IDENTIFIZIERUNG UND CHARAKTERISIERUNG DER

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Aus dem Universitätsklinikum Münster
Institut für Hygiene
– Direktor: Univ.- Prof. Dr. rer. nat. Helge Karch –
IDENTIFIZIERUNG UND CHARAKTERISIERUNG DER
HAUPTANTIGENE VON
ACTINOBACILLUS ACTINOMYCETEMCOMITANS
INAUGURAL-DISSERTATION
zur
Erlangung des doctor medicinae dentium
der Medizinischen Fakultät
der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
vorgelegt von
Schäfer, Inga
aus Neuenkirchen
2006
Gedruckt mit der Genehmigung der
Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Dekan:
Univ.-Prof. Dr. med. Jürgens
1. Berichterstatter:
Univ.- Prof. Dr. rer. nat. Helge Karch
2. Berichterstatter:
Univ.- Prof. Dr. med. Dag Harmsen
Tag der mündlichen Prüfung:
15.02.2006
Aus dem Universitätsklinikum Münster
Institut für Hygiene
– Direktor: Univ.- Prof. Dr. rer. nat. Helge Karch –
Referent: Univ.- Prof. Dr. rer. nat. Helge Karch
Koreferent: Univ.- Prof. Dr. Dag Harmsen
Zusammenfassung
IDENTIFIZIERUNG UND CHARAKTERISIERUNG DER HAUPTANTIGENE VON
ACTIONOBACILLUS ACTINOMYCETEMCOMITANS
Inga Schäfer
Das Bakterium Actinobacillus actinomycetemcomitans nimmt eine zentrale Rolle in der
Ätiologie von Parodontitiden ein. Die Bedeutung einzelner Proteinantigene für die Virulenz der Erreger und für die systemische und lokale Immunabwehr des Patienten war
bisher weitgehend ungeklärt.
Wir haben äußere Membranen von A. actinomycetemcomitans-Stämmen unterschiedlicher Serovare hergestellt und mit Hilfe des Immunoblotverfahrens die Immunantwort
von Parodontitispatienten untersucht. Die Hauptantigene wurden anschließend gereinigt
und durch massenspektrometrische Analysen identifiziert.
Bei allen Patienten mit einer bakteriologisch gesicherten A. actinomycetemcomitans
assoziierten Parodontitis wurden hohe IgG-Antikörpertiter gegen zwei 29 und 34 kDa
große Proteine ermittelt. Die MALDI-Tof-Analyse ergab, dass die Proteine bis auf wenige Aminosäuresequenzen identisch sind.
Wir folgern, dass die beiden Hauptproteine stark immunogen sind und während der Infektion exprimiert werden. Aufgrund ihrer Homologie und Immunogenität erscheinen
sie als viel versprechende Impfstoffkandidaten.
Tag der mündlichen Prüfung: 15.02.2006
Meinen Eltern
INHALTSVERZEICHNIS
1
Einleitung
1
1.1
Epidemiologie der Parodontitiden
1
1.2
Klassifikation der Parodontitis
2
1.3
1.3.1
1.3.2
1.3.3
1.3.4
1.3.5
1.3.6
Äthiologie und Pathogenese der Parodontitis
Zahnplaque als Biofilm
Erregerassoziierte Aspekte
Actinobacillus actinomycetemcomitans
Übertragungsmechanismen von A. actinomycetemcomitans
Wirtsassoziierte Aspekte von A. actinomycetemcomitans
Proteine der äußeren Membran von A. actinomycetemcomitans
3
3
5
5
7
8
9
1.4
Problemdarstellung / Ziel der Studie
9
2
Material und Methoden
10
2.1
Geräte
10
2.2
Chemikalien
10
2.3
2.3.1
2.3.2
2.3.3
2.3.4
2.3.5
Medien, Puffer und Lösungen
Proteinbestimmung nach Markwell
SDS-Page
Immunoblot
TBSV-Rezeptur und Antibiotikalösung
Elutionspuffer
12
12
12
14
16
16
2.4
Bakterienanzucht
17
2.5
Herstellung der Bakterienlysate
17
2.6
Proteinbestimmung nach Markwell
17
2.7
SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese
18
2.8
Färben und Entfärben der Gele
19
2.9
Westernblot-Verfahren
19
2.10
Nachweis des Antigens auf der Nitrocellulosemembran
20
2.11
Isolierung von äußeren Membranen
20
2.12
Aufreinigung der Hauptproteine mit Elutrap
21
2.13
Tryptische Spaltung von A. actinomycetemcomitans im Gel
22
2.14
Matrix-unterstützte Laserdesorptions/Ionisations Massenspektrometrie
(MALDI-MS)
23
2.15
Elektrospray-Ionisations Massenspektrometrie (ESI-MS)
23
3
Ergebnisse
24
3.1
Analyse der Gesamtproteine von A. actinomycetemcomitans mittels
SDS-PAGE
24
3.2
Isolierung und Darstellung der äußeren Membranproteine von Actinobacillus actinomycetemcomitans Typ B
25
3.3
Reaktivität des Proteins mit humanen Serumantikörpern und monoklonalen Mausantikörpern
25
3.4
Reaktivität bei Patienten mit negativen oder positiven PCR-Ergebnis
auf Actinobacillus actinomycetemcomitans
26
3.5
Konzentrierung des Hauptproteins mittels Elektroelution
28
3.6
29
3.6.1
3.6.2
Massenspektrometrische Identifizierung von A. actinomycetemcomitans
Typ B
MALDI-Tof MS
ESI-Q-Tof MS
29
32
4
Diskussion
36
5
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
41
6
Literaturverzeichnis
42
7
Anhang
7.1
7.2
7.3
Abkürzungsverzeichnis
Lebenslauf
Danksagung
I
I
II
III
1
EINLEITUNG
1.1
Epidemiologie der Parodontitiden
Weltweit wird die Parodontitis mit zu den häufigsten Infektionskrankheiten der Mundhöhle gerechnet. Bleibt die Parodontitis unbehandelt, so findet ein progredienter, langsamer parodontaler Attachmentverlust (0,1 bis 0,3 mm pro Jahr) statt [11]. Jeder Parodontitis geht immer eine Gingivitis voraus, jedoch nicht jede Gingivitis entwickelt sich
zu einer Parodontitis [8]. Schwere Formen der Parodontitis betreffen weniger als 1/10
der erkrankten Patienten [10, 50]. Der Anteil an Patienten mit Parodontitis, sowie der
Schweregrad der Erkrankung nehmen mit zunehmendem Alter der Patienten zu. Zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr erreichen diese beiden Parameter ihren Höhepunkt
[53]. Die Hauptursachen für Zahnverlust sind Karies und parodontale Erkrankungen
[12]. Bis zum 40. Lebensjahr ist die Karies als Hauptursache für den Zahnverlust anzusehen, während danach der Anteil an parodontalen Erkrankungen die Karies als Ursache
der Extraktion überholt [38]. Als Ursache der Zahnextraktion ist zu 50 % eine kariöse
Erkrankung des Zahnes und zu 30 - 35 % die Parodontitis anzusehen [54].
Aus den Daten der III. Deutschen Mundgesundheits-Studie (DMS III, 1997) des Instituts der Deutschten Zahnärzte geht hervor, dass unter den 35 - 44 Jährigen bei Männern
etwa 48 % und bei Frauen ca. 42 % der Zahnflächen einen Attachmentverlust von 3mm
oder mehr aufweisen. Davon haben 14 % einen CPI-Wert (Community Periodontal Index) von 4, der ein Attachmentverlust von 6mm oder mehr bedeutet. Bei den Senioren
im Alter von 65 bis 74 Jahren weisen 72 % der Zahnflächen bei Männern und 76 % bei
Frauen einen Attachmentverlust von ≥ 3mm auf. Aus dieser Altersgruppe weisen wiederum etwa ein Viertel einen CPI von 4 auf [2, 51]. Die Daten der III. Deutschen Mundgesundheits-Studie aus dem Jahre 1997 sind zurzeit noch aktuell und werden erst im
Frühjahr 2006 durch die Ergebnisse der IV. Deutschen Mundgesundheits-Studie ersetzt.
Unter diesen Gesichtspunkten nimmt die Parodontitis eine entscheidende Rolle für das
Absinken der Zahngesundheit im fortgeschrittenen Alter ein.
1
1.2
Klassifikation der Parodontitis
Im Jahr 1999 wurde durch den „International Workshop for a Classification of Periodontal Diseases and Conditions“ eine neue Klassifikation der Parodontalerkrankungen
erarbeitet und verabschiedet. Die Intention dieses Workshops war die Erarbeitung und
Etablierung einer Klassifikation der Gingivopathien und die Erneuerung der Klassifikation der Parodontitiden. Die bisherige Einteilung nach dem Lebensalter des Auftretens
und der Progressionsrate wurden abgesetzt.
Dabei wurden die verschiedenen Formen der Parodontitis in drei Hauptgruppen (chronische, aggressive, nekrotisierende Parodontitisform) und in die durch systemische Erkrankungen manifestierte Parodontitis eingeteilt.
Die neu eingeführten Begriffe „chronische Parodontitis“ und „aggressive Parodontitis“
sollten die veralteten Begriffe „adulte Parodontitis“ sowie „früh beginnende Parodontitis“ ablösen [4].
Der Begriff der chronischen Parodontitis definiert eine Infektionskrankheit des Zahnhalteapparates mit einem langsamen progressiven Knochen- und Attachmentverlust. Sie
kann in jedem Lebensalter entstehen, wobei sie im Erwachsenenalter bevorzugt auftritt
und infolgedessen Prävalenz und Schwere der Erkrankung im Alter zunehmen. Die aggressive Parodontitis zeigt ein Krankheitsbild, das durch eindeutige klinische und labordiagnostische Befunde charakterisiert ist und sich damit von der chronischen Parodontitis differenziert. Die drei Hauptkriterien sind ein klinisch gesunder Patient, eine rasch
fortschreitende Gewebedestruktion und eine auffällige familiäre Häufung [47]. Unterteilt wird die aggressive Parodontitis in eine lokalisierte oder generalisierte Form, die
früher als lokalisierte bzw. generalisierte, juvenile Parodontitis oder generalisierte, früh
beginnende Parodontitis bekannt waren [77].
Die mikrobiologischen Diagnostik eignet sich primär nicht zur Unterscheidung zwischen einer chronischen oder aggressiven Parodontitis. Bei einer aggressiven Parodontitis können erhöhte Zahlen von Actinobacillus actinomycetemcomitans und in einigen
Populationen von Porphyromonas gingivalis nachgewiesen werden, wobei dieses Merkmal nicht durchgängig beobachtet wird [47].
Anfällige Wirte für eine Parodontitis sind Patienten, die z.B. an Diabetes mellitus Typ
I/II oder an einer Infektion mit HIV erkrankt sind oder an Auswirkungen von stressbe-
2
dingten Situationen leiden. Des Weiteren sind genetische Faktoren sowie Tabakkonsum
zu nennen [15, 29, 37, 46, 78].
Weitere Untersuchungen zeigten, dass Patienten deren Zahntaschen mit A. actinomycetemcomitans kolonisiert sind, ein erhöhtes Risiko für koronare Herzerkrankungen aufweisen [72]. Darüber hinaus wurde A. actinomycetemcomitans häufig mit der infektiösen Endokarditis assoziiert [60, 80].
1.3
Äthiologie und Pathogenese der Parodontitis
1.3.1
Zahnplaque als Biofilm
Die Akkumulation von Bakterien an festen Oberflächen ist nicht nur ein dentales Phänomen, Biofilme sind ubiquitär vorhanden. Sie bilden sich praktisch an allen Oberflächen speziell im feuchten Milieu, wo ein regelmäßiger Nachschub an Nährstoffen für
Bakterien gewährleistet ist. Die Fähigkeit der Adhäsion an Oberflächen besitzen nahezu
alle Bakterien. Die Bildung des Biofilms durchläuft mehrere Stadien, dies wird in der
Abbildung 1 schematisch dargestellt [64]. Bei den meisten Biofilmen handelt es sich um
eine große Ansammlung von Mikroorganismen, die von einer Polysaccharidmatrix umgeben sind und mit anderen organischen und anorganischen Materialien verbunden sind.
In den kompakten unteren Schichten besteht vor allem für Sauerstoff ein Diffusionsgradient, daher ist das Vorkommen von Anaerobiern in dieser Schicht eindeutig bewiesen
[65]. Abbildung 2 zeigt, dass bei der Besiedlung des Biofilms eine vermutete Chronologie durch Früh- und Spätbesiedler zu erkennen ist.
Der Biofilm schützt die Bakterien effektiv vor antibakteriellen Substanzen, so dass eine
Therapie mit diesen erst erfolgreich ist, wenn zuvor die Beläge entfernt werden.
3
Abb. 1: Zahnplaque als Biofilm
(Rickard et al. 2003)
Die Abbildungen a bis d zeigen
eine schematische Darstellung der
Entstehung eines Biofilmes mittels
primärer und sekundärer Kolonisation durch Bakterien und Zellbestandteilen.
Abb. 2: Hypothese der
Kolonisation des Biofilms
(Rickard et al. 2003)
Die Abbildung zeigt den vermuteten Aufbau des Biofilms auf der
Zahnoberfläche, wobei zwischen
Früh- und Spätbesiedlern differenziert wird.
4
1.3.2 Erregerassoziierte Aspekte
Nur wenige der etwa 500 bisher in subgingivaler Plaque nachgewiesenen Bakterienarten
stehen mit der Äthiologie marginaler Parodontitiden in Verbindung [67].
Hierzu gehören u. a. Porphyromonas gingivalis, Bacteroides forsythus, Eikanella corrodens, Prevotella intermedia, Spirochäten und Actinobacillus actinomycetemcomitans.
Es wurde gezeigt, dass bei nachgewiesener subgingivaler Kolonisation mit diesen Bakterien das Risiko für progrediente parodontale Attachmentverluste signifikant erhöht ist
[28. 33, 71].
Dennoch zeigte die Empfänglichkeit für die intraorale Kolonisation dieser Erreger und
die Progredienz der Parodontalerkrankungen bei infizierten Personen individuell sehr
unterschiedliche Ausprägungen [6]. Die in der parodontalen Tasche vorliegenden ökologischen Bedingungen sind für die Vermehrung der oben genannten Bakterien verantwortlich. So wirken u. a. der ph-Wert, der osmotische Druck, die Temperatur, die Eisenkonzentration und der Antikörpertiter auf die Biofilm-Neubildung [49]. Die Gewebedestruktion des Parodontiums entsteht vermutlich durch das komplexe Zusammenspiel der Bakterien untereinander und durch den Eingriff des eigenen Immunsystems
und den daraus resultierenden Entzündungsreaktionen.
1.3.3
Actinobacillus actinomycetemcomitans
Actinobacillus actinomycetemcomitans ist ein Mitglied des Genus Actinobacillus das
zur Familie der Pasteurellaceae gehört. Diese Familie wurde gegründet, um eine große
Gruppe grammnegativer, fakultativ anaerober Bakterien zusammenzufassen. Dazu gehören unter anderem die Gruppen der Pasteurella, Actinobacillus, Haemophilus sowie
vereinzelte weitere Organismusgruppen, die Gemeinsamkeiten im Phäno- und Genotyp
mit den oben genannten Gruppierungen zeigen [59].
Bei Actinobacillus actinomycetemcomitans handelt es sich um ein kleines, unbewegliches, grammnegatives, saccharolytisches, kapnophiles Stäbchen mit abgerundeten Enden, das fakultativ anaerob ist. Von diesem Bakterium existieren unterschiedliche Serogruppen (a, b, c, d, e, f), wobei die Serogruppenspezifität durch die Struktur der Lipo-
5
polysaccharide determiniert wird [42, 68]. Eine starke Assoziation mit der aggressiven
Parodontitis ist beim Serotyp B diagnostiziert worden [87].
Im Zusammenhang mit der lokalisierten juvenilen Parodontitis ist A. actinomycetemcomitans eines der dominantesten Mikroorganismen. In den letzten Jahren wurde A. actinomycetemcomitans eine Schlüsselfunktion in der Äthiologie dieser Parodontitisform
zugesprochen. Es konnte eine Verbindung zwischen dem Bakterium A. actinomycetemcomitans und der lokalisierten, juvenilen Parodontitis nachgewiesen werden. A. actinomycetemcomitans lässt sich bei mehr als 90 % dieser Patienten nachweisen [7, 20, 48].
Darüber hinaus entdeckte man, dass A. actinomycetemcomitans die Fähigkeit besitzt,
Virulenzfaktoren zu bilden. Dazu gehören verschiedene potentiell pathogene Substanzen, u. a. das Leukotoxin. Das Leukotoxin gehört zu den wichtigsten Pathogenitätsfaktoren von A. actinomycetemcomitans. Dieses Toxin hat ein breites Spektrum biologischer Aktivitäten und spielt eine entscheidende Rolle für A. actinomycetemcomitans bei
der Invasion der Zellen. Es wirkt toxisch für Makrophagen und menschliche Leukozyten, sodass durch das Leukotoxin in der frühen Phase eine Beeinträchtigung der Wirtsabwehr entsteht [34, 44, 58].Dieses Leukotoxin gehört zur Familie der RTX-Toxine,
diese sind porenbildende, lytische Toxine [44, 83].
Des Weiteren fand man heraus, dass zwischen dem Leukotoxin von A. actinomycetemcomitans eine signifikante Sequenzhomologie mit dem Leukotoxin von Pasteurella
hämolytica und dem Hämolysin von Eschericha coli besteht. Man vermutet, dass sie
sich einen identischen Mechanismus zur Zerstörung der Zelle teilen, sich jedoch in ihrer
Art dieser zu nähern unterscheiden [43, 45].
Neben dem Leukotoxin produziert A. actinomycetemcomitans des Weiteren das cytolethal distending toxin (Cdt). Dieses besteht aus drei Untereinheiten: CdtA, CdtB und
CdtC [69, 73]. Die toxische Wirkung des Cdt beruht auf einer Blockade des Zellzyklus
der G2-Phase.
Das Bakterium bedient sich ebenso der Chemotaxishemmung neutrophiler Granulozyten durch ein niedermolekulares Protein. Eine weitere Möglichkeit stellt ein
Fc-bindendes Protein dar, das die Phagozytose der neutrophilen Granulozyten verhindert, indem es mit deren spezifischen Rezeptoren in Konkurrenz steht, [52, 76, 85].
Darüber hinaus bildet A. actinomycetemcomitans Fimbrien (Synonym: Pili) mit adhäsiven Eigenschaften aus, mit deren Hilfe die Bakterien an Epithelzellen anheften. Eine
6
Knochenresorption durch A. actinomycetemcomitans erfolgt hauptsächlich durch drei
individuelle Faktoren, den Lipopolysaccharide, GroEL und proteolysesensitive Faktoren
[26].
Gelingt es A. actinomycetemcomitans, aus den parodontalen Taschen zu entfernen, treten im Allgemeinen keine weiteren parodontalen Attachmentverluste auf. Jedoch persistieren diese Bakterien häufig nach konventioneller Parodontitistherapie. Die zusätzliche Verabreichung von Antibiotika während oder nach Abschluss der konventionellen
Parodontitistherapie führt häufiger zur Elimination von A. actinomycetemcomitans als
die alleinige mechanische Therapie. Allerdings kam es nach drei Monaten häufig zu
einer Rekolonisation. Zur Bestimmung möglicher intraoraler ökologischer Nischen und
potentieller Übertragungswege wurden populationsgenetische Analysen an A. actinomycetemcomitans durchgeführt [23]. Die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen haben
gezeigt, dass die Persistenz der Erreger in den parodontalen Taschen, anderen Bereichen
der Mundhöhle oder auf eine Reinfektion zurückzuführen ist. A. actinomycetemcomitans konnte auf der Schleimhaut des Zungenrückens, dem Gaumen, der Wangenschleimhäuten und den Schleimhäuten der Tonsillen nachgewiesen werden.
1.3.4
Übertragungsmechanismen von A. actinomycetemcomitans
Neben der endogenen Infektionsform (siehe 1.3.2) ist auch eine exogene Übertragungsform in der Literatur gut belegt. Es wird von Übertragungen zwischen Partnern als auch
Übertragungen von Eltern zu Kindern berichtet [17, 18, 62, 63, 81]. Die Übertragung
erfolgt als Schmierinfektion, z.B. durch den gemeinsamen Gebrauch einer Zahnbürste,
durch Essbesteck oder durch den Austausch von Speichel.
Molekularbiologische Verfahren wie die Pulsfeld-Gelelektrophorese haben wesentlich
zum Aufdecken von Übertragungswegen beigetragen. Diese Methoden haben gezeigt,
dass A. actinomycetemcomitans Stämme von verschiedenen Patienten genetisch heterogen sind [36]. So fanden Flemmig et al. bei 18 Patienten insgesamt elf Genotypen von
A. actinomycetemcomitans. Isolate aus unterschiedlichen Plaqueproben eines Patienten
waren in der Regel in ihrem genetischen Fingerabdruck identisch [24]. Dies spricht für
eine klonale Ausbreitung dieser Erreger im Verlauf der Infektion. Auch bei Familien-
7
mitgliedern oder zwischen Partnern konnte häufig der gleiche Klon gefunden werden,
woraus die Möglichkeit einer familiären Übertragung geschlossen wurde [3].
1.3.5
Wirtsassoziierte Aspekte von A. actinomycetemcomitans
Das Immunsystem ist verantwortlich für den Schutz des Organismus vor Infektionskrankheiten. Als Immunität bezeichnet man die Fähigkeit des Organismus, eine Infektion durch Mikroorganismen abzuwehren, dabei unterscheidet man eine unspezifische
von einer spezifischen Immunantwort. Die unspezifische Immunantwort kennzeichnet
sich durch eine Abwehr gegen die Infektion durch Phagozyten. Bei der spezifischen
werden u. a. spezifische Antikörper gebildet. Sie bietet bei einem Zweitkontakt eine
schnellere und effizientere Abwehr.
Die Entstehung einer Parodontitis ist abhängig von der Anzahl der parodontopathogener
Keime und der Fähigkeit des Immunsystems, den bakteriellen Infekt abzuwehren.
Kommt es zur Ausbildung einer parodontalen Erkrankung, ist der bakterielle Angriff zu
massiv oder die Immunabwehr geschwächt.
Die Antikörper bzw. Immunglobuline lassen sich in fünf Klassen (IgA, IgD, IgE, IgG,
IgM) unterteilen. Die Immunglobuline spielen dabei im adaptiven Immunsystem eine
entscheidende Rolle, da sie nachweislich verschiedene Schutzfunktionen ausführen, z.B.
die Behinderung der bakteriellen Adhäsion, Aggregation und Inversion in die Wirtszelle
[14, 32].
Die bakterielle Infektion des Parodontiums führt sowohl zu einer systemischen wie auch
zu einer lokalen Immunantwort. Patienten mit Parodontitis haben häufig erhöhte IgG,
IgA und IgE Serumtiter gegen A. actinomycetemcomitans [22]. Ebenso sind im Speichel
die IgG- und IgA-Titer gegen A. actinomycetemcomitans erhöht. Auch in der Gingivalflüssigkeit wurde eine starke Antikörperantwort gemessen. Dies wurde auf die Antikörperproduktion der im Wesentlichen IgGs sezernierenden Plasmazellen in den parodontalen Geweben zurückgeführt [75].
8
1.3.6 Proteine der äußeren Membran von A. actinomycetemcomitans
In den letzten Jahren wurden besonders intensiv die Proteine der äußeren Membran untersucht. Viel Aufmerksamkeit hat man dabei dem Omp100 Protein geschenkt. Dieses
Protein ist wesentlich an der Adherenz menschlicher gingivaler Keratozyten beteiligt
und an der Invasion derselben. Zusätzlich ist es für die Serumresistenz der A. actinomycetemcomitans Stämme verantwortlich, indem es den Faktor H, einen zentralen Akteur
der Komplementregulation, bindet. Schließlich induziert Omp100 eine proinflammatorische Zytokinantwort-Chemokin [5]. Ein weiteres Protein der äußeren Membran wurde
früher als Omp29 bezeichnet. Es weist Ähnlichkeiten zu dem OmpA Protein von E. coli
auf und ist wie dieses hitzemodifizierbar. Im SDS-Gel zeigt das Protein unerhitzt ein
Molekulargewicht von 29 kDa und erhitzt ein Molekulargewicht von 34 kDa. Es wird
daher jetzt als Omp34 bezeichnet und wird vor allem mit dem Serotyp B in Verbindung
gebracht [41]. Die Untersuchung äußerer Membranen zeigte das Vorkommen von vier
Hauptproteinen mit Molekulargewichten von 30 kDa, 36 kDa, 37 kDa und 39 kDa [39].
Weitere Arbeiten haben gezeigt, dass das 39 kDa Protein an das Peptidoglycan gebunden und für die Integrität und Stabilität der äußeren Membran wichtig ist [55]. Äußere
Membranproteine mit Molekulargewichten von 19 kDa, 24 kDa, 29 kDa, 35 kDa, 40
kDa und 70 kDa wurden von Watanabe et al. 1989 beschrieben [82].
1.4 Problemdarstellung / Ziel der Studie
Um den prädiktiven Wert der Serodiagnostik für Parodontopathien zu erhöhen, sollten
im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Hauptantigene von A. actinomycetemcomitans
Stämmen der Serogruppen B und C ermittelt werden.
Des Weiteren sollte mittels Immunoblotanalyse die Immunantwort von A. actinomycetemcomitans bestimmt werden.
Abschließend sollte evaluiert werden, ob die Antikörpertiter mit der aktuellen Infektion
des Parodontiums, einer mirkobiologischen Infektion mit A. actinomycetemcomitans,
sowie den Schweregrad der Erkrankung korrelieren.
9
2
Material und Methoden
2.1
Geräte
UV-Vis Spektrometer:
Shimadzu, Duisburg
Mini Protean II Dual Stab Cell :
Bio Rad, München
Mini Trans-Blot Cell:
Bio Rad, München
Wippe:
Karl Hecht, Sondheim
Zentrifuge:
Eppendorf, Hamburg
Thermomixer Komfort:
Eppendorf, Hamburg
Elutrap:
Schleicher u. Schuell, Dassel
Zuschnitte 3469 (70 x 100 mm):
Schleicher und Schuell, Dassel
Cellulosenitrat (E) BA85 (70 x 100 mm):
Schleicher und Schuell, Dassel
Ultrazentrifuge:
Beckmann TL-100
Ultraschall-Generator:
Branson Sonifier Cell Disruptor B15
MALDI-Tof Massenspektrometer Reflex III:
Bruker Daltonik, Bremen
Elektrospray-Q-Tof Massenspektrometer:
Micromass, Manchester
ZipTip C18-Pipettenspitzen:
Millipore, Schwalbach
2.2
Chemikalien
Merck (Darmstadt)
Natriumcarbonat
Kupfersulfat
Bromphenolblau
Coomassie Blau R 250
Diethanolamin
N, N´-Diethylformamid
Hefeextrakt
Anaerocult® C
Roth (Karlsruhe)
NaOH
Magnesiumchlorid
Temed
Butanol
Tween
Tris
Glycin
Glycerin
10
β-Mercaptoethanol
Methanol
Kaliumchlorid
Kaliumdihydrogenphosphat
Di-Natriumhydrogenphosphat
Natriumnitrat
4-Nitrotetrazolium-Chloridblau-Hydrat
5-Brom-4-Chlor-3-Indolylphosphat p-Toluidinsalz
Serva (Heidelberg)
Acrylamid
Natriumdodecylsulfat
Bio-Rad (München)
Ammoniumpersulfat
Bio-Rad Low Range Standard
AppliChem (Darmstadt)
Natriumchlorid
Essigsäure (96 %)
Becton Dickinson (Heidelberg)
Trypticase-Soy-Agar
Agar-Agar
Sigma (Taufkirchen)
Folin-Cicoalteus-Phenolreagenz
Bacitracin
Vancomycin
N-Lauroyl-Sarkosin
α-Cyano-4-hydoxyzimtsäure
Boehringer (Mannheim)
Trypsin
11
2.3
Medien, Puffer und Lösungen
2.3.1
Proteinbestimmung nach Markwell
Lösung A:
10 g
0,85 g
5g
50 ml
Natriumcarbonat
Kalium-Natrium-Tartrat
SDS
1 N Natriumhydroxid
Mit Aqua dest. auf 500 ml auffüllen.
Lösung B:
4 g / 100 ml Aqua dest. Kupfersulfat x 5 H2O
Lösung C:
Immer frisch anzusetzen.
100 Teile Lsg. A + 1 Teil Lsg. B
Lösung D:
Immer frisch anzusetzen.
1 Teil Folin-Cicoalteus-Phenolreagenz + 1 Teil Aqua dest.
2.3.2 SDS-Page
Trenngel:
Sammelgel:
2 Gele:
7 ml
0,75 M Tris/HCl pH: 8,8
280 µl
10 % SDS
2,75 ml
Aqua dest.
3,5 ml
Stock I (44 % Acrylamid + 0,8 % Bis-A.)
355 µl
1 % Ammoniumpersulfat
28 µl
Temed
5 ml
0,25 % M Tris/HCl pH: 6,8
100 µl
10 % SDS
3,5 ml
Aqua dest.
2 ml
Stock II (33 % Acrylamid + 0,8 % Bis-A.)
12
250 µl
1 % Ammoniumpersulfat
20 µl
Temed
Elektrophorese-Puffer (gebrauchsfertig):
Probenpuffer (2-fach konzentriert):
5g
SDS
15 g
Tris
100 g
Glycin
ad 5 l
Aqua dest. pH: 8,2 Endkonzentration
50 ml
4g
SDS
20 %
10 ml
β-Mercaptoethanol
10 %
10 ng
Bromphenolblau
Aqua dest.
23 ml Essigsäure (96 %)
110 ml Methanol
110 ml Aqua dest.
60 ml Essigsäure (96 %)
180 ml Methanol
760 ml Aqua dest.
Pufferlösungen für SDS-Gel:
0,75 M Tris / HCl:
45,43 g
in ca. 400 ml
Tris
Aqua dest. lösen
pH: 8,8 einstellen und
ad 500 ml
4%
Glycerin
0,7 g Coomassie Blau R250
Entfärbelösung für SDS-Gel:
125mM
20 ml
ad 100 ml
Färbelösung für SDS-Gel:
250 mM Tris/HCl pH: 6,8
Aqua dest. auffüllen, bei 4 °C lagern
13
0,002 %
0,25 M Tris / HCl:
6,06 g
in ca. 150 ml
Tris
Aqua dest. lösen
pH: 6,8 einstellen und
ad 200 ml
10 % SDS:
1g
in10 ml
Stock I:
44 g
0,8 g
in ca. 40 ml
ad 100 ml
Aqua dest. auffüllen, bei 4 °C lagern
SDS
Aqua dest. lösen, bei RT lagern
Acrylamid
N, N´-Methylenbisacrylamid
Aqua dest. lösen
Aqua dest. auffüllen, bei 4 °C unter
Lichtausschluss lagern
Stock II:
33 g
Acrylamid
0,8 g
N, N´-Methylenbisacrylamid
in ca. 40 ml
ad 100 ml
Aqua dest. lösen
Aqua dest. auffüllen, bei 4 °C unter Lichtausschluss lagern
1 % Ammoniumpersulfat:
0,1 g
in 10 ml
Ammoniumpersulfat
Aqua dest. lösen und in 1 ml Portionen bei
- 20 °C lagern
2.3.3
Immunoblot
Pufferlösung für Immunoblot
5 x Blotpuffer ohne MeOH:
15 g
Tris
72 g
Glycin
ad 1 l
Aqua dest.
14
gebrauchsfertige Lösung:
300 ml
5 x Blotpuffer
300 ml
Methanol
900 ml
Aqua dest.
PBS-Stammlösung:
80 g
2g
18,5 g
Natriumchlorid
Kaliumchlorid
Di-Natriumhydrogenphosphat x 2 H2O
2g
Kaliumdihydrogenphosphat
1g
Natriumazid
ad 1 l
Aqua dest. pH: 7,1 - 7,5
PBS-gebrauchsfertig:
PBS-Stammlösung wird 1:10 mit Aqua dest. verdünnt
PBS-Tween:
0,05 % (v/v) Tween 20 in gebrauchsfertiger PBS
Substratlösungen für alkalische Phosphatase konjugierte Antikörper
Substratösung:
AP-Substrat- Puffer:
9 ml
gebrauchsfertige AP-Lösung
1 ml
NBT
0,1 ml
Indolylphosphat
96 ml
Diethanolamin
in 900 ml
Aqua dest. lösen und pH: 9,8 mit HCl
einstellen
ad 1 l
+ 200 mg
Aqua dest. lösen
Magnesiumchlorid x Hexahydrat, bei
4 °C lagern
gebrauchsfertige AP-Lösung:
AP-Substrat-Puffer 1:5 mit
Natriumchlorid (0,85 %) verdünnen
15
NBT:
0,1 g
in 100 ml
4-Nitrotetrazolium-Chloridblau-Hydrat
Aqua dest. lösen, bei 4 °C unter
Lichtausschluss lagern
Indolylphosphat:
0,05 g
5-Brom-4-chlor-3-indolylphosphat pToluidinsalz
in 10 ml
N, N´-Diethylformamid lösen und in 1 ml
Portionen bei - 20 °C lagern
2.3.4 TBSV-Rezeptur und Antibiotikalösung
Trypticase-Soy-Agar
40,0 g/l
Hefeextrakt
1,0 g/l
Agar-Agar
2,0 g/l
Bacitracin:
0,75 Bacitracin in 10 ml bidestiliertes Wasser lösen,
steril filtrieren
Vancomycin:
0,05 g Vancomycin in 10 ml bidestiliertes Wasser lösen, steril
filtrieren
2.3.5
Elutionspuffer
25 mM Tris (Mr 121, 1)
192 mM Glycin (Mr 75, 1)
0,025 % SDS
9,00 g
43,20 g
0,75 g ad 3 l (pH: 8, 23)
16
2.4
Bakterienanzucht
Die Anzucht der A. actinomycetemcomitans Stämme erfolgte auf festen Nährböden, wie
unter 2.3.4 beschrieben. Das Nährmedium wurde bei 121 °C für 20 Minuten autoklaviert und auf 56 °C abgekühlt. Anschließend wurde 100 ml inaktiviertes, steriles Pferdeserum zugegeben sowie je 1 ml Bacitracin und Vancomycin.
Die A. actinomycetemcomitans Stämme wurden im Brutschrank bei einer Temperatur
von 37 °C mit Anaerocult® C unter anaeroben Bedingungen bebrütet. Nach ca. einer
Woche wurden die auf einer Nähragarplatte gewachsenen Bakterien in 1,2 ml PBSPuffer suspendiert und anschließend abpipettiert. Für die hier beschriebenen Untersuchungen wurden die A. actinomycetemcomitans Stämme M (CCM) 02638 (Serotyp B)
und ATCC 33384 (Serotyp C) verwendet.
2.5
Herstellung der Bakterienlysate
Die in PBS suspendierten Bakterienzellen wurden zunächst bei einer Umdrehungszahl
10000 U/min abzentrifugiert. Das Sediment wurde anschließend in 5 ml PBS aufgenommen und erneut zentrifugiert. Danach wurden die sedimentierten Bakterien in 1 ml
Aqua dest. aufgenommen. Diese Behandlung führt zur Lyse der Zellen mit Freisetzung
der zytoplasmatischen Proteine.
2.6
Proteinbestimmung nach Markwell
Um die Proteinkonzentrationen der vorliegenden Bakteriensuspensionen möglichst
exakt zu bestimmen, wurden Proteinbestimmungen durchgeführt. Hierzu wurde die von
Markwell et al. beschriebene Methode (siehe 2.3.1) leicht modifiziert:
Als Standard wurde eine Rinderserumalbuminlösung (RSA-) Lösung mit einer definierten Konzentration von 1 mg/ml eingesetzt. Von dieser RSA-Lösung wurden zwölf Proben unterschiedlicher Konzentration hergestellt: definierte Mengen der RSA-Lösung
(wir verwendeten 5 µl, 10 µl, 20 µl, 30 µl, 40 µl, 50 µl, 60 µl, 70 µl, 80 µl) wurden mit
17
Aqua dest. jeweils auf ein Endvolumen von 300 µl aufgefüllt. Von der Bakteriensuspension unbekannter Konzentration wurden zwei unterschiedliche Mengen entnommen
und ebenfalls auf ein Endvolumen von 300 µl mittels Aqua dest. aufgefüllt. Die so erstellten Proben wurden mit 1 ml Reagenz C versetzt, sofort geschüttelt und darauf 15
Minuten bei Raumtemperatur inkubiert.
Nach Ablauf der 15 Minuten wurden die Proben mit 100 µl Reagenz D versetzt, erneut
geschüttelt und dann 45 Minuten bei Raumtemperatur inkubiert.
In eine Mikrotiterplatte wurden von den Proben 200 µl pro Vertiefung einpipettiert. Wir
begannen hierbei zunächst mit den RSA-Proben in der Reihenfolge ihrer steigenden,
genau bekannten Konzentrationen, die zur Erstellung der Eichgerade dienten. Anschließend wurden die Proben mit zu ermittelnder Proteinkonzentration einpipettiert. Danach
wurde die Extinktion gemessen, die mit steigender Konzentration der durchleuchteten
Proben auch höhere Werte annahm. Die ermittelten Extinktionswerte wurden in ein Diagramm eingetragen, wobei die Ordinate über die Extinktionswerte und die Abszisse
über die zugehörigen Proteinkonzentrationen der Proben Auskunft gaben. Da von den
RSA-Proben sowohl Extinktion, als auch ihre Konzentration bekannt waren, konnte
eine definierte Eintragung in das Diagramm erfolgen.
Mittels der gefundenen Punkte wurde eine Eichgerade erstellt, die es ermöglichte, die
Konzentrationen der eingesetzten Verdünnungen der Bakteriensuspensionen zu ermitteln.
2.7
SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese
Für die Proteingele wurde das Mini Protean II System verwendet. Die beiden Glasscheiben wurden mit Hilfe von Spacern getrennt und in den Scheibenhalter eingespannt
und so im Gießstand befestigt. Nun wurden 3,6 ml des Trenngels (siehe 2.3.2) blasenfrei in die Gelkammer pipettiert. Die Überschichtung mit Butanol bewirkte einen Luftabschluss während der 30-minütigen Polymerisationszeit. Danach wurde das Butanol
dekantiert und die Reste durch zweimaliges Waschen mit Aqua dest. entfernt. Anschließend wurde die Kammer bis zur oberen Kante mit Sammelgel (800 µl) aufgefüllt und
die Kämme eingesetzt.
18
Nach erfolgter Polymerisation nach ca. 30 Minuten wurden die Kämme entfernt und
durch zweimaliges Waschen mit Aqua dest. erneut möglich vorhandene Reste entfernt.
Die Scheibenhalter wurden in die Pufferkammer eingesetzt und mit Laufpuffer beschickt. Die aufzutrennenden Proben wurden 1:2 mit zweifachem Probenpuffer für fünf
Minuten aufgekocht. Es wurden 10 µg Proben pro Spur aufgetrennt. Die Elektrophorese
erfolgte bis zum Erreichen der Proben des Sammelgels bei 17 mA, dann bei 24 mA. Das
Gel lief solange, bis der Blaumarker das untere Ende des Trenngels erreicht hatte. Im
Anschluss wurden die Glasscheiben voneinander getrennt und das Gel entnommen.
2.8
Färben und Entfärben der Gele
Das Sammelgel wurde entfernt und das Trenngel für 30 Minuten bei Raumtemperatur,
leicht geschwenkt, gefärbt (siehe 2.3.2). Die gefärbten SDS-Gele wurden über Nacht bei
Raumtemperatur entfärbt. Die Gele wurden zur Dokumentation eingescannt und im
Vakuum-Geltrockner getrocknet.
2.9
Westernblot-Verfahren
Die in der SDS-Polyacrylamidgel-Elektrophorese aufgetrennten Proteine wurden auf
eine Nitrocellulosemembran transferiert. Dieses Verfahren bezeichnet man als
„Westernblotting“ [79] (siehe 2.3.3). Der Transfer erfolgte elektrophoretisch. Das
Trenngel wurde luftblasenfrei auf eine Nitrocellulosemembran (Porengröße: 0,45 µm)
aufgelegt. Diese wurde zwischen mit Blotpuffer getränktes Filterpapier und Filz gelegt.
Mit Hilfe einer Halterungsapperatur wurde der Komplex in die Blotkammer eingehängt.
Anschließend wurde Blotpuffer in die Kammer gefüllt. Der Transfer erfolgte bei 30 V
für eine Stunde. Dabei befand sich das Gel-Membran-Filterpapier-Paket in einem Spannungsfeld zwischen zwei Elektroden. Filz und Filterpapier dienten dabei als Pufferreservoir. Durch die angelegte Gleichspannung wanderten die Proteine aufgrund ihrer
eigenen negativen Ladung zum positiven Pol.
19
Die mit Antigen beladene Nitrocellulosemembran wurde nach dem Elektroblotting für
mindestens eine Stunde in PBS-Tween blockiert. Danach konnte sie eingeschweißt bei
- 20 °C gelagert oder gleich weiter verarbeitet werden.
2.10
Nachweis des Antigens auf der Nitrocellulosemembran
Bei dem Immunoblotverfahren werden die auf Nitrocellulose transferierten Proteine in
einer Antigen-Antikörperreaktion auf ihre serologische Reaktivität überprüft.
Für eine Weiterverarbeitung der Nitrocellulosestreifen wurden vorbereitend zunächst
2 ml Serumprobe (siehe 2.3.3) 1:100 in PBS-Tween verdünnt, in eine achtkammerige
Inkubationswanne pipettiert. In jede Kammer wurde ein mit Antigen beladener Nitrocellulosestreifen gelegt. Über Nacht wurden diese auf einer Wippe bei Raumtemperatur
inkubiert. Am nächsten Tag wurde die verbrauchte Lösung dekantiert und dreimal für
zehn Minuten mit 2 ml PBS-Tween gewaschen.
Anschließend wurde, nach der Zugabe von 2 ml des Zweitantikörpers, erneut alles für
zwei Stunden auf der Wippe bei Raumtemperatur inkubiert. Danach wurde die verbrauchte Lösung dekantiert und dreimal zehn Minuten mit je 2 ml PBS-Tween gewaschen. Im Anschluss wurde 2 ml Substratlösung zugegeben und so lange entwickelt, bis
die Positivkontrollen gut sichtbar waren. Durch Dekantieren des Substrates und der
Substratreste, sowie Abspülen mit Leitungswasser wurde die Reaktion gestoppt. Die
Nitrocellulosestreifen wurden zur Auswertung eingeschweißt und eingescannt.
2.11
Isolierung von äußeren Membranen
Die auf Nähragarplatten angezüchteten A. actinomycetemcomitans wurden, wie bereits
unter 2.4 beschrieben, mittels PBS-Puffer suspendiert und abpipettiert. Diese Suspension wurde für 15 Minuten bei 4 °C mit 4300 g zentrifugiert. Der Überstand wurde abdekantiert und das Sediment wurde vollständig in 4,5 ml 10 mM Tris-HCL, pH 8,0 resupendiert. Diese Suspension wurde mit der Mikrospitze des Ultraschall-Generators beschallt (Stufe 3). Dies geschah viermal 30 Sekunden lang mit je zehn Sekunden Pause in
20
einem im Eisbad gekühlten Gefäß. Durch die Beschallung wurden die Zellwände von
A. actinomycetemcomitans aufgebrochen. Nicht zerstörte Zellen wurden durch Zentrifugation für 20 Minuten bei 4 °C mit 4300 g abgetrennt. Der Überstand wurde abgenommen und erneut zentrifugiert. Zur Solubilisierung der Zytoplasmamembranproteine
wurde das Pellet in einer Lösung aus 12,5 mM Tris-HCL und 18,8 g/l N-LauroylSarkosin, pH 7,6, aufgenommen. Zur Gewinnung der äußeren Membranen wurde diese
Suspension in der Beckmann-Ultrazentrifuge mit dem Rotor 60 Ti bei 4 °C mit 160.000
g eine Stunde zentrifugiert. Das Sediment enthielt die äußeren Membranen und wurde
in 500 µl Aqua dest. Suspendiert und in Eppendorf-Gefäße gefüllt. Die Aufbewahrung
erfolgte bei 20 °C.
2.12
Aufreinigung der Hauptproteine mit Elutrap
Für den Vorgang der Elution und der Reinigung der Hauptproteine wurden für beide A.
actinomycetemcomitans- Typen B und C jeweils zwei SDS-Gele angefertigt. Dabei
wurde jede Spur im SDS-Gel mit 25 µg Ganzzelllysat beladen. Im Anschluss an die
Gelelektrophorese wurden sie mit Coomassie (R250) gefärbt. Aufgrund der Auswertung des ersten SDS-Gels (siehe Abb. 1) wurden jeweils vier Banden ausgeschnitten
und nacheinander in der Biotrapkammer eluiert. Bei der Biotrapkammer handelt es sich
um ein Gerät, das im Wesentlichen aus zwei Membranen besteht, die die sog. Falle bilden. Eine der Membranen dient als Vorfilter und hält Agarose sowie andere Partikel
zurück. Die zweite, eine inerte Membran mit einer dichten Matrix, lässt Pufferionen und
kleinere Moleküle (< 3 - 5 kDa) passieren. Die Wanderung der Moleküle wird durch das
angelegte elektrische Feld ermöglicht. Für die Benutzung der Kammer wird diese in
eine horizontale Elektrophoresekammer eingesetzt, die mit Elutionspuffer aufgefüllt
wurde. Als Ergebnis liegen jeweils vier Banden pro Aa-Typ vor. Hiervon werden acht
Blots angefertigt, die mit fünf monoklonalen und drei humanen Antikörpern getestet
werden und im Immunoblot eingesetzt werden (Ergebnisse der zweiten Bande vom Typ
B siehe Abb. 2).
21
2.13
Tryptische Spaltung von A. actinomycetemcomitans im Gel
Die tryptische Spaltung wurde nach einem modifizierten Verfahren von Shevchenko et
al. durchgeführt [70]. Die Proteinbanden wurden ausgeschnitten und in 1,5 ml Reaktionsgefäße überführt. Zur Entfernung des verwendeten Coomassie-Farbstoffes wurden
die Banden mit folgenden Lösungsmitteln behandelt:
1. 25 mM NH4HCO3 in 50 % Methanol: Aqua dest. (v/v) für 30 Minuten
2. Essigsäure: Methanol: Aqua dest. (10/45/45,v/v/v) für 30 Minuten
3. Aqua dest. für 30 Minuten
4. Acetonitril für 15 Minuten
Anschließend wurden die Gelstücke im Vakuum getrocknet. Die nachfolgende Reduktion von Disulfidbrücken wurde in jeweils 50 µl 10 mM DTT in 100 mM NH4HCO3 für
eine Stunde bei 56 °C durchgeführt. Nach Entfernung der DTT-Lösung wurden die
Gelbanden einmalig mit 50 µl 100 mM NH4HCO3 gewaschen. Um die Rückbildung von
Disulfidbrücken zu verhindern, wurden die SH-Gruppen durch 50 µl 55 mM Iodacetamid in 100 mM NH4HCO3 für 45 min unter Lichtausschluss bei RT alkyliert. Im Anschluss wurden die Gelbanden einmalig mit 100 mM NH4HCO3 und Acetonitril für jeweils 20 Minuten gewaschen und im Vakuum getrocknet. Die tryptische Spaltung erfolgte durch Zugabe von 0,5 µg Trypsin in 5 µl 50 mM NH4HCO3 (pH 8,5) pro Bande.
Nachdem die Trypsinlösung komplett aufgenommen war, wurden die Gelbanden vollständig mit 50 mM NH4HCO3 überschichtet und über Nacht bei 37 °C inkubiert. Die
umgebende Lösung wurde in ein Reaktionsgefäß überführt und die tryptischen Fragmente wie folgt aus den Gelstücken extrahiert:
1. 20 mM NH4HCO3 für 20 Minuten
2. zweimalig 50 % Acetonitril, 5 % Ameisensäure für 20 Minuten
3. zweimalig 90 % Acetonitril, 5 % Ameisensäure für 20 Minuten
Die Extraktionslösungen wurden vereinigt und unter Vakuum bis zur Trockene eingeengt. Die getrocknete Peptidmischung wurde in 8 µl 0,1% TFA aufgenommen und mit
ZipTip C18-Pipettenspitzen entsalzt.
22
2.14
Matrix-unterstützte Laserdesorptions/Ionisations Massenspektrometrie
(MALDI-MS)
Das entsalzte, getrocknete Peptidgemisch wurde in 5 µl destilliertem Wasser gelöst. Auf
einem MALDI-Probenteller wurden 0,4 µl dieser Lösung mit 0,6 µl Matrixlösung
(α-Cyano-4-hydoxyzimtsäure, 10 mg/ml in 50 % ACN, 0,1 % TFA) gemischt und im
Luftstrom getrocknet. Alle Messungen wurden im positiven Ionenmodus mit einem
Bruker Reflex III UV-MALDI Flugzeitmassenspektrometer mit Reflektor durchgeführt.
2.15
Elektrospray-Ionisations Massenspektrometrie (ESI-MS)
Die ESI-MS und MS/MS Experimente wurden mit einem Quadrupol-Flugzeit (Q-TOF)
Hybridmassenspektrometer
durchgeführt.
Die
wesentlichen
Komponenten
des
ESI-Q-TOF Instruments sind eine Nanospray-Quelle in Z-Konfiguration, ein Quadrupol-Massenanalysator, ein Hexapol, der als Kollisionszelle benutzt wird, ein ReflektorFlugzeitanalysator und ein Multikanal-Detektor. Zur massenspektrometrischen Analyse
der tryptischen Peptide wurde die entsalzte Peptidlösung in einem Gemisch aus 50 %
Methanol mit 2 % Essigsäure 1:10 verdünnt. Die Analyse der Proben erfolgte im positiven Ionenmodus. Zur massenspektrometrischen Sequenzierung der Peptide wurden die
Vorläuferionen mit Hilfe des ersten Quadrupols selektiert und anschließend in die mit
Argon gefüllte Kollisionszelle (Normaldruck 10-5 mbar) mit einer Spannung von
20 - 40 V beschleunigt. Die m/z-Werte der Fragmentionen wurden mit Hilfe des orthogonal angebrachten Flugzeitanalysators bestimmt.
23
3
Ergebnisse
3.1
Analyse der Gesamtproteine von A. actinomycetemcomitans mittels SDSPAGE
Zur Darstellung der in SDS löslichen Proteine wurde zunächst von zwei A. actinomycetemcomitans Stämmen unterschiedlicher Serovare (Typ B, Typ C) eine SDS-PAGE
durchgeführt. Hierzu wurden ganze Zellen verwendet, die zuvor von möglichen Nährmedienbestandteilen abgetrennt wurden. Die Analyse wurde mit unterschiedlichen Proteinmengen (20 µg und 30 µg) durchgeführt. Abbildung 3 zeigt eine Darstellung der
Bakterienproteine im gefärbten SDS-Gel. Bei beiden Stämmen lassen sich durch diese
Analyse mehr als 100 Proteinbanden unterschiedlicher Größen (10 kDa – 150 kDa) im
Gel darstellen (Abb. 3, Spur 1 - 4). Im Vergleich der Proteinmuster der beiden unterschiedlichen Serovare ergaben sich keine Hinweise auf unterschiedliche Größe und
Zusammensetzung im SDS-Gel.
kDA
116,0 ──
80,0 ──
52,5 ──
34,9 ──
29,9 ──
21,8 ──
Abb. 3: Repräsentative Proteinmuster der Ganzzellpräparation von vier Actinobacillus actinomycetemcomitans-Stämmen:
Spur 1:
Spur 2:
Spur 3:
Spur 4:
Spur 5:
Actinobacillus actinomycetemcomitans Typ C (20 µg)
Actinobacillus actinomycetemcomitans Typ C (30 µg)
Actinobacillus actinomycetemcomitans Typ B (20 µg)
Actinobacillus actinomycetemcomitans Typ B (30 µg)
Actinobacillus actinomycetemcomitans Typ B OMP v. 12.04.1999 (10 µg)
24
3.2
Isolierung
und
Darstellung
der
äußeren
Membranproteine
von
Actinobacillus actinomycetemcomitans Typ B
Zum Vergleich wurden äußere Membranen des Typ B-Stammes hergestellt und ebenfalls im SDS-Gel aufgetrennt. Bei deren Gewinnung wurden die Proteine der Zytoplasmamembran mittels Sarcosylbehandlung zunächst solubilisiert und mittels Zentrifugation von den Sarcosyl-unlöslichen äußeren Membranproteinen abgetrennt. Abb. 3, Spur 5
zeigt das Muster der äußeren Membranproteine von A. actinomycetemcomitans Typ B.
Sieben Hauptproteine in einer Größe von 14 kDa – 52 kDa treten deutlich hervor.
3.3
Reaktivität des Proteins mit humanen Serumantikörpern und monoklonalen Mausantikörpern
In der Literatur ist OMP 34 als ein Hauptantigen von A. actinomycetemcomitans beschrieben. In ersten orientierenden Versuchen, bei denen wir die Reaktivität der A. actinomycetemcomitans-Proteine mit unterschiedlichen Antikörpern getestet haben, wurde
eine starke Antigenität eines Proteins mit einem Molekulargewicht von ca. 34 kDa bestätigt.
1
2
3
4
5
Abb. 4: Ganzzelllysate im Immunoblot,
Actinobacillus actinomycetemcomitans Typ B
Spur 1 - 5: monoklonale Antikörper
Spur 6 - 8: humane Antikörper
25
6
7
8
3.4
Reaktivität bei Patienten mit negativen oder positiven PCR-Ergebnis auf
Actinobacillus actinomycetemcomitans
Insgesamt 18 Seren aus einer Studie des Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universitätsklinik Münster, Poliklinik für Parodontologie, wurden im Immunoblot getestet. Auf den Blotstreifen befanden sich elektrophoretisch aufgetrennte
Ganzzelllysate von A. actinomycetemcomitans Typ B- bzw. Typ C-Stämmen.
Durch die Immunoblotanalyse wurden getrennt Antikörper der IgM-, IgA- und IgGKlasse erfasst. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind in Tabelle 1 dargestellt.
Obwohl acht der Patienten in der PCR negativ getestet worden sind, ließ sich bei allen
Patienten eine positive IgG-Reaktivität nachweisen. Die Reaktivität betraf vornehmlich
ein Protein mit einem Molekulargewicht von ca. 35 kDa.
26
Nr.:
Patientenseren
A. actinomycetemcomitans Typ B-IB
A. actinomycetemcomitans Typ C-IB
IgA
IgM
IgG
IgA
IgM
IgG
1
8-MS 4887
+
0
+
0
0
+
2
12-MS 1412
+
0
+
0
0
+
3
15-MS 2434
+
0
+
+
0
+
4
22-MS 4343
+
0
+
0
0
+
5
31-MS 3053
+
0
+
0
0
+
6
32-MS 0375
+
0
+
+
0
+
7
34-MS 2275
+
0
+
0
0
+
8
35-MS 4396
+
0
+
+
0
+
9
56-MS 2861
0
0
+
0
0
+
10
61-MS 3144
0
0
+
0
0
+
11
69-MS 4769
0
0
+
0
0
+
12
71-MS 1944
0
0
+
0
0
+
13
78-MS 0740
+
0
+
+
0
+
14
94-MS 1434
+
0
+
+
0
+
15
141-MS 2091
+
0
+
+
0
+
16
156-MS 4790
0
0
+
0
0
+
17
160-MS 0036
+
0
+
0
0
+
163-MS 3607
0
0
+
0
0
+
18
+ positive Reaktion im Immunoblot
0 negative Reaktion im Immunoblot
Tab. 1: Darstellung der Ergebnisse der im Immunoblot nachgewiesenen
Reaktivität von Patientenseren mit A. actinomycetemcomitans Typ B u. C
Im Vergleich zu den Ergebnissen der PCR werden mit dem Antikörper der IgA-Klasse
10 Seren richtig getestet, für den Typ C zwölf. Alle Patienten zeigten eine positive IgGund eine negative IgM-Reaktion.
27
3.5
Konzentrierung des Hauptproteins mittels Elektroelution
Aufgrund der Ergebnisse des Immunoblots 3.4 sollte dieses Protein aufkonzentriert
werden. Hierzu haben wir das Verfahren der Elektroelution verwendet. Die isolierten
Zellwände wurden zunächst in der SDS-PAGE elektrophoretisch aufgetrennt. Anschließend wurde das Gel gefärbt und das 35 kDa-Protein ausgeschnitten. Die Elution erfolgte
im elektrischen Feld. Die Reinheit des Proteins wurde mittels SDS-PAGE überprüft.
Abb. 5 zeigt in Spur 1 ein Ganzzelllysat von A. actinomycetemcomitans Typ B (25 µg)
und in Spur 2 die durch Elektroelution aus drei Banden erhaltene Probe. Es sind keine
weiteren Proteinkontaminationen im gefärbten SDS-Gel sichtbar.
kDa
1
2
116,0 ─
80,0 ─
52,5 ─
34,9 ─
29,9 ─
←
21,8 ─
Abb. 5: SDS-Gel von Actinobacillus actinomycetemcomitans Typ B
Vergleich der Proteinmuster von ganzen Zellen und isolierten äußeren Membranen nach elektrophoretischer Auftrennung in der SDS-Page und Anfärbung
mit Coomassie- Blau.
Spur 1:
Ganzzelllysat von Actinobacillus actinomycetemcomitans Typ B
Spur 2:
Eluierte Proteinbande von Actinobacillus actinomycetemcomitans
Typ B
Bei der mit einem Pfeil (←) markierten Proteinbande (Spur2) handelt es sich
um ein Hauptmembranprotein.
28
3.6
Massenspektrometrische Identifizierung von Actinobacillus actinomycetemcomitans Typ B
Zur eindeutigen Identifizierung des Proteins aus A. actinomycetemcomitans Typ B, das
sich in den durchgeführten Immunoassays als Hauptantigen erwiesen hat, wurde eine
massenspektrometrische Analyse durchgeführt [1].
Sowohl die aus dem Elektrophoresegel des Ganzzelllysates ausgeschnittene Proteinbande (Abb. 5, Spur 1) als auch die Proteinbande der durch Elektroelution konzentrierten
Probe (Abb. 5, Spur 2) wurden mit Trypsin behandelt, um Peptide durch enzymatische
Proteolyse zu erhalten.
3.6.1 MALDI-Tof MS
Die nach tryptischen Verdau im Gel extrahierten Proteinfragmente wurden mit Hilfe
der MALDI-Tof MS bzgl. ihres m/z-Wertes analysiert. Die im Reflektormodus erhaltenen Massenspektren sind in Abbildung 6 gezeigt.
29
Abb. 6: MALDI
MALDI-TOF Massenspektren der tryptischen Peptidgemische von A. actinomycetemcomitans Typ B nach In-Gel Verdau.
(A): Spektrum erhalten durch enzymatischen Verdau von A. actinomycetemcomitans Typ B aus dem Ganzzelllysat.
(B): Spektrum erhalten durch tryptische Spaltung von durch Elektroelution gereinigtem, konzentriertem A. actinomycetemcomitans Typ B. Die experimentell bestimmten und
theoretischen m/z-Werte der Molekülionen sowie die
zugehörigen Fragmente sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
30
Aus den Massenspektren beider Proben werden identische Sequenzinformationen erhalten. Es werden zehn Peptidionen detektiert, die bei einer Datenbanksuche (NCBI, accession number 2828561 bzw. 4579742) mit höchster Wahrscheinlichkeit als OMP 29 bzw.
OMP 34 aus A. actinomycetemcomitans identifiziert werden. Die Sequenzabdeckung
beträgt 43 %. Die experimentellen Ergebnisse der massenspektrometrischen Analyse
sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
Fragmenta
m/z (experimentell)b
m/z (experimentell)c
m/z (theoretisch)d
[M + H]+
[M + H]+
[M + H]+
166 -173
1038.57
1038.67
1038.50
208 - 222
1494.87
1494.97
1494.81
34 - 47
1539.70
1539.87
1539.75
107 - 120
1581.85
1581.97
1581.79
208 - 223*
1622.93
1623.09
1622.90
132 - 145*
1639.80
1640.05
1639.87
190 - 207
1913.05
1913.17
1912.97
146 - 165
2101.35
2101.43
2101.17
208 - 237*
3138.10
3137.70
3137.64
238 - 271
3645.70
3645.81
3645.83
Tab. 2.: Zusammenfassung der durch MALDI-Tof MS Analyse der tryptischen
Peptide von A. actinomycetemcomitans Typ erhaltenen Sequenzinformation
a
Position des Fragmentes innerhalb des Proteins.
Experimentell bestimmte m/z-Werte der tryptischen Peptide, die aus A. actinomycetemcomitans Typ B (Ganzzelllysat) erhalten wurden.
c
Experimentell bestimmte m/z-Werte der tryptischen Peptide, die aus
Ganzzelllysat elektroeluierten und nochmals gelelektrophoretisch aufgetrennten
A. actinomycetemcomitans Typ B, erhalten wurden.
d
Theoretische m/z-Werte der tryptischen Peptidfragmente.
* Fragmente, die aufgrund unvollständiger Spaltung entstanden sind.
b
31
3.6.2 ESI-Q-Tof S
Um die aus der MALDI-Tof MS mittels peptide-mapping und anschließender Datenbankabfrage erhaltene Proteinidentifizierung zu bestätigen, sind Aminosäuresequenzinformationen einzelner Abschnitte der tryptischen Peptide erforderlich. Mit Hilfe der
Tandemmassenspektrometrie können die Aminosäuresequenzen von Peptidionen bestimmt werden. Hierzu werden geeignete Vorläuferionen mit Hilfe des ersten Quadrupols ausgewählt und in der Kollisionszelle des Massenspektrometers durch Kollisionen
mit Neutralgas (Argon) angeregt. Dies führt zur Fragmentierung der Peptidbindungen
entlang der Peptidkette. Zur Bezeichnung der Fragmentionen hat sich die von Fohlmann und Roepstorff eingeführte Nomenklatur bewährt [66].
Abb. 7: Fragmentierungsschema
Fragmentierungsschema von Peptiden und Nomenklatur der Fragmentionen
nach Roepstorff und Fohlmann.
Abbildung 7 zeigt die unterschiedlichen Fragmentionentypen, die bei der Spaltung entlang der Aminosäurekette entstehen können. Enthalten die Fragmentionen den NTerminus, so bezeichnet man diese als a-, b- oder c-Ionen, wohingegen x-, y- und zIonen den C-Terminus enthalten. Unter den hier gewählten experimentellen Bedingungen (low-energy CID) werden v. a. b- und y-Ionen durch Spaltung der Amidbindung
erzeugt. Das durch nano Elektrospray-Ionisierung erhaltene Übersichtsmassenspektrum
zeigt neben den bereits mit Hilfe der MALDI-Tof MS detektierten Peptidionen zusätzliche Peptidionen, was zu einer Sequenzabdeckung von 58 % führt (Spektrum nicht gezeigt). Im Gegensatz zur MALDI-Ionisierung werden beim Elektrosprayprozess v. a.
mehrfach geladene Ionen erzeugt.
32
Zur Bestimmung der Aminosäuresequenz der doppelt geladenen Vorläuferionen bei m/z
957,25 (entspricht den einfach geladenen Vorläuferionen bei m/z 1913, Aminosäuresequenz 190 - 207) wurde ein MS/MS Spektrum aufgenommen.
Abb. 8: ESI
Fragmentierungsschema mit den detektierten b- und y-Ionen und nanoESI
low-energy CID Massenspektrum der doppelt geladenen Molekülionen des
tryptischen Fragmentes Aminosäure 190 - 207 von A. actinomycetemcomitans
Typ B.
Die experimentell bestimmten m/z-Werte der Molekülionen sowie die zugehörigen
Fragmentionen sind in Tabelle 3 zusammengefasst. Es werden 15 verschiedene Ionen
vom y-Typ und 9 Ionen vom b-Typ, sowie einige interne Fragmentionen und eine aIonenspezies detektiert. Die experimentell bestimmten m/z-Werte der Fragmentionen
sowie deren Zuordnung sind in Tabelle 3 zusammengefasst.
33
b-Ionen
Aminosäure-
y-Ionen
m/z exp.
sequenz
m/z exp.
[M + H]+
[M + H]+ ( [M + 2H]2+)
b1
T
y18
215.20
b2
I
y17
330.25
b3
D
y16
1699.38 (850.11)
493.34
b4
Y
y15
1584.21
580.41
b5
S
y14
1421.07 (711.06)
b6
P
y13
1334.04 (667.53)
b7
D
y12
1236.98
b8
I
y11
1121.92
b9
G
y10
1008.82
1049.62
b10
S
y9
1148.85
b11
V
y8
864.72
1219.87
b12
A
y7
765.63
b13
V
y6
694.56
b14
G
y5
595.47
b15
L
y4
538.44
b16
S
y3
425.32
b17
Y
y2
338.28
b18
R
y1
175.17
905.65
1489.15
Zusätzlich detektierte interne Fragmentionen (i.F.)
m/z 251.17, 279.17, 326.24, 615.57
Tab. 3:
Zusammenfassung der Sequenzinformationen, die durch nanoESI lowenergy CID MS der doppelt geladenen Vorläuferionen (m/z 957.23) eines
tryptischen Fragmentes (Aminosäure 190 - 207) von A. actinomycetemcomitans Typ B erhalten wurden.
34
Aufgelistet sind die experimentell bestimmten m/z-Werte der detektierten b- und yIonen (doppelt geladene Fragmentionen in Klammern) mit den zugehörigen Aminosäuresequenzen sowie die m/z-Werte der erzeugten internen Fragmentionen (i.F.).
Aus den teilweise komplementären b- und y-Ionenserien lässt sich die Aminosäuresequenz des analysierten Peptids ableiten und eindeutig dem Protein OMP 29 bzw.
OMP 34 aus A. actinomycetemcomitans zuordnen.
35
4
DISKUSSION
Weltweit wird die Parodontitis mit zu den häufigsten Infektionskrankheiten der Mundhöhle gerechnet. Der Anteil an Patienten mit Parodontitis, sowie der Schweregrad der
Erkrankung nehmen mit zunehmendem Alter der Patienten zu. Zwischen dem 50. und
60. Lebensjahr erreichen diese beiden Parameter ihren Höhepunkt [53].
In der Vergangenheit wurde die Flora der Zahnfleischtaschen im Wesentlichen mittels
konventioneller mikrobiologischer Verfahren (Mikroskopie, kulturelle Anzucht) untersucht. Diese Vorgehensweise hat Gesichtspunkte der Pathogenität, Epidemiologie und
Ökologie der parodontopathogenen Bakterien vernachlässigt. Durch den Einsatz molekularbiologischer Verfahren, z.B. der PCR konnte die Diagnostik entscheidend verbessert werden. Die PCR kann gleichzeitig als sensitive und spezifische Methode mikrobiologische Ergebnisse liefern [16, 27]. Hierbei zeigte sich eine besonders starke Assoziation einer Infektion mit dem gramnegativen Bakterium A. actinomycetemcomitans
zur aggressiven Parodontitis [7, 47, 48, 87]. Die Ausbildung eines erhöhten Serumtitiers konnte auch im Zusammenhang mit einer adulten Parodontitis entstehen, jedoch
konnte in diesen Fällen keine eindeutige Verbindung zwischen der Erkrankung und dem
erhöhten Titer gezeigt werden [30, 31]. Des Weiteren ist bei einer nachgewiesenen subgingivalen Kolonisation mit diesen Bakterien das Risiko für progrediente parodontale
Attachmentverluste signifikant erhöht [28, 33, 71].
Bei Actinobacillus actinomycetemcomitans handelt es sich um ein kleines, unbewegliches, grammnegatives, saccharolytisches, kapnophiles Stäbchen mit abgerundeten Enden, das fakultativ anaerob ist. Von diesem Bakterium existieren unterschiedliche Serogruppen (a, b, c, d, e, f), wobei die Serogruppenspezifität durch die Struktur der Lipopolysaccharide determiniert wird [42, 68]. Die Serotypen a, b, c wurden häufiger als d,
e, f bei Proben aus der Mundhöhle isoliert [35, 63, 68, 87]. Eine starke Assoziation mit
der aggressiven Parodontitis ist speziell beim Serotyp B diagnostiziert worden [87, 88].
In dieser Arbeit wurde mit den Stämmen von A. actinomycetemcomitans vom Serotyp
B und C gearbeitet.
Die Infektion mit A. actinomycetemcomitans führt beim Menschen zur Induktion einer
zellulären und humoralen Immunantwort [19]. Ebersole et al. zeigten, dass im Verlauf
einer Infektion mit A. actinomycetemcomitans Serumantikörper der Klasse IgM, IgG
36
und IgA gebildet werden. Die Seren von Patienten mit Parodontitis zeigen dabei sehr
hohe IgG-Titer. Des Weiteren konnten Ebersole et al. feststellen, dass ca. vier Monate
vor der Entstehung einer aktiven Läsion im Mund des Patienten bereits ein Anstieg der
IgG-Antikörper zu verzeichnen ist [21]. Diese Beobachtungen haben wir ebenfalls in
unserer Studie gemacht, da alle 18 Patientenseren im Immunoblot IgG positiv getestet
worden sind.
Eine Studie von Beikler et al. fand heraus, dass die Progression einer mit A. actinomycetemcomitans assoziierten Parodontitis durch Antikörper gegen ein 110 kDa Protein
teilweise verhindert wird. Dies geschieht durch eine systemisch IgG4 Antikörperreaktion gegen das 110 kDa Protein [9]. Allerdings ist derzeit noch unklar, ob auch andere
Antigene hierbei eine Rolle spielen.
Des Weiteren lassen sich bei diesen Patienten Lipopolysacchariden, Omps sowie erhöhte Werte von Leukotoxinen nachweisen [13, 25].
Einige in der Literatur beschriebene Antigene von A. actinomycetemcomitans sind
gleichzeitig Pathogenitätsfaktoren. Hierzu gehört das Leukotoxin, ein Hämolysin,
Fimbrien und das sog. „cytolethal distending Toxin“ [20, 34, 44, 58, 69]. Das cytolethal
distending toxin (cdt) besteht aus drei Untereinheiten: CdtA, CdtB und CdtC. Die toxische Wirkung des cdt beruht auf einer Blockade des Zellzyklus der G2-Phase.
Das Leukotoxin gehört zu den wichtigsten Pathogenitätsfaktoren von A. actinomycetemcomitans. Dieses Toxin hat ein breites Spektrum biologischer Aktivitäten. Es wirkt
toxisch für Makrophagen, Leukozyten und Epithelzellen, in dem es die Zellmembran
zerstört (zytolytische Wirkung). Somit kommt es durch das Leukotoxin in der frühen
Phase zu einer Beeinträchtigung der Wirtsabwehr. Darüber hinaus bildet A. actinomycetemcomitans Fimbrien (die auch Pili genannt werden) mit adhäsiven Eigenschaften aus,
mit deren Hilfe die Bakterien an Epithelzellen anheften [26].
Im Rahmen dieser Untersuchung sollten Hauptantigene von A. actinomycetemcomitans
identifiziert werden. Hierzu haben wir zunächst äußere Membranen von A. actinomycetemcomitans-Stämmen der Serovare B und C hergestellt. Vor der Gewinnung der äußeren Membranen müssen zunächst die Proteine der Zytoplasmamembran mittels Detergenz solubilisiert und abgetrennt werden. Die Proteine der äußeren Membran wurden
anschließend als Antigene in einem Immunoblottest eingesetzt, um die Immunantwort
37
von Parodontitispatienten zu untersuchen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Proteine
mit einer Größe von 29 kDa und 34 kDa immundominant sind. Die Analyse mittels
Massenspektrometrie ergab, dass die Proteine bis auf wenige Aminosäuresequenzen
identisch sind. Mit dieser Methode wird die Masse von Molekülen durch Messung ihrer
Masse - zu- Ladung Verhältnisses mit großer Genauigkeit bestimmt. Proteinionen werden dabei durch verschiedene Ionisierungstechniken aus festen (MALDI-MS) oder flüssigen Proben (ESI-MS) in die Gasphase überführt.
Eine Serumdiagnostik bei Patienten mit Parodontitis wurde bisher vorwiegend mittels
Enzymimmunoassays durchgeführt. Hierbei wird meist ein Gemisch verschiedenster
Antigene ganzer Bakterienzellen eingesetzt. Es besteht aus mehreren hundert Proteinen,
Phospholipiden und Lipopolysacchariden und ist somit heterogen. Bei Patienten mit
einer Parodontitiserkrankung wurden unter Verwendung derartiger Antigengemische
erhöhte Antikörpertiter im Enzymimmunoassay beschrieben [31]. Der Nachteil bei diesem Verfahren ist eine mögliche Kreuzreaktivität bestimmter Proteine (z. B. Hitzeschockproteine, Lipopolysaccharide), die das serologische Ergebnis verfälschen kann.
So wurde gezeigt, dass nicht nur Patienten mit Parodontitis, sondern auch parodontal
gesunde mit A. actinomycetemcomitans infiziert sein können. Jedoch kann es in Bezug
auf die Antikörper eine Kreuzreaktion mit dem GroEL-Protein von E. coli geben [74].
Weiterhin wurde über eine Kreuzreaktivität des A. actinomycetemcomitans Serotyp b spezifischen Lipopolysaccharids mit dem Polysaccharid von Haemophilus influenzae
berichtet [57]. Die Verwendung von A. actinomycetemcomitans - spezifischen Antigenen in der Serumdiagnostik sollte zu einer höheren Spezifität führen.
Darüber hinaus sollten im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Antigendeterminanten
von A. actinomycetemcomitans Stämmen im Immunoblotverfahren untersucht werden.
Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die Reaktivität von Serumantikörper aufgrund der zuvor durchgeführten gelelektrophoretischen Auftrennung der Proteine differenziert dargestellt werden kann. Die Hauptantigene wurden mittels Elektroelution gereinigt. Auch die gereinigten Proteine erwiesen sich im Immunoblotverfahren als reaktiv, d.h. ihre antigenen Strukturen blieben erhalten. Mit Hilfe der hier durchgeführten
Methoden konnte die Spezifität der Serodiagnostik verfeinert werden.
In den letzen Jahren wurden besonders intensiv die Proteine der äußeren Membran untersucht, die v. a. bei gram-negativen Bakterien identifiziert werden konnten.
38
Die äußere Membran stellt ein besonderes Strukturmerkmal der Bakterienzellwand dar.
Die Zellwand dient dem Bakterium dabei als Grenze zum Extrazellulärenraum. Die
äußere Membran besteht aus Phospholipiden, Proteinen und Lipopolysacchariden, dabei
sind letztere in deren äußerer Hälfte lokalisiert. Die Resistenz gegenüber bestimmten
Detergentien, aber auch Antibiotika ist auf das Vorhandensein der äußeren Membran
zurückzuführen.
Watanabe et al. identifizierten in Zellsonikaten von A. actinomycetemcomitans insgesamt 13 Proteine, die mit Seren von Patienten, die an einer Parodontitis erkrankt sind,
reagierten. Die Molekulargewichte der immundominanten Proteine bewegten sich im
Bereich von 14 – 78 kDa. Am häufigsten wurde eine Antikörperreaktion mit dem 29
kDa, 40 kDa und 70 kDa Protein beobachtet [82]. Bei Verwendung von äußeren Membranen von Parodontitispatienten ergab sich im Vergleich zu den Gesamtzellsonikaten
ein anderes Reaktionsmuster.
Viel Aufmerksamkeit hat man vor allem auch dem Omp100 Protein geschenkt, das
Homologien zu einer Vielzahl von Virulenzfaktoren aufweißt. Dieses Protein ist in der
Zellmembran von A. actinomycetemcomitans lokalisiert und ist im Wesentlichen an der
Adhärenz menschlicher gingivaler Keratozyten beteiligt und an der Invasion derselben.
Darüber hinaus ist es für die Serumresistenz der A. actinomycetemcomitans Stämme
verantwortlich, indem es den Faktor H, einen zentralen Akteur der Komplementregulation, bindet. Schließlich induziert Omp100 eine proinflammatorische ZytokinantwortChemokin [5].
Ein weiteres Protein der äußeren Membran wird als Omp29 bezeichnet. Im SDS-Gel
zeigt das Protein unerhitzt ein Molekulargewicht von 29 kDa und erhitzt ein Molekulargewicht von 34 kDa [55]. Es wird daher jetzt auch als Omp34 bezeichnet [41]. Wilson
et al. fanden heraus, dass Omps von A. actinomycetemcomitans, speziell das stark mit
Patientenseren reagierende Omp29, mit einer A. actinomycetemcomitans verbundenen
Parodontitis assoziiert werden [85, 86]. White et al. konnten in ihrer Studie ein Protein
mit dem Molekulargewicht von 34 kDa nachweisen. Sie zeigten dabei, dass dieses Protein ein Mitglied der OmpA-Familie ist [84]. Die eindeutigste Verbindung gab es zum
OmpP5 von Haemophilius influenzae [56]. Man vermutet eine mögliche Virulenzrolle
des Omp34 von A. actinomycetemcomitans, die durch ihr starkes immunogenes Potential sowie die Fähigkeit der Fc-bindenden Eigenschaften begründet wird [52, 76, 85].
39
Kürzlich wurde das Fc-bindende Protein von A. actinomycetemcomitans als hitzemodifizierbares Omp identifiziert, das eine eindeutige Zuordnung zum OmpA von E. coli
und anderen OmpA ähnlichen Proteinen gramnegativer Bakterien zeigt [52].
Komatsuzawa et al. fanden bei ihren Untersuchungen sechs äußere Membranproteine
von A. actinomycetemcomitans Omp100, Omp64, Omp39, Omp29 Omp18, Omp16,
entsprechend ihrer Molekulargewichte. Alle äußeren Membranproteine zeigen Homologien mit einigen Virulenzfaktoren von Bakterien, speziell mit denen für Zelladhäsion
und –invasion, sowie für Serumresistenzen [40].
Unsere Ergebnisse liefern einen Hinweis, dass es zwei eigenständige Proteine mit der
Größe von 29 kDa und 34 kDa gibt, die in ihren Aminosäuresequenzen sehr ähnlich
sind. Wir haben gezeigt, dass diese beiden Hauptproteine stark immunogen sind und
während der Infektion exprimiert werden. Aufgrund ihrer Homologie und Immunogenität erscheinen sie als mögliche Vakzine zur Stimulatoren der Immunantwort bzw. potentielle Impfstoffkandiaten. Würde dies gelingen, könnte man für die Zukunft Patienten
vor einer Infektion mit parodontopathogenen Keimen schützen, bzw. einen Einfluss auf
die Gestaltung des Biofilms und der damit verbundenen subgingivalen Plaqueakkumulation sowie deren Auswirkungen auf die parodontale Gesundheit des Patienten ausüben. Persson et al. zeigten bereits in ihrer Studie mit Vakzinen, die abgetötete P. gingivalis-Bakterien erhielten, dass die parodontale Zerstörung bei Tieren unterdrückt werden konnte [61].
40
5
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
Weltweit zählt die Parodontitis mit zu den häufigsten Infektionserkrankungen der
Mundhöhle. Ab dem 40. Lebensjahr sind die parodontalen Erkrankungen die Hauptursache für Zahnextraktionen. Dabei lassen sich die Parodontitisformen in drei Gruppen
u. a. in eine aggressive Form unterteilen.
Das Bakterium Actinobacillus actinomycetemcomitans nimmt dabei eine zentrale Rolle
in der Ätiologie der aggressiven Parodontitis ein. Bei diesen Patienten lassen sich erhöhte Serumtiter gegen das Bakterium finden.
In der vorliegenden Arbeit haben wir äußere Membranen von A. actinomycetemcomitans-Stämmen der Serovare B und C hergestellt. Mit Hilfe des Immunoblotverfahrens
wurde die Immunantwort von 18 Parodontitispatienten untersucht.
Die Ergebnisse zu der Immunantwort von Patienten mit einer bakteriologisch gesicherten A. actinomycetemcomitans assoziierten Parodontitis zeigten bei allen hohe IgGAntikörpertiter gegen zwei Proteine der Größe von 29 bzw. 34 kDa. Die Hauptantigene
wurden gereinigt und durch die massenspektrometrische Analyse identifiziert.
Die Analyse mittels MALDI-Tof ergab, dass die Proteine bis auf wenige Aminosäuresequenzen identisch sind.
Dem Omp29 von A. actinomycetemcomitans wird eine entscheidende Rolle bei einer
Parodontitiserkrankung zugesprochen. Das Omp34 von
A. actinomycetemcomitans
wird v. a. aufgrund seines engen Bezuges zur OmpA-Familie untersucht. Ihm wird eine
mögliche virulente Rolle nachgesagt, da es sowohl starkes immunogenes Potential besitzt, als auch eine Fc-bindende Funktion aufweißt.
Wir folgern, dass die beiden untersuchten Hauptproteine stark immunogen sind und
während der Infektion mit A. actinomycetemcomitans exprimiert werden. Aufgrund
ihrer Homologie und Immunogenität erscheinen sie für die Zukunft als viel versprechende Impfstoffkandiaten. Vielleicht ist durch eine mögliche Stimulation des Immunsystems eine neue und effektivere Form der Parodontitisprophylaxe denkbar.
In weiteren Studien sollten diese Hauptantigene auf ihre bisherigen Funktionen genauer
untersucht werden und für eine mögliche Präventionsmaßnahme weiterentwickelt werden.
41
6
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49
7
ANHANG
7.1
Abkürzungsverzeichnis
A. actinomycetemcomitans Actinobacillus actinomycetemcomitans
(NH4)2S2O8
Ammoniumpersulfat
2CH3COOH
Essigsäure
Aqua dest.
Aqua destilliert
C12H25NaO4S
Natriumdodecylsulfat
C3H8O3
Glycerin
C4H10O
Butanol
Cdt
Cytolethal distending toxin
CH3OH
Methanol
CPI
Community Periodontal Index
CuSO4·5H2O
Kupfersulfat
ESI-MS
Elektrospray-Ionisations Massenspektrometrie
H2O
Wasser
HCOOH
Ameisensäure
HIV
Human Immunodeficiency Virus
Ig
Immunglobuline
KCl
Kaliumchlorid
kDa
Kilo Dalton
KH2PO4
Kaliumdihydrogenphosphat
Lsg.
Lösung
MALDI-MS
Matrix-unterstützte Laserdesorptions/ IonisationsMassenspektrometrie
MCl
Magnesiumchlorid
min
Minute
Na2CO3
Natriumcarbonat
Na2HPO4
Dinatriumhydrogenphosphat
NaCl
Natriumchlorid
I
NaN3
Natriumazid
NaNO2
Natriumnitrat
NaOH
Natriumhydroxid
NBT
Nitroblautetrazolium Chlorid
PBS
Phosphat gepuffte Kochsalzlösung
PCR
polymerase chain reaction
pH
Pondus Hydrogenii
Q-TOF
Quadrupol-Flugzeit
RSA
Rinderserumalbumin
RTX
Repeats in ToXin
SDS
sodium dodecyl sulfat
Temed
N,N,N',N'-Tetramethylethylenediamine
Tris
Trimethylsilyl
II
7.2
Lebenslauf
Name
Inga Schäfer
Anschrift
Potstiege 3, 48161 Münster
Geboren am
10.01.1980 in Neuenkirchen
Familienstand
ledig
Konfession
römisch-katholisch
Nationalität
deutsch
Eltern
Volker Schäfer und Anneliese Schäfer, geb. Havers
Geschwister
eine Schwester
1986 - 1990
Edith-Stein Grundschule in Rheine
1990 - 1999
Emsland-Gymnasium in Rheine
31.05.1999
Abitur am Emsland-Gymnasium in Rheine
WS 1999/00 - SS 2004
Zahnmedizinstudium an der Westfälischen WilhelmsUniversität Münster
Approbation als Zahnarzt
22.12.2004
seit dem 03.01.2005
Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Poliklinik für
Parodontologie der ZMK in Münster
Münster, den 22.09.2005
III
7.3
Danksagung
Als erstes gebührt der Dank meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. rer. nat. Helge Karch,
der mir durch entscheidende Fragen immer wieder neuen Anstoß gab und mich durch
sein Gespür für Entwicklungspotentiale sowie das Stellen von neuen Herausforderungen
hervorragend betreut hat.
Des Weiteren gilt mein Dank Frau Olga Böhler, die durch Ihre nette und hilfsbereite
Unterstützung bei den serologischen und bakteriologischen Arbeiten entscheidend zum
Erfolg dieser Dissertation beigetragen hat.
Ferner möchte ich mich auch bei allen Mitarbeitern der Abteilung Hygiene bedanken,
die mich bei der Durchführung des Projektes unterstützt haben.
Mein Dank gilt ferner Frau Dr. Iris Meisen für Ihre hervorragende Unterstützung bei
den massenspektrometrischen Analysen.
Ohne die Hilfe vieler Freunde, Kollegen und meiner Familie wäre die Durchführung
dieser Studie nicht möglich gewesen. Allen, die mich im Laufe der Zeit, in der diese
Arbeit entstanden ist, begleitet haben, möchte ich an dieser Stelle Dank sagen.
Zum Schluss möchte ich mich ausdrücklich bei meiner Familie bedanken, auf deren
Hilfe ich mich nicht nur während des Studiums immer habe verlassen können.
IV
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