Klinik und Poliklinik für Innere Medizin B/ Kardiologie Ernst-Moritz-Arndt-Universität F.-Loeffler-Str. 23 a 17475 Greifswald Empfehlungen zur Endocarditisprophylaxe Eine Endocarditisprophylaxe ist indiziert bei Patienten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für einen schweren/ fatalen Verlauf einer infektiösen Endocarditis: Patienten mit Herzklappenersatz (mechanische und biologische Prothesen) Patienten mit rekonstruierten Herzklappen unter Verwendung von alloprothetischem Material (bis 6 Monate nach der Operation) Patienten mit überstandener Endocarditis Patienten mit angeborenen Herzfehlern: - nicht oder palliativ korrigierte zyanotische Herzfehler - korrigierte angeborene Herzfehler mit Fremdmaterial - Korrigierte angeborene Herzfehler mit Residualdefekt im Bereich von prothetischem Material (verminderte Endothelialisierung) Herztransplantierte Patienten mit hämodynamisch wirksamen Herzklappenfehlern Zusätzlich ist eine optionale Prophylaxe bei Patienten möglich, die nicht zur Hochrisikogruppe gehören, aber nach den bisherigen Leitlinien ohne unerwünschte Antibiotika-Nebenwirkungen behandelt wurden, sowie auf Patientenwunsch nach Aufklärung über den fehlenden Nachweis der Effektivität und Effizienz der Massnahme. Durchführung der Endocarditisprophylaxe • Die Antibiotikaprophylaxe sollte 30-60 Minuten vor dem Eingriff erfolgen. • Für den Fall, dass keine Prophylaxe vor dem Eingriff gegeben wurde, sollte die Antibiotikaprophylaxe innerhalb von ein bis zwei Stunden nach dem Eingriff erfolgen. • Bei der Antibiotikaauswahl muss das Erregerspektrum berücksichtigt werden (Streptokokken der Viridansgruppe bei zahnärztlichen Eingriffen, S. aureus-Beteiligung bei Abszessen, etc.) Empfohlenen Prophylaxe vor zahnärztlichen Eingriffen Einzeldosis 30-60 Minuten vor dem Eingriff Situation Antibiotikum Erwachsene Kinder Orale Einnahme Amoxicillin1 2 g p.o. 50 mg/kg p.o. Orale Einnahme nicht möglich Ampicillin 2 g i.v. 50 mg/kg i.v. Penicillin- oder Ampicillinallergie Orale Einnahme Clindamycin2 600 mg p.o. 20 mg/kg p.o. Penicillin- oder Ampicillinallergie Orale Einnahme nicht möglich Clindamycin3 600 mg i.v. 20 mg/kg i.v. 1) 2) 3) Penicillin G oder V kann weiterhin als Alternative verwendet werden Alternativ Cefalexin 2 g p.o. für Erwachsene bzw. 50 mg/kg p.o. für Kinder oder Clarithromycin 500 mg für Erwachsene oder 15 mg/kg. für Kinder Alternativ Cephalosporin (z.B. Cefazolin, Ceftriaxon 1 g i.v. für Erwachsene bzw. 50 mg/kg iv. für Kinder) Die Bedeutung der adäquaten Mundhygiene muss hervorgehoben werden; Antibiotikaprophylaxe bei allen Eingriffen, die mit einer Manipulation der Gingiva, der periapikalen Zahnregion oder mit einer Perforation der oralen Mucosa einhergehen. Eingriffe am Respirationstrakt Tonsillektomie, Adenektomie, Eingriffe mit Inzision der Mukosa oder Biopsieentnahme, nicht bei rein diagnostischer Bronchoskopie (siehe Tabelle zahnärztlicher Eingriff) Eingriffe am Gastrointestinal- oder am Urogenitaltrakt Eine generelle Prophylaxe wird nicht mehr empfohlen; ggf. sinnvoll bei Risikokonditionen z.B. Infektion oder Sepsis; ggf. vor einem elektiven Eingriff (z.B. Zystoskopie) bei Patienten mit Harnwegsinfektion oder Bakteriurie durch Enterokokken (Antibiotikaauswahl z.B. Ampicillin, Piperacillin oder Vancomycin bei Unverträglichkeit gegenüber ß-Laktam-Antibiotika) Eingriffe an Haut, Hautanhangsgebilden oder muskulo-skelettalem Gewebe: Bei Eingriffen an infizierter Haut, Hautanhangsgebilden oder muskulo-skelettalem Gewebe unter Berücksichtigung des Erregerspektrums (staphylokokkenwirksames Penicillin oder Cephalosporin, bei ß-LaktamAllergie Clindamycin oder Vancomycin und andere MRSA-wirksame Antibiotika bei Beteiligung von Methacillinresistenten S. aureus-Stämmen) Herzchirurgische Eingriffe Bei Patienten, die sich einer Herzklappenprothesenoperation oder einem anderen herzchirurgischen Eingriff mit Implantation von Fremdmaterialien (z.B. Schrittmacher und ICD) unterziehen. Literatur: Positionspapier der DGK und der Paul-Ehrlich-Gesellschaft 2007 (Kardiologe 4/ 2007: 243-250)