ABSCHIED / Vier Jahre lang dirigierte Johannes Meures die Musikkapelle Bühlerzell Die Ratte trippelt federnd. . . Am Samstag Herbstkonzert - Das Orchester in symphonischer Blasmusik geschult Der Dirigent Johannes Meures geht in der Musik auf, "ich mache selten was anderes", sagt er. Von den Musikern der Musikkapelle Bühlerzell verlangt er große Präzision. FOTO: SCHWEIKERT Morgen wird Johannes Meures wohl zum letzten Mal die Musikkapelle Bühlerzell dirigieren. Nach vier Jahren übergibt er den Stab an Eva Reis, die in Stuttgart Orchesterleitung studiert. Beim Herbstkonzert spielt die Kapelle auch ein Stück, das Meures eigens für sie komponiert hat. ELISABETH SCHWEIKERT BÜHLERZELL Die Türe zur Rudolf-Mühleck-Halle markiert den Wendepunkt. Der 25 Jahre junge Mann, der auf den ersten Blick eher unscheinbar wirkt, verwandelt sich. Johannes Meures betritt die Bühne, dort warten die Musiker bereits mit den Instrumenten in der Hand. Er krempelt die Ärmel hoch und beginnt nach knapper Ansage zu dirigieren. Die Musiker lassen sanft die Töne aufbrausen - sie spielen "The Wind in the Willows" - und die Verwandlung wird offen sichtlich: Zuvor im Gespräch zurückhaltend, bewegt er sich auf der Bühne mit großer Sicherheit. Er versprüht Begeisterung, wiegt sich im Rhythmus - die ganze Person wird Musik. Hochkonzentriert spielen sich Musiker und Dirigent aufeinander ein. Der musikalische Laie denkt, "Was für eine Musik" und schiebt sämtliche Einstellungen über Blasmusik in den Müll: Was und wie die Bühlerzeller spielen, hat mit "Uftata, Tirallala" nichts zu tun. Das ist Musik, die beflügelt, die einen mitnimmt auf eine Reise in eine andere Welt. Doch Johannes Meures ist mit dem Ergebnis bei der Probe nicht zufrieden. "Die Glocken müssen stärker angeschlagen werden", sagt er, setzt die Posaunisten um und gibt Anweisungen für die Spielweise: "Ja, das ist ein Marsch. Aber nicht vergessen, dass das eine Ratte ist, die da läuft. Ein ganz leichtes Tier, das federt, wenn es geht." Die Musiker nehmen den Hinweis auf, und tatsächlich, es hört sich noch besser an. Als Zuhörer sieht man über die geistige Bühne mit federndem Schritt eine Ratte trippeln. Den gut 50 Musikern macht das Feilen nichts aus, mit stoischer Geduld üben sie weiter. Sie wissen, dass sie sich auf ihren Dirigenten verlassen können. "Was er sagt, hat Hand und Fuß", erklärt Ute Thamm, die im Orchester ganz vorne sitzt und Piccolo spielt: "Er hat so was aus uns gemacht." Seit die Truppe von Johannes Meures dirigiert wurde, seien die Auftrittszahlen kontinuierlich gestiegen, wurde die Kapelle häufiger angefragt. "Wenn wir jetzt spielen, unterhalten sich die Leute im Zelt nicht mehr, sondern drehen sich um und hören uns zu", so Thamm. Was hat der Dirigent mit der Blaskapelle gemacht, gibt es ein Erfolgsrezept? Das Wichtigste ist wohl, dass die Chemie zwischen beiden stimmt, von Anfang an. Meures: "Irgendwie war"s hier anders. . .Hier ist man sehr aufgeschlossen. Beim Probedirigieren waren alle da, das ist schon mal nicht schlecht, und alle machten bereitwillig mit." Er sagte ein anderes Angebot ab und pendelte seitdem zwischen Bühlerzell und Augsburg, dort studierte er bis zum Sommer Posaune und Orchesterleitung. Jetzt geht er zurück in seine Geburtsstadt Aachen, um mit seiner Frau zusammenleben zu können, und um im nächsten Jahr ein Aufbaustudium "Sinfonieorchesterleitung" zu beginnen. Ein Sinfonieorchester professionell zu leiten, das ist Meures Berufsziel. Dies erklärt vielleicht, warum er das Repertoire der Kapelle um die symphonische Blasmusik erweitert hat. Aber auch er lernte dazu: "Als ich hier herkam, kannte ich die böhmische Polkatradition, die hier ja 50 Prozent der Unterhaltungsmusik ausmacht, gar nicht." Das hat sich geändert. Zum Abschiedskonzert hat er für die Kapelle sogar eine Polka komponiert. "Amme" heißt das Stück - eine Verbeugung vor den Bühlerzellern. "Es gab ganz viele Leute hier, die mir Ziehmutter waren", erklärt Johannes Meures, "ich habe hier viele gute Freunde bekommen".