Geleitwort des Präsidenten

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FOTOS: DR. ERICH FEICHTINGER / MEDICAL NETWORK
STA ND E S PO L IT IK
Geleitwort des Präsidenten
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen!
D
as wichtigste standespolitische Thema, das uns in
den letzten Jahren am meisten beschäftigt hat, sind
die ­Bestrebungen von einigen Optometristen, Tätig­
keiten ausführen zu dürfen, die eigentlich nur den
­Augenärzten vorbehalten werden sollten. Es gibt aber auch
­einige andere standespolitische Themen (in weitestem Sinn),
die immer ­wieder im Vorstand der ÖOG und im Kollegenkreis
diskutiert werden.Ich darf Ihnen zu einigen aktuellen T
­ hemen
meine persönliche Meinung d
­ arlegen.
Wird es dann unterschiedlich bewertet, wenn bei einer Glau­
komoperation eine Komplikation auftritt, ob diese Operation
von einem Glaukomspezialisten oder einem Netzhautspezia­
listen durchgeführt wurde? Ein weiterer Nachteil wäre, dass es
durch die Zusatzfächer zu einer Verringerung der Ausbildungs­
stellen für das Fach Augenheilkunde und Optometrie kommen
würde. Eine solche Reduktion ist nicht erstrebenswert.
Subspezialisierung (Zusatzaus­bildung)
Ein weiteres Thema, das im Vorstand immer wieder für kontro­
verse Diskussionen sorgt, sind Mindestoperationszahlen.
Es ist allgemein bekannt, dass in anderen Fachgebieten, z.B.
in der Bauch- und Thoraxchirurgie solche Bestimmungen
schon eingeführt wurden. Ich persönlich kann einer solchen
Beschränkung nichts abgewinnen und habe mich immer gegen
Mindestoperationszahlen ausgesprochen. Mir ist klar, dass
es im Kollegenkreis dazu auch gegenteilige Meinungen gibt.
Ich darf Ihnen ein Beispiel anführen, das meinen Standpunkt
unterstützt.
Ein routinierter Katarakt-Operateur hat einem Patienten
vor einigen Jahren auf beiden Augen erfolgreich den Grauen
Star operiert. Der Patient hat vollstes Vertrauen zu diesem Arzt.
Da das gleichzeitig bestehende Glaukom bei diesem Patienten
jetzt dekompensiert, wird bei eine fistulierende Glaukomopera­
tion notwendig. Der Patient möchte natürlich den Grünen Star
von seinem Arzt operieren lassen. Dies ist aber nicht möglich,
da sein Augenarzt die Mindestquote für Glaukomoperationen
nicht erfüllt. Obwohl der Augenarzt ein ausgezeichneter Ope­
rateur ist, muss er den Patienten an einen anderen Kollegen
überweisen, den der Patient nicht kennt und dem er vielleicht
auch nicht vertraut.
Von Seiten der Politik und von „Gesundheit Österreich“
wird auch in Zukunft der Druck auf die Augenärzteschaft
zunehmen, Mindestoperationszahlen einzuführen. Ob dies zum
Wohl der Patienten sein wird, sei dahingestellt.
Im Vorstand der ÖOG wird seit einigen Jahren immer wieder
diskutiert, ob eine Subspezialisierung (Additivfach) im Fachge­
biet Augenheilkunde und Optometrie sinnvoll wäre. Das würde
heißen, dass man nach sechs Jahren Facharztausbildung noch
zwei Jahre eine Zusatzausbildung in Retinologie, Strabologie
oder einem anderen Spezialgebiet absolviert. Ich habe mich
immer gegen eine Subspezialisierung ausgesprochen.
Vielleicht spielt dabei auch mein eigener Werdegang eine
Rolle. Ich war immer stolz darauf, von der Hornhaut über Linse
und Glaskörper bis zur Netzhaut alles operieren zu können.
Offensichtlich ist aber die Zeit der Allrounder vorbei und wir
gehen in Österreich auch den Weg, der international schon
lange beschritten wird. Ich bin trotzdem der Meinung, dass
man sich einen Namen als Spezialist auch ohne offizielle
Zusatzfachausbildung machen kann und es spricht sich rasch
im Kollegenkreis herum, wer Netzhautspezialist oder Hornhaut­
spezialist etc. ist.
Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, noch zwei Jahre
Zusatzausbildung zu machen, wenn man als Facharzt für
Augenheilkunde und Optometrie schon 12 bis 13 Jahre Ausbil­
dung absolviert hat. Wenn es eine solche Zusatzausbildung tat­
sächlich gäbe, stellt sich die Frage, ob ein Netzhautspezialist
dann auch zum Beispiel Glaukome operieren soll bzw. darf.
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MEDICAL NETWORK 2014 ÄRZTE SPECIAL p www.medical-network.at
Mindestoperationszahlen
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Geleitwort des Präsidenten
„Tageskliniken arbeiten sehr effizient und damit außerordentlich kostengünstig ...“
Dislozierte Tagesklinik
Telemedizin
Die eben erwähnte Plattform „Gesundheit Österreich“ ist ein
Beratungsgremium des Gesundheitsministers. Ein „Liebkind“
dieser Gesundheitsexperten ist die dislozierte Tagesklinik.
In vielen Augenabteilungen Österreichs wurde mit großem
Kostenaufwand (neben der Augenabteilung) eine Tagesklinik
errichtet, in der Katarakt-Operationen und andere Eingriffe
tagesklinisch durchgeführt werden können. Diese Tages­
kliniken arbeiten sehr effizient und damit außerordentlich
kosten­günstig.
Der Vorteil der Angliederung dieser Tageskliniken an
eine Augenklinik oder Augenabteilung liegt darin, dass bei
Auftreten von unvorhergesehenen Ereignissen (z.B. internis­
tischen Problemen) oder Komplikationen eine Verlagerung
des Patienten in den stationären Bereich problemlos und
ohne zusätzlichen Aufwand möglich ist, was das Risiko signi­
fikant (im Vergleich zu einem oft längerem Antransport) ver­
ringert.
Eigenständige Tageskliniken für Katarakt-Chirurgie ohne
stationären Backup (die räumlich von einer Augenabteilung
getrennt sind) müssten zwingend eine Reihe von wesent­
lichen Vorgaben erfüllen, damit keine Nachteile für Patienten
ent­stehen. Diese dislozierten Tageskliniken müssen eine
Mutterabteilung benennen. Dies ist eine Augenklinik oder
Abteilung, an welche Patienten, bei denen Operationskom­
plikationen aufgetreten sind, die an der Tagesklinik nicht
korrigiert werden können, überwiesen werden. Nur bei dieser
Vorgangsweise hat die „Mutterabteilung“ einen Überblick
über die Frequenz der aufgetretenen Komplikationen an der
dislozierten Augentagesklinik und kann so eine Qualitätskon­
trolle durchführen.
Ich persönlich bin der Meinung, dass eine Tagesklinik für
Katarakt-Chirurgie mit stationärem Backup die qualitativ beste
Lösung für die Patienten darstellt und dislozierte Tageskliniken
viele Nachteile für die Patienten bringen.
Unter Telemedizin kann man sich verschiedene Dinge vorstel­
len. Ich habe bisher darunter eher die telemedizinische (tele­
metrische) Überwachung von Körperfunktionen verstanden.
Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich einen Artikel über
den Schweizer Telemedizinanbieter „Medgate“ gelesen habe.
Bei diesem Telefondienst kann man mit einem Jahresbeitrag
von 100 Schweizer Franken Mitglied werden. Man kann dann
rund um die Uhr anrufen, wenn man Hilfe braucht und wird
mit einer Krankenschwester verbunden.
Von Medgate wird behauptet, dass etwa 40 bis 50 Pro­
zent der Anrufer für eine telemedizinische Behandlung in
Frage kämen. Das heißt, die Behandlung wird vom Patienten
selbst nach Anweisung über das Telefon durchgeführt.
Ich darf nun wörtlich zitieren: „Fremdkörper im Auge werden
telemedizinisch behandelt, weil die meisten Fremdkörper
unter telefonischer Anleitung gut entfernbar sind.“ Man
sieht, dass Patienten bereit sind, 100 Schweizer Franken zu
zahlen, um sich dann selbst den Fremdkörper zu entfernen,
während man in Österreich Probleme hatte, die Ambulanzge­
bühr von 10 Euro weiter fortzuführen, wobei der Fremdkörper
in Österreich derzeit noch von einem Arzt entfernt wird.
Der Leiter von Medgate, Dr. Andi Fischer, berichtet
auch, dass rezeptpflichtige Medikamente über Telefon ver­
schrieben werden und auch Arbeitsunfähigkeitszeugnisse
ausgestellt werden. Man kann nur hoffen, dass das Schweizer
Modell nicht nach Österreich kommt.
Mit freundlichen Grüßen,
Prim. Univ.-Prof. Dr. Thomas-Michael Radda,
Präsident der Österreichischen Ophthalmologischen
­Gesellschaft
Für die bessere Lesbarkeit wurde auf eine geschlechtsneutrale Schreibweise verzichtet.
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