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JAZZTIME | JULI 2014
«Wir sind gediehen wie eine Pflanze»
20 Jahre Jazz Club bird’s eye in Basel – The bird’s eye jazz club ist in Basel nicht mehr wegzudenken. Der Jazz Club
am Kohlenberg gilt als einer der besten seiner Art in Europa. Dank grosszügiger Unterstützung von privaten Gönnern, Institutionen
und Kantonen ist es dem Club auch nach 20 Jahren noch möglich, ein erstklassiges Programm zu günstigen Preisen anzubieten.
Im Gespräch mit Stephan Kurmann, künstlerischer Leiter.
¢ Interview: Fabrice Müller
Was wäre Basel ohne den Jazz Club
bird’s eye?
Stephan Kurmann: Sicher stellt ein
Jazzclub grundsätzlich eine Bereicherung für eine Stadt dar. So auch
für Basel. Dass eine kleine Stadt wie
Basel über einen Jazzclub verfügt, der
ein Fünf-Tage-Programm mit hochstehenden Künstlern aus aller Welt auf
die Beine stellt, ist ein besonderes
Glück. Möglich ist ein solches Ange-
bot aber nur, weil in Basel die private
Unterstützung kultureller Anlässe eine
grosse Tradition hat.
Wie wichtig war die Jazzschule Basel
für die Entwicklung Ihres Clubs?
Wir sind ähnlich gewachsen wie die
Jazzschule Basel. Auch sie hat als kleine, improvisierte Schule in einem Jugendhaus klein begonnen. Eine Musikschule zieht natürlich Musiker an, und
der Club bietet Auftrittsmöglichkeiten.
In diesem Sinne haben sich zwischen
der Jazzschule und dem bird’s eye
wichtige Synergien ergeben.
«Als immer mehr Leute
unsere Konzerte besuchten,
wussten wir, dass wir
auf dem richtigen Weg sind.»
Braucht es in Basel überhaupt einen
Jazzclub wie das bird’s eye?
Diese Frage haben wir uns auch gestellt, als wir vor 20 Jahren den Start
wagten. Wir hätten auf jeden Fall nicht
begonnen, hätte es bereits einen anderen Jazzclub gegeben. Die Versuchsphase zu Beginn sollte uns aufzeigen,
ob die Nachfrage nach einem Jazzclub
in Basel überhaupt vorhanden ist. Als
immer mehr Leute unsere Konzerte
besuchten, wussten wir, dass wir auf
dem richtigen Weg sind. Und dass es in
Basel einen Jazzclub braucht.
Was glaubst Du, wie hat Euer
Jazzclub das Kulturleben in Basel in
den letzten 20 Jahren geprägt?
Solche Einschätzungen haben natürlich
immer einen stark subjektiven Anstrich.
Meiner Ansicht nach nehmen wir als
Kultureinrichtung in Basel einen wichtigen Platz ein und haben wohl dafür
gesorgt, dass man in Basel regelmässig
Jazz geniessen kann. Mittlerweile kann
man das aber auch in anderen Lokalen,
und das ist auch gut so. Ich erachte
diese Veranstalter nicht als Konkurrenz,
sondern als Bereicherung für die Stadt.
Bei uns melden sich so viele Bands aus
dem In- und Ausland, sodass viele von
ihnen – wenn überhaupt – nur alle ein
bis drei Jahre im bird’s eye auftreten
können. Zusammen mit den verschiedenen Konzertveranstaltern in Basel
wollen wir eine Agenda auf die Beine
stellen, die alle Jazz- und Blueskonzerte in der Stadt zusammenfasst.
Stephan Kurmann, Musiker und künstlerischer Leiter im bird’s eye.
Welches sind die Meilensteine in der
Geschichte des bird’s eye?
Da war zum Beispiel die Einführung von
moderaten Eintrittspreisen für unsere Konzerte. Zu Beginn haben wir nur
symbolische Eintrittspreise verlangt.
Wir wussten nicht, ob wir das überle-
ben würden. Der Umzug im Jahre 1999
an den Kohlenberg in die ehemalige
Gefängnisturnhalle war ein besonders
wichtiger Meilenstein, der sich bis
heute bewährt hat. Daneben gab es
unzählige Höhepunkte und prägende
Stationen wie zum Beispiel die Live-CDProduktionen oder die Jazz-Workshops.
Wir haben aber, ehrlich gesagt, nie im
Traum daran gedacht, dass sich unser
Jazzclub einst so entwickeln würde. Wir
sind gediehen wie eine Pflanze und haben uns laufend vergrössert.
Wo steht der Club heute?
Während wir früher ein improvisiertes
Ein-Mann-Büro mit Telefonbeantworter und Kopierer hatten, kümmern
sich heute 350 Stellenprozente um die
Organisation und Administration des
bird’s eye. Durch die zunehmende Professionalisierung haben wir allerdings
von unserer ursprünglichen Spontaneität verloren. Deshalb starten wir ab
Oktober mit einem neuen Angebot:
den «Last Minute Dates». Jeden letzten
Dienstag und Mittwoch im Monat stehen Bands und Musiker auf der Bühne,
die wir spontan engagieren und entsprechend kurzfristig ausschreiben. Die
Namen dieser Künstler erscheinen also
nicht im regulären Programm, sondern
werden erst während des laufenden
Monats im Internet veröffentlicht. So
kann es zum Beispiel sein, dass ein
sogenannter «Day-off-Star» auf der
Bühne stehen wird oder sich das Publikum auf eine Jamsession freuen darf.
Die Musiker schätzen diese spontanen
Auftrittsmöglichkeiten. Wie das Publikum darauf reagieren wird, wird sich
zeigen. Für Abwechslung wird auf jeden Fall gesorgt sein.
Nach welchen Kriterien wählt Ihr die
Musiker aus?
Die Qualität der Musik steht zuoberst.
Wir setzen auf aktuelle Jazzmusik.
Dixieland war im bird’s eye nie vertreten. Die Bands müssen uns in Punkto
Rhythmus, Harmonie und Melodie
überzeugen und auch eigenständig
sein, also etwas zu sagen haben. Im
Jazz ist die Improvisation sehr wichtig.
Wir achten stets darauf, auch regionale Bands zu berücksichtigen und
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JULI 2014 | JAZZTIME
22. – 24. August 2014
Stimmungsvolles Ambiente in der ehemaligen Gefängnisturnhalle.
bieten ihnen bewusst eine Plattform
– auch durch die Zusammenarbeit mit
der Jazzschule.
Was weisst Du über die Bedürfnisse
des Publikums?
Es schätzt unseren Club als Ort der
Begegnung und des Jazzgenusses. Der
Club hat sich den Bedürfnissen des Publikums angepasst und sich zum Konzertlokal mit Barbetrieb gewandelt. Das
dritte Set wurde abgeschafft. In der
Folge ist der Club nach einem Konzert
um 23 Uhr oft bereits fast leer.
«Wer die Musik live erlebt,
versteht sie am besten.»
Welche Musik erwartet das Publikum
von Euch?
Wir zeigen ihm den Jazz in seinen viel-
seitigen Facetten. Dabei gibt es auch
Jazzrichtungen, die dem Publikum
zum Teil noch fremd sind. Ein gewisser Anteil der Musik ist komplexer und
kopflastiger geworden. Das erkennt
man zum Beispiel auch daran, dass
heute mehr Notenständer auf der Bühne stehen als früher. Auf diese Entwicklungen haben wir keinen Einfluss,
wir können nur durch die Auswahl
der Bands steuern und versuchen, ein
schönes Gleichgewicht zu schaffen.
Fest steht jedoch: Wer die Musik live
erlebt, versteht sie am besten.
Wie geht es mit dem bird’s eye
weiter?
Wir versuchen, am Ball zu bleiben
und mit der Zeit zu gehen. So sind wir
zurzeit beispielsweise daran, die Beschallung und Akustik zu verbessern.
Grundsätzlich sind wir offen für alles,
was kommen wird.
The Creole Clarinets
feat. Denise Gordon
Guillaume Nouaux Trio
Jubiläumsaktivitäten
Im Rahmen des 20-Jahr-Jubiläums wird das bird’s eye verschiedene Parks in Basel und am Pfingstmontag den Kunstraum Kieswerk in Weil bespielen. Damit
will der Club seine Freude nach aussen tragen und zudem ein breiteres Publikum
an dieser Musik teilhaben lassen. Pro Sonntag werden vier Jazzbands auftreten,
welche die grosse stilistische und kulturelle Vielfalt der aktuellen Jazzmusik widerspiegeln. Die Park-Restaurants sorgen für Speis und Trank. Die Parkkonzerte
beginnen alle um 14 Uhr mit einem interaktiven Kinderkonzert.
Programm:
20. Juli
im Schützenmattpark/Pavillon im Park
21. Juli
Geburtstags-Jam mit Jam-Session im Club am Kohlenberg
17. August im St. Johanns-Park/Jonny Parker
24. August in der Elisabethen-Anlage/Zum Kuss Caffè Kultur
Über das ganze Jahr finden «Partnerkonzerte» mit Bands aus dem bird’s-eyeProgramm bei zahlreichen anderen Clubs und an Festivals in der ganzen Schweiz
unter dem Motto «20 Jahre bird’s eye jazz club» statt.
www.birdseye.ch
The Budapest Jazz Steps Band
Jos de Brouwer
Quintett
Karin Sand‘s N.O. Brass Band
Larry‘s Blues Band
www.celerina-jazzfestival.ch
Celerina Tourist Information s Tel. +41 81 830 00 11 s [email protected]
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