, oder „Spiel in kleinen Gruppen“- oder sonstigen
Teilnehmern von Wettbewerben und Projekten.
Das wiederum ist wichtig für Eltern und Erziehungsberechtigte, da bekanntlich das Hobby
Musik nicht gerade zu den preiswertesten Freizeitgestaltungen der Sprößlinge dient.
Schließlich tut so ein gar nicht so kleiner Erfolg der Motivation für alle Beteiligten nicht
wirklich einen Abbruch.
Die Motivation der Jugend und auch ihrer Förderer soll nun auf den folgenden Seiten etwas
näher durchleuchtet werden.
Als einzig wahre Informationsquelle wählte ich Interviews, von denen ich auch vier direkt in
meiner Arbeit präsentieren möchte.
Gerade die Gespräche förderten die zum Teil unterschiedlichen Sichtweisen und
Voraussetzungen zu Tage, womit wieder bewiesen wäre, wie vielschichtig dieses Thema der
Jugendmotivation in der Blasmusik ist.
Schließlich kommt Motivation vom lat. „movere“, daß bekanntlich „bewegen“ heißt. Wie und
wodurch soll man Jugend im/ins Blasorchester bewegen?
2. Fragenkatalog der Umfragen
1. Wie bist Du zur Blasmusik gekommen? In welchem Alter?
2. Was macht Dir an Blasmusik Spaß? Worin liegt deine persönliche Motivation?
3. Worin, Deiner Meinung nach, liegt der Anreiz für einen Jugendlichen heute in einem
Blasorchester/Musikverein zu spielen?
4. Hältst Du die Jugend in deinem Verein für motiviert?
5. Hast Du den Eindruck, daß in deiner Jugend bzw als Du begonnen hast, genug für die
Jugend getan wurde?
6. Wird heute ausreichend für die Jugend im Verein Aktivitäten etc angeboten?
7. Wo bleibt, Deiner Meinung nach, der Anreiz für Jugendliche in einer Musikkapelle
auf der Strecke?
8. Thema Sommerkurse, Seminare, vereinsüberschreitende Projekte
9. Hat Dich die Blasmusik in Deiner eigenen musikalischen Entwicklung eher gefördert
oder eher gebremst?
10. Wie sehr hältst Du das Mitwirken in einem Musikverein für präventiv von Alkohol
und Drogenmißbrauch?
11. Nenne die größten Fehler in der Jugendarbeit, die Dir einfallen?
12. Die Leistungsanforderungen in der Schule, im Beruf etc steigen ständig durch die
Einführung der 5-Tage-Woche etc. Wie sehr schlägt sich das auf die vereinsorientierte
Blasmusik nieder?
3. Umfragebespiele
Daniel Weinberger, 26
BezKpm, MS Leiter Frantschach/St.Gertraud
Trompete, Kpm Werkskapelle Frantschach
1. Der Einstieg in Orchester erfolgte im Alter von 10 Jahren. Verantwortlich dafür war, daß
der damalige Kapellmeister mein Privatlehrer war. Zu dem war und ist mein Vater
Mitglied bei der Werkskapelle.
2. Ein Hauptgrund ist sicher jener, daß ich damit aufgewachsen bin. Es faszinieren mich vor
allem die vielen Möglichkeiten, die man mit dem Genre Blasmusik hat. Auch das
Kleingruppenspiel bereitet mit großen Spaß. Nicht außer acht zu lassen ist natürlich die
Gemeinschaft unter den Musikern und das Gesellschaftliche im allgemeinen. Vor allem
bezeichne ich mich selbst als Vereinsmensch und dafür war sicher mein Lehrer
verantwortlich. Auch ist es sehr schön den Erarbeitungsprozess eines Konzertes
mitzuerleben. Und wenn dann mit einem gewissen Druck und entsprechender
Programmauswahl der Funke aufs Publikum hinüberspringt, sieht man über vieles
hinweg.
3. Der Anreiz liegt sicher nicht in der gespielten Literatur. Hat ein junger Musiker eine
gewisse soziale und gesellschaftliche Einstellung, macht ihm das Spiel im Blasorchester
Spaß. Wesentlich ist, daß die Gesamtstimmung im Verein passen muß. Wie sich ein
Musikverein nach außen verkauft, wie sein Auftreten in der Öffentlichkeit ist,
entsprechend attraktiv ist er. Zwar etwas widersprüchlich, aber meiner Meinung nach
zutreffend ist, daß Jugend auch vorhanden sein muß, da der junge Musiker Gefahr läuft
sich nicht wohl zu fühlen, ohne weitere Gleichaltrige. Im Endeffekt wirbt die Jugend für
sich selbst.
4. Ja, ich halte die Jugend für sehr motiviert.
5. Es gab vor 15 Jahren definitiv keine Jugendarbeit, im speziellen da es sich damals um eine
reine Werkskapelle handelte. Es gab absolut keine Jugend und ich war mit Abstand der
jüngste Musiker. Da aber vor Ort keine Musikschule eingerichtet war, war es auch nahezu
unmöglich Jugend zum Verein zu bekommen. Erst allmählich wurde in kleinen Schritten
mit Jugendarbeit begonnen.
6. Ich denke schon, daß ausreichend für die Jugend unternommen wird. Besonders jetzt wo
überall der Boom einsetzt. Es werden vor allem verschiedene Aktivitäten gestartet wie
Kegelscheiben, Schlittenfahren im Winter und vieles mehr. Ich versuche besonders mit
Ensemblespiel die gegenseitige Motivation anzuregen. Man soll auch unbedingt ständig
den Stellenwert der Jugend aufzeigen. Sie schaffen viel mehr, als man mitunter für
möglich hält. Es ist kein Problem die Jugend bei Konzerten, Festen etc selbständig
verschiedenes organisieren zu lassen. Es geht einfach darum, Verantwortung zu
übertragen, den Jugendlichen das Gefühl zu geben, daß man gebraucht wird. Es
funktioniert dann zwar nicht immer und alles, weil es handelt sich eben doch um
Jugendliche, aber größtenteils funktioniert es.
7. Das Blasorchester spricht für sich. Das heißt das Problem ist der traditionelle
Blasmusikbegriff, also die Bierzeltmusi. Die Alteingesessenen versuchen der Jugend
oftmals diesen Begriff weiter zu geben.
8. Derartige Veranstaltungen sind das beste, was es gibt. Je mehr man sie in Anspruch
nimmt, desto besser ist es. Gerade dabei kann man lernen vom Neidgedanken
wegzukommen und es entstehen vereinsübergreifende Freundschaften. Verschiedene
Auswahlorchesterprojekte bergen aber die Gefahr, daß ein Talent oft mit Gewalt in einem
Orchester gehalten wird, in welchem das musikalische Niveau nicht entsprechend ist. In
all diesen Projekten darf es aber keine Streitereien geben und es haben dort keine sog
„Vereinsgschichtln“ etwas verloren.
9. Ich glaube schon, daß mich die Blasmusik in meiner Entwicklung gefördert hat. Für die
Routine zählt jeder gespielte Takt. Ich hatte je nach dem das Glück bzw die Mühe als
junger allein die erste Trompete in einem 40 Mann Orchester spielen zu müssen. Rein
musikalisch betrachtet ist es schwer zu beurteilen in wie weit mir die Blasmusik hilfreich
war. Jedenfalls möchte ich keine Stunde missen.
10. Ich halte die Aussage für nicht ganz zutreffend. Es passiert eher ungewollt wenn 13 bis 17
Jährige unter Obacht von Erwachsenen im Verein sind. Aber die Wahrscheinlichkeit ist
sicher größer, das gilt übrigens für jeder Art von Verein.
11. Der größte Fehler ist der die Jugend zu Dingen zu zwingen, die sie absolut nicht will. Das
beginnt sogar schon mit der Frage des Erlernens eines Instruments überhaupt. Und dann
muß nicht zwanghaft der Weg in Blasorchester folgen. Die Freiwilligen sind die besseren
Musiker. Auch töricht ist die oftmals gemachte Zwangsmotivation.
12. Es wir für die Musiker, Lehrer und Kapellmeister sicher zum Problem werden. Es wäre
einfach sehr wichtig, bereits in der elementaren Stufe Musik anzubieten. Eltern sind aber
auch oft selbst Schuld, da sie in erster Linie um ihre eigene Ruhe besorgt sind und nur
unreflektiert ihre Kinder fördern. Und natürlich ist nach einem langen Schultag auch keine
Konzentration zum Üben mehr da.
Raimund Kirchheimer, 29
Stadtmarketing St.Veit/Glan
Tenorhorn, Posaune, Kpm Fwm Pölling
1. Ich begann im Alter von 10 Jahren im Musikverein zu spielen. In meinem Fall wurde ich
im klassischen Stil angeworben, also durch eine Instrumentenvorstellung auf den
Geschmack des Musizierens gebracht.
2. Mir macht es Spaß, mit einem Blasorchester gute Musik zu machen. Gut heißt jetzt aber
nicht Stufe E zu spielen, sondern eine Interpretation mit entsprechenden „Drive“. Ein
schönes Erlebnis diesbezüglich war ein Kurkonzert in Unterbesetzung zu spielen, und die
Musiker, die da waren spielten so musikalisch, wie noch nie zuvor. Das wichtigste an der
Musik ist die Energie, die dahinter steckt.
3. Es gibt zu diesem Punkt zwei Seiten: 1. Kinder, die ein Instrument spielen, da es die
Eltern wollen oder 2. Kinder, die es von sich aus wollen. Diese Erfahrung habe ich
besonders in meiner Gemeinde. Entsprechend verläuft dann die weitere musikalische
Entwicklung. Ich glaube, es ist das erste Ziel eines Bläserschülers in einem Blasorchester
zu spielen. In weiterer Folge hängt es primär vom Kapellmeister ab, die Motivation zu
stärken. Und natürlich die Kameradschaft im Verein selbst; in schlechter Stimmung ist
kein effizientes Proben möglich. Der Anreiz eines Jugendlichen liegt neben der Musik an
sich speziell am Klang dieser Musik. Was dann daraus wird, liegt im Ermessen des
Kapellmeisters.
4. Ob die Jugend in meinem Verein motiviert ist? Hmm..., eine schwierige Frage. Es gibt
solche und solche. Ich sehe ein Problem in den vielen Verpflichtungen, die ein junger
Mensch heute wahr nimmt. Ich glaube grundsätzlich schon, daß sie sich von mir
motivieren lassen. (lacht)
5. Was in meiner Anfangszeit für die Jugend getan wurde, war im wesentlichen auf
Eigeninitiative zurückzuführen. Es gab des öfteren Parties, zu denen aber alle Mitglieder
des Vereins eingeladen wurden. Aus dem Erlös wurden weitere Aktivitäten gestartet.
Ansonsten wurde vom Musikverein immer die Teilnahme an Sommerkursen finanziell
unterstützt.
6. Eigentlich nichts besonderes, leider.
7. Das sind die natürlichen Dinge, die eben in diesem Alter wichtiger erscheinen mitunter,
also die erste Liebe, kein freies Wochenende durch die vielen Auftritte, das gewisse
Unterordnen im Verein, die damit verbundenen Pflichten und vor allem das Überangebot
an Freizeitaktivitäten, die man heute geboten bekommt.
8. Ich halte diese Projekte für eine ganz tolle Einrichtung. Um aber attraktiv zu bleiben
gehört ein entsprechendes Rahmen- und Freizeitprogramm. Man sollte versuchen auch
Kinder hinzubringen, die zahlreiche andere Interessen haben. Auf jeden Fall trägt dies
irrsinnig zur musikalischen Entwicklung bei.
9. Ich habe auf jeden Fall viel gelernt durch die Blasmusik. Mein Hauptproblem war aber 10
Jahre lang ein Instrument spielen zu müssen, das schlecht stimmte. Da kann man sich
leicht sein Gehör kaputt machen. Sehr wertvoll für mich war auch meine Zeit in der
Militärmusik. Und ganz phantastisch ist klarerweise das Ensemblespiel im Brass-Bereich.
10. In bezug auf Drogenprävention ist ein Musikverein auf alle Fälle förderlich. In meiner
Musikkapelle ist Alkoholkonsum unter 16 auch gar nicht gestattet. Auch früher gab es nur
ganz selten Ausnahmefälle. Das ganze Problem ist eher eines der Gesellschaft. Es gibt
Vereine, die sicher Probleme damit haben, aber in den meisten wird diesbezüglich
vorbildlich gearbeitet.
11. Ein Hauptproblem sind sicher die zum Teil schlechten Instrumente, die den jungen
Musikern zur Verfügung gestellt werden. Früher war ein weiters Problem die schlechte
Ausbildung durch ungeeignete Kräfte. In musikalischer Hinsicht halte ich die massive
Konzentration auf die B-Tonarten für problematisch, da ich das eigentlich nicht
nachvollziehen kann.
12. Ich glaube, daß sich in einer gewissen Zukunft die Anzahl der Musikkapellen reduzieren
wird. Im ländlichen Bereich tut man sich da doch etwas leichter, da das Freizeitangebot
nicht so groß ist, aber vor allem in den Ballungszentren gibt es ganz sicher eine
Reduktion. Als Beispiel kann ich da nur Graz nennen: Es gibt keine Möglichkeit ein
Instrument zu erlernen im öffentlichen Bereich.
Hans Dinbauer, 20
zZ Ausbildung zum Notfallsanitäter/BH
Flügelhorn, E-Bass, Stadtkapelle Friedberg/Stmk
1. Ich kam mit 11 Jahren zur Stadtkapelle, weil die ganze Familie, also der ältere Bruder,
Vater und Mutter auch dort mitspielen.
2. Für mich zählt die Freude am Spielen; ich mache das ja auch schon fast 10 Jahre lang.
Aber auch die vielen Freundschaften, die ich durch den Musikverein geschlossen habe,
sind für mich ein Anreiz. Auch gibt es bei uns überhaupt keinen Generationskonflikt im
Verein. Man ist viel unterwegs und auch das Mitwirken der ganzen Familie hat seinen
Reiz.
3. Ich meine, die Freude am Instrument ist ein großer Anreiz im Blasorchester zu spielen.
Damit ist natürlich verbunden die Vorbildfunktion der Musikschule. Auch macht es dem
jungen Menschen Freude mal außer Haus zu sein und seine Freunde im Verein treffen zu
können.
4. Aus folgenden Grund halte ich unsere Jugend für sehr motiviert: der Vorstand wird
regelmäßig mit Jugendlichen besetzt und die älteren Mitglieder verstehen es wirklich gut
die Jungen zu motivieren.
5. Ja, ich denke schon. Besonders durch die Einrichtung des „Sintflutorchesters“, eines
Projektorchesters für die 10 bis 15 jährigen, das in den Ferien abgehalten wird, haben sie
die Möglichkeit die Luft im Blasorchester zu schnuppern.
6. Auf jeden Fall! Eben durch das „Sintflutorchester“, und dann wird alles mögliche
unternommen, wie Musikausflüge, Schifahren, Aufstellen eines Fußballteams beim
Gemeindeturnier, Eisstockschießen, das Abhalten des Musikfestes. Aber alle diese
Aktivitäten werden eigentlich ohne Rücksicht auf das Alter unternommen, deshalb gibt es
bei uns auch einen so großen Zusammenhalt im Verein.
7. Mir sind Fälle von anderen Kapellen bekannt, in denen die Eingesessenheit der
Altmitglieder ein Problem ist. Das sind dann die typischen Aussagen wie „Die Jugend
sagt nur Blödsinn“ oder „Das war schon immer so“. Das steigert natürlich nicht unbedingt
die Motivation der Jugend.
8. Sommerkurse und dgl halte ich für eine sehr gute Idee. Man hat die Möglichkeit anderes
kennenzulernen und über den viel zitierten „Tellerrand hinauszublicken“.
9. Die Blasmusik hat mich ganz sicher gefördert. besonders unser Kapellmeister regt ständig
den Besuch von Seminaren und Konzerten verschiedenster Musikrichtungen an. Auch
wurde ich viel durch den Verein in bezug auf Fortbildung unterstützt.
10. Die Blasmusik hat einfach das Problem einer Klischeebildung. In erster Linie sieht man
die Arbeit, die dahinter steckt nicht. In unserem Musikverein ist es üblich, daß bei länger
dauernden Veranstaltungen die Kinder zeitgerecht heimgebracht werden. Sollte
tatsächlich mal ein Mißbrauch puncto Alkohol stattfinden werden immer die Eltern
informiert. Auf jeden Fall glaube ich schon, daß ein Musikverein durch Sinngebung und
Motivation Drogen- und Alkoholmißbrauch zu verhindern hilft. Im übrigen: wer gescheit
spielen will, hat genug auf seinem Instrument zu tun, um keinen anderen Blödsinn
nachzuhängen.
11. Der größte Fehler in der Jugendarbeit liegt darin, keine zu machen! Auch wenn keine
außermusikalischen Tätigkeiten unternommen werden ist es sehr schade. Ein weiterer
großer Fehler ist die Meinung der Jugend nicht zu berücksichtigen, oder gar überhaupt auf
sie zu schimpfen.
12. Wer genug eigene Motivation hat, macht seine musikalische Ausbildung so und so.
Ansonsten geht die aufkommende und umsichgreifende Situation natürlich zu Lasten der
Musik. Langfristig sehe ich die Entwicklung schon eher problematisch.
Peter Wolfbauer, 26
Student, Leiter von schlag.punkt.kärnten
Schlagwerk, EMV St.Veit/Glan
1. Ich war 13 als ich meinen ersten Privatunterricht durch ein ehemaliges Mitglied des
Musikvereins erhielt und mein Übe- und Proberaum war das Probelokal der Stadtkapelle.
Da war natürlich eine große Verbindung da und nicht mal ein halbes Jahr später probte ich
auch schon in der Kapelle mit.
2. Mir gefällt einfach diese Arbeit, die da mit Amateurmusikern gemacht wird, der Weg von
der ersten Probe bis zum Konzert, das übt für mich einfach eine Motivation aus. Toll finde
ich auch die Freundschaften und die gemeinsame Gesprächsbasis über einen Raum bzw
ein Gebiet hinaus.
3. Das Blasorchester ist eigentlich die einzige Möglichkeit in einem größeren musikalischen
Verband zu spielen und aufzutreten. Es ist eine mehrfache Freizeitgestaltung durch
einerseits das eigene Üben am Instrument selbst und die Proben und Auftritte im
Orchester andererseits. Nicht außer acht zu lassen ist auch ein gewisser musikalischer
„Wettstreit“ unter den Gleichaltrigen im Verein. Auch ist der Musikverein eine gewisse
Gesellschaftsform außerhalb des Familien-, Schul- und Freundeskreises.
4. Im KTK halte ich die Jugend für absolut motiviert, auch wenn mitunter die typische
kärntner Jammerei zu Tage tritt. Im großen und ganzen halte ich auch die Jugend in der
Stadtkapelle für motiviert.
5. Als ich in den Musikverein einstieg wurde absolut nichts für die Jugend getan. Erst später
wurden durch den damaligen Kapellmeister U-30-Parties ins Leben gerufen.
6. Im KTK, der ein sehr junger Verein ist, werden gemeinsam zahlreiche außermusikalische
Tätigkeiten wie Schlittenfahren, Grillereien und dergleichen mehr gemacht, aber auch
spezielle Übungsstunden mit den ganz jungen. Im Musikverein könnte es mehr
Aktivitäten geben, vor allem jene, die früher regelmäßig durchgeführt wurden, heute aber
nicht mehr gemacht werden.
7. Ich vermisse oft die mangelnde Perfektion des Auftrittsumfeldes, vor allem im Vergleich
mit der modernen Musikszene. Zum anderen finde ich, daß auf die Jugend generell zu
wenig eingegangen wird.
8. Musiksommerkurse, Projektorchester und so weiter sind absolut zu fördern; je
überregionaler die Zusammensetzung, desto besser ist es. Wichtig finde ich besonders auf
den Sommerkursen die Zusammensetzung des Referntenteams. Es darf während eines
solchen Kurses keine Zweiklassengesellschaft Referenten – Teilnehmer entstehen.
9. Grundsätzlich halte ich die Blasmusik für eine Förderung und Forderung in jedem
Bereich, allerdings halte ich meinen eigenen persönlichen Einstieg ins Blasorchester mit
nur etwa vier Monaten Unterricht für zu früh, da die Vernachlässigung des
Einzelunterrichts droht. Man konzentriert sich zu sehr auf die Problemstellungen im
Blasorchester. In meiner Zeit als Militärmusiker war die Verwendung als
„Gebrauchsmusik“ oft so zeitintensiv, daß mein musikalisches Ich oft auf der Strecke
blieb (gerade die Anforderungen ans Schlagwerk halten sich bei der traditionellen Musik
sehr in Grenzen).
10. Einen gewissen positiven Grundeinfluß hat ein Musikverein schon. Wenn aber jemand
tatsächlich darauf anfällig ist, nützt die Blasmusik auch nicht mehr viel, da zeitlich
gesehen eine zu geringe Verbindung mit dem Jugendlichen besteht. Die Handhabung
bezüglich Alkohol ist in den einzelnen Musikvereinen sehr unterschiedlich. Allgemein ist
mir jedoch aufgefallen, daß je mehr ein Verein aus einer großen Gemeinschaft besteht,
desto weniger Gruppen- und Grätzelbildung entsteht und desto weniger ist dieser Verein
anfällig für Auswüchse jeder Art.
11. Die größten Fehler in der Jugendarbeit werden nach wie vor begangen. Dazu zähle ich
besonders keine bzw zu wenig Kommunikation.
12. Es wird keinesfalls leichter. Ab und zu ist man als Verantwortlicher nur noch des
Schicksals Passagier, da nützen die schönsten Ideen nichts mehr.
4. Analyse der Umfragen
Die unter Punkt 3. veröffentlichten Umfragen zeigen in ihren Auswertungen kurz gefaßt
folgendes Bild:
Es wurde in vielen Vereinen in den letzten 10 bis 15 Jahren einiges an den Versäumnissen der
Vergangenheit aufgearbeitet, wenn auch nicht in vollem Umfang. Die momentane Situation
wird größtenteils als zufriedenstellend bis gut bezeichnet. Jedenfalls konnte aus keinem der
Interviews herausgehört werden, daß die Vereinsjugend in einer Art und Weise effektiv der
musikalischen und gesellschaftlichen Entwicklung eines Musikvereins schadet oder den
Entwicklungsprozeß verlangsamt. Eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein, werden
Spannungen im Generationenbereich meistens recht sachlich gelöst, so sie überhaupt
gravierend vorhanden sind.
Der Eintritt ins Blasorchester erfolgt zumeist im Alter von 10 bis 14 Jahren und wird
größtenteils als geeignet zum Einstieg bezeichnet. Sehr hilfreich und für die spätere
Motivation sehr nachweislich nützlich ist die heutige Entwicklung den Einstieg ins
Blasorchester über diverse Vorstufen- oder wie immer man sie nennen mag, Jugendorchester
zu wählen.
Die Gründe zum Eintritt in einen Musikverein liegen einerseits in der gezielten Anwerbung
bei Instrumentenvorstellungen oder dergleichen, wobei die Musikvereine inzwischen einen
sehr progressiven Weg eingeschlagen haben und den anstrebenden Jungmusiker in vielerlei
Hinsicht unterstützen, wenn auch, aus verständlichen finanziellen Gründen, die Ausstattung
nicht ganz den Anforderungen entspricht. Ein nicht zu vernachlässigender Faktor der Jugend
ist aber die innerfamiliäre „Heranführung“ an die Musikvereine durch das Mitwirken von
Eltern, Geschwistern oder Verwandten. Interessant dabei ist zu beobachten, daß dies regional
unterschiedlich von den Jugendlichen bewertet wird, wobei keine grundsätzliche Einteilung
möglich ist. Vor allem aus entwicklungsbezogenen Sichtweisen gibt es hier und da gewisse
Vorbehalte gegen zB den Vater im eigenen Verein. Doch war ebenso zu beobachten das diese
Vorbehalte spätestens ab dem Alter von 18 Jahren stark abnehmen.
Auch stellt sich heraus, daß trotz der offensichtlichen Traditionsverbundenheit einer
Musikkapelle, es im wesentlichen doch die altgeschätzten Faktoren sind, die die
Musikkapellen auch für die Jugend interessant machen, also die Musik an sich, die
Gemeinschaft und die Tatsache einer gemeinsamen Tätigkeit im kulturellen Bereich in einem
größeren Personenkreis. Darin liegt auch die Motivation im Produzieren eines
volkskulturellen Projekts, also in der ständigen Arbeit in einer Musikkapelle.
Dies gilt auch und eigentlich ganz besonders für die Jugend in einem Verein. Wie es sich in
den Interviews gezeigt hat tut man gut daran, die Jugend als weitgehend gleichberechtigt im
Musikverein anzuerkennen. Durch diese Integration schafft die Blasmusik auf Dauer gesehen
den größten Anreiz für Jugendliche.
Auch zeigte sich daß, man höre und staune, der Motivation und des Sich-einbringens der
Jugend ein durchaus positives Zeugnis ausgestellt wird.
Wichtig ist es den musikalischen und gesellschaftlichen Wert der Jugend dieser gegenüber
auch klar darzulegen und sie Anerkennung für Geleistetes auch spüren zu lassen.
Spannungen bauen sich dennoch auf wo man, vielleicht aus falschem Beschützerinstinkt die
Jugend von Verantwortung befreit und sie aufs bloße Musizieren beschränkt haben möchte. In
dem Fall ist mangelnde Kommunikation einer der törichtsten Fehler, die man als
Vereinsverantwortlicher überhaupt begehen kann.
Ein sehr positiver Aspekt ist, daß sich jeder Befragte positiv über seine Entwicklung in und
durch die Blasmusik äußerte. Hier sei besonders die musikalische Routine erwähnt.
Dennoch, wie eingangs erwähnt ist noch nicht aller Tage Abend bzw der Weisheit letzter
Schluß beim Thema Jugendarbeit gesetzt. Vereinen, die den fruchtbaren und erfolgreichen
Weg bereits eingeschlagen haben, sei jedenfalls dazu geraten keinesfalls die Hände in den
Schoß zu legen. Und denen die diesen Bereich eher stiefmütterlich behandelt haben und sich
eine gewisse Unzufriedenheit breit macht dringendst geraten sich mit einem oder mehreren
Personen zusammen zu setzen, die damit bereits Erfahrung haben, um ihrerseits Aktivitäten in
diesen Bereich zu unternehmen.
Trotz der in Moment recht zuversichtlichen Situation landauf landab, ist in der nächsten Zeit
nicht zu erwarten, und wird auch von den Befragten akkordiert, daß wir auf dem Weg sind,
Österreich in ein nachwuchstechnisches Schlaraffenland zu verwandeln aufgrund der immer
stärker spürbaren Auswüchse der Leistungsgesellschaft.
5. Jugendarbeit einst und jetzt – daraus resultierende Veränderung der
Jugendmotivation in der Blasmusik
Die Jugendarbeit vor 10 bis 20 Jahren war meistens nicht der Rede wert. Erst dann setzte ein
regelrechter Boom ein. Seit kurzem sogar in der Gründung der österreichweiten Bläserjugend
wurde ein Epochenabschnitt geleistet.
Veränderungen zu damals auf Vereinsebene sind unter anderem:
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aktives Bewerben des Musikvereins
Instrumentenvorstellungen
Einsetzen von Nachwuchsorchestern
Förderungen des Ensemblespielens („Spiel in kleinen Gruppen“)
Einsetzen von Jugendreferenten
Aktivitäten musikalischer und außermusikalischer Natur speziell für oder
gemeinsam mit der Vereinsjugend
Übertragung von Funktionen im Verein
Verantwortung für das Wohl und die Ausbildung der Jugend
Aus diesen Fakten heraus nimmt sich ein Jugendlicher selbst anders wahr und ist so zu einem
viel mündigerem Vereinsmitglied geworden, als es seinerzeit der Fall war. Die Jugend
zeichnet sich durch aus fähig, ein gewisses Maß an organisatorischer Selbstverantwortung zu
übernehmen und so für jeden Musikverein ein um so wertvolleres Mitglied im Vereinsganzen
zu sein.
Wer die Jugend als Vereinsverantwortlicher ernst nimmt wird auch von der Jugend im Verein
viel eher ernst genommen. Ständige und regelmäßige Kommunikation mit der Jugend ist ganz
einfach notwendig und unabdingbar um einen Verein erfolgreich in die Zukunft zu führen.
Die Jugend braucht und verdient Anerkennung, Aufmerksamkeit und verantwortungsvolle
Mentoren, an denen sie sich orientieren und von denen sie sich fördern lassen kann. Ist dieses
Bewußtsein ein unverrückbarer Faktor im Vereinsleben, wird jeder Obmann oder
Kapellmeister seine helle Freude an seiner Jugend haben. Schließlich ist es in jeder
Musikkapelle am ehesten die Jugend, die zur größten Begeisterungsfähigkeit zu gewinnen ist.
So ist es auch möglich, den jungen Menschen zu einem wertvollen Mitglied der ganzen
Gesellschaft heranzubilden und Werte zu vermitteln, denen die Erwachsenengeneration so oft
nachweint.
6. Soziale und gesellschaftliche Stellung der Jugend in der Blasmusik
Die Zahlen im ÖBV sprechen eine eindeutige Sprache: Die Jugend ist in der Blasmusik
keineswegs eine Randgruppe. Ohne der vollständigen Einbindung der Jugend wären viele
Musikkapellen und Blasorchester gar nicht auftrittsfähig. Wie oft war und ist man als
Vereinsfunktionär froh bei Auftritten zu Arbeitszeiten auf eine entsprechende Anzahl an
Schülern zurückgreifen zu können.
Wie bereits im Vorwort erwähnt, sind es besonders die Jungmusiker, die dem Verein
musikalischen Stolz durch erfolgreiche Teilnahmen an Ensemble- und Einzelwettbewerben
bereiten, mit dem jeder Musikverein in der Öffentlichkeit glänzt.
Was wäre doch ein Frühlingskonzert ohne Überreichung der Leistungsabzeichen? Oder wie
hervorragend kommt ein Solowerk mit einem glänzenden jungen Solisten beim Publikum und
besonders auch bei den Politikern an? Und genau das ist das Klientel einer Musikkapelle, die
darüber entscheidet, dem Verein entsprechende Mittel zur Verfügung zu stellen um seinen
Vereinszweck gerecht zu werden.
Die zentrale Person in einem Blasorchester aber wird für die Jugend immer der Kapellmeister
sein. Mit ihm und seiner Fähigkeit nicht nur, aber im besonderen die Jugend zu motivieren,
aufzubauen, ihr sein Vertrauen zu schenken, sie, nicht nur musikalisch, zu führen und zu
(beg)leiten, ist er ein Garant für ein funktionierendes Vereinsbild.
Nicht zuletzt, und da ist nun mal der Kapellmeister der Verantwortliche, sieht man den
Einzug der Jugend in der Ausstrahlung und Außenpräsentation der Musikvereinen an den
heutigen Programmen. Es ist zwar sehr wenig Gold, was in den Musikverlagen so heraus
glänzt, aber die Verleger überhäufen den Kapellmeister mit fragwürdigen Arrangements aus
der Ö3-Hitparade. Vor allem ältere Semester unter den Kapellmeistern tappen oft in die Falle,
um „für die Jugend“ die letzte Nummer 1 der Charts in der Blasmusikfassung auf die
Notenpulte der Musikkapelle zu zaubern. Da es inzwischen wirklich und reichlich originale
Bläserliteratur gibt, die „was klingt“, durchaus in den Hörgewohnheiten der heutigen jungen
Generation, tut man seinen Jungmusikern eher etwas Gutes damit, sie zur „echten“ Blas- und
Bläsermusik hinzuführen. Wie man in den Wald schreit, so kommt es zurück! Wenn also ein
Kapellmeister seine Jugend, auch über die Blasmusik hinaus, gute Musik näherbringt, so
gewinnt er zunehmend ernsthaft reflektierende Musiker, die dem Bild der Blasmusik und
ihrem Klischee, gegen das noch eine Zeitlang gekämpft werden wird müssen, doch ein neues
frisches Aussehen verleihen werden.
Doch kann behauptet werden, daß die Blasorchester in der heutigen Zeit über ein durchaus
frischeres und am Zeitgeist eher orientiertes Repertoire AUCH verfügen, als noch vor der Zeit
der bewußten Jugendarbeit.
Der Jugendliche ist heute also ein nicht mehr wegzudenkendes Element eines
funktionierenden Blasorchesters. Seine Stellung wächst mit der Größe des Vertrauens, das
man in ihm setzt. Maßvolle und ehrliche Aufgabenübertragung ist notwendig und steht der
Jugend in einem gewissen Maße zu, um ihrer heutigen Stellung in einem Verein gerecht zu
werden.
7. Nachwort
Die Jugendarbeit und die damit verbundene Motivation im Blasorchester ist im Vergleich mit
nur wenigen Jahren um ein Vieles vorangeschritten. In vielen Vereinen ist durch
verantwortungsvolle Führungspersönlichkeiten die Eingliederung der Jugend ins Vereinsleben
selbstverständlich geworden. Die Jugend von heute hat daher Anspruch auf entsprechende
Ansprache und Anteilnahme im Verein; sie sind die Führungskräfte von morgen. Da die
Zukunft die Rahmenbedingungen für das Vereinswesen nicht unbedingt vereinfachen wird,
braucht es heute mehr denn je eine motivierte, leistungsbereite junge Generation. Ich, als Teil
davon, bin dazu bereit! Martin Liegl, im Sommer 2005
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